Protocol of the Session on May 24, 2012

Ihnen sollte klar sein, dass gerade Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf keine Ferienbetreuung auf privater Basis gebrauchen oder ohne Ferienbetreuung sein können. Ihnen müsste klar sein, dass es zynisch ist zu sagen, dass Eltern für die Betreuung ihrer Kinder selbst aufkommen können, wenn es sich um solche Schülerinnen und Schüler handelt. Und Ihnen sollte auch klar sein, dass es zynisch ist zu behaupten, es ist überhaupt kein Bedarf an Ferienbetreuung vorhanden, egal für wen, den es handelt sich um Teenies, die gar nicht in der Schule sein möchten, wenn es sich um schwerst- und schwerbehinderte Kinder und Jugendliche handelt, die einfach nicht allein gelassen werden dürfen, egal zu welcher Zeit. Da reicht es auch nicht, eine Betreuung bis 16 Uhr zu regeln. Da muss es mindestens auch eine Regelung bis 18 Uhr im Gesetz geben. Das werden Ihnen die Eltern danken. Das werden Ihnen die Verbände danken.

Noch ein kleines Rechenbeispiel – ich komme gleich zum Ende –: Wir gehen im Moment davon aus, dass von 400 Schülerinnen und Schülern in diesem Bereich etwa 10 Prozent der Eltern sagen werden, dass sie ihr Kind in ein Heim geben müssen, wenn diese Gesetzesänderung durchkommt.

Sie müssten jetzt bitte zum letzten Satz kommen!

Das sind etwa 4 000 Euro pro Monat und Kind für die Jugendämter und bei 40 Schülerinnen und Schülern 160 000 Euro. Wenn Sie das jetzt auch noch auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen einsparen möchten, dann danke ich Ihnen nicht für diese Gesetzesänderung. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Danke schön, Herr Delius! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage sowie der Änderungsanträge der Piratenfraktion und der Fraktion Die Linke an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so. Der Vorabüberweisung an den Hauptausschuss hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. Nunmehr werden auch die Änderungsanträge an den Hauptausschuss überwiesen.

Zum Antrag Drucksache 17/0135 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen die Grünen, Die Linke und die Piraten die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die Piraten. Gegenstimmen, bitte! – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Enthaltungen? – Diese sehe ich nicht. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.2:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 30

a) Auskunft über die Arbeit des Aufsichtsrats der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH

Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0339

b) Konsequenzen aus dem Flughafen-Debakel (I): Ombudsstelle einrichten und Finanzhilfen für existenzbedrohte Unternehmen bereitstellen!

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0344

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

c) Konsequenzen aus dem Flughafen-Debakel (II): Transparenz durch Berichte und Auskunft über die Arbeit des Aufsichtsrats der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0345

Ich habe den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0344 vorab an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung hierzu feststellen. – Danke sehr!

Für die Beratung steht den Fraktion jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Herr Otto, bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Flughafen BER ist unsere Priorität. Wir wollen, dass es da vorangeht, und wir wollen vor allen Dingen aufklären, wie es zu dem Skandal, zu der Absage der Eröffnung am 3. Juni kommen konnte.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Der Kollege Schneider hat uns heute zu Beginn der Sitzung erklärt, es gäbe zum BER gar nichts zu beraten. Muss er ja auch nicht. Und der Regierende Bürgermeister hat uns erklärt, man sollte bitte schön die Verantwortlichkeiten nicht durcheinanderbringen. Warum sagt er das? – Es soll einfach nicht der Eindruck entstehen, dass er selbst irgendwelche Schlussfolgerungen ziehen müsste.

Da gibt es gar nichts, was man durcheinanderbringen könnte, Herr Wowereit! BER ist Chefsache, und diese Chefsache ist bruchgelandet.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Wenn Sie uns im Dezember 2011 gesagt hätten: Wir haben Probleme. Der Zeitplan lässt sich nicht einhalten. Ab jetzt läuft Plan B. –, dann wäre das für alle auch nicht angenehm gewesen, gewissermaßen eine Notlandung, aber diese Notlandung hätten wenigstens alle überlebt. Sie haben aber lieber gewettet wie ein Spieler, mit einem Unterschied: Ihren Einsatz bezahlen andere, nicht Sie selbst – die Steuerzahler, die Fluggesellschaften und ganz besonders die vielen Unternehmer am Standort BER.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ihnen mussten Sie vier Wochen vor der geplanten Eröffnung sagen: Pech gehabt! Wird nichts mit der Eröffnung! – Aber es war kein Erdbeben, keine höhere Gewalt, sondern menschliches Versagen haben wir hier zu verzeichnen.

Und dann hat uns Herr Schwarz letzte Woche im Ausschuss erklärt: Zum Glück haben die Mietverträge alle eine Karenzzeit von 18 Monaten. Zum Glück sparen wir daran. – Na super! Kein Schadenersatz! Sie vermieten Räume verbunden mit einem Starttermin 3. Juni 2012 und sagen vier Wochen vorher ab. Das ist nicht nur arrogant; das ist unseriös!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Unseriös ist es, wie die Flughafengesellschaft, der Aufsichtsrat und letztlich der Senat von Berlin mit der Wirtschaft umgehen. Das müssen Sie ausbügeln!

Als Sofortmaßnahme schlagen wir eine Ombudsstelle vor, an die sich die Unternehmen wenden können, wo sie kurzfristig über Hilfe, eventuell auch finanzielle, informiert werden. Es muss einfach einen Modus geben. Die Leute haben Personal eingestellt. Sie haben Ware bestellt. Die können sie nicht einfach auf der Baustelle im Regen stehen lassen. Das geht nicht!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Mit dem Namen Willy Brandt sollte die Welt beeindruckt werden. Was würde der wohl dazu sagen, was seine SPD – die Partei der Infrastruktur – hier veranstaltet? Ja, das können Sie: Projekte in den Sand setzen;

[Beifall bei den GRÜNEN]

Wohnungsbauförderung: Wenige reich gemacht und die Stadt arm; Entwicklungsgebiete: Megalöcher für den Landeshaushalt; das ICC und die Chefsache A 100 gar nicht erst erwähnt. Sie haben Berlins Ruf mit diesem Flughafen geschädigt. Das ist eine Schweinerei.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Es ist bekannt, dass ich eine gewisse Sympathie für kommunale Unternehmungen habe, aber wenn ich mir überlege, dass Sie als nächstes planen, auch noch die S-Bahn zu übernehmen, dann hoffe ich, dass dieser Kelch an uns vorübergeht, liebe SPD.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Wir haben – das ist schon deutlich geworden – unterschiedliche Auffassungen, wie eine solche Gesellschaft zu organisieren ist und was ein Aufsichtsrat zu tun hat. Herr Regierender Bürgermeister! Sie müssen nicht jeden Tag auf der Baustelle sein, aber Sie müssen informiert sein. Und Sie müssen überwachen, was die Geschäftsführung tut. So steht es nicht nur im Aktiengesetz, so steht es auch im Merkblatt für Aufsichtsratsmitglieder der Senatsverwaltung für Finanzen. Das kann man dort alles nachlesen. Darin steht zum Beispiel auch, dass Sie jährlich einen Lehrgang besuchen und fachspezifische Dinge über das Unternehmen, wo Sie tätig sind, lernen sollen.

[Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN – Beifall von Andreas Baum (PIRATEN)]

Der Kollege Graf hat im Jahr 2010 eine Anfrage gestellt. Darin stand:

Unterstützt der Senat die Forderung des Finanzsenators nach einer besseren Auswahl von Aufsichtsräten, einen Rückzug von Amtsträgern von den Aufsichtsratsvorsitzen und einer stärkeren Professionalisierung der Gremien?

Darauf ist ihm seinerzeit von Frau Spranger geantwortet worden:

Derzeit erarbeitet die Senatsverwaltung für Finanzen die Grundlagen zur Professionalisierung der Aufsichtsräte. Zu gegebener Zeit wird sich der Senat damit befassen.

Die gegebene Zeit ist lange vorbei.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall von Uwe Doering (LINKE)]

Apropos Kontrolle: Es gibt eine Gesellschafterversammlung und jemand, der diese leitet. Das ist der Regierende Bürgermeister, wie er uns heute hier erklärt hat. Diese Gesellschafterversammlung leitet also der Aufsichtsratsvorsitzende. Gleichzeitig ist diese Versammlung dafür zuständig, den Aufsichtsrat zu entlasten. Das ist ein wunderbares Beispiel für Selbstkontrolle und Selbstentlastung. Das zieht sich bei diesem Bauvorhaben durch. Denken Sie an die Planung und Bauüberwachung! Auch das liegt in einer Hand. Auch das ist eine Ursache für den Skandal, dass das Ding nicht fertig geworden ist. Hier ist zu konstatieren, dass das ganze Projekt schlecht organisiert ist. Es ist ein dilettantisch aufgezogenes Milliardenprojekt, und zwar von der Chefetage an. Das geht so nicht weiter. Lassen Sie uns das aufklären! Lassen Sie uns dafür sorgen, dass der Flughafen ordentlich zu Ende gebaut wird! Daran, dass das bis März 2013 möglich ist, zweifle ich. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall von Uwe Doering (LINKE)]