Protocol of the Session on June 13, 2013

[Beifall]

Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redzeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich erteile der Kollegin Herrmann das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin Claßen-Beblo! Zunächst möchte ich mich ganz herzlich bei Ihnen und Ihrem Team für diesen Jahresbericht und für die geleistete Arbeit bedanken. Bitte geben Sie das an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes weiter. Vielen Dank!

[Beifall]

Mit dem Jahresbericht 2013 beanstanden Sie nicht nur die Verschwendung bei Einzelmaßnahmen von insgesamt etwa 33 Millionen Euro durch den Senat, sondern viel mehr. Es geht um Grundsätze großkoalitionärer Haushaltspolitik und um organisatorische Mängel, die Berlin wesentlich mehr kosten.

Liebe SPD, liebe CDU, herzlichen Glückwunsch! Sie sind nicht nur die unbeliebteste Landesregierung Deutschlands, Sie sind auch noch zahlenmäßig die größte. Das muss man erst einmal schaffen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Dass Berlin schlecht regiert wird und das auch noch von der größten Landesregierung, wissen wir inzwischen. Es gibt absurde Ressortzuschneidungen. Beispielsweise sorgten die Trennung von Wissenschaft und Forschung auf wundersame Art und Weise für eine deutliche Erhöhung der Staatssekretäre. Die erste Amtshandlung vor zwei Jahren war die Schaffung von mehr Pöstchen. Willkommen zurück, große Koalition!

Ein kleines Ratespiel: Wo haben wir einen Staatssekretärposten für sage und schreibe 21 Beschäftigte, also wirklich eine sehr gut bezahlte Referatsleitung? Na? Gibt

es Vorschläge? – Genau! Ich spreche vom Verbraucherschutz. Das ist ein Beispiel des diesjährigen Rechnungshofsberichts. Wir haben aber auch die sogenannten Dauerthemen, die immer wieder auftauchen. Es gibt beispielsweise die jahrelange Unterlassung von Prüfung von Verwendungsnachweisen, die wir auch im diesjährigen Rechnungshofbericht finden.

Gleiches gilt auch für die Irrwege, die bei IT-Projekten gegangen wurden und immer noch gegangen werden. Da gab es MODESTA. Im diesjährigen Jahresrechnungshofbericht mahnt der Rechnung das Projekt ISBJ an. Das Scheitern von ISBJ hat zu einem Schaden von 3,9 Millionen Euro geführt. Wir wissen nun aus den aktuellen Debatten, dass wir wohl auch damit rechnen müssen, dass wir bei der E-Akte den nächsten Flop in diesem Bereich haben.

Auch die Aussagen zur IT-Sicherheit bestätigen Warnungen der letzten Jahre, die wir immer wieder auch in den Fachausschüssen getätigt haben. Der Rechnungshof und der Datenschutzbeauftragte haben schon seit 2006 wiederholt angemahnt, dass alle Behörden dem gesetzlichen Auftrag, ein IT-Sicherheitskonzept zu erstellen, nachkommen. Laut Aussage des ITDat fehlten angeblich nur noch wenige Verwaltungen. Jetzt erfahren wir im Rechnungshofbericht, dass selbst die vorhandenen Konzepte total veraltet sind und sich teilweise auf Software beziehen, die gar nicht mehr im Einsatz sind. Es wird deutlich, dass eine IT-Strategie und die Fähigkeit zur IT-Steuerung im Senat fehlt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Zum Schluss komme ich auf das Dauerthema Bauen zu sprechen. Der Landesrechnungshof kritisiert zu Recht, wie unorganisiert und vor allem unwirtschaftlich in Berlin gebaut wird. Die aktuellen Beispiele Flughafen und Staatsoper muss man hier gar nicht nennen. Das sind prominente Einzelfälle. Aber der Jahresbericht zeigt, dass der Senat beim Bauen von Gebäuden und Infrastruktur Steuergelder verschwendet. Kosten laufen regelmäßig aus dem Ruder. Zeitpläne werden nicht eingehalten. Prüfungen dienen als politische Placebos. Der Rechnungshof hebt an dieser Stelle das Bettenhochhaus Charité hervor. Er kommt zu Kostensteigerungen von mehr als einem Viertel und rechnet mit Mehrkosten von rund 40 Millionen Euro.

Die Kritik wird auch bei notwendigen Infrastrukturprojekte wie dem Bau der Straßenbahn vom Alex zum Kulturforum – den Bau der Straßenbahn unterstützt meine Fraktion übrigens – deutlich. Wir können nicht nachvollziehen – wenn man die Straßenbahn wirklich will –, warum man für zwei Millionen Euro just an der Stelle, an der die Straßenbahn fahren soll, einen Boulevard der Stars errichtet, der dann, wenn die Straßenbahn fährt, als Boulevard nicht mehr existieren kann.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Das sind zwei Millionen Euro, die sinnlos ausgegeben worden sind. Wenn man diese Straßenbahn will, muss man den Boulevard wieder abreißen.

In Berlin muss man angesichts dieser Beispiele davon sprechen, dass die Bauplanung eher zur Fehlplanung geworden ist. Wir brauchen endlich ein vernünftiges Baukostencontrolling. Wir müssen uns ehrlich bei den Angaben von Baukosten machen und dürfen keine Luftschlösser zum Nulltarif angeben, um am Ende in der Realität das Fass ohne Boden zu haben.

Sie müssen bitte zum Schluss kommen!

Der Rechnungshof kritisiert die Kostenexplosion, aber er zeigt auch, dass der Senat an falscher Stelle investiert. Die Investitionsquote ist so niedrig wie noch nie. Hier müssen wir dringend handeln, denn eine nachhaltige und zukunftsfähige Investitionspolitik denkt auch an den Gebäudebestand.

Frau Kollegin!

Deshalb müssen wir hier dringend den Sanierungsstau angehen. – Vielen Dank! Vielen Dank, Frau ClaßenBeblo. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Vielen Dank, Frau Kollegin Herrmann! – Für die Fraktion der SPD hat der Kollege Jauch das Wort! – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Präsidentin Claßen-Beblo! Berlin hat eine sehr angespannte Haushaltslage. Deshalb ist es wichtig, die knappen Ressourcen zielgerichtet und effizient einzusetzen. Das ist die Grundlage für solide Haushaltspolitik. Die Koalition verfolgt diese Politik erfolgreich. Dennoch ist es gut, dass es eine unabhängige Institution gibt, die dieses auch überwacht. Ich möchte mich an dieser Stelle für die Arbeit des Rechnungshofs und beim Team des Rechnungshofs ebenfalls

auch im Namen der Koalition bedanken. Ich habe Hochachtung vor Ihrer Arbeit.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Sie helfen uns, die Verwaltung effizienter und transparenter zu gestalten und zeigen uns auf, wo wir genauer hinschauen müssen. Es zeigt sich, dass man an der einen oder anderen Stelle auch nachhaltig nachbohren und ein wenig Luft zum Atmen haben muss, weil das Eine oder Andere doch über ein oder zwei Jahre hin beobachtet werden muss.

Ihr Bericht weist darauf hin, dass wir an dieser Stelle aber auch immer besser werden. Laut Ihrem Bericht hätte Berlin etwa 33 Millionen Euro einsparen können. Das ist sehr viel Geld angesichts der knappen Haushaltslage unserer Stadt. Im Verhältnis zum gesamten Berliner Haushalt sprechen wir aber gerade einmal über 0,15 Prozent der Ausgaben.

Auch im Vergleich zum Vorjahr sind die Fehlausgaben um etwa 60 Millionen Euro gesunken. Es hat sich offensichtlich auch bewährt, dass der Rechnungshof frühzeitig die Prozesse der Verwaltung prüft und auf Fehlentwicklungen hinweist. Wir nehmen die Anregungen des Rechnungshofs sehr ernst, vor allem, wenn er darauf aufmerksam macht, dass Gelder zwar ausgegeben, die politischen Ziele aber nicht umgesetzt werden, beispielsweise wie bei der Personalausstattung der Kitas.

Gerade weil wir den Rechnungshof so schätzen, werden wir auch Ihre Anregungen kritisch prüfen, wo sich die Kritik an die Grenze von politischen Mehrheitsentscheidungen des Abgeordnetenhauses richtet. Dies betrifft beispielsweise Ihre Kritik zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe. Wir werden den Rechnungshofbericht kritisch würdigen und warten mit Spannung auf die Stellungnahme der Senatsverwaltungen. Ich freue mich jetzt schon auf die konstruktive Beratung im Unterausschuss Haushaltskontrolle. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Jauch! – Für die Fraktion Die Linke hat Frau Dr. Schmidt das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Präsidentin Claßen-Beblo! Natürlich steht in erster Linie ein großes Dankeschön an Sie, Frau Claßen-Beblo, und an Ihr Team an, denn wieder haben Sie mit großer Akribie die Haushalts- und Vermögensrechnungen des Landes Berlin geprüft und die Felder und Einzelfälle aufgezeigt, wo das Land aus Ihrer Sicht eben nicht dem Prinzip äußerster Sparsamkeit gefolgt ist – und das vor dem Hin

(Clara Herrmann)

tergrund der nach wie vor schwierigen Finanzsituation des Landes Berlin, die wir gerade hart diskutiert haben und die wir sehr wohl wahrnehmen, Herr Nußbaum, auch wenn Sie es anders behaupteten.

Gleichzeitig formulieren Sie in Ihrem Bericht Ihre Forderungen im Zusammenhang mit der neuen Schuldenregel des Grundgesetzes, dem Auslaufen des Solidarpakts und den Konsolidierungsverpflichtungen entsprechend der Sanierungsplanung. So fordern Sie, dass der Anstieg der Steuereinnahmen aufgrund der konjunkturellen Entwicklung konsequent zur Verringerung der Nettokreditaufnahme und Schuldentilgung genutzt wird. Des Weiteren erwarten Sie, dass der ursprünglich geplante Ausgabepfad mit Steigerung von jährlich durchschnittlich 0,3 Prozent konsequent einzuhalten sei. Unter diesen Vorgaben haben schon die letzten Haushaltsberatungen gelitten. Das ganze haushälterische Instrumentarium wurde eingesetzt, um diese Linie, koste es, was es wolle, auch zu halten. Doch die Realität hat uns schnell gezeigt, dass diese Linie von 0,3 Prozent und das wirkliche Leben nur flüchtige Bekannte sind. Das macht auch die Wiederholung nicht besser oder richtiger. Die wirklich wichtigen Entscheidungen für diese Stadt sind nach wie vor nur angekündigt.

Noch ein weiterer Aspekt lässt mich an diesen Forderungen zweifeln: Erst vor wenigen Minuten haben wir die Debatte zum Ergebnis des Zensus 2011 und den sich daraus ergebenden haushaltsmäßigen Auswirkungen geführt. Dieses zeigt einmal mehr, wie sensibel abhängig Einnahmen und Ausgaben des Landes Berlin von Entscheidungen der Bundesregierung sind. Da ist es schon beinahe fahrlässig, nach Musterschülermanier bereits vorzeitig einen ausgeglichenen Haushalt zu fordern oder, wie Sie, Herr Nußbaum, gar zu versprechen.

An anderer Stelle, Frau Claßen-Beblo, teile ich die Einschätzung des Berichts. Da sind zum einen Ihre Bedenken zur Höhe und zur Zusammensetzung der Investitionsausgaben. Das hat uns im Plenum schon mehrfach beschäftigt, und es wird mit Sicherheit auch in den kommenden Haushaltsberatungen eine wichtige Rolle spielen. Deshalb will ich es hier nicht weiter ausführen. Hoffen wir nur, dass das Humboldt-Forum nicht zu einem weiteren Bespiel Berliner Baukunst avanciert, wo doch Herr Wowereit laut und nachdrücklich versichert, dass die Risiken vom Bund übernommen werden. Ich hoffe, der Bund weiß das auch.

[Beifall bei der LINKEN]

Auch wenn Sie in Ihrem Bericht die unzureichende Prüfung der Planungen für die Sanierung des Bettenhochhauses der Charité kritisieren – eines haben wir gerade an diesem Standort bei der Charité-Rundfahrt des Hauptausschusses gelernt: Bauen geht auch zügig.

Zum Zweiten sind es die Hinweise auf die Zahl der Staatssekretäre, Frau Herrmann hat es schon angespro

chen. 23 Staatssekretäre sowie eine Überausstattung in den Leitungsbereichen der Senatsverwaltungen leistet sich ein Senat, der zugleich Personaleinsparungen in den Hauptverwaltungen und in den Bezirken fordert. In den nächsten Jahren, wir haben es schon oft gesagt, scheiden fast 30 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes im Land Berlin aus. 50 Prozent der Führungskräfte gehen in den Ruhestand. Anstatt dass der Senat und Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, hier ein Personalentwicklungskonzept vorlegen, wird weiter Personal gespart, insbesondere dort, wo es, gemessen an der Einwohnerzahl, angeblich zu viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt. Da hilft auch die von Ihnen angekündigte Ausbildungsoffensive wenig; denn a) ist sie wieder nur angekündigt und b) fehlen in den Verwaltungen die Menschen, die diesen Nachwuchs ausbilden können, bis sie wirkt – vom Organisieren des Wissenstransfers ganz zu schweigen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Doch heute ist die erste Lesung zum Bericht des Rechnungshofs und weder Ort noch Zeit, alle Vorschläge aufzulisten und abzuwägen. Einiges hat sich bereits im Verwaltungshandeln erübrigt, anderes ist offen. Wir werden dieses in bewährter Weise prüfen, wir werden alle Vorschläge prüfen und im Ergebnis Empfehlungen vorlegen. Meine Fraktion hat großes Interesse daran, finanzielle Nachteile vom Land Berlin abzuwenden. Doch dafür müssen der Senat und auch die Koalition handeln und notwendige Entscheidungen treffen. Wir unterstützen Sie gern dabei.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Danke schön, Frau Dr. Schmidt! – Für die Fraktion der CDU hat der Kollege Goiny das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Dank von allen Seiten des Hauses, Frau Präsidentin, an Sie persönlich, an das Direktorium und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofs ist hier schon abgestattet worden. Dem schließt sich auch die CDUFraktion an. Als jemand, der, in dieser Wahlperiode das erste Mal im Haushaltskontrollausschuss, mit Interesse die Arbeit dort verfolgen kann und auch einen tieferen Einblick in die Arbeit des Rechnungshofs bekommt, muss ich sagen: Das ist eine wichtige und spannende Aufgabe. Sie sind ein wichtiger Partner des Parlaments. Für die konstruktiven und auch inhaltlich sehr tiefen Diskussionen, die wir dort stets mit Ihnen führen können, darf ich mich auch persönlich ganz herzlich bedanken.

(Dr. Manuela Schmidt)

[Vereinzelter Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN]

Ich glaube, es ist eine wichtige Arbeit, die wir hier machen, weil sie mehrere Dinge formuliert. Da fand ich es schade, Frau Ausschussvorsitzende, dass Sie ein bisschen so getan haben, als ob es diesen Rechnungshofbericht nur gibt, weil die Grünen nicht mitregieren. Wenn das alles so ordentlich liefe, dürfte es in Baden-Württemberg gar keinen mehr geben. Jede Landesregierung hat Dinge zu verantworten, wo man sagt: Da wird nicht optimal mit öffentlichen Geldern umgegangen. – Genau deswegen ist die Arbeit des Rechnungshofs auch so wichtig, um uns auf diese Punkte aufmerksam zu machen.