Ab dem 1. Januar hat jeder Abgeordnete die Möglichkeit – egal, in welcher Funktion er zusätzlich vielleicht sein mag –, vor Ort im Wahlkreis oder woanders ein Büro zu eröffnen, echte Bürgernähe zu praktizieren
und gemeinsam mit seinen Mitarbeitern dort ansprechbar zu sein. Ich wünsche mir, dass viele Kollegen – egal, aus
welcher Fraktion – von dieser Möglichkeit Gebrauch machen und damit das Parlament näher zu den Menschen rücken. Der einzelne Abgeordnete wird in seinen Rechten und Möglichkeiten gestärkt werden, und die Parlamentsdebatte wird abwechslungsreicher und geprägt durch stärkere inhaltliche Auseinandersetzung. Das gilt, wie gesagt, für die Regierungsfraktionen wie auch für die Oppositionsfraktionen. Wir sind gemeinsam aufgerufen, diese Chance des Parlamentarismus mit Leben zu füllen, Herr Lux, ohne parteipolitische Taktiererei zu betreiben und Spielchen zu spielen, sondern um unserer Aufgabe nachzukommen, nämlich für die Berlinerinnen und Berliner da zu sein, hier im Abgeordneten und vor Ort. – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der CDU, der SPD und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Oliver Friederici (CDU): Der Lux hat alle Fraktionen zusammengebracht!]
Vielen Dank, Herr Melzer! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Doering. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung sowie den vier Anträgen von vier Fraktionen beraten wir heute ein Gesamtpaket, das zum einen die Stellung und die Arbeitssituation der Abgeordneten und deren Wirken in die Stadt hinein verbessern soll und zum anderen die Sitzungen des Abgeordnetenhauses lebendiger und interessanter – auch für die Öffentlichkeit interessanter – machen soll. Die parlamentarischen Geschäftsführer aller Fraktionen haben seit Februar/März 2013 gemeinsam versucht, die beschriebenen Zielsetzungen in einen gemeinsamen Vorschlag und entsprechende Anträge einfließen zu lassen.
Hier will ich eine kleine Anmerkung einschieben: Mir, liebe Grünen, war zumindest klar, dass man, wenn man in ein Gespräch geht, in dem fünf Fraktionen vertreten sind, und man auf Erfolg verhandeln will, auch einen gewissen Grad an Kompromissfähigkeit haben muss. Und mir war klar, dass ich nicht alle Punkte, die ich im Kopf hatte und die ich für meine Fraktion durchsetzen wollte, durchsetzen kann, weil es einfach nicht geht. Natürlich haben wir die Frage Vollzeitparlament diskutiert, und es war in den Gesprächen relativ schnell klar, dass das keine Mehrheit findet. Insofern muss ich auf diesem Punkt erst mal nicht weiter herumpochen, werde aber trotzdem sagen: Immer wenn dieses Thema aufkommt, werde ich mich weiterhin dafür einsetzen. – Aber innerhalb dieses Pakets war es nicht möglich.
Unser Anliegen bei diesen Gesprächen war es, mehr Bürgernähe und bessere Erreichbarkeit der Abgeordneten sowie mehr Transparenz der parlamentarischen Arbeit herzustellen, die politische Auseinandersetzung im Plenum lebhafter, spannender und nachvollziehbarer zu gestalten und die Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten, für die persönlichen Mitarbeiter der Abgeordneten und für die Fraktionen in den Bezirksverordnetenversammlungen zu verbessern. Ich meine, dafür schaffen wir jetzt die Rahmenbedingungen.
Zu einer interessanten und lebendigen Abgeordnetenhaussitzung soll ihr früherer Beginn und eine strafferer Ablauf mit erkennbaren Schwerpunkten der Fraktionen beitragen, aber auch der Beginn der Sitzung mit der Aktuellen Stunde und der sich anschließenden, nunmehr 60minütigen spontanen Fragestunde. Sitzungen des Abgeordnetenhauses in den späten Abendstunden unter Ausschluss der Öffentlichkeit und Fragen, die der Senat mit seitenlangem Vorlesen von Redemanuskripten beantwortet, gehören der Vergangenheit an.
Gesetzesvorlagen muss der Senat begründen, wenn eine Fraktion es wünscht. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber auch das musste geregelt werden. Das Fragerecht der Abgeordneten wird durch Verankerung in der Verfassung gestärkt. Zukünftig muss der Senat Fragen der Abgeordneten zeitnah – innerhalb von 14 Tagen – beantworten.
Zur Änderung der Verfassung gehört auch die Erhöhung der Anzahl der Senatoren von jetzt acht auf zehn in der nächsten Wahlperiode. Das haben wir nie verschwiegen. Viele von uns Abgeordneten beklagen nicht erst seit heute den Zuschnitt der Fachausschüsse, die ja auch ein Spiegelbild der teilweise fachlich unmöglichen Zuschnitte der Senatsressorts sind. Diese ergeben sich eben auch aus der geringen Anzahl der Senatoren. Unsere Erwartungshaltung, dass mit der Erhöhung der Anzahl der Senatoren zugleich die Anzahl der Staatssekretäre deutlich reduziert wird, haben wir auch in den Gesprächen immer wieder formuliert.
Bei der Amtsausstattung für Abgeordnete war uns wichtig, dafür zu sorgen, dass zukünftige persönliche Mitarbeiter von Abgeordneten nicht mehr in prekären, sondern in ordentlichen Beschäftigungsverhältnissen mit einer vernünftigen Bezahlung eingestellt werden können. Was die Grünen dagegen haben, kann ich mir überhaupt nicht erklären.
Bereits die Einstellung persönlicher Mitarbeiter von Abgeordneten auf 580-Euro-Basis sprengte die räumlichen Kapazitäten aller Fraktionen. Diese Situation führte zwangsläufig zu der Frage, wie wir dieses Problem lösen und wie Abgeordnete gleichzeitig mehr Bürgernähe und Erreichbarkeit herstellen können. Das ist bekannt. Wir haben uns dabei an Hamburg orientiert, und wir haben demnächst auch klare Vorgaben und Richtlinien, wie das geschehen soll.
Mehr Bürgernähe und bessere Erreichbarkeit der Abgeordneten und zugleich zumutbare Räumlichkeiten und Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter – die Vorteile der externen Büros liegen doch auf der Hand. Ich meine, es macht schon einen Unterschied, Kollege Lux, ob Bürgerinnen und Bürger aus Treptow-Köpenick zu mir, zu Herrn Nolte oder zu Frau Vogel in das Abgeordnetenhaus kommen müssen und somit Fahrwege in Kauf nehmen müssen, die eine Stunde und länger dauern, oder ob sie uns direkt vor Ort erreichen können.
Liebe Grünen! Die inhaltliche Arbeit der Fraktionen wird dadurch keinen Schaden nehmen, jedenfalls bei uns nicht.
Zu der Erhöhung der Grundentschädigung für Bezirksverordnete sowie der Erhöhung der Zuwendungen für die BVV-Fraktionen muss ich wohl nicht viel sagen. Gemessen an der engagierten und anerkennungswerten Arbeit, die die Bezirksverordneten leisten, ist dies die richtige Entscheidung, die diese Arbeit würdigt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Doering! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Herberg. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Als wir als Piraten hier in dieses Parlament hineingekommen sind – daran können Sie sich alle noch erinnern –, war der allererste Antrag, den wir eingereicht hatten, dass wir die Änderung der Geschäftsordnung haben wollten. Denn das war das Erste, was wir gesehen haben. Wir haben uns die Geschäftsordnung dieses Hauses angesehen und haben gesehen, dass die Rechte des
einzelnen Abgeordneten dort nicht die entsprechende Würdigung finden, die wir gern hätten sehen wollen. Dafür sind wir auch vor das Verfassungsgericht gezogen. In den letzten zwei Jahren, in den wir hier in diesem Haus waren, sind uns auch noch andere Dinge aufgefallen, und zwar, dass, wenn man sich das Landesabgeordnetengesetz und das Fraktionsgesetz anschaut, der einzelne Abgeordnete in diesem Haus ganz schöne Probleme hat, denn es ist nicht so, wie es in der Verfassung steht, dass dieses Haus sich aus 149 Abgeordneten zusammensetzen soll, die alle hier in diesem Plenum unabhängige Entscheidungen treffen sollen, sondern das, was unser Haus zurzeit abbildet, ist, dass wir 149 Abgeordnete sind, die mit 580 Euro Unterstützung ihre komplette Arbeit im Prinzip selbständig machen müssen, weil alles andere nur Fraktionen zur Verfügung gestellt wird. In diesem Haus werden die Räume nicht den Abgeordneten zur Verfügung gestellt, sondern den Fraktionen. Das hat den Grund, damit die Arbeitsweise hier ordentlich stattfinden kann, und anders würde es auch gar nicht funktionieren, weil das Haus überhaupt nicht die Kapazität für alles bieten würde.
Wenn wir uns jetzt überlegen, die Rechte des einzelnen Abgeordneten zu stärken, das heißt finanziell auf der Seite, dass er mehr Mitarbeiter einstellen kann, die ihm fachlich zuarbeiten, die ihm dahingehend zuarbeiten, dass er zum Beispiel bei seinem gesamten Termingeschäft mit Bürgern, Institutionen, mit Vereinen besser zurechtkommt, dann müssen die ja irgendwo sitzen, oder wollen Sie die alle an Heimarbeitsplätze setzen? Sie können sich gern mal mit Arbeitsrechtlern unterhalten. Wenn wir als Abgeordnetenhaus anfangen, ca. 200 Mitarbeiter in Heimarbeit oder prekäre Arbeitsverhältnisse zu schicken, gleichzeitig aber das Landesmindestlohngesetz beschließen wollen, oder der Verwaltung sagen, jeder Mitarbeiter hat mindestens 11 Quadratmeter in seinem Raum zur Verfügung, wäre das eine ganz schöne Selbstbelügung an der Stelle, und das sollten wir als Parlamentarier auf keinen Fall tun.
Diese Parlamentsreform ist nicht aus dem Hut gezaubert worden. Jeder, der das behauptet, liest sich zum Beispiel nicht die Protokolle der Piratenfraktion durch,
wo wir schon Wochen, bevor es einigen Parlamentariern in diesem Haus aufgefallen ist, in unseren Fraktionssitzungen öffentlich über diese Parlamentsreform geredet haben.
[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Christopher Lauer (PIRATEN): Wochenlang!]
Wochenlang! – Wir sind am Anfang des Jahres als Parlamentarische Geschäftsführer nach Hamburg gefahren. Ich muss an der Stelle, wie Herr Schneider es auch
schon mal gesagt hat, einen kleinen Punkt mit reinbringen. Die kleinen Fraktionen in Hamburg, allen voran die Grünen in Hamburg, fanden es sehr erstaunlich, was wir hier tun. Sie fanden es extrem erstaunlich, dass die Grünen hier in Berlin Anträge noch und nöcher stellen, dass die also viel beraten können, dass sie damit den gesamten Plenarablauf im Prinzip ad absurdum führen, weil jegliche Prioritätensetzung, jegliche Gewichtung der Themen im Prinzip hinten runterfällt, denn es gibt zurzeit kein wichtiges Thema in dieser Plenarsitzung. Wir haben eine Aktuelle Stunde am Anfang, und dann haben wir die Prioritäten, die wir normalerweise hatten, und danach ging es in ellenlangen Stunden total unkontrolliert in diesem Plenum zu, und spätestens ab 18 Uhr saßen wir hier immer allein und haben das als Show für uns allein gemacht. Das kann es nicht sein. Dieses Plenum könnten wir sonst in einer Stunde fertig machen. Wenn wir alles das machen müssten, was wir machen müssten, also die Gesetze beschließen, die Anträge abstimmen etc., bekämen wir das in einer Stunde durch. Das ist Ärmchen hoch, Ärmchen runter, Ärmchen hoch Ärmchen runter, fertig. Da sind wir nach einer Stunde fertig. Aber wir machen hier auch Öffentlichkeitsarbeit. Wir wollen die Anträge, die Gesetze, die wir haben, dem Publikum, der Bevölkerung und der Presse zeigen, damit die Leute dort draußen mitbekommen, was wir überhaupt machen.
Wenn wir aber ab 18 Uhr hier allein sitzen, die Presse weg ist und die Kameras aus sind, dann sieht das niemand mehr. Dann ist die Öffentlichkeitsarbeit ad absurdum geführt.
Herr Esser! Das Gleiche könnte ich mich im Hauptausschuss auch manchmal fragen, aber das verkneife mir an der Stelle mal.
Gehen wir darauf hin, dass wir in Zukunft Möglichkeiten haben. Wir schaffen Möglichkeiten, wir schaffen Chancen. Die Grünen sehen vor allem Ängste, denn sie trauen sich nicht, dort draußen zu sagen: Ja, wir nehmen uns dieses Geld, um davon Büros zu finanzieren, um davon Mitarbeiter zu finanzieren, um damit zu euch vor Ort zu kommen, um damit unsere eigene Arbeit als Abgeordnete zu stärken. Das trauen Sie sich nicht zu sagen. Sie wollen sich mit einer Enthaltung hier rausdrücken. Wir als Piraten, wir als Linke, wir als CDU und als SPD sagen:
Ja, wir nehmen dieses Geld nicht als eine Diät rein, sondern für die Büros und Mitarbeiter –, aber wir sagen es offen und ehrlich und vertreten es, und wir stimmen deswegen auch alle mit Ja, um das auch öffentlich an der Stelle zu zeigen.
Diese Möglichkeiten, die Sie dann haben, müssen Sie übrigens nicht wahrnehmen. Die Schleswig-Holsteiner Piraten sind wenigstens ehrlich. Wissen Sie, was die nämlich gemacht haben? – Die haben gesagt: Wir sind damit nicht einverstanden –, und die überweisen die ganze Kohle, die sie dort oben bekommen, ihre Fraktionsgelder zum Beispiel, an die Landeshaushaltskasse zurück.
Der Fraktionsvorsitzende und der Parlamentarische Geschäftsführer der Piraten in Schleswig-Holstein schicken ihre eigenen Zulagen, ihre persönlichen Zulagen wieder zurück. Wenn Sie nicht ehrlich sind und sagen: Das ist zu viel Geld – – Das Geld ist steuerfrei, das heißt, Sie haben keinen finanziellen persönlichen Schaden, wenn Sie dieses Geld an die Haushaltskasse zurückschicken.