Protocol of the Session on December 13, 2012

Unsere Stadt soll auch als wachsende Stadt eine lebenswerte Metropole bleiben.

[Torsten Schneider (SPD): Trotz der Grünen, nicht wegen!]

Hier gibt es jede Menge zu tun. Insbesondere im zentralen Feld der städtischen Infrastruktur warten riesige Herausforderungen, die Sie offensichtlich noch gar nicht sehen. Die Stadt wächst, die Stadt möchte gestaltet werden, und wenn Berlin nicht in eine Wohnungsnot geraten will, muss der Wohnungsneubau dringend angepackt werden. Wir brauchen Wohnraum, wir brauchen bezahlbaren Wohnraum, wir brauchen neue Wohnungen, und zwar in nennenswerten Größenordnungen. Dazu lachen Sie nur, Herr Schneider! Dafür haben Sie offensichtlich gar keinen „sense“!

[Torsten Schneider (SPD): Ich lache nicht! Sie sind eher zum Weinen!]

Für ein Programm zum sozialen Wohnungsbau, wie von uns den Haushaltsberatungen beantragt, ist angeblich gar kein Geld mehr da. So machen Sie offensichtlich Wohnungspolitik hier in der Stadt: kein bezahlbarer Wohnbau, kein Wohnungsneubau, kein sozialer Wohnungsbau. Und auch die zum Wohnen dazugehörige Infrastruktur vergessen Sie mal eben nebenbei: die Kitas und Schulen, die dringend benötigt werden. Heute haben wir schon in einigen Bezirken Engpässe, und nicht nur in der Innenstadt, auch in den Außenstadtbezirken haben wir keine Kitaplätze, haben wir keine Schulplätze. Auch darum kümmert sich diese Regierung nicht, schmückt sich aber gerne mit der Feder „wachsende Stadt, boomende Stadt“. Dann tun Sie auch was dafür, dass sich die Menschen wohlfühlen in unserer wachsenden, in unserer boomenden Stadt!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Andreas Baum (PIRATEN)]

Hier ist tatsächlich der Senat gefragt, für das wachsende Berlin einen Masterplan zur städtischen Infrastruktur von Wohnen und Leben vorzulegen. Diese Zukunftsaufgabe, das macht mir wirklich Sorge, darf nicht im Streit zwischen Stadtentwicklungssenator Müller und Finanzsenator steckenbleiben und zerrieben werden, denn das ist die größte Herausforderung für die nächsten Jahre, vor der wir alle stehen. Nach einem Jahr stellt man aber leider fest: Die SPD blockiert sich am liebsten selbst, und die CDU wundert sich bis heute, dass sie an der Regierung ist.

[Heiterkeit – Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Diese große Koalition kann nicht einmal kleine Brötchen backen. Das hat unsere Stadt nicht verdient. Die große Koalition ist kein Modell für die Zukunft unserer Stadt und erst recht keines für den Bund im nächsten Jahr.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Pop! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Graf das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte für das erste Jahr Rot-Schwarz fest: Wir haben verlässlich zusammengearbeitet, wir haben wichtige Investitionsentscheidungen auf den Weg gebracht, und wir haben die Berlinerinnen und Berliner entlastet.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Christopher Lauer (PIRATEN): Halleluja!]

Ja, Frau Pop, diese Koalition steht, das war so, das ist so, und das bleibt auch so.

[Joachim Esser (GRÜNE): Sie wollten Berlin entlasten!]

Sie gerieren sich gemeinsam mit Herrn Lauer als Antreiber, aber überall, wo die Regierungsfraktionen tätig wurden, ob Energiepolitik oder zuletzt Liegenschaftspolitik, da kommen Sie zu spät. Wenn wir mal ehrlich sind, kommen Sie auch mit dieser Aktuellen Stunde drei Wochen zu spät, denn jeder hat schon Bilanz gezogen.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Ramona Pop (GRÜNE): Wir können gerne wöchentlich tagen, Herr Graf, kein Problem!]

Regierungsverantwortung ist keine Schönwetterveranstaltung, aber es gilt auch: Lieber bei Wind und Wetter regiert, als bei Sonnenschein opponiert! – Und Regieren heißt doch, gerade dann handlungsfähig zu sein, wenn der Wind von vorne kommt. Und das haben SPD und CDU in diesem Jahr wahrlich gezeigt.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Haben Sie da vielleicht ein konkretes Beispiel?]

Ja, Herr Kollege Albers! Die Opposition hat die Zahl der Oppositionsführer von drei auf fünf erhöht: zwei Doppelspitzen und Herrn Wolf!

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wollen wir das mal gegen die Zahl der Staatssekretäre aufwiegen? – Martina Michels (LINKE): Eigentor!]

Aber Sie haben trotzdem weder inhaltlich und schon gar nicht personell einen überzeugenden Gegenentwurf zu diesem Senat. Sie kommen ja nicht einmal zu fünft gegen das Führungstandem Wowereit-Henkel an!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Ja, Herr Kollege Albers! Ich verstehe, Doppelspitzen tragen – nicht in Ihrer Fraktion – dazu bei, dass man Streit beilegen kann. Aber zur Schlagkraft, ich bitte Sie: Wenn es eine Doppelspitze oder einen Doppelpack gibt, der hier nach außen erfolgreich gearbeitet hat, dann waren Saleh und ich das, meine Damen und Herren!

[Anhaltender Beifall bei der CDU und der SPD – Christopher Lauer (PIRATEN): Halleluja! – Weitere Zurufe den GRÜNEN und der LINKEN]

Eine Stadt wie Berlin braucht Entwicklung. Unsere Philosophie lautet: investieren und sparen. Wir gestalten, aber halten die Finanzen im Blick. Ja, Frau Pop! Berlin hat sein Wachstum, seine Einnahmen gesteigert. Wir lassen aber auch nicht nach, eigene Anstrengungen zu unternehmen. Wir sind uns der Verantwortung bewusst. Wir müssen die Verschuldung stoppen. Die Koalitionsfraktionen haben allein die Neuverschuldung um fast eine halbe Milliarde gesenkt. Der Finanzsenator wird das übrige mit dem Jahresabschluss tun. Es ist ein Erfolg, dass wir gemeinsam eine schwarze Null am Ende des Jahres haben. Das ist ein Markenkern dieser Koalition.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Schwarze Nullen haben Sie eine ganze Menge! – Martina Michels (LINKE): Ganz viele schwarze Nullen, das ist wohl wahr!]

Und da, wo wir Spielräume haben, haben wir sie auch genutzt: Ausbau der Infrastruktur, Stärkung der Wirtschaft, Investition in Bildung, Festigung der Sicherheit.

[Canan Bayram (GRÜNE): Dauert ein bisschen länger! – Ramona Pop (GRÜNE): Wie beim Flughafen!]

Und Frau Pop! Natürlich, der Ausbau der Infrastruktur steht für uns an allererster Stelle. Es ist nämlich die Grundvoraussetzung für das Prosperieren einer Wirtschaft. Und genau deshalb bauen wir die Infrastruktur aus, ob Weiterbau der A 100, ob Bau der Tangentialverbindung Ost, beide sind wichtige Verkehrsadern. Beide helfen, die Wirtschaftsregionen im Osten zu verbinden, beide bekommen Sie nur mit dieser Koalition.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Und deshalb haben wir auch die notwendigen Entscheidungen zum vierspurigen Ausbau der TVO getroffen. Das gute und positive Signal vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, die Bereitstellung der Mittel durch den Bund: Wir werden jetzt dafür sorgen, dass die A 100 auch zuverlässig weitergebaut wird. Da lassen wir uns weder von Herrn Schulz aus Kreuzberg noch von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen behindern.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Ja, der Großflughafen BER bleibt unser wichtigstes Infrastrukturprojekt. Das gilt für mich trotz der heftigen Turbulenzen, trotz der momentanen Schwierigkeiten, auch trotz aller berechtigten Kritik. Wir Fraktionen von SPD und CDU stehen absolut hinter dem Projekt. Wir wollen, dass der BER an den Start geht. Das ist unsere Verantwortung.

Ich sage Ihnen aber auch, Frau Pop: Natürlich muss von der Flughafengesellschaft schnell Klarheit geschaffen werden, ob weitere Mittel erforderlich sind. So etwas wäre für das Parlament dann ein weiterer Vertrauensverlust, wenn das so schnell nötig wäre.

Infrastrukturpolitik bedeutet auch, die Stadtentwicklung voranzutreiben. Mit der Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik stärken wir das Parlament. Durch die Gestaltung der historischen Mitte machen wir den historischen Stadtkern wieder erlebbar. Absolute Priorität aber hat für uns die Planung und Entwicklung des Zukunftsstandortes Tegel.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Hier wollen wir einen Wirtschaftspark mit angebundenem Hochschulstandort errichten. Wir wollen Tegel als Wirtschaftsstandort sichern. Die ernst zu nehmenden Interessensbekundungen, die Frau Wirtschaftssenatorin Yzer in der letzten Sitzung zum Thema Industrie vorgetragen hat, zeigen, dass diese Priorität genau richtig war.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Die war doch schon vorher da!]

Ausbau der Infrastruktur ist auch immer mit Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt verbunden. Wir wollen, dass die Berliner Betriebe vor Ort profitieren. Wir wollen Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt schaffen, denn die kleinen und mittleren Unternehmen sind das Rückgrat der Berliner Wirtschaft. Wir haben den HandwerkerParkausweis eingeführt, wir haben das Vergabeverfahren für die kleinen Betriebe vereinfacht, wir haben die Sanierung für die Schul- und Sportanlagen verdoppelt, wir haben die Bädersanierung erhöht, wir stehen für eine mittelstandsfreundliche Politik.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Thomas Birk (GRÜNE)]

Und neben Tourismus, Messe, Kreativwirtschaft ist die Gesundheitswirtschaft einer der Wachstumsmotoren, den wir weiter antreiben. Mit der Entscheidung, Charité und Max-Delbrück-Centrum zur Kooperation zu einem Berliner Institut für Gesundheitsforschung, kurz BIG, zu vereinigen, hat der Senat im wahrsten Sinne des Wortes einen „Big Point“ für den Standort Berlin gesetzt.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Und die Koalition steht für eine bürgernahe Politik. Deshalb ist mir wichtig, dass wir die Berlinerinnen und Berliner genau mit drei konkreten Maßnahmen entlastet haben: Abschaffung des Straßenausbaubeitragsgesetzes, Entlastung der Wasserkunden – die Preissenkung kommt erst noch, Frau Pop, machen Sie sich keine Sorgen! – und Begrenzung der Mieten im städtischen Bereich.

Die Koalition steht aber auch für eine ideologiefreie Politik. Kein jahrgangsübergreifendes Lernen wird mehr verordnet. Aber vor allem – und das ist mir wichtig – sind wir Vorreiter bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir haben hier mit drei konkreten Schritten unsere Spitzenposition ausgebaut. 5 000 neue Kitaplätze allein in diesem Jahr, Schließung der Hortlücke, und beim Übergang zur Oberschule wird die Geschwisterkinderregelung wieder greifen. Ich bin davon überzeugt, es ist ein absoluter Standortvorteil für Berlin, dass wir Vorreiter bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Und nicht zuletzt stehen wir für eine zuverlässige Politik. Der Ansatz unseres Innensenators Frank Henkel: Stark auf Prävention setzen durch mehr Sichtbarkeit der Polizei auf der Straße! Natürlich ist es richtig, dass in einem ersten Schritt 250 Polizisten zusätzlich ausgebildet werden, aber auch die Erhöhung der Speicherfristen bei der U-Bahn trägt dazu bei und auch die Verdoppelung der Plätze im Jugendarrest. Ich finde sogar, dass als ganz wichtiges Symbol – weil wir wirklich schwere Straftaten haben – die Einführung eines Opferbeauftragten durch den Justizsenator genau das richtige Signal ist, um zu zeigen, dass wir die Opfer in dieser Stadt ernst nehmen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Raed Saleh (SPD) und von Bruni Wildenhein-Lauterbach (SPD)]

Herr Kollege Lauer! Sie haben vollkommen recht! Herr Henkel hat ganz souverän die Besetzung des Polizeipräsidenten gelöst. Herzlichen Glückwunsch! Nächste Woche haben wir endlich einen neuen Polizeipräsidenten, nach einer jahrelangen Hängepartie.

[Beifall bei der CDU]