Protocol of the Session on June 14, 2012

[Beifall bei den PIRATEN]

Wir wollen sehen, wie sich die Einnahmen und Ausgaben einzelner Bereiche über die Zeit entwickeln, ob Verträge marktgerecht sind und ob die Ausschreibungspraxis den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen genügt. Wir wollen es nicht glauben, sondern wissen.

Noch einige zentrale Forderungen von uns: In Zukunft sollte es möglich sein, die Maschinenlesbarkeit der Haushaltsdaten sicherzustellen. Die Dokumente, die wir zum Beispiel auch als elektronische Dokumente im Hauptausschuss bekommen, sind eingescannte Bilder. Das sind PDFs. Man kann es lesen, aber nicht durchsuchen.

[Joschka Langenbrinck (SPD): So blöd sind wir nicht. Das wissen wir selber! – Zuruf von den PIRATEN: Warum ändern Sie es dann nicht?]

Zu Open Data: Es gibt gute Beispiele anderswo und auch ein unterstützenswertes Projekt in Berlin, nämlich Open Data Berlin. Das muss aber zugänglicher sein und mehr werden. Wir sollten darauf achten, dass die Verständlichkeit sichergestellt ist. In jedem Wirtschaftsunternehmen würde man sich totlachen, wenn man sich die Form der Beratungsgrundlagen, wie wir sie im Hauptausschuss haben, ansehen würde.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Michael Schäfer (GRÜNE)]

Vielleicht wäre es auch sinnvoll, die ersten Lesung des Hauptausschusses mit der der Fachausschüsse zusammenzulegen und danach die Änderungsanträge zu erarbeiten. Längere Fristen für die Beratung von Unterlagen sind notwendig. Wenn wir die Auflagenbeschlüsse der Koalition mit 49 Seiten erst in der Sitzung bekommen und gleichzeitig beraten sollen, funktioniert das nicht. Es mussten Lesepausen gemacht werden, die natürlich viel zu kurz waren. Es muss die Möglichkeit geben, solche

Auflagenbeschlüsse vorher einmal durchzusehen, wenn man sich dafür oder dagegen entscheiden soll.

[Beifall bei den PIRATEN]

Alle Haushaltsdaten müssen in maschinenlesbarer Form ins Internet, und zwar vor Beginn der Haushaltsberatungen.

Die Leuchtturmprojekte, mit denen auch der Senat immer wieder die Öffentlichkeit sucht, finden sich in diesem Haushalt in Zahlen in der Regel nicht wieder, jedenfalls nicht mit den Beträgen, die letztlich der Steuerzahler tragen muss. Gerade bei Projekten wie dem Flughafen BER wird deutlich, dass die Planung und Entwicklung solcher Großprojekte künftig so nicht mehr verantwortet werden kann. Oder wie wollen Sie erklären, dass immer wieder unvorhergesehene Mehrkosten entstehen und Sie nichts unternehmen, um dies in Zukunft zu verhindern?

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Michael Schäfer (GRÜNE)]

Zum Flughafen kommen noch die Rekommunalisierungen, das ICC, die Landesbibliothek, die Gehälter und die Wohnungsbauförderung. Da gibt es viele Stellen, die völlig unklar sind, nicht berücksichtigt wurden oder wo schon jetzt klar ist, es wird mehr Geld kosten. Auch mit solchen Festlegungen auf 270 Millionen Euro für z. B. die Landesbibliothek hat man – ganz aktuelles Beispiel – mit dem Flughafen keine guten Erfahrungen gemacht. Am Ende wird es eben doch teurer. Genau das sollten wir aber versuchen zu verhindern. Das heißt, hier sollten realistische Zahlen angesetzt werden mit einer realistischen Planung und einer gescheiten Projektsteuerung. Offensichtlich funktioniert die Kontrolle von solchen Kursprojekten nicht so, wie sie eigentlich müsste.

Bei den Gehältern: Die Besoldung der Beamten, die den Tarifabschlüssen für die öffentlichen Arbeitnehmer folgt, ist auf lange Sicht nicht abgesichert. Ebenso bei den Kitas. Tarifanpassung im Bereich der Zuwendungsempfänger: Hier ist ein Finanzrisiko von mehreren hundert Millionen Euro vorhanden. Die Wohnungsbauförderung: Die alte und extrem teure läuft zwar aus, letztendlich fehlen da aber für eine Neuorientierung auch mehrere hundert Millionen Euro. Der Länderfinanzausgleich: Es ist nicht absehbar, wenn er 2020 ausläuft, wie dieser Teil der Einnahmen dann tatsächlich gedeckt wird. Hier fehlt auch eine langfristige Strategie.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition! Sie werden einen Haushalt mit vielen offenen Fragen beschließen. Ich würde mich freuen, wenn der nächste Haushalt weniger offene Fragen enthält. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Danke schön, Herr Kollege Baum! – Für die erste Runde liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. – Es hat jetzt der Regierende Bürgermeister das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Herr Schäfer! Sie gucken sich schon um. Wo ist denn Ihre Fraktionsvorsitzende?

[Uwe Doering (LINKE): Wo ist denn die CDU?]

Jetzt wissen wir auch, dass Frau Pop mich als ersten Redner haben wollte, weil sie offensichtlich jetzt schon einen Termin in der Kantine hat. – Schönen Dank für diese Hinweise am Anfang!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Michael Schäfer (GRÜNE): Wo sind denn Ihre Fraktionsleute?]

Ich muss schon mal sagen, der Senat ist jederzeit – da kommt sie jetzt endlich. Frau Pop, nun kommen Sie mal! – in der Lage zu reden, aber Sie haben eine Geschäftsordnung, Sie haben im Ältestenrat einen Ablauf vereinbart, und wenn Sie das ändern wollen, dann beschimpfen Sie bitte nicht den Senat, sondern klären Sie das im Ältestenrat oder im Geschäftsordnungsausschuss. Darauf lege ich Wert.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE) – Weitere Zurufe von den GRÜNEN]

Dank möchte ich an den Vorsitzenden des Hauptausschusses sagen, die Mitglieder des Hauptausschusses und vor allen Dingen auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Parlaments, die diese Arbeit mitgestaltet und vorbereitet und die Organisation übernommen haben. Ich möchte mich auch ausdrücklich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Berliner Verwaltung bedanken, die Ihre Anforderungen erfüllt haben – die vielen roten Nummern, die hier angefordert worden und dann auch nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet worden sind. Das hat auch viel Arbeit gemacht. Ein großes Dankeschön an all diejenigen, die an diesem Prozess beteiligt waren. Wir wissen alle, das ist nicht leicht, das ist ein hartes Brot, aber es ist notwendig, und es ist erfolgreich. Schönen Dank für diese Arbeit!

[Beifall]

Der Senat hat dem Parlament einen Haushaltsplanentwurf für den Doppelhaushalt vorgelegt. Dieser Doppelhaushalt war auch schon in der letzten Legislaturperiode weitestgehend vorbereitet. Deshalb war sicherlich auch die Kritik von Herrn Wolf an dem Haushalt relativ moderat, weil Sie dem schon mal so weitestgehend zugestimmt hatten.

[Harald Wolf (LINKE): Nee, nee! – Uwe Doering (LINKE): Da haben Sie aber nicht zugehört!]

Natürlich! Ich habe da wenig fundamentale Kritik gehört, Herr Wolf, und das liegt daran, dass Sie mit an der Vorbereitung beteiligt waren. Aber es sind Akzente gesetzt worden, und vor allen Dingen ist mit dem Volumen von knapp 23 Milliarden Euro ein großes Volumen vorhanden, aber wir wissen, dass viele Festlegungen und Pflichtausgaben da sind, die die Gestaltungsmöglichkeiten natürlich auch reduzieren.

Trotzdem: Der Senat hat seine Schwerpunkte gesetzt, und es liegt in der Natur der Sache, dass das Parlament ein eigenes kritisches Prüfungsrecht hat. Selbstverständlich wird die jeweilige Mehrheit in diesem Haus auch Wert darauf legen, und so ist es auch geschehen, eigene Akzente zu setzen. Das passt dem Senat nicht immer. Wir wären zufrieden, wenn Sie allen unseren Vorschlägen folgen würden, weil wir sie auch nach bestem Wissen und Gewissen gemacht haben, aber selbstverständlich ist das originäre Recht der Haushaltsgesetzgebung des Parlaments nicht zu bestreiten. Es ist hier wahrgenommen worden, und ich bedanke mich für diese konstruktive Zusammenarbeit.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Die Debatte über einen Doppelhaushalt ist natürlich auch immer eine politische Debatte nicht nur über die Zahlen, sondern über die Inhalte, und es ist immer eine Frage der Standortbestimmung: Wo steht Berlin heute? Wie wird sich Berlin in den nächsten zwei Jahren entwickeln?

In den letzten Wochen wurden auch im Zusammenhang mit der Flughafeneröffnungsverschiebung wieder mal alle alten Klischees über Berlin aktiviert. Ich wundere mich schon, wie doch einheitlich – auch aus Berliner Kreisen – ein Berlin-Bashing betrieben worden ist.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Wowereit-Bashing!]

Da sage ich mal: Es kann etwas schief gehen, aber dass man sich freut, dass etwas schief geht, ist etwas Verwerfliches.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Und dann noch mitzubefeuern, als ob nur in Berlin etwas schief gehen kann!

[Zurufe von den PIRATEN]

Wobei wir landauf, landab, und egal, wer Verantwortung trägt, auch in welcher politischen Konstellation, sehen,

[Martin Delius (PIRATEN): Es ist nicht egal, wer Verantwortung trägt!]

dass es bei Großprojekten überall Probleme gibt. Ich bitte darum, das auch einmal zu berücksichtigen und nicht so zu tun, als ob das nur in Berlin der Fall ist.

(Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit)

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Herr Wowereit, Sie haben ein Jahr lang Ihre Verantwortung verschlafen!]

Das ist eine Mentalität, die sollten wir endlich mal beenden. Berlin ist stolz auf das, was geleistet worden ist, und Berlin wird auch stolz sein auf das, was sich in dieser Stadt weiter entwickelt.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zurufe von den PIRATEN]

Merkwürdigerweise kommt die ganze Welt gerne nach Berlin, ist begeistert, was sich hier entwickelt hat, vor allen Dingen auch in den letzten Jahren, wie Berlin dynamisch nach vorne gegangen ist. Das ist die Wahrheit: Berlin ist eine prosperierende Metropole, und darauf sind wir stolz.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Die Perspektiven Berlins sind positiv, und das spiegelt sich auch im Haushalt 2012/2013 wider. Berlins Wirtschaft ist von 2005 bis 2011 preisbereinigt, um 15,3 Prozent gewachsen. Damit liegt Berlin im Ländervergleich an der Spitze. Derselbe Trend bei den Arbeitsplätzen: Über 126 000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs sind in Berlin entstanden, eine Steigerung um 13,5 Prozent – bundesweit, ebenfalls spitze. Berlin ist Gründerhauptstadt mit 128 Gewerbeneuerrichtungen pro 10 000 Einwohner. Mit der Charité, das ist heute schon erwähnt worden, haben wir laut „Focus“ bundesweit die beste Klinik.

Oder nehmen Sie den Tourismus: Wieder ein neuer Gästerekord im Jahr 2011 mit über 22 Millionen Übernachtungen, und dieser Trend hält an. Auch das können Sie greifen in dieser Stadt, wie diese Stadt voll ist, wie viele Menschen aus der ganzen Welt hierher kommen, um ein paar Tage in Berlin zu verbringen. Der Gästerekord mit über 22 Millionen Übernachtungen ist eine riesige Steigerung.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Berlin ist attraktiv für Studierende aus aller Welt. Über 25 000 Studierende kamen 2010, 2011 mehr nach Berlin, als abwanderten. Auch das ist ein bundesweiter Spitzenwert, und wir haben alles dafür getan, um tatsächlich mehr Studienplätze anzubieten. Aber nicht nur die Zahl ist entscheidend, sondern die Berliner Universitäten und Fachhochschulen sind spitze. Sie haben einen guten Ruf in der ganzen Republik. Deshalb kommen die Studentinnen und Studenten hierher. – Frau Scheeres! Wir wünschen Ihnen viel Erfolg heute und morgen in Bonn, wenn es darum geht, im Exzellenzwettbewerb die Berliner Einrichtungen zu positionieren. Ich bin optimistisch, dass wir uns wieder durchsetzen werden, denn es wird gute Arbeit geleistet. Ein Dankeschön an die Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschafts- und Forschungslandschaft in Berlin.