Protocol of the Session on June 23, 2011

[Beifall bei der FDP]

Was Berlin nicht braucht, sind Ihre Anträge: keine Mieterhöhungen im landeseigenen Wohnungsbau bei schlechtem energetischen Zustand. Das ist reiner Populismus, verbessert nicht die Bestände, sondern bewirkt das Gegenteil.

Kündigungsschutz bei Wohnungsumwandlung zu verlängern schürt die Ängste der Mieter, wobei Sie genau wissen, dass die Eigentümer sich in der Regel mit den Mietern einigen. Gucken Sie doch mal hin, in wie vielen Fällen es tatsächlich Klagen gibt! Das ist marginal, weil Berlin eben sowieso eine katastrophal niedrige Eigentümerquote hat.

Und zum Schluss Ihr Wohnraumgesetz. Das ist auch reines Wahlkampfgetöse. Sie sind dafür zuständig gewesen, dass die Anschlussförderung gestrichen wurde. Dann weinen Sie Krokodilstränen, Fanny-Hensel-Kiez als Beispiel nur: Da gehen dann die Hauseigentümer hin und nehmen das, was ihnen gesetzlich zusteht, nämlich sie erhöhen die Miete – nicht mal in voller Höhe auf die Kostenmiete. Aber sie nehmen das, was sie nehmen können. Und dann ist die Aufregung groß. Und dann machen Sie sich Gedanken und machen ein Gesetz, das Ihnen die gesamte Fachwelt um die Ohren haut und sagt, das sei nun wirklich mit der heißen Nadel genäht. Das Gesetz können Sie also irgendwo niemandem richtig verkaufen, außer im Wahlkampf populistisch den Mietern. Aber insgesamt wird es nicht standhalten. Die Rechtsprofessoren des Berliner Wissenschaftsbundes haben Sie deshalb in einem Memorandum aufgefordert, von diesem Gesetz abzulassen, weil es untauglich ist und weil es im Grunde genommen nur in Ihrem Interesse ist. Ich will mal zitieren:

Es ist dringend erforderlich, Konzepte zu entwickeln, die die Interessen der öffentlichen Hand, der Mieter, aber auch der Eigentümer bzw. Investoren angemessen berücksichtigen und zu einem akzeptablen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen führen.

Machen Sie das, dann können wir auch über ein Gesetz reden. Das, was Sie hier vorlegen, lehnen wir ab, auch mit der Änderung der CDU. – Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter von Lüdeke! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zu den Abstimmungen. Zum Antrag Drucksache 16/3643 – Stichwort Mieterhöhung – empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen Grüne bei Enthaltung der CDU und der Hauptausschuss mehrheitlich gegen Grüne die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen, der Abgeordnete Hillenberg, die FDPFraktion. Enthaltungen? – Das sind die CDU-Fraktion und da hinten der Abgeordnete. Damit ist diese Drucksache 16/3643 abgelehnt.

Zum Antrag Drucksache 16/3758 – Stichwort Wohnungsmarkt – empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen CDU und FDP die Annahme in neuer Fassung. Wer dem Antrag im Wortlaut der Beschlussempfehlung Drucksache 16/4278 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die Grünen und der Abgeordnete Hillenberg. Die Gegenprobe! – Das sind die CDU und die FDP. Damit ist diese Drucksache 16/3758 abgelehnt.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Zugestimmt! Ist unser Antrag!]

Entschuldigung, die Drucksache ist in neuer Fassung angenommen. Sie sind alle sehr aufmerksam, ich bedanke mich!

Nun stimmen wir über den Änderungsantrag der CDU zum Wohnraumgesetz ab. Wer der Änderung auf Drucksache 16/4303-1 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CDU-Fraktion. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen und die FDP. Enthaltungen? – Das sind die Grünen und Herr Ueckert. Damit ist diese Drucksache abgelehnt.

Zur Gesetzesvorlage Drucksache 16/4065 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Annahme mit Änderungen. Wer dem Antrag mit den Änderungen der Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/4303 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und der

Abgeordnet Hillenberg. Die Gegenprobe! – Das sind die Oppositionsfraktionen. Enthaltungen? – Das ist der Abgeordnete Ueckert. Damit ist das Wohnraumgesetz Berlin mit den empfohlenen Änderungen so beschlossen.

Jetzt kommen wir zur Priorität der Fraktion Die Linke mit Tagesordnungspunkt 27

lfd. Nr. 4.5:

Schaffung eines Gedenk- und Informationsortes am Columbiadamm bei der Entwicklung des Tempelhofer Feldes berücksichtigen

Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/4267

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Dr. Flierl ist bereits unterwegs. – Bitte sehr, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Auch für das Tempelhofer Feld, dem wir eine große Zukunft verheißen, wird gelten, dass Zukunft nur zu haben ist, wenn man sich mit der Geschichte auseinandersetzt. Es wird sich zeigen, dass die Auseinandersetzung und die Gewinnung dieser Zukunft mit dem Tempelhofer Feld noch eine Reihe von verdrängten historischen Altlasten aufweist. In der Stadt finden seit vielen Monaten Initiativen zunehmend Gehör, die darauf hinweisen, dass insbesondere die NS-Geschichte des Tempelhofer Feldes noch nicht ausreichend berücksichtigt ist. Es ist außerordentlich zu begrüßen, dass die Senatskulturverwaltung ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, das die verschiedenen historischen Aspekte erforscht und einen historischen Informationspfad über das Tempelhofer Feld hin zu den Orten unterschiedlicher historischer Ereignisse vorbereitet.

Die Koalitionsfraktionen sind dennoch der Meinung, dass es notwendig ist, auf einen Aspekt, eben genau auf die NS-Zeit, gesondert hinzuweisen, und schlägt deswegen vor, dass das Abgeordnetenhaus heute den Beschluss fasst, einen Gedenk- und Informationsort am Columbiadamm zu entwickeln. Dieser Informations- und Gedenkort soll sich einerseits mit dem ersten Berliner KZ, dem früheren Columbiahaus, auseinandersetzen. Er soll weiterhin auf die weithin noch verdrängte Zwangsarbeitergeschichte gerade am Areal am Columbiadamm verweisen und insbesondere auch die Zwangsarbeit von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die vor ihrer Deportation dort tätig waren, nicht nur ausländische Kriegsgefangene, sondern eben auch vorher Berlinerinnen und Berliner, die dort zur Zwangsarbeit eingesetzt waren, und schließlich darauf hinweisen, dass der Ort des Flughafens auch ein Rüstungsort war und schließlich Ausgangspunkt und Fliegerhorst der Naziluftwaffe.

Wir meinen, dass diese Aspekte in den bisherigen historischen Erinnerungsstrategien der verschiedenen Parteien noch nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Insbesondere die CDU legt ja Wert darauf, dass der Tempelhofer Flughafen als Ort der Freiheit entwickelt wird. Das ist auch richtig. Aber man muss in notwendiger Weise auch auf die Orte und die Tiefe der Unfreiheit an diesem Ort hinweisen, wenn man diesen Standort entwickeln will.

Wir meinen, dass insbesondere die Auseinandersetzung mit dem Columbiahaus neue Aspekte auch der frühen NSVerfolgungsgeschichte in Berlin offenbart, denn erst 1936 wurde das Berliner Konzentrationslager in Sachsenhausen errichtet. Bis dahin fanden die Verfolgungen im Columbiahaus statt. Alle späteren Kommandanten von Konzentrations- und Vernichtungslagern in Nazideutschland bzw. den okkupierten Gebieten wurden in Berlin ausgebildet. Dieser Ort ist also nicht nur ein Ort der Opfer, derer zu gedenken ist, sondern auch ein Ort der Täter. Wir haben also wieder die doppelte Geschichte, die gerade in Berlin in besonderer Weise zu erinnern wäre.

Nach unserer Auffassung, vor allem der Auffassung der Linkspartei, ist das Modell, das die Stiftung Topographie des Terrors in Verbund mit den anderen Gedenkstätten Berlin-Brandenburgs zum Beispiel mit einer Außenstelle wie in Schöneweide mit der Außenstelle zur Zwangsarbeit in Berlin entwickelt hat, exemplarisch, um auch einen solchen Gedenk- und Informationsort dort zu installieren. Wir bitten um Ihre Zustimmung und hoffen, dass dies auch in den weiteren Planungen berücksichtigt wird. Wir hoffen, dass der Informationspfad recht bald eingerichtet wird und dann in breiter, sachkundiger Vorbereitung dieser Gedenk- und Informationsort etabliert werden kann. Er müsste dann im Übrigen auch als Teil des Flächennutzungsplans an diesem Ort ausgewiesen werden. Wir meinen allerdings, dass das jetzt vorhandene Gedenkzeichen – der eine oder andere wird es ja kennen – ein Teil der Erinnerungsgeschichte ist, auch verbleiben und Eingang finden sollte in die zukünftige Erinnerung, aber dass die Umsetzung auf die gegenüberliegende Straßenseite nicht ausreichend sein wird, sondern es braucht schon eine größere Anstrengung, um dieses Tempelhofer Feld in allen seinen historischen Dimensionen zu entwickeln. – Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Flierl! – Für die CDU-Fraktion hat Herr Braun das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es kurz zu machen: Ja, ohne Wenn und Aber, die CDU-Fraktion unterstützt den Antrag, am Columbiadamm einen Gedenk- und Informationsort zu schaffen. Es ist notwendig, des Konzentrationslagers am Columbiahaus, der Zwangs

arbeiterlager für die Rüstungsproduktion und der Nutzung des Flughafenbaus als Fliegerhorst der Luftwaffe zu gedenken.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Berlin hat viele Ort und Spuren beider deutscher Diktaturen. Unsere Auffassung war es stets, an den authentischen Orten ihrer zu gedenken, die Spuren sichtbar zu machen, statt abstrakte Diskussionen zu führen.

Aber mich wundert doch, warum gerade Die Linke und gerade jetzt diesen Antrag zu ihrer Priorität macht, denn gerade Die Linke hatte schon immer ein Problem damit, sich zur Existenz des Staates Israel zu bekennen, klar Position gegen Antisemitismus zu beziehen und sich von Extremisten abzugrenzen.

[Beifall bei der CDU]

Wir, die CDU, werden immer wieder den Finger in diese Wunde legen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zurufe von der Linksfraktion]

Mal werden Boykottaktionen gegen Israel gutgeheißen, dann setzen sich Genossen der Linken für die Einstaatenlösung im Nahen Osten und damit für die faktische Auflösung des Staates Israel ein. Dann tritt eine Bundestagsabgeordnete der Linken auf einer Palästina-Konferenz in Wuppertal vor zahlreichen Hamas-Sympathisanten auf, mit einem Schal um den Hals mit der Landkarte der Region ohne Israel.

Oskar Lafontaine tritt fröhlich bei einem Kongress der linken Splittergruppe marx21 auf, die in Broschüren gegen den terroristischen Staat Israel hetzt, und der LinkeBundesvorsitzende Ernst, offensichtlich den Geschwindigkeitsrausch seines Porsches nicht verkraftend, pöbelt gegen den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Herrn Graumann. Und der ach so lustige Gregor Gysi erklärt, er kenne keine Antisemiten in seiner Fraktion.

[Andreas Gram (CDU): Nein, überhaupt nicht!]

Wer es zumindest duldet, dass führende Mitglieder dieser Partei die Existenz des Staates Israel infrage stellen und Boykottaufrufe gegen Juden unterstützen, gehört ins politische Gruselkabinett, nicht in deutsche Parlamente.

[Beifall bei der CDU]

Aber nicht nur beim Thema Israel erfolgt keine Abgrenzung zu Extremisten. Da ist die klammheimliche Freude über Gewalttaten autonomer Gruppen, dargeboten in Form des größtmöglichen Verständnisses bis zum Rande des Rechtsbruchs. Da sind die gemeinsamen Auftritte von prominenten Mitgliedern der Linken mit Trotzkisten, Stalinisten, Kommunisten und Terroristen, mal mehr, mal weniger. Da sind die Aufrufe zu Demonstrationen, bei denen Krawall Tradition ist.

Die Linke kann oder will den demokratischen Grundkonsens unserer Gesellschaft nicht verstehen. Zu ihm gehört

die Ablehnung des Antisemitismus, das Existenzrecht des Staates Israel, die gewaltfreie Lösung von Konflikten. Wer diese Grundsätze nicht teilt, den kann man im Übrigen auch mal aus einer Partei hinauswerfen.

[Beifall bei der CDU]

Wenn Die Linke der Meinung war, der vorliegende Antrag könne über den latenten Antisemitismus in ihrer Partei hinwegtäuschen, dann hat sie sich grundsätzlich getäuscht.

[Martina Michels (Linksfraktion): Schwachsinn, was Sie reden!]

Aber, wie gesagt, wenn von der Koalition mal etwas Richtiges kommt, wird die CDU dies unterstützen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Gehen Sie in Ihre Zehlendorfer Mottenkiste zurück! Aber verschlucken Sie sich nicht!]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Braun! – Für eine Kurzintervention hat jetzt der Abgeordnete Dr. Lederer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Braun! Die Linke Berlin braucht Ihren Nachhilfeunterricht nicht.