Sie geben der Verwaltung keine klaren Kriterien an die Hand, wie sie handeln und kontrollieren soll. Ihr Bekenntnis zu sozialen Zielen wird durch die mangelnde Umsetzung der vom Gesetz vorgeschriebenen Kontrollen unterlaufen. Insgesamt bewegen Sie sich in die falsche Richtung. Anstatt die Umsetzung voranzutreiben, setzen Sie den Mindestwert für die Anwendung dieses Gesetzes auf 10 000 Euro hoch. Damit sind sehr viele Vergabeverfahren davon nicht betroffen.
Ihr Antrag stellt den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen CDU und SPD dar. Das ist für Berlin eigentlich zu wenig.
Sie täuschen damit nur sozial verantwortliches Handeln vor. Wie viel Mumm Sie an der Stelle tatsächlich haben, haben Sie mit Ihrer Enthaltung bei der Bundesratentscheidung zum Mindestlohn im letzten Monat gezeigt.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Andreas Baum (PIRATEN) und Martin Delius (PIRATEN)]
Übrigens, die Haltung der Arbeitssenatorin – sie ist heute leider nicht da – bei der Bürgerarbeit, wo sie sich – wie es scheint – mit einem Lohn von 7,50 Euro durchgesetzt hat, und Ihr Antrag heute, der auf 8,50 Euro zielt, zeigt nur eines: Mit der Union kann man alles machen, und bei der SPD bekommen die einen nicht mit, was die andere so macht.
Um zum Schluss zu kommen: Wir können der SPD nur zurufen: Wenn Sie die Vergabe vernünftig regeln wollen, dann schauen Sie nach Bremen,
was dort eine rot-grüne Koalition auf den Weg gebracht hat. So, wie Sie jetzt aufgestellt sind, wird wohl nichts daraus.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): Zur größten Errungenschaft des Gesetzes habt ihr überhaupt keine Meinung!]
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die von der Koalition aus CDU und SPD vorgelegte Novelle des Vergabegesetzes ist ein Modell für gerechte Löhne – und es ist ein Modell der Entbürokratisierung. Es ist ein guter Schritt, auch wenn Sie von den Grünen es nicht glauben mögen.
Es definiert die Regeln des Landes Berlin als wesentlicher Marktteilnehmer in der regionalen Wirtschaft, und es hat eine hohe Relevanz für die mittelständischen Unternehmen in dieser Stadt. Die Novelle des Vergabegesetzes ist das klare Bekenntnis der Koalition zu starker Wirtschaft und der Förderung des Mittelstandes, zu guter Arbeit und fairen Rahmenbedingungen. Beide Ziele – starke Wirtschaft und gute Arbeit – leiten zu Recht die Koalition aus SPD und CDU, das ist der Schwerpunkt unserer Koalitionsvereinbarung.
Für kleine und mittelständische Unternehmen wird es künftig wieder leichter sein, sich an Ausschreibungen des Landes Berlin zu beteiligen, denn die hohen Berichts- und Dokumentationspflichten und damit die hohen Bürokratiekosten sind künftig bei Vergabevorgängen bis zu 10 000 Euro nicht mehr wirksam. Wir erhöhen den Schwellenwert um das 20-Fache und Entbürokratisieren die öffentliche Auftragsvergabe massiv. Die vielen kleinteiligen Vergaben in Berlin vereinfachen wir damit. Wir entlasten von unnötiger Vergabebürokratie. Die Gefahr, dass kleine und mittlere Unternehmen faktisch von öffentlichen Aufträgen ausgegrenzt werden, weil sie bestimmte rechtliche und bürokratische Hürden nicht überspringen können, ist damit beseitigt. Das ist ein echtes Konjunkturprogramm für die mittelständische regionale Wirtschaft in Berlin. Darüber freuen wir uns, und darauf sind wir auch zu Recht stolz.
Die im Gesetz vorgelegten unterschiedlichen Kriterien der öffentlichen Auftragsvergabe unterziehen wir – das haben Sie angesprochen – künftig den regelmäßigen Vergabeberichten, und damit einer kritischen Evaluation. Die Frage muss erlaubt sein: Wirken die Regelungen beispielsweise zur ökologischen Beschaffung und zu den ILO-Kernarbeitsnormen tatsächlich, oder schaffen sie nur als Placebo zusätzlichen Verwaltungs- und administrativen Aufwand?
Es wird in den einzelnen Vergaben ausgeführt. – Mittelständische Unternehmer haben riesige Berichte, die sie bei jeder einzelnen Ausschreibung abarbeiten und unterschreiben müssen. Deswegen ist es uns so wichtig, dass in regelmäßigen Vergabeberichten auch Antworten zu der Arbeit der Vergabestellen, zu dem neuen Fokus, Kon
trolle und Sanktionen, gemacht werden. Die Vergabeberichte, die jetzt im Gesetz verankert sind, werden auf Grundlage einer fortschreitenden Entwicklung des Vergabegesetzes sein.
[Ramona Pop (GRÜNE): Herr Melzer! Sie schaffen es, fünf Minuten zu reden, ohne auf das Thema einzugehen!]
Das ist nicht nur heute, sondern es wird ein Prozess sein, dass wir das Vergabegesetz immer wieder den tatsächlichen Erfordernissen anpassen, so, wie wir es heute mit der Erhöhung der Schwellenwerte machen.
Die in der Koalitionsvereinbarung verabredete Erhöhung des Mindestlohns im Vergabegesetz haben wir auch umgesetzt. Auch hier haben wir unserer Verabredung eine gesetzliche Initiative folgen lassen, um sie in Gesetzeshandeln zu übertragen.
Mit Blick auf Die Linke darf ich sagen: Das ist eben der Unterschied, Sie haben jahrelang und auch in der Landesregierung, darüber nur gesprochen. Wir als SPD und CDU haben uns dazu vereinbart. Das ist der Unterschied!
In der Weiterentwicklung des Mindestlohns sehen wir allerdings die Tarifvertragsparteien in einer besonders herausgehobenen Verantwortung.
Das steht ja im Gesetz drin! – Den Sozialpartnern kommt eine hohe Verantwortung im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft zu. Deswegen haben wir festgehalten, dass die Sozialpartner auch bei künftigen Entscheidungen über den Mindestlohn an diesem Prozess beteiligt werden. Das ist ein wichtiges Element zur Stärkung der Tarifvertragsparteien.
Wir bauen beim Thema Equal Pay auf Regelungen des Landes Thüringen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das war schon unter Eberhard Diepgen ein wesentlicher Punkt der Hauptstadt-Union. Im Vergabegesetz sehen wir diese Regelung jetzt auch umgesetzt. Auch dieses ist sicherlich positiv hervorzuheben.
Wir haben in den letzten Jahren in der Opposition als CDU-Fraktion immer wieder für eine mittelstandsfreundliche Auftragsvergabe und für Entbürokratisierung im Vergabegesetz geworben. Wir haben in der letzten Legislaturperiode dazu Vorschläge unterbreitet. Heute freuen wir uns, dass wir mit dieser Gesetzesnovelle der CDU und der SPD diese Fragen – die Fragen zur Entlohnung, aber auch die Fragen, wie wir die regionale Wirtschaft weiter fördern können, wie wir entbürokratisieren können und wie wir die Sozialpartner stärken – auch in Gesetzeshandeln überführen können. Die Novelle des Vergabege
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Melzer! Sie tun so, als sei das Vergabegesetz Ihre eigene Erfindung. Ich möchte daran erinnern: Das Vergabegesetz des Landes Berlin hat die rot-rote Koalition auf den Weg gebracht, und Sie haben dagegen gestimmt.
[Beifall bei der LINKEN – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Gegen Ihren Widerstand! – Uwe Doering (LINKE): Auch Herr Czaja hat dagegen gestimmt!]
Die Anhebung der Mindestlohngrenze von 7,50 Euro auf 8,50 Euro ist längst überfällig. Das hätte längst passieren können. Das hatten wir schon in der letzten Debatte zu diesem Thema vorgetragen, als wir unsere Anträge, die Anträge der Linken, eingebracht haben. Sie haben seitdem verhindert, dass unsere Anträge im Ausschuss zur Besprechung gelangen, immer mit dem Versprechen, Sie arbeiteten an einem Gesetz, und dann könne man das alles im Kontext besprechen. Ich gebe Ihnen gern zu, dass Sie diese Absicht hatten – aber ich möchte einmal sagen, was eigentlich in Ihrem Gesetz steht. Da kommt man ganz schnell zu dem Schluss, da steht der Kaiser, und der hat gar nichts an.
Erstens: Ihre bisherige Kritik an unserem Gesetz war auch maßgeblich auf die angeblich fehlende Kontrolle bezogen. Zur Kontrolle haben Sie in dem Gesetz gar nichts, sondern den Bericht, den wir auch schon im Gesetz haben. Aber der Bericht, den Sie jetzt vorschlagen, alle zwei Jahre, wird ein Bericht des Senats. Was glauben Sie denn, was der Senat über die Vergabe seiner eigenen Senatsstellen berichtet? – Gutes! Natürlich nur Gutes! Sie hätten wenigstens den Mut haben sollen, solch einen Bericht von einer unabhängigen Stelle erstellen zu lassen.
Und dann komme ich zu den 8,50 Euro, Herr Jahnke! Die 8,50 Euro als existenzsichernd zu klassifizieren, ist richtig, das unterstützen wir auch, das wissen Sie. Dass diese Grenze auch etwas mit einer wirtschaftlichen Entwicklung und einer Preisentwicklung zu tun hat, ist eine Binsenweisheit. In Ihrer Gesetzesbegründung verbinden Sie das seltsamerweise mit einer Demütigung der Leute, die
8,50 Euro bekommen; denn Sie schreiben hinein: als soziale Anerkennung, als sozialer Dank. – Sie kommen gar nicht auf die Idee, dass das demütigend wirken kann. Die Leute haben einen Anspruch auf eine ordentliche Bezahlung für ordentliche Arbeit. Da haben sie nicht auf eine großzügige Geste zu hoffen.
Hinter der Festlegung einer Mindestlohngrenze, Herr Jahnke, steht ein Wirtschaftsmechanismus und keine großzügige soziale Geste. Dahinter steht ein Wirtschaftsmechanismus, der etwas mit Binnennachfrage und etwas mit existenzsichernden Löhnen und mit der Entlastung der öffentlichen Haushalte zu tun hat. Und er hat auch etwas damit zu tun, dass die jetzige Bemessung von 8,50 Euro bei dem gegenwärtigen Preisanstieg nicht mehr lange halten wird.
Und nun etwas zu den Vergabeerleichterungen – Herr Hillenberg lässt grüßen! Sie nehmen den Auftragswert von jetzt im Gesetz festgelegten 500 Euro, ziehen ihn auf 10 000 Euro und sagen: Das ist eine Vergabeerleichterung. Jetzt würde der Wettbewerb so richtig wieder ins Laufen kommen. Gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen würden sich daran beteiligen können. – Was Sie nicht sagen, Herr Melzer, ist: Darunter gibt es nach Ihrer Gesetzesvorlage keinen Mindestlohn. Unter einem Auftragswert von 10 000 Euro ist ein Mindestlohn von 8,50 Euro gar nicht mehr vorgeschrieben. Das öffnet dem Unterlaufen dieser Mindestlohngrenze Tür und Tor.