Protocol of the Session on December 12, 2013

und kommen kaum zur Umsetzung, weil die jeweils neueste Idee Sie von der Umsetzung der älteren abhält.

Für den Haushalt haben Sie sich offenbar etwas Neues einfallen lassen. Der vorgelegte Justizhaushalt strahlt vor allem Ruhe aus. Auf eine politische Handschrift wird weitgehend verzichtet. Zukunftsweisende Projekte sind kaum erkennbar. Dem entsprach dann auch ein gelangweilter, geradezu teilnahmsloser Senator in den Haushaltsberatungen im Rechtsausschuss.

Die erahnbaren Schwerpunkte der Koalition im Justizbereich sind mit Ressentiment und Repression zu kennzeichnen. So wollen Sie 140 000 Euro für eine Studie zum Thema Friedensrichter ausgeben.

[Beifall bei der CDU]

Hier stand offenbar der kleine Dicke aus Neukölln Pate, der die Republik so gerne mit Gruselgeschichten aus dem Neuköllner Norden erfreut,

[Heiterkeit bei den PIRATEN – Beifall von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

statt sich in Neukölln endlich mal dranzumachen, die Probleme zu lösen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Nachfragen, wer denn da, bitte schön, was erforschen soll – soll das empirisch geschehen, soziologisch, rechtlich? –, konnten nicht beantwortet werden.

Sodann, wir kommen zu den angeblichen Stellen für die Staatsanwaltschaft, gibt es trotz sinkender Kriminalität in diesem Staat – Herr Innensenator hat darauf hingewiesen – mehr Personal bei der Staatsanwaltschaft. Im Übrigen gibt es nicht 28, sondern 18 Stellen mehr! Kollege Kohlmeier liest offenbar eher die Presseerklärung aus dem Justizbereich und nicht den Haushaltsplan.

Herr Senator! Ihre gestrige Pressekonferenz, wo Sie das verkündet haben, war ja schon einigermaßen ulkig, denn in Ihrem Haushaltsplanentwurf, den Sie uns zugeleitet haben, waren diese Stellen nicht enthalten. Sie waren offenbar überhaupt nicht der Meinung, dass es das braucht. Es ist nicht Ihr Verdienst, sondern das – das muss man dann auch anerkennen – der Rechtspolitiker der Koalitionsfraktionen, dass es diesen Stellenaufwuchs gibt. Da scheinen Sie sich eher mit fremden Federn zu schmücken.

Man muss aber daran erinnern, dass wir im Justizhaushalt pauschale Minderausgaben in sehr großem Umfang haben – 15 Millionen Euro für 2014, 23 Millionen Euro für 2015. Das lässt die Frage im Raum stehen, ob Sie wirklich mehr Staatsanwälte einstellen werden. Wir werden das sehr aufmerksam beobachten, wie Sie das in der Haushaltswirtschaft erbringen wollen. Jede Frage, wie Sie die PMA auflösen wollen, ließen Sie weitestgehend unbeantwortet. Wir werden gucken, ob wirklich mehr Staatsanwälte für die Bekämpfung von Cyberkriminalität – da wird sich Herr Kohlmeier freuen – und für

(Sven Kohlmeier)

Rockerkriminalität – für Herrn Schreiber, da werden ja offenbar Lieblingsprojekte von SPD-Abgeordneten verwirklicht – bei der Justiz ankommen. Für die Bekämpfung der Rockerkriminalität wäre schon viel in dieser Stadt erreicht, wenn die Polizei nicht löchrig wie ein Schweizer Käse wäre und wenn nicht aus Reihen der Polizei die Razzien verraten würden. Da hilft Ihnen kein Staatsanwalt, das müsste vielleicht Herr Henkel in den Reihen der Polizei mal abstellen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Anstelle von Repressionen und Ressentiments würden wir gerne die Nutzung von neuen Medien im Strafvollzug ermöglichen. Herr Heilmann! Sie sind wie kein Zweiter als ehemaliger Internetunternehmer geeignet, auch den Gefangenen das Internet zugänglich zu machen. Bedauerlicherweise fehlt Ihnen hier der Mut oder aber, wie eingangs erwähnt, die Ausdauer. Wir wollen ein Modellprojekt Internet im Knast. Wir wollen 500 000 Euro für die JVA Tegel und Heidering einstellen und sind der Meinung, das ist zukunftsweisend. Man braucht das Internet für die berufliche Orientierung, für die Wohnungssuche, für die Arbeitsplatzsuche, für die Fortbildung, und das wollen wir auch Gefangenen ermöglichen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Herr Senator! Sie haben vor vielen Jahren ein Buch mit klugen und banalen Lebensweisheiten herausgegeben, Sie werden sich erinnern. § 9 der dort aufgeführten Lebensweisheiten lautet: Wenn man kein Geld hat, kann man sich nichts Teures kaufen, aber wünschen. – Das sollten Sie beherzigen: Wünschen Sie sich mehr als Handyblocker für die Berliner Justiz! Die Berliner Justiz wird es Ihnen danken!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion folgt nun Herr Kollege Rissmann. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Behrendt! Ich danke auch Ihnen. Das war heute der erste Versuch einer Oppositionsrede. Das belebt das ganze Geschäft ja ein bisschen. Viel Überzeugendes war nun nicht dabei. Ich weiß auch nicht, Herr Behrendt: Ich bin der Letzte, der Herrn Buschkowsky verteidigen muss, aber ob das die richtige Wortwahl war, einen Bezirksbürgermeister anzusprechen? Ob das wirklich Ihr Niveau ist? Darüber sollten Sie noch mal nachdenken!

Ich möchte eingangs meinem Kollegen Sven Kohlmeier sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit auch im Rahmen dieser Haushaltsberatungen danken.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Können Sie auch mal was Politisches sagen?]

Das waren gute Gespräche, das waren gute Runden mit häufigen Lageänderungen,

[Zuruf von Wolfgang Brauer (LINKE)]

die wir dann doch ganz gut beherrscht haben. Einige Überraschungen sind geblieben, aber auch das gehört zur allgemeinen Lebenserfahrung dazu. Der Dankchoral, liebe Opposition, geht weiter. Ich möchte ihn ausweiten auf alle Kollegen und Kolleginnen der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion aus dem Rechtsausschuss,

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Bringen Sie ein paar Blumen rum!]

die das sehr kollegial und sehr kameradschaftlich, freundschaftlich über die Bühne gebracht haben. Vielen Dank dafür, das hat Spaß gemacht!

Am Ende steht die Berliner Justiz so überzeugend als Gewinner dieser Haushaltsberatungen da, dass auch die Opposition im Rechtsausschuss dem nichts Wesentliches entgegensetzte und die Regierungskoalitionen sogar weitgehend unterstützte. Gestern gab es in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ einen Kommentar von Reinhard Müller, der die Überschrift „Justiz im Schatten“ trug. Sein Appell dort ist einfach und auf den Punkt gebracht:

Ein funktionierendes Rechtswesen ist Garant dafür, dass es allen gutgeht.

Das ist richtig, und diesen Auftrag haben Union und SPD in Berlin erfüllt.

In den letzten Tagen ist, um damit vielleicht anzufangen, angestoßen durch den Deutschen Richterbund, die personelle Ausstattung der Justiz im Gespräch. Nach Auffassung der sogenannten Staatsallianz, also dem Zusammenschluss von Deutschem Richterbund, Deutschem Beamtenbund und Bundeswehrverband, sollen deutschlandweit 2 000 Richter und Staatsanwälte fehlen. Wenn das so ist, dann kann ich nur festhalten, dass wir in Berlin gegen diesen Trend handeln. Wir stärken die Strafverfolgungsbehörden. Mit gut 30 Stellen in Amts-, Staats- und Generalstaatsanwaltschaft werden wir vor allem gegen neue Kriminalitätsphänomene in das Feld ziehen – mein Fraktionsvorsitzender hat vorhin bereits darauf hingewiesen. Auch die wirklich schwerwiegenden Bedrohungen aus dem Bereich organisierte Kriminalität und Rockerkriminalität werden dort angegangen. Wir verschließen nicht die Augen vor einer sich breit machenden Paralleljustiz, wie es Herr Dr. Behrendt offenbar tut, in unserer Stadt

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Die Klausel in den Wasserverträgen oder was?]

(Dirk Behrendt)

Wir werden deshalb wissenschaftliche Studien in Auftrag geben, um Strafverfolgungsbehörden zu helfen, diesen frontalen Angriff gegen unseren Rechtsstaat und das Gewaltmonopol des Staates abwehren zu können und diese Schattenjustiz auszuschalten.

Wir werden des Weiteren die ambitionierten Ziele unseres Koalitionsvertrages umsetzen und den Opferschutz stärken – Stichwort: Gewaltschutzambulanz an der Charité. Hier auch Dank an die Piratenfraktion, die da sehr konstruktiv mitgewirkt hat, diese Idee, wenn ich mich richtig erinnere, sogar entwickelt hat, und dann alle im Ergebnis überzeugen konnte, dass wir da gemeinsam vorgehen.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Ohne Geld!]

Wir werden – auch das ist vom Kollegen Kohlmeier angesprochen worden – durch den Einsatz von in der Jugendstrafanstalt bereits bewährten Mobilfunkunterdrückern auch in der Untersuchungshaftanstalt Moabit die Sicherheit in der Anstalt erhöhen und dem Zweck der Untersuchungshaft, nämlich der Verhinderung der Verdunkelungsgefahr, Rechnung tragen. Wir geben dem Justizsenator Heilmann Mittel an die Hand, um für eine moderne Gerichtsbarkeit auch eine moderne und vernetzte IT entwickeln und bereitstellen zu können. Das ist, wie ich finde, unter den schweren Rahmenbedingungen eines Bundeslandes wie Berlin schon ganz schön viel. Wünsche bleiben da sicher immer offen, das ist keine Frage. Aber jedem interessierten Beobachter wird auffallen müssen, dass die Berliner Justiz kein Schattendasein mehr fristet. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön! – Für die Fraktion Die Linke jetzt Herr Dr. Lederer – bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jede Koalitionsrede erst einmal anderthalb Minuten Dankchoral – ja, wer sonst nichts zu sagen hat. Ich finde so etwas peinlich und erbärmlich.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Oliver Friederici (CDU): Sie sind ja nur neidisch, weil Sie raus sind!]

Der Einzelplan 06 – Justiz und Verbraucherschutz – genügt den Anforderungen, die die praktischen Probleme von Strafverfolgung und Gerichten, von Strafvollzug und Kriminalprävention, Opferhilfe, aber auch Täterarbeit mit sich bringen, nicht. Gleiches gilt für den Verbraucherschutz. Es ist denkbar unambitioniert. Die Koalition fährt mit diesem Etat auf Sicht, lässt zwei kleine Symbole als Ersatz für eine nicht erkennbare Akzentsetzung hoch, wie

die 28 Staatsanwaltsstellen, die Sie als große Aktion abgefeiert haben – Kollege Behrendt hat schon darauf hingewiesen: Das war etwas, was der Justizsenator gar nicht unbedingt haben wollte –, stattdessen packt sie sämtliche Risiken in die pauschalen Minderausgaben und zeigt sich in der Gesamtschau als ambitionslos.

Das Hauptproblem bleibt Personal. Bereits vor zwei Jahren bei den Haushaltsberatungen zum Einzelplan für den Doppelhaushalt 2012/2013 hat meine Kollegin, Katrin Möller, hier darauf hingewiesen, dass es an einer Personalentwicklungsplanung fehlt, dass die Abbauvorgaben im gesamten Bereich pauschal sind und dass insbesondere der Umgang mit Personal im Justizvollzug mehr einem Personalverschiebebahnhof ähnelt als einer klaren, strukturierten Personalentwicklung. Daran hat sich nichts geändert. Die Hauptfrage lautet: Was ändert sich bei der Ausstattung zur Aufgabenerfüllung tatsächlich? – Die Ausbildung wird wieder aufgenommen, um Nachwuchskräfte für die Justizbeamten und -beamtinnen im Unterbau zu gewinnen. Das haben wir immer gefordert, um eine Situation zu vermeiden, die darin besteht, dass die Alterspyramide – wie das derzeit absehbar ist – erbarmungslos zuschlägt und keine ausgebildete Nachfolgegeneration zur Verfügung steht. Das ist die Mindestaktivität im präventiven Krisenmanagement – die Mindestaktivität!

[Beifall bei der LINKEN]

Real ist dieser Etat ein Manifest der Hilflosigkeit, ein Manifest des hilflosen Stopfens von Fluktuationslöchern. Der öffentliche Dienst im Justizbereich ist überaltert, die Beamtinnen und Beamten sind demotiviert durch den Bruch des Besoldungsanpassungsversprechens der Koalition, also des Versprechens der damals rot-roten Koalition gebrochen durch die rot-schwarze Koalition, was insbesondere untere und mittlere Laufbahngruppen besonders hart trifft. Wir haben nach wie vor im Vollzug einen extrem hohen Krankenstand, und wir haben eine fehlende Ziel- und Personalentwicklungsplanung, wo Berlins Justiz im Jahr 2020 eigentlich stehen soll. Entsprechende Dinge, lieber Kollege Rissmann, haben wir im Rechtsausschuss beantragt. Sie sind durch die Koalition abgelehnt worden.

Die pauschale Minderausgabe beträgt über 15 Millionen Euro im Jahr 2014 und über 23 Millionen Euro im Jahr 2015. Es ist völlig unklar, woher die kommen sollen. Der Verweis auf PEBB§Y, das erst im nächsten Jahr erhoben werden würde, für die Ausstattung von Gerichten und Staatsanwaltschaften geht fehl. Wir wissen seit Jahren, dass wir eine Unterausstattung in all diesen Bereichen haben und das Ende der Fahnenstange langsam erreicht ist. Insbesondere bei den Wachtmeisterdiensten und den allgemeinen Vollzugsdiensten im Justizbereich ist die Situation besonders prekär. Was nutzen 28 Staatsanwälte zusätzlich, wenn die Decke insgesamt zu kurz ist und die Abläufe stocken? Da nutzt dann auch die Hoffnung auf verbesserte IT-Ausstattung nichts.

(Sven Rissmann)

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Der Senat hat nichts unternommen, um wenigstens eine empirische Basis für eine sachgerechte Personalausstattung zustande zu bekommen. Das wäre die Grundlage, um dann zu entscheiden, was finanziert wird und was nicht. Stattdessen: Stückwerk und Stümperei. Beim Rest: Verweis auf die Haushaltsdurchführung. Meine Damen und Herren, das ist inakzeptabel!