Protocol of the Session on September 1, 2011

[Christoph Meyer (FDP): Nur nicht genug Kitaplätze! – Sebastian Czaja (FDP): Verrechnet!]

Und wir haben eine wichtige Schulstrukturreform umgesetzt. Die Hauptschule ist abgeschafft. Mit der Gemeinschaftsschule, der Sekundarschule und dem Gymnasium gibt es drei starke gleichberechtigte Schulformen. Sie ermöglichen allen Kindern den Weg zum Abitur, machen Ganztagsangebote und bieten durch unterschiedliche Profile größtmögliche Vielfalt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Da ist es eine Schande, wenn Eltern genau diese Vielfalt und Flexibilität nutzen wollen, die Ihnen ja sonst immer so wichtig ist, und wenn sie sich gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern für ein längeres gemeinsames Lernen stark machen, dass dann kleinkarierte CDUStadträte in Reinickendorf verhindern, dass eine neue Gemeinschaftsschule eingerichtet wird. Die Leidtragenden Ihrer Verbohrtheit sind die Kinder.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Aber auch der soziale Zusammenhalt ist in unserer Stadt gestärkt worden durch die Stadtteilmütter, frühe und verbindliche Sprachstandstests, den Ethikunterricht, höhere Einstellungszahlen für Migrantinnen und Migranten im öffentlichen Dienst. Durch unser Partizipationsgesetz haben wir große Fortschritte auch in der Integrationspolitik gemacht.

Einen Verkauf von landeseigenen Unternehmen in dieser Legislaturperiode in den Bereichen, in denen die Berlinerinnen und Berliner nicht allein von privaten Interessen abhängig sein sollen, haben wir ausgeschlossen. Ob BVG, BSR, Vivantes, Charité, unsere Wohnungsunternehmen – was diese Unternehmen jeden Tag für Berlin leisten, wie sie sich darüber hinaus in der Stadt engagieren, zigtausend sichere Arbeitsplätze und Milliardeninvestitionen einbringen, das sichert auch den sozialen Frieden in unserer Stadt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Gerade beim Thema landeseigene Unternehmen und Privatisierungen werden Unterschiede besonders deutlich. Ich lese Ihnen mal einen Satz aus einem Wahlprogramm vor:

Wir werden im Bereich der Daseinsvorsorge die politische Steuerung mit der Flexibilität des Marktes verbinden.

[Zuruf von der SPD: FDP!]

Das ist jetzt nicht aus einem Programm der FDP, es ist aus dem Grünen-Wahlprogramm.

[Och! von der SPD – Zurufe von den Grünen]

Dieser Satz lässt jede Interpretation zu, alles – von Vollprivatisierung bis gar nichts – ist möglich. Wo ist die klare Haltung? An der Stelle frage ich Sie: Woran sollen wir uns orientieren? An den Positionen, die es bei Ihnen ja auch gibt, z. B. bei Frau Kosche, die das sehr kritisch sieht mit Privatisierungen und mit dem Marktgeschehen, das man nicht stören will? Oder sollen wir uns orientieren am Kollegen Ratzmann? Gilt immer noch, was der Kollege Ratzmann gesagt hat: Der moderne Staat ist kein Unternehmer, hat er gesagt. Wenn der Senat das Gemeinwohl in den Vordergrund stelle, sei das ein Freifahrtschein für die Fortsetzung des Berliner Staatskapitalismus.

[Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Herr Kollege Ratzmann! Das unterscheidet uns tatsächlich. Ich finde, Politik muss das Gemeinwohl in den Vordergrund stellen und muss aufpassen, dass die Menschen nicht abhängig sind von Marktinteressen und privaten Interessen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Gemeinsam mit den Berlinerinnen und Berlinern haben wir viel erreicht.

[Zurufe von den Grünen]

Die Politik dieses Senats hat vieles erst möglich gemacht, und wir haben viel vor.

Erstens: Wir wollen noch mehr Arbeitsplätze, und zwar gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen. Allein durch den neuen Flughafen gehen wir von rund 40 000 neuen – –

[Zurufe von den Grünen]

Sie können doch gleich alles richtigstellen und sagen, dass Sie Privatisierungen auch ausschließen und sich für den Bereich der Daseinsvorsorge einsetzen werden. Ich bezweifle, dass Sie so eindeutig sind. Wie bei allen anderen Wahlaussagen und wie die letzten fünf Jahre hier im Parlament halten Sie sich immer jedes Hintertürchen offen.

[Starker Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und der FDP]

Wir werden die Infrastruktur weiter ausbauen, auch durch die A 100 und die TVO. Tegel wird als Gewerbe- und Industriefläche für Ansiedlung neuer und Erweiterung bestehender Unternehmen zur Verfügung stehen, gerade auch für Zukunftstechnologien. Sie wissen, dass die 57 Millionen Euro zur Entwicklung dieser Fläche auch bereitstehen

[Joachim Esser (Grüne): Wann denn? – Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

genauso wie das erfolgreiche Team aus Adlershof, das das begleiten wird.

Selbstverständlich stehen auch bei knappen Kassen weiter 1,5 Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung, und diese Mittel werden im Wesentlichen Arbeitsplätze in der Region, gerade auch im Berliner Handwerk, durch kleinteilige Auftragsvergabe sichern, und diese Auftragsvergabe ist mit uns selbstverständlich auch an den Mindestlohn gebunden, und der heißt im nächsten Jahr 8,50 Euro.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Aber man muss Wirtschaft auch wollen und ermöglichen. Das ist nichts Abstraktes. Da geht es nicht um Tabellen und Statistiken. Es geht darum, den Menschen in unserer Stadt eine ökonomische Perspektive zu bieten

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

und die Einnahmesituation der Stadt gleichzeitig zu verbessern. Nur über Ausgabenreduzierung wird es keine vernünftige Konsolidierungspolitik geben.

[Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Die Einnahmeseite gehört genauso dazu.

Herr Müller! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein! – Wenn also die Grünen mehr Lehrer, mehr Polizisten, mehr Investitionen in einem Umfang von rund anderthalb Milliarden Euro fordern – das ist ungefähr die Größenordnung, wenn man alles zusammenrechnet –, dann sollten doch die Berlinerinnen und Berliner auch wissen, wo Sie das eigentlich hernehmen wollen, denn für mehr Einnahmen tun Sie nichts. Bei den 200 Abstimmungen über Bebauungspläne, die es in den letzten Jahren hier im Parlament gegeben hat, haben Sie ganze drei Mal zugestimmt. Das heißt, Sie haben 197 mal gegen Arbeitsplätze, Investitionen und Einnahmen gestimmt. Das ist keine seriöse Finanzpolitik.

[Starker Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und der FDP]

Wir werden zweitens unsere Schulen und Kitas noch besser ausstatten. Wir werden daran arbeiten, dass alle Schulen einen Ganztagsbetrieb anbieten und es flächendeckend ein subventioniertes Schulessen gibt. Neue Kitaplätze werden geschaffen, wo sie fehlen, der Betreuungsumfang wird auf neun Stunden erweitert, und die Gebührenfreiheit bleibt. Denn unabhängig davon, dass es richtig ist, keine finanziellen Hürden für den Besuch einer Bildungseinrichtung aufzubauen, entlastet die Gebührenfreiheit auch mittelständische Familien. Eine Familie mit einem Durchschnittseinkommen spart so im Jahr rund 3 400 Euro, und das ist wichtig. Politik muss auch für Gering- und Normalverdiener, die sonst nirgendwo eine Unterstützung bekommen, also für die Mitte der Gesellschaft, Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg organisieren und den Zugang zur Bildung ohne finanzielle Hürden sicherstellen. Dafür arbeiten wir.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Drittens. Wir werden alles tun, damit Wohnen in der Stadt bezahlbar bleibt.

[Zurufe von den Grünen]

Mit einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung, mit einer Attraktivitätssteigerung in der Stadt gehen auch steigende Mieten einher. Das kann niemand komplett aufhalten. Aber wir begegnen dem mit 30 000 neuen Wohnungen, die unsere Wohnungsbaugesellschaften zur Verfügung stellen werden, genauso wie mit einer finanziellen Unterstützung für Genossenschaften, die kleine und preiswerte Wohnungen neu bauen wollen. Wir verfolgen unsere Bundesratsinitiative zur Mietrechtsänderung weiter, damit Modernisierungen nicht so stark vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden können. Wir werden sehen, dass wir unter dem Aspekt Zweckentfremdung auch dieser unsäglichen Entwicklung begegnen können, dass Wohnraum nicht den Berlinerinnen und Berlinern zur Verfügung steht, sondern für Ferienappartements oder Gewerbe genutzt wird. Wir werden sehen, dass durch unser Quartiersmanagement und das Programm Soziale Stadt, das wir finanzieren, nachdem der Bund sich so schäbig zurückgezogen hat, ganze Quartiere durch diese Maßnahmen auch weiterhin dauerhaft aufgewertet werden.

[Beifall bei der SPD]

Wirtschaft, Arbeit, Bildung und sozialer Zusammenhalt – das sind unsere Schwerpunkte für die nächste Legislaturperiode. Die finanziellen Rahmenbedingungen bleiben schwierig. Wir müssen jeden Euro zweimal umdrehen, und die Haushaltssanierung muss weitergehen. Das heißt, fünf Jahre harte Arbeit, in denen man nicht allen alles versprechen kann, liegen vor uns. Grün-Schwarz, Schwarz-Grün – das von den Wählern am wenigsten gewollte Regierungsbündnis wird da nicht weiterhelfen. Sie haben vielleicht viele Ideen, ein Konzept für die Stadt haben Sie schon alleine nicht, geschweige denn ein gemeinsames.

Herr Müller! Entschuldigung! Darf ich Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit beendet ist?

Ja! – Die SPD hat gezeigt, dass man viel erreichen kann, wenn man bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und Kurs zu halten, wenn es schwer wird. Dafür braucht man eine politische Kraft, die das will und die das kann. Dafür braucht man eine Person an der Spitze, die für diese liberale, weltoffene, wilde, unfertige Stadt steht, die voller Chancen ist, gerade auch in der Wirtschaft. Eine funktionierende Gesellschaft braucht Toleranz, Demokratie, Gleichberechtigung und sozialen Zusammenhalt. Sie braucht genauso Arbeitsplätze mit einer fairen und gerechten Bezahlung, und dafür kämpfen wir auch in Zukunft. Deshalb bin ich sicher, dass die Berlinerinnen und Berliner am 18. September der Berliner SPD und Klaus Wowereit ein klares Mandat geben werden, diese erfolgreiche Arbeit fortzusetzen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Müller! Die eine Minute und sieben Sekunden, die Sie überzogen haben, werden wir natürlich auch den anderen Fraktionen zugestehen.

Bevor ich Herrn Henkel das Wort erteile, möchte ich auf der Zuschauertribüne die Stadtteilmütter aus Neukölln, Charlottenburg, Kreuzberg und Steglitz begrüßen. – Herzlich willkommen in unserem Haus!

[Allgemeiner Beifall]

Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Henkel, der Fraktionsvorsitzende, das Wort – bitte sehr!