Protocol of the Session on November 24, 2011

In den Frauenprojekten sind hochqualifizierte Frauen seit Jahren engagiert tätig, viele jedoch ohne ein tarifgerechtes Entgelt. Wir fordern mit Nachdruck, dass auch in den Frauenprojekten endlich angemessene Tarife gelten und die dafür nötigen Mittel zur Verfügung gestellt werden.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Nun könnte ich Ihnen noch mehr solche Briefe zeigen. Und überall ist der Zusammenhang so, dass Sie seit zehn Jahren zum Teil den Anwendungstarifvertrag zur Geltung gebracht und, da nicht korrigiert, Lohndrückerei betreiben, dann aber mit Ihrer Staatlichkeitsideologie hingehen und sagen: Guckt mal auf die freien Träger und die privaten Dienstleister, das ist alles Lohndrückerei, das muss man alles rekommunalisieren! – Sie weisen zum Beispiel gerne auf den Unterschied zwischen einer freien Kita in der Konkurrenz mit einem Kita-Eigenbetrieb hin. – Über eine solche Haltung bin ich fassungslos,

[Beifall bei den GRÜNEN]

weil wir doch dafür sorgen müssen, diese vielfältige Landschaft von sozialen Dienstleistern, die wir erhalten wollen, über die Zuwendungen und Zuschüsse so auszustatten, dass sie ihre Leute auch entsprechend bezahlen können.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Das ist dann eben nicht nur die Gedenkstätte Hohenschönhausen, das ist nicht nur die Stiftung Mauer. Herr Brauer! Sie waren leider in den letzten zehn Jahren daran beteiligt. Das stelle ich hier auch einmal fest. Sie lachen aufseiten der CDU. Sie erben aber das Problem. Und wir alle miteinander werden uns da über eine Größenordnung von bereits heute aufgelaufenen 250 Millionen Euro – wie wir sie finanzieren und gegenfinanzieren – in den Haushaltsberatungen unterhalten können, sonst wird die Schere größer. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Goiny das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es erstaunt in der Tat ein wenig, Herr Kollege Brauer, dass Sie die Wahlperiode mit einem solchen Antrag beginnen. Sie haben Ihre Ausführungen mit dem Jahr 2000 begonnen, dann waren wir plötzlich in den Jahren 2010 und 2011,

[Wolfgang Brauer (LINKE): Das hätten Sie verstanden, wenn Sie zugehört hätten!]

und die Zeit dazwischen haben Sie ein bisschen übersprungen. Der Kollege Esser hat es ja eben richtig formuliert. Was Sie uns auf den Tisch des Hauses legen, ist auch ein Stück Bilanz Ihrer Regierungspolitik. Da müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, warum das Thema von Ihnen in den letzten zehn Jahren nicht angegangen worden ist, anstatt das jetzt hier auf den Tisch zu packen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Insofern wäre Ihr Engagement ein bisschen glaubwürdiger gewesen, wenn Sie es durch entsprechende Initiativen in den letzten zehn Jahren hätten belegen können.

[Wolfgang Brauer (LINKE): Zuhören können!]

Natürlich ist richtig, was der Kollege Esser angesprochen hat. Das ist nicht nur in diesem Bereich so, das ist in ganz vielen Bereichen so. Und wir werden uns natürlich damit beschäftigen müssen. Wer die Haushaltslage des Landes Berlin kennt, der weiß, dass da auch die Bäume nicht in den Himmel wachsen werden. Insofern bin ich ein bisschen vorsichtig, Erwartungen zu wecken.

Unstreitig sollte sein und ist, dass die Stiftung in den letzten Jahren eine hervorragende Arbeit geleistet hat – Frau Kollegin Lange hat ja auch schon darauf hingewie

sen – und das wirklich ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung deutscher Geschichte in unserem Land ist. Wir können auf die Arbeit dieser Stiftung stolz sein und müssen sicherstellen, dass sie arbeitsfähig und vernünftig ausgestattet ist. Das ist etwas, was die jetzige Koalition ganz klar sagen kann.

Wenn es um die Unterstützung der Arbeit dieser Stiftung geht, dann, muss ich leider an die Adresse der Linksfraktion sagen, sollte ein Teil Ihres Engagements auch in der Zukunft darauf gerichtet sein, dass Sie versuchen, einige namhafte und nicht so namhafte Repräsentanten Ihrer Partei davon zu überzeugen, dass es sinnvoller ist, die Arbeit dieser Stiftung zu unterstützen, und nicht etwa – wie in der Vergangenheit mehrfach geschehen – der Versuch unternommen wird, den Leiter der Stiftung oder andere dort politisch unter Druck zu setzen oder gar mundtot zu machen, wenn sie nämlich unbequeme Wahrheiten sagen. Auch das ist ein Stück politische Verantwortung, die Ihre Fraktion an dieser Stelle zu tragen hat.

Insofern würde ich mir dann auch wünschen, dass wir diesen Antrag in einer Ernsthaftigkeit behandeln, die dem Thema angemessen ist, und das sind die Beratungen im Kulturausschuss, aber auch im Haushaltsausschuss. Insofern werden wir als Koalition uns dann auch dort mit dem Antrag befassen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Piratenfraktion hat der Abgeordnete Lauer das Wort. – Bitte sehr!

[Wolfgang Brauer (LINKE): Da bin ich ja mal neugie- rig!]

Verehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 5. April diesen Jahres gab es eine Kleine Anfrage von Dr. Andreas Köhler von der SPD zur Situation der Beschäftigten der Gedenkstätte Hohenschönhausen. Der Drucksache 16/15410 war zu entnehmen:

Der Senat prüft derzeit die Gehaltssituation der Beschäftigten der Gedenkstätte unter Berücksichtigung der im Stiftungshaushalt zur Verfügung stehenden Mittel.

Das ist jetzt ein halbes Jahr her. Ich habe im Parlamentarischen Dokumentationssystem des Abgeordnetenhauses – das ist übrigens sehr gut –

[Uwe Doering (LINKE): Aha! Und vor allem transparent!]

nach einem Ergebnis dieser Prüfung gesucht. Ich habe kein Ergebnis gefunden. Danach habe ich mich der Kulturtechnik des Telefonats bedient und einfach angerufen

bei dieser Gedenkstätte. Fakt ist: Die Gehälter der Mitarbeiter dieser Gedenkstätte wurden seit 2003 nicht mehr angepasst. Das kann man zur Kenntnis nehmen. Und dieses Argument, wir bezahlen bei der Stiftung Mauer auch nicht nach Tarif, das ist doch keines. Dann sagen Sie doch: Okay, wir finden es gut, dass wir nach Tarif bezahlen, und dann bezahlen wir alle nach Tarif.

[Beifall von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Jetzt haben sich aber seit 2000 – das wurde mir dort auch so gesagt – die Besucherzahlen verfünfunddreißigfacht. Im Jahr 2000 kamen ungefähr 10 000 Besucher, jetzt sind es ungefähr 350 000. Nun kann man sagen, dann sollen die irgendwie Eintritt nehmen. Das wird seit 2006 getan. Mit dem eingenommenen Geld finanziert man die Führungen; das ist ein Nullsummenspiel. Die Aufgaben der Beschäftigten der Gedenkstätte werden aber stets erweitert. Man hat ein Archiv, man hat eine Sammlung; man hat höhere Anforderungen durch Professionalisierung der Arbeit. Und die Menschen, die in der Gedenkstätte seit elf Jahren arbeiten und sie mit aufgebaut und zu dem gemacht haben, was sie heute ist, werden systematisch schlechtergestellt als die, die jetzt neu eingestellt werden. Das ist weder gerecht noch motivierend für alle Mitarbeiter in dieser Gedenkstätte.

Warum akzeptieren wir das in diesem Haus? – Hier wurde überall gesagt, die Gedenkstätte ist wichtig und erfolgreich. Ich habe den Koalitionsvertrag gelesen. – Nein, es ist kein Vertrag, es ist eine Vereinbarung, alle Abgeordneten entscheiden ja hier frei nach ihrem Gewissen. Wenn da irgendwelche Eindrücke entstehen, weisen wir das zurück. – In diesem Koalitionsvertrag steht z. B. auf Seite 13:

Im Sinne einer Offensivstrategie sollen faire und soziale Arbeitsbedingungen und Tariftreue sowie die strikte Anwendung der Sozialversicherungspflicht die Schaffung und Entwicklung attraktiver und leistungsfähiger Arbeit sicherstellen und damit eine Voraussetzung für eine positive wirtschaftliche Entwicklung der Branche sein.

Welche Branche? – Tourismus! Also die Tourismusbranche soll nach Tarif bezahlt werden, die Gedenkstätte Hohenschönhausen nicht. „Was erlauben Koalition?“

Es wird aber noch besser. Auf Seite 16:

Das Land Berlin hat die Verantwortung für die Bedingungen, zu denen Menschen für das Land arbeiten bzw. Leistungen erbringen. Der Senat wird dafür sogen, dass die Verträge und Bescheide über Entgelte und Zuwendungen im Sozialbereich die Träger zur Tarifbindung sowie zur Einhaltung weiterer Kriterien für gute Arbeit (z. B. Fort- und Weiterbildung, Gleichstellungsförderung) anhalten.

So, im Sozialbereich soll auch nach Tarif bezahlt werden, bei der Gedenkstätte Hohenschönhausen nicht. Wäre es

da vielleicht einfacher, möglicherweise die Gedenkstätte zu einer sozialen Einrichtung umzudeklarieren? Dann kommen wir da schneller voran. – Sie fordern auf Seite 39 Ihres Koalitionsvertrags einen einheitlichen Tarif für Taxifahrer, die zum Flughafen fahren, um irgendwie Schwarzarbeit vorzubeugen. Das heißt: Wenn jemand in Berlin verdient hat, nach Tarif bezahlt zu werden, dann sind es mit Sicherheit diese Menschen, die seit 2000 die Gedenkstätte in Hohenschönhausen aufbauen und dort arbeiten. Wir können da auch gern die Gedenkstätte für die Mauer mit einbauen, damit haben wir alle auch kein Problem. Die leisten gute Arbeit, und deswegen sollten wir das einfach machen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Überweisung des Antrags an den zukünftig für Kulturelle Angelegenheiten zuständigen Ausschuss und an den künftigen Hauptausschuss wird empfohlen. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 4 war Priorität der Fraktion Die Linke unter 2.3.

Ich komme zur

lfd. Nr. 5:

Wahlvorlage Drucksache 17/0034

Wahl der Mitglieder der G 10-Kommission des Landes Berlin

Wir kommen zur einfachen Wahl durch Handaufheben. Zur Wahl werden vorgeschlagen: von der Fraktion der SPD der Abgeordnete Kleineidam als Vorsitzender, Bernd Schimmler als Stellvertreter, Tom Schreiber als Beisitzer, Erol Özkaraca als Stellvertreter; von der Fraktion der CDU der Abgeordnete Peter Trapp als Beisitzer, Andreas Gram als Stellvertreter; von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Benedikt Lux als Beisitzer, Clara Herrmann als Stellvertreterin; von der Fraktion Die Linke Marion Seelig als Beisitzerin, Uwe Doering als Stellvertreter; von der Piratenfraktion Pavel Mayer als Beisitzer, Christopher Lauer als Stellvertreter.

Wer die von mir Genannten zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist so beschlossen. Damit sind die Mitglieder der G-10-Kommission des Landes Berlin gewählt. – Herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeiner Beifall]

Ich komme zur

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)