Protocol of the Session on December 13, 2012

Herr Kollege Stroedter! Natürlich werden wir mitdiskutieren. Ich sagte vorhin: Wir haben ein großes Interesse daran, dass das Thema Umbau der energiewirtschaftlichen Strukturen und Rekommunalisierung ein erfolgreiches wird. Ich möchte nur eines deutlich machen – das halte ich für das große Missverständnis, das wir hier haben –: Wenn gesagt wird, wo sind denn eure Änderungsanträge zum Gesetz oder zur Satzung, dann sage ich, Änderungsanträge zum Gesetz oder zur Satzung zu schreiben, das ist die geringste Übung. Das eigentliche Problem – das ist die zentrale Aufgabe, darüber müssen wir uns unterhalten – ist die Entwicklung eines Unternehmenskonzepts, und das geht über den Gesetzentwurf, über die Satzung und die Frage hinaus, was die richtige Struktur dafür ist. Das ist auch der Grund, weshalb wir damals unter Rot-Rot mit der Entwicklungsplattform Energie so lange gebraucht haben, denn es geht überhaupt erst einmal darum, und dieser Aufgabe müssen wir uns gemeinsam unterziehen, mit den kommunalen Unternehmen die Diskussion zu führen, welche Erzeugungsstrukturen und Möglichkeiten sie haben, welchen Eigenbedarf, welches Lastprofil und welche Möglichkeiten sie sehen, ihre Energieerzeugungsaktivitäten auszubauen – sowohl was den Strommarkt als auch was den Wärmemarkt angeht –, dies in ein unternehmerisches Konzept zu gießen und Formen für die Kooperationsstruktur zu entwickeln – und sei es, dass es um vertragliche oder gesellschaftsrechtliche Regelungen für die Kooperationsstrukturen geht.

Das ist die Diskussion, die wir führen müssen, das ist die eigentliche Schwierigkeit. Dann einen Gesetzentwurf und eine Satzung zu schreiben, in der man das alles formuliert, das ist relativ schnell und einfach gemacht, aber vorher die Aufgabe zu lösen: Was ist das Geschäftsmodell? Was ist das unternehmerische Konzept? Das ist das, was ich einzuklagen versuche und woran meine Fraktion und ich glaube, auch die gesamte Opposition ein großes Interesse haben, nämlich diese Diskussion mit den kommunalen Unternehmen intensiv zu führen, um dann zu Ergebnissen zu kommen, die auch von den Unternehmen mitgetragen werden, die in ihr Unternehmenskonzept passen und eine Weiterentwicklung der Kommunalwirtschaft in Berlin darstellen. Dafür sind wir bereit, und deshalb bitte ich darum, nicht nur über Gesetzestexte zu diskutieren, sondern vor allem über die Fragen: Was ist das unternehmerische Konzept? Wie sind die Kooperationsstrukturen? Wie sieht das Geschäftsmodell aus? Dieser Aufgabe müssen wir uns gemeinsam unterziehen. Ich kann Ihnen sagen: Das ist keine einfache Aufgabe.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Wolf! – Es gibt einen Erwiderungswunsch des Kol

legen Stroedter, dem ich selbstverständlich nachkomme. – Bitte sehr, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich weiß, bei Ihnen muss man schnell nach vorne gehen, sonst ist der Punkt schon zu Ende.

Lieber Kollege Wolf! Wir haben heute ein Gesetz vorgelegt, einen Antrag beschlossen, ein Konzept vorgelegt und bieten Ihnen das zur Mitarbeit an. Bisher ist von Ihnen nichts gekommen. Sie haben keinen Änderungsantrag gemacht und sagen, alles sei ganz leicht, aber dann machen Sie das doch mal! Sie haben sich nicht zu dem Konzept geäußert, sondern nur Fragen gestellt.

[Zurufe von Harald Wolf (LINKE) und Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Wir wissen, dass das alles nicht einfach ist. Wir wissen, dass wir noch Arbeit vor uns haben, und werden diese auch leisten. Diese Koalition hat das Thema Wasser positiv zu Ende geführt, und das werden wir auch beim Thema Strom machen. Lassen Sie sich davon überzeugen! Bei Ihnen kommt doch immer nur heiße Luft, immer nur ein Nein, immer nur Negatives und nie irgendetwas Positives.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Deshalb nimmt Ihnen das niemand in der Bevölkerung ab. Wir wollen etwas machen und haben uns deshalb auch intensiv mit den Initiatoren des Volksbegehrens zusammengesetzt. Ich glaube, dass gerade die beiden Fraktionsvorsitzenden in den Gesprächen eine Menge erreicht haben. Dass man nicht zu hundert Prozent nachgegeben und nicht jeden Traumwunsch erfüllen kann, das ist klar, aber das, was dort gemeinsam entwickelt worden ist und was wir hier vorgelegt haben, das ist eine gute Basis. Ich würde mich freuen, wenn Sie da einfach mitmachen und nicht nur irgendwelche Fragen stellen würden.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Uwe Doering (LINKE): Inhaltlich habe ich jetzt nichts gehört!]

Jetzt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es wurde die sofortige Abstimmung zur Drucksache 17/0627 – Stichwort: Realistische Kostenschätzung – beantragt. Wer dem Antrag auf Drucksache 17/0627 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Die Linke, die Grünen und alle Piraten. Wer ist dagegen? – Die Fraktionen von SPD und CDU. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Zu den Anträgen Drucksache 17/0700 – Stichwort: Energiepakt für Berlin –, Drucksache 17/0704 – Stichwort:

(Vizepräsident Andreas Gram)

Tochtergesellschaft der BSR – und der Drucksache 17/0706 – Stichwort: Neue Energie für Berlin – wird jeweils die Überweisung federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt, mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Ich höre keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.3:

Priorität der Fraktion der SPD

Tagesordnungspunkt 33

„Online-Ordnungsamt“ für Mängelmeldungen in ganz Berlin einführen!

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU Drucksache 17/0687

hierzu:

Änderungsantrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0687-1

Auch hier haben sich die Fraktionen wieder auf eine Redezeit bis zu fünf Minuten verständigt. Es beginnt die Fraktion der SPD. Ich erteile dem Kollegen Kohlmeier das Wort. – Allen anderen Kollegen empfehle ich jetzt zuzuhören. Es ist ein Geräuschpegel im Saal, der den Redner nicht gerade ehrt. Ich bitte Sie, etwas abzurüsten.– Danke! – Bitte, Herr Kollege, Sie haben das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg gesagt: Die Rede, die ich jetzt gleich halten werde, ist die Rede des Kollegen Joschka Langenbrinck, der ursprünglich zu diesem Tagesordnungspunkt vorgesehen war, aber – wie der Präsident vorhin sagte – krankheitsbedingt kurzfristig ausgefallen ist. Deshalb an dieser Stelle: Gute Besserung an Joschka! Ich werde mir seine Rede heute zu eigen machen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Jawohl! Da kann man auch applaudieren! Ich habe für meine Rede selten so früh Applaus bekommen.

Die Regierungskoalition von SPD und CDU steht für eine moderne und bürgernahe Verwaltung. Wir haben in unserem Koalitionsvertrag zu Recht festgeschrieben, dass die Berlinerinnen und Berliner einen Anspruch auf eine schlanke und effizient arbeitende Verwaltung im Land und in den Bezirken haben. Die SPD arbeitet schon seit vielen Jahren daran, die Modernisierung voranzutreiben. Wir haben unter anderem das Zentrale Bürgertelefon 115 eingeführt, Anträge und Formulare für Behördengänge ins Internet gestellt und durch die Online-Terminvergabe für alle Bürgerämter, viele Standesämter, Kfz-Zulas

sungsstellen und die Ausländerbehörde für mehr Bürgerfreundlichkeit gesorgt.

Zur Modernisierung der Verwaltung passt deshalb auch die wichtige Initiative von SPD und CDU, schnellstmöglich ein Online-Ordnungsamt für die Meldung von Mängeln in der Öffentlichkeit in ganz Berlin einzuführen. Jeder von uns kennt das. Wilde Sperrmüllhaufen, kaputte Laternen, defekte Fußgängerampeln und vieles mehr ärgern uns nicht nur, sondern können eine Gefahr sein. Wir Sozialdemokraten legen aber großen Wert auf Sicherheit und Ordnung in unserer Stadt, und deshalb ist es für uns unerlässlich, dass die Mängel schnell und unkompliziert beseitigt werden.

Bisher haben die Berlinerinnen und Berliner die Möglichkeit, ihr Ordnungsamt per Brief, Telefon oder E-Mail auf diese Mängel hinzuweisen. Das ist gut, aber im 21. Jahrhundert, in dem Onlineshops und Onlinebanken Normalität sind, nicht mehr so richtig zeitgemäß. Deshalb wollen wir den technischen und innovativen Fortschritt bei den Ordnungsämtern durch die Einführung des Onlineportals in ganz Berlin aufgreifen. Dabei ist ein besonders entscheidender Vorteil gegenüber dem bisher bestehenden Beschwerdeweg, dass der aktuelle Stand der Bearbeitung auf der Onlineplattform in Form eines Ampelsystems dargestellt und die Antworten des zuständigen Ordnungsamts veröffentlicht werden. Das bietet die notwendige Transparenz für alle Bürgerinnen und Bürger und für jene, die ähnliche Beschwerden oder Vorschläge haben. Das ist ein zentraler Beitrag, um den Service der Ordnungsämter noch weiter zu verbessern.

Im Zeitalter der Smartphones und Tablets macht es ganz klar auch Sinn, eine App für das Online-Ordnungsamt zu entwickeln oder die Daten für Entwickler, die mit der Verwaltung nichts am Hut haben, im Rahmen des Open Data zur Verfügung zu stellen. Das erhöht die Bedienfreundlichkeit und Nutzungsbereitschaft zusätzlich. Das Ordnungsamt ist aber nicht für alles zuständig, für das wir es zuständig halten. Um deshalb sicherzugehen, dass auch im Online-Portal eingestellte Hinweise weitergegeben und bearbeitet werden, die nicht in die Zuständigkeit der Ordnungsämter liegen, ist eine vernetzte Zusammenarbeit aller beteiligten Behörden und für die Ordnung zuständigen landeseigenen Betriebe wie die BSR oder die Berliner Verkehrslenkung erforderlich. Das Online-Ordnungsamt hat großes Potenzial, denn das erfolgreiche Pilotprojekt im SDP-geführten Lichtenberg zeigt, dass es von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen wird. Auch der Blick über unsere Landesgrenzen hinaus nach Potsdam und berlinnahen Gemeinden dokumentiert, dass schon über 10 000 Brandenburger das Onlineportal genutzt haben. – Herr Nußbaum! Klingelt gerade Ihr Telefon? – Vermutlich aus Brandenburg.

Deshalb haben wir uns zum Ziel gesetzt, so vielen Berliner Bezirken wie möglich die Chance zu bieten, sich

daran zu beteiligen. Das werden wir über die Anschubfinanzierung über das Modernisierungsprogramm „Service-Stadt Berlin 2016“ sicherstellen. Dabei sind die Hard- und Softwarekosten für die Auswertung gering. Und die Erfahrungen Lichtenbergs zeigen, dass keine zusätzlichen Personalkosten entstehen. Für den Dauerbetrieb muss aber natürlich ein Finanzierungskonzept vom Senat entwickelt werden.

Das Online-Ordnungsamt passt aus meinen dargestellten Gründen gut zur Modernisierung der Verwaltung und gut zu Berlin. Es ist bürgernah, unbürokratisch, transparent und serviceorientiert. Die SPD ist davon überzeugt, dass es ein Erfolgsprojekt ist und wird deshalb gemeinsam mit der CDU dafür sorgen, dass die Onlineplattform schnellstmöglich ausgeweitet wird. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke, Kollege Kohlmeier! Und dem erkrankten Kollegen natürlich auch seitens des Präsidiums gute Besserung! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Birk das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich ist der Innensenator für dieses Thema zuständig.

[Bürgermeister Frank Henkel: Hier ist er! Ist das okay?]

Da ist er, okay! – In meinem Skript steht, eigentlich schön, dass sich die Koalition wenigstens hier im Plenum den Anschein gibt, sich für E-Government zu interessieren, aber wenn ich mir diese leeren Reihen so anschaue, dann ist es ähnlich wie im Fachausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit. Denn dort demonstriert die SPD ihr Desinteresse und die CDU ihr mangelndes Fachwissen, und der Senat verhält sich zugeknöpft. So ärgert es mich schon, dass Sie hier ein Projekt für „Service-Stadt Berlin 2016“ vorschlagen, aber unser Anliegen, sich die Projektvorschläge zu „ServiceStadt Berlin 2016“ im Detail anzuschauen, um gemeinsam zu entscheiden, welche Projekte wir unterstützen und aus dem Sondertopf finanzieren wollen, abgelehnt haben. Aber dieses Verhalten ist ja leider symptomatisch für das Verhalten der rot-schwarzen Koalition in diesem Parlament.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Gegen das Anliegen des Antrags für die Ausweitung der Onlineplattform Maerker für die Ordnungsämter auf möglichst alle Bezirke ist an sich nichts einzuwenden. Und wir werden uns dem Anliegen auch nicht verweigern. Aber die Sache ist leider ein bisschen komplizierter.

Waren Sie einmal auf der Onlineplattform des Ordnungsamts Lichtenberg?

[Sven Kohlmeier (SPD): Ja!]

Ich war drauf, und was ich da gesehen habe, liest sich wie Realsatire. Die meisten Onlineanfragen wurden mit folgender Standardantwort versehen: Wir empfehlen im gegenwärtigen Einzelfall, sich an die Zentrale Anlauf- und Beratungsstelle des Ordnungsamts zu wenden. Diese steht unter der Nummer 030/ usw. täglich von 6 bis 22 Uhr unter E-Mail-Ordnungsamt ZAB@Lichtenberg.de zur Verfügung. – Zu Mängeln im Winterdienst wird den Bürgern von vornherein empfohlen, nicht Maerker, sondern das Telefon zu benutzen. Das ist ungefähr so, wie wenn sie Onlinebanking machen wollen, und kriegen als Antwort: Füllen Sie bitte den Überweisungsträger aus und kommen Sie zum Schalter, wir haben von dann bis dann geöffnet.

Wie standardmäßig der Verweis auf die Telefonnummer gewählt wird, zeigt die Antwort auf eine Beschwerde, wo sich ein Bürger über das wiederholte Parken im Halteverbot an einer Haltestelle beschwert und hinzufügt, das Amt solle bitte nicht antworten. Wir empfehlen im gegenwärtigen Fall, sich telefonisch an die Zentrale Anlauf- und Beratungsstelle zu wenden. – Was tut das Ordnungsamt? – Es antwortet wieder: Wir empfehlen im gegenwärtigen Einzelfall, sich an die Zentrale Anlauf- usw. zu wenden.

Anderes Beispiel: Ein Bürger wiederholt nach einigen Wochen seine Beschwerde über eine offene Baustelle, auf der seit Wochen nicht gearbeitet wird, und erhält als Antwort: „Wiederholte Nachfragen können durch das Ordnungsamt weder beantwortet werden, noch beschleunigen sie den Bearbeitungsprozess.“ – Da nützt ein moderner Zugang und auch ein schickes Ampelsystem nichts. Diese Art der Bearbeitung trägt nicht zur Bürgerfreundlichkeit bei.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Ich möchte aber dem Ordnungsamt Lichtenberg gar nicht unbedingt einen Vorwurf machen. Die Ursache liegt auch hier tiefer. 2004 wurden in Berlin die Ordnungsämter eingerichtet, aber bis heute haben sie noch keine Standardsoftware zur Bearbeitung und Auswertung der eingehenden Anliegen und Beschwerden bekommen. Eine moderne Verwaltung braucht aber einen Workflow, der vom Eingang der Beschwerde bis zum Abschluss des Anliegens standardisiert elektronisch und medienbruchfrei funktioniert. Davon sind sie in den Ordnungsämtern trotz Maerker weit entfernt, und das muss sich ändern.

[Beifall bei den GRÜNEN]