Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Es ist schon vieles gesagt worden, aber noch nicht von mir, und deswegen halte ich jetzt eine Rede zur Innenpolitik. Herr Wowereit, der jetzt gerade weg ist, fragte vorhin – damit fange ich einfach einmal an –, wo in diesem Haushalt getrickst wird. Das passiert zum Beispiel im Haushalt für Inneres bei den Kosten, die der Bußgeldstelle des Landes Berlin wegen der Parkraumbewirtschaftung entstehen, die die Bezirke betreiben. Die machen Parkraumbewirtschaftung, und das Land Berlin muss für die Kosten in der Bußgeldstelle aufkommen. Das kostet das Land Berlin im Jahr 3 Millionen Euro. Das Land Berlin hat sich mit den Bezirken noch nicht darauf geeinigt. Uns wird während der Haushaltsverhandlungen einfach mal so en passant gesagt: Na ja, das läuft dann über die laufende Haushaltswirtschaft. – Dieser Punkt illustriert schön, wie es im Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung in den Haushaltsberatungen zuging. Ich fand es sehr gut, dass der Vorsitzende des Hauptausschusses am Anfang dieser Sitzung kritisiert hat, dass sich die Fachausschüsse teilweise selbst ihrer parlamentarischen Rechte beraubt haben, indem sie keine Beschlüsse mehr getroffen haben, sondern Empfehlungen ausgesprochen worden sind. Und das hat dann zu bizarren Situationen geführt, zum Beispiel zu der, dass die Koalition einen Antrag der Piratenfraktion, beim Zentralen Objektschutz aufzustocken, abgelehnt hat, um dann einem wortgleichen Antrag der Koalition zuzustimmen, der dann aber eben kein Antrag war, sondern eine Empfehlung. Das müssen wir uns hier eigentlich nicht geben!
Ich musste vorhin sehr lachen, als Herr Lux von Frank Henkel sprach und dass er einen auf „Strammen Max“ macht. Also, wir bekleckern uns da alle nicht mit Ruhm, der Innensenator nicht, aber auch wir als innenpolitische Sprecher nicht, und auch insbesondere Sie, Herr Lux, nicht.
Wie Sie sich da teilweise aufführen, hoffe ich, dass Bündnis 90/Die Grünen nie irgendwie in Verantwortung kommen. Das sage ich aber auch ganz klar an die Adresse der Piraten bzw. fasse mich da an die eigene Nase.
Das führt meiner Meinung nach zu einem Problem, das ich hier auch mal im Plenum ansprechen möchte. Wir
sitzen dort als Abgeordnete und tun uns keinen Gefallen, wenn wir, die wir naturgemäß – ich glaube, bis auf Herrn Trapp, der früher einmal Polizist beim LKA war
und eine großartige Ausschussleitung macht, immer sehr fair – nicht so viel Ahnung von der Materie haben, dort vor der Verwaltung und insbesondere vor der Polizei so eine Show abziehen. Dann muss man sich nämlich die Frage stellen, wie ernst einen die Polizei nimmt, wie ernst sie dann noch Abgeordnete nimmt, die versuchen, besten Wissens und Gewissens ihrer Kontrollfunktion nachzugehen, sich aber im Ausschuss wie Zwölfjährige aufführen und dann eben nicht ernst genommen werden. Das betrifft nicht nur die Oppositionsfraktionen, es betrifft meiner Meinung nach auch die Regierungsfraktionen, und es betrifft an manchen Stellen auch den Senator.
Aber es ist eben auch blöd, wenn man in der Opposition so einen Scharfmacher gibt und dann genau das feststellt, was Herr Juhnke vorhin gesagt hatte, als er meinte, dass die Opposition natürlich auch nicht besonders viel anders gemacht hätte. – Ja klar, früher waren Sie die Opposition, Herr Juhnke, und jetzt muss Ihr Senator feststellen: Na gut, so, wie Herr Körting das gemacht hat, war das anscheinend zumindest in Ordnung und das Land Berlin ist nicht explodiert, auch wenn Ihr damaliger innenpolitischer Sprecher natürlich andere Dinge gesagt hat. Jetzt wurschteln Sie also so vor sich hin. Sie haben natürlich vollkommen recht: Wir streiten uns im Innenausschuss und auch beim Einzelplan Inneres vor allen Dingen um Nuancen, und das wurde zum Beispiel auch schon von Herrn Taş angesprochen.
Wir haben im Moment eine Situation, wo diese NSAAffäre in aller Munde ist. Wir haben eine Situation, wo die aggregierten Daten von Menschen dazu benutzt werden, um Profile zu erstellen. Das ist genau das, was die Piratenpartei immer kritisiert hat, wenn wir gesagt haben, wir sind gegen so etwas wie eine Funkzellenabfrage, wir sind gegen so etwas wie die Anschaffung eines IMSICatchers, und wir sind gegen so etwas wie eine Telefonüberwachung. Da liegen zwei Welten dazwischen, weil CDU und SPD mehr den Ansatz haben zu sagen: Wir müssen dem ganzen Laden irgendwie vertrauen. – Wir Piraten sagen eben: Wehret den Anfängen, und Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!
Der Witz ist nur, diese parlamentarische Kontrolle kann aus dem eben angesprochenen Thema nicht durchgeführt werden: Man wird dort nicht so ernst genommen, weil sich dieser Ausschuss eben so aufführt, wie er sich aufführt, und es gibt große Vorbehalte in der Behörde.
Frau Bayram! Was Sie dazu beitragen, das muss man gar nicht mehr kommentieren. Sie kommentieren sich selbst.
Es sind dann einfach so Sachen, wo Außenstehenden nicht mehr klar wird, egal, ob das jetzt Koalition oder Opposition ist: Die Freiwillige Feuerwehr war da und hat gesagt, sie brauchen Nachwuchs. Da sagt die Koalition en passant: Gut, da müssen wir mal eine Werbekampagne bei der BVG machen. – Dann fragt man, ob das Geld eingestellt ist. – Nein! – Sie können einem vorrechnen, wie viele Millionen Euro sie als Freiwillige Feuerwehr dem Land Berlin sparen – eine richtige Unterstützung des Senats gibt es an dieser Stelle irgendwie nicht!
Mit dem ZOS, das wurde auch schon angesprochen: Es ist gut, dass es jetzt eine Umkehr in der Personalpolitik gibt. Die Frage, wie mit den angestauten Überstunden umgegangen wird, ist am Ende immer noch nicht geklärt.
Ansonsten hat noch eine Sache dieses Jahr bewegt und sich natürlich auch in gewisser Weise in den Haushaltsverhandlungen niedergeschlagen, und zwar war das die Sache mit der NSU, wo ich in der Rückschau nach einem Jahr sagen kann: Wir hätten uns, glaube ich, alle einen Gefallen getan, wenn wir einen NSU-Untersuchungsausschuss eingesetzt hätten, einfach aus dem Grund, dass durch die NSU-Thematik im Innenausschuss extrem viel hinten runtergefallen ist und der Innensenat – ich sage es vorsichtig – möglicherweise nicht so auskunftsfreudig gewesen wäre, als wenn man ihn vorher belehrt hätte.
Ansonsten bin ich sehr froh, dass nach dieser Zeitungsente – ich interpretiere das mal einfach so, Herr Zimmermann – die SPD beim Taser jetzt darauf gekommen ist, den Taser nicht einzusetzen.
Ich würde mich darüber freuen, wenn wir es im nächsten Jahr schaffen würden, bei all den inhaltlichen Differenzen, die wir haben, und bei all dem, was in der Innenpolitik schiefläuft, auch mal ein bisschen überfraktionell zusammenzuarbeiten. Es ist ja auch der Witz: Es steht hier keiner und sagt: Oh ja, irgendwas soll brennen und Kriminalität und so – juchhu! – Wir sind uns ja alle einig, und dann sollten wir diese Einigkeit auch mal dadurch durchschimmern lassen, dass wir uns verhalten wie Erwachsene. – Vielen lieben Dank!
Danke schön, Herr Kollege Lauer! – Für den Senat erteile ich jetzt das Wort Herrn Senator Henkel. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf zum Doppelhaushalt, den das Parlament
heute beschließen soll, ist von zwei Leitlinien geprägt: Wir erarbeiten uns neue Spielräume, indem wir auf neue Schulden verzichten, und gleichzeitig stecken wir zusätzliche Mittel in unsere politischen Schwerpunkte. Das gilt auch und ganz besonders für den Einzelplan 05, der im Zuge der parlamentarischen Beratung noch einmal positiv angepasst worden ist.
Wenn das Parlament den Haushalt wie geplant beschließt, dann wird der Etat für Inneres und Sport um rund 80 Millionen Euro aufwachsen.
Mit diesen Mitteln wird es uns möglich sein, den Sport abzusichern, in eine moderne Verwaltung zu investieren, aber vor allem, dafür zu sorgen, dass sich die Menschen in unserer Stadt sicher fühlen können. Gerade Letzteres ist eine der großen Prioritäten dieses Senats, und deshalb freue ich mich, dass dieser Haushalt diesen Schwerpunkt entsprechend abbildet.
Mehr Geld für mehr Sicherheit – das ist für einen Innensenator erst einmal eine erfreuliche Nachricht, aber es ist kein Luxus, denn wir brauchen dieses Geld auch, um vor allem auf den vier Gebieten handeln zu können, die mir ein besonderes Anliegen sind: der Kampf gegen Gewalt, ein sicherer öffentlicher Nahverkehr, das Verringern der Einbruchszahlen und das Zurückdrängen der kriminellen Strukturen. Das sind die Themen, die die Menschen in unserer Stadt besonders betreffen, und das sind Themen, bei denen wir handeln müssen und wollen.
Schon jetzt sind uns dabei Erfolge gelungen. Die Zahl der Einbrüche sind in den ersten neun Monaten dieses Jahres um über 8 Prozent gesunken, und dabei haben wir uns nicht auf den Zufall verlassen, sondern auf neue Strategien gesetzt und gleichzeitig die Prävention gestärkt, z. B. durch eine kostenfreie Beratung. Ich bin froh über diese Zahlen, denn sie zeigen, dass sich neue polizeiliche Strategien auch positiv in Zahlen ausdrücken, wenn sie konsequent verfolgt werden.
Auch die Zahl der Gewalttaten im ÖPNV konnte 2012 im zweistelligen Bereich gesenkt werden, was auch auf die deutlich erhöhte Zahl von Einsatzkräftestunden gegenüber den Jahren zuvor zurückzuführen ist. Das ist eine gute Nachricht für die vielen Menschen, die täglich auf Busse und Bahnen angewiesen sind, um morgens zur Arbeit zu fahren und abends gesund zu ihren Familien heimzukehren. Auch das ist ein großer Erfolg, den wir uns hart erarbeitet haben.
Der enorme Druck, den wir auf kriminelle Rocker ausgeübt haben, zahlt sich ebenfalls aus. Die Berliner Polizei hat es mit ihrer Null-Toleranz-Strategie geschafft, dass die Szene nicht mehr wächst. Diese erfolgreichen Ansätze wollen wir in den kommenden Jahren auch auf andere
Bereiche ausdehnen, etwa auf kriminelle Mitglieder von Großfamilien. Es ist mir vollkommen egal, ob sich kriminelle Strukturen auf Blutsbande oder eine Kutte oder sonst irgendein Symbol berufen. Hinter jedem dieser Symbole steckt dieselbe Gier nach schmutzigem Geld, eine Gier, die Menschen auf der Strecke zurücklässt – ausgebeutete Frauen, Drogenabhängige, Opfer von Gewalt. Deshalb werden wir diesen dunklen Machenschaften auch weiterhin konsequent den Kampf ansagen.
Diese Erfolge sind keine Selbstverständlichkeit, und wir müssen klug investieren, um sie zu sichern und auszubauen. Mit dem deutlich gestärkten Etat sind wir in der Lage, die Sicherheitsarchitektur unserer Stadt voranzutreiben. Das gilt umso mehr angesichts der Dynamik unserer Stadt. Berlin, das haben wir heute mehrfach gehört, ist eine Metropole, die wächst, eine Metropole, die immer mehr Touristen anzieht, die als Hauptstadt große Aufgaben zu bewältigen hat, wenn ich etwa an den Schutz von Botschaften oder die vielen Demonstrationen in unserer Stadt denke. Das alles bringt wachsende Herausforderungen mit sich.
Berlin ist eine Stadt, bei der wir trotz wirtschaftlichen Aufschwungs immer darauf aufpassen müssen, dass nicht die soziale Balance verloren geht, dass wir nicht in bestimmten Bereichen verrohen und die Brutalität die Oberhand gewinnen lassen. Trotz vieler positiver Entwicklungen hat es schlimme Verwerfungen gegeben. Der Fall Jonny K. war ein besonderer Exzess, der erheblich zum Unsicherheitsgefühl vieler Menschen beigetragen hat. Das Gefühl, das viele dabei leitet, ist die Angst, dass solche Taten jeden treffen können. Deshalb war es mir wichtig, dass wir gerade belebte Plätze sicherer machen, mit dem Kontaktmobil auf dem Alex, mit dem neuen Direktionskommando, mit einem gemeinsamen Servicebüro mit der Bundespolizei am Bahnhof Zoo und mit mehr Streifen in der City West.
All das kostet Kraft, all das bindet Personal. Beide Sicherheitsbehörden, Polizei und Feuerwehr, haben über Jahre schmerzhafte Einschnitte ertragen und stets am Limit arbeiten müssen: auf der einen Seite eine Polizei, die dort erfolgreich ist, wo sie Schwerpunkte setzt, aber die weiß, dass die Öffentlichkeit überall Erfolge einfordert, auf der anderen Seite eine Feuerwehr, der vor allem der demografische Wandel alles abverlangt, gerade mit Blick auf die Rettungstransporte. Deshalb ist es die Philosophie dieses Senats, die Trendumkehr, die wir 2011 begonnen haben, auch fortzusetzen. Das bildet sich in diesem Haushalt ab. Wir setzen dabei auf Menschen, auf Sicherheitskräfte, die ansprechbar sind, die auf der Straße Präsenz zeigen, die helfen und die auch Leben retten können.
Im Vergleich zum Haushalt 2011 hat dieser Senat die Voraussetzungen für insgesamt 584 zusätzliche Sicherheitskräfte bei Polizei und Feuerwehr geschaffen. Diese
neuen Stellen bedeuten zusätzliche Sicherheit. Gerade von den 350 Stellen im Polizeivollzug verspreche ich mir viel, sobald sie besetzt sind. Sie sind aber auch eine Entlastung für unsere Sicherheitskräfte, die viele Defizite mit Leidenschaft und mit Aufopferungsbereitschaft kompensieren.
Das neue Personal, für das wir uns politisch eingesetzt haben, soll ihnen zeigen, dass wir sie stärken und bei ihrem schweren Job unterstützen wollen.
Wenn wir von Unterstützung sprechen, dann meine ich auch Wertschätzung. Das gilt nicht nur ideell, sondern auch finanziell. Ich freue mich jedenfalls als Innensenator ganz besonders, dass es uns in der Koalition gemeinsam gelungen ist, die Besoldung in zwei Doppelhaushalten um 9 Prozentpunkte anzuheben. Ich weiß dabei sehr wohl, dass viele Beamtinnen und Beamte gerne eine deutliche Zeitperspektive für eine Anpassung hätten, aber diese Besoldungserhöhung ist mehr, als mancher Kritiker von heute in zehn Jahren durchgesetzt hat, als er noch die Chance dazu hatte und nicht in der Opposition war.
Es war dieser Senat, es war die große Koalition, die diese Verbesserung durchgesetzt haben, und darauf sind wir stolz.
Ich bin den Regierungsfraktionen auch dankbar, dass sie mir beim Zentralen Objektschutz so deutlich entgegengekommen sind. Ich denke, dass ihnen das auch die Berliner Polizei danken wird. Wir brauchen jeden Vollzugsbeamten dort, wo er hingehört,