1. Wie bewertet der Senat den Vorschlag des Bundes, die Charité in eine Bundesuniversität umzuwandeln, und gibt es dazu Gespräche zwischen dem Land Berlin und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung?
2. Welche weiteren Finanzierungsmöglichkeiten des Bundes hält der Senat für sinnvoll, um Spitzenforschung und exzellente Lehre an den Berliner Hochschulen weiter auszubauen?
Danke schön, Herr Kollege Oberg! – Jetzt ist Prof. Zöllner, der Bildungssenator, mit der Antwort an der Reihe. – Bitte schön, Herr Zöllner!
Herr Präsident! Herr Zimmer! Herr Czaja! Herr Oberg! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum dem ersten Komplex Beurteilung und Bewertung und Gespräche ist aus meiner Sicht Folgendes zu sagen: In aller Deutlichkeit meine ich, dass dieses eine riesige Chance, und zwar nicht nur für die Charité, sondern auch für den Wissenschaftsstandort Berlin ist und darüber hinaus wegen der Bedeutung der Wissenschaft, insbesondere der Gesundheitswissenschaft, für die Gesundheitsstadt Berlin auch von überragender wirtschaftlicher Bedeutung.
Zum Weiteren ist zu sagen, dass sich Berlin selber in diesem Zusammenhang bewusst sein muss, dass strukturelle Veränderungen unumgänglich sind und zumindest auf dem gleichen Niveau eine Bereitschaft existieren muss, Spitzenforschung zu finanzieren. Eine solche Si
tuation wird nur ermöglicht, wenn es eine neudeutsche „Win-win-Situation“ für beide Seiten ist. Es ist nach meiner festen Überzeugung auch eine Win-Situation für den Bund in seinem notwendigen und legitimen Interesse, Spitzenforschung in Deutschland zu fördern, um international in diesem wichtigen Zukunftsbereich wettbewerbsfähig zu sein und zum Zweiten selbstverständlich für Berlin, weil dann wir als Standort profitieren, wenn es nachhaltige Spitzenforschungsförderung in Berlin gibt und uns das sicher das Schultern der Aufgabe erleichtert.
Zu dem weiteren Punkt der Gespräche beziehe ich mich auf öffentliche Äußerungen auch von Frau Schavan, dass diese Gespräche schon über längere Zeit dauern. Die Gespräche gehen primär um Überlegungen, wie man erfolgreiche Strukturen, die sich durch die Exzellenzinitiative in Deutschland insgesamt herausgebildet haben, nachhaltig auch nach Auslaufen der Exzellenzinitiative weiterhin fördern kann, um diesen wichtigen Bereich aus Wissenschaft international nicht nur auf gleichem Niveau, sondern möglicherweise auch noch auf einem stärkeren Niveau stabilisieren zu können.
Weil es auch in den Fragestellungen angeschnitten worden ist: Soweit ich das beurteilen kann, hat Frau Schavan nie von einer Bundesuniversität gesprochen, auch ich habe das nie gesagt, sondern es geht um Kooperationen exzellenter Forschung von außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit Universitäten. Dieses ist wichtig. Dass in einem solchen Zusammenhang, wenn der Vorsitzende der GWK mit der Stellvertreterin oder die Vorsitzende mit dem Stellvertreter redet, auch über konkrete Möglichkeiten und Ausformungen, was das bedeuten könnte, sprechen, liegt nahe. Das heißt, es gibt über eine längere Zeit Gespräche in diesem Bereich.
Zum dem zweiten Komplex von Fragen, Stichwort „Armutszeugnis“ und zeitnahe Entscheidung über eine künftige Struktur: Sie schmunzeln auch, Herr Zimmer und Herr Czaja. – Das Gegenteil ist der Fall. Es wäre für den Bund letzten Endes nicht nachvollziehbar, wenn er ein zusätzliches Engagement auf der Basis finanzieller Bedürftigkeit machen würde, sondern er muss ein egoistisches Interesse haben, das völlig legitim ist, ein zusätzliches Engagement und vor allen Dingen ein Dauerengagement nur dort zu platzieren in der Bundesrepublik Deutschland, wo es exzellente Forschung trifft. Das bedeutet, dass die Nennung dieses Beispiels – ich betone: es kann ja nur ein Beispiel sein – sowohl ein Kompliment für das Max-Delbrück-Centrum ist, das unbestritten in der obersten Liga im Bereich der Molekularbiologie und Gentechnologie international wissenschaftlich aktiv ist, als auch für die wissenschaftlich unbestrittene Exzellenz der Charité. Herr Czaja! Wenn Berlin in Kenntnis potenzieller solcher veränderter Rahmenbedingungen die Strukturen der Charité verändern würde, ohne zu wissen, ob dieses kompatibel mit dem unter dem Fragekomplex eins von mir bezeichneten einmaligen Chance ist, würden Sie mich zu Recht politischer Stümperei bezichtigen.
Zu dem zusätzlichen Punkt über weitere Finanzierungsmöglichkeiten, den Herr Oberg angesprochen hat: Es ließe sich jetzt noch eine lange Liste aufzählen. Ich meine, dass wir uns neben den Aktivitäten, die jetzt vom Bund laufen, Hochschulpakt, Exzellenzinitiative, um nur zwei Beispiele neben dem sonstigen Engagement zu nennen, insgesamt mit dem Bereich der Lehre in Bezug auf ein Angebot an Masterstudienplätzen beschäftigen müssen. Es gibt aber keinen Zweifel, dass das erstgenannte Thema, das uns beschäftigt, die nachhaltige Etablierung von Spitzenforschung nach Auslaufen der Exzellenzinitiative, das vordringlich zu lösende Problem ist. Im Gegensatz möglicherweise zu einer öffentlichen Diskussion weise ich darauf hin: Dieses Problem kann man nicht 2016 lösen, sondern man muss sich jetzt damit beschäftigen, was auch nachvollziehbar macht, dass die Diskussion darüber in der Bundesrepublik jetzt geführt wird.
Danke schön, Herr Senator Zöllner. – Jetzt geht es los mit den Nachfragen. Zuerst ist der Kollege Zimmer dran und hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön, Herr Zimmer!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator Zöllner! Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dass nämlich eine gemeinsame Finanzierung dieser Einrichtung Charité im Ergebnis auch zu einem größeren Finanzierungsvolumen führen muss, damit diese Konstellation überhaupt sinnvoll ist, können Sie heute hier garantieren, dass ein zusätzliches Engagement des Bundes nicht dazu führt, dass der Landeszuschuss für die Charité abgesenkt wird?
Wie könnte ich mich erdreisten, mir ein Recht anzumaßen, das nur Ihnen als Abgeordnete zusteht? Ich habe nur darauf hingewiesen, dass man sich bewusst sein muss, dass dieses nur Sinn macht, wenn wir in Berlin bereit sind, auch über Strukturen offen nachzudenken, um etwas zu ermöglichen, das der Partner möglicherweise aus nachvollziehbaren Gründen wünscht. Zweitens gehe ich davon aus, dass das Ganze nur sinnvoll ist, wenn wir mindestens wie bisher unser Engagement im Bereich der Förderung von Spitzenforschung aufrechterhalten.
Danke schön! – Jetzt ist als Nächster der Kollege Czaja von der FDP mit einer Nachfrage dran. – Bitte schön, Herr Czaja!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Wie werden Sie denn als Senator in den verbleibenden Monaten noch daran arbeiten, dass aus dem von Ihnen eben zitierten Beispiel tatsächlich ein reales Projekt wird und vor allem in Zeiten, wo auch in Ihrer eigenen Partei – wie z. B. der Bundestagsabgeordnete Schulz, der mittlerweile darüber spricht, dass es sich um einen „irritierenden Testballon“ handele – durchaus als wichtig erscheint, dass gerade Sie als Berliner Verantwortlicher sich hier stärker mit dem Bund in Verbindung setzen und dieses Problem inhaltlich wie strukturell angehen und lösen?
Ich würde mich freuen, wenn Sie auch wahrgenommen hätten, dass nur ein Beispiel genannt worden ist, wobei jeder, der sich mit dieser Situation beschäftigt, sich darüber im Klaren ist, dass es sicher nicht bei einer Initiative des Bundes bleiben wird. Ich gehe davon aus, Sie verstehen, was ich damit sagen will.
Zweitens – wie ich das machen werde: hoffentlich so erfolgreich wie bisher. Wie es im Einzelnen aussieht, meine ich, sollte mein Geheimnis bleiben.
Vielen Dank! – Diese interessante Idee umzusetzen, ist sicherlich keine leichte Aufgabe, zumal die Charité gegenwärtig auch eine Konstruktion hat, an der HU und FU beteiligt sind. Meine Frage dazu ist: Herr Senator, werden die Gremien bzw. die Hochschulleitungen der Humboldt und der Freien Universität an den Gesprächen zur zukünftigen Ausgestaltung der Charité beteiligt, weil man sicherlich auch deren Interessen und Bedürfnisse im Blick haben muss?
Ich gehe davon aus, dass wir die Chance haben, etwas wirklich Großes für Berlin zu etablieren. Das wird nicht erfolgreich sein, wenn man an den Betroffenen vorbei geht. Das bedeutet logischerweise, dass mit dem MBC, mit der Charité und natürlich auch mit den beiden Universitäten geredet werden muss. Das Ziel muss eine einvernehmliche Lösung sein, die zu Vorteilen für alle Betroffenen führt.
1. In welchem Umfang sollen Haushaltsmittel von der Polizei zur Feuerwehr verlagert werden, um dort finanzielle Lücken zu schließen?
2. Aus welchem Grund werden die Haushaltsmittel des Polizeipräsidenten nicht zur besseren Ausstattung der Polizei genutzt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Trapp! Bei dem angesprochenen Thema geht es nicht um die Verlagerung von Haushaltsmitteln – etwa für konsumtive oder sonstige Ausgaben –, sondern es geht um die Auflösung von Minderausgaben, die wir im Haushalt haben und die sich aus Folgendem ergeben haben: Wir haben gemeinsam einen Haushalt vorgelegt, der vom Abgeordnetenhaus auch beschlossen wurde, mit dem wir die Anhebung von Stellen für die Feuerwehr beschlossen haben. Die Feuerwehrleute, die bisher elf oder mehr Jahre gewartet haben, um von A 7 nach A 8 befördert zu werden, sollten in die Lage versetzt werden – ebenso wie die Polizeibeamten –, bereits nach zweieinhalb Jahren befördert zu werden. Deshalb haben wir gemeinsam einen Haushaltsplan beschlossen, in dem sukzessive Feuerwehrstellen von A 7 nach A 8 angehoben werden. Dies betrifft nach meiner Erinnerung 150 Stellen im Jahr 2010, 150 im Jahr 2011 und weitere rund 300 Stellen in den kommenden Jahren. Das ist eine Maßnahme, die wir zur Stei
gerung der Attraktivität des Feuerwehrberufs beschlossen haben und die ich absolut für richtig halte.
Natürlich bedarf es einer entsprechenden Gegenfinanzierung. Diese kommt aus dem Gesamthaushalt des Haushalts 05, für den ich die Verantwortung trage. Die kommt nicht etwa aus dem Feuerwehrhaushalt, sondern aus dem Gesamthaushalt. Bei der Frage, welche Mittel man aus dem Gesamthaushalt verwenden kann, haben wir eine relativ einfache Lösung: Bei der Polizei haben wir Stellen, die nach A 8 ausgewiesen sind, regelmäßig aber nur nach A 7 besetzt werden, weil es Eingangsstellen von Polizeibeamten sind, die natürlich nicht gleich in einer Beförderungsposition eingestellt werden, sondern erst nach zweieinhalb Jahren nach A 8 befördert werden – das habe ich gerade erörtert. Wir haben ausreichend A 8Stellen bei der Polizei, und dementsprechend werden wir 212 Stellen von der Polizei zur Feuerwehr tauschen, damit auch die Feuerwehrleute in den Genuss der Beförderung kommen können.
Außerdem haben wir eine günstige Entwicklung im Rahmen des Abschiebegewahrsams Grünau, da wir weiterhin sinkende Zahlen von Abschiebehäftlingen haben. Das hat vielerlei Gründe – das hat was mit der Visumsfreiheit für die Balkanländer zu tun, das hat damit zu tun, dass der Schengenraum erweitert wurde und dementsprechend die Reisemöglichkeiten nach Deutschland wesentlich größer geworden sind und deshalb auch nicht mehr so leicht die Möglichkeit besteht, Menschen, die aus diesen Ländern nach Deutschland kommen, zwangsweise in ihre Heimat zurückzuschicken. Wir werden 25,3 Stellen, die wir im Abschiebegewahrsam nicht mehr benötigen, zur Gegenfinanzierung verwenden.
Die zweite Frage, aus welchem Grund die Haushaltsmittel des Polizeipräsidenten nicht zur besseren Ausstattung der Polizei genutzt werden, habe ich damit beantwortet, dass es eine Gesamtverantwortung für den Haushalt 05 gibt und nicht für einzelne Teilebereiche – ich muss den Gesamthaushalt einhalten! Ich darf aber daran erinnern, dass wir mit dem Haushalt 2010/2011 auch für die Polizeibeamten etwas getan haben, indem wir 271 Vollzugsstellen der Besoldungsgruppe A 9 Z, Polizeihauptmeister mit Zulage, in Vollzugsstellen der Besoldungsgruppe A 10 umgewandelt haben. 2 596,5 Stellen der Besoldungsgruppe A 9 S haben wir in Vollzugsstellen der Besoldungsgruppe A 9 umgewandelt. Damit – und mit der Einführung eines ausbildungs- und prüfungsfreien Aufstiegs – haben wir für diese Kollegen bessere Aufstiegsmöglichkeiten als zuvor geschaffen.
Alle dieser Maßnahmen positiver Art haben wir höchstwahrscheinlich gemeinsam gewollt. Dann darf man sich auch nicht wundern, dass man irgendwo eine sinnvolle Gegenfinanzierung finden muss.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Schönen Dank für die Ausführung, Herr Senator! Für die ständig steigende Anzahl von Untersuchungsanträgen im Bereich der Kriminaltechnik bei den DNA-Spuren wird jedoch Personal benötigt. Sollten deshalb nicht die Haushaltsmittel zum Abbau von DNA-Untersuchungsanträgen Verwendung finden, um Verjährungen zu verhindern?
Herr Kollege Trapp! Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass ich Gefangenenbewachungsstellen nicht für DNAAnalysen benutzen kann. Wir machen das an DNAAnalysen mit eigenem Personal, was wir schaffen, das Übrige wird im Rahmen von Vergaben erledigt. So erteilen wir der Charité Aufträge, um DNA-Analysen vorzunehmen. Bisher ist das in jedem Haushaltsjahr – notfalls auch mit Erhöhung der entsprechenden konsumtiven Mittel mit Zustimmung des Senators für Finanzen – finanziert worden.
Danke schön! – Es geht weiter mit einer Nachfrage von Frau Kollegin Bayram von Bündnis 90/Die Grünen – bitte schön!
Herr Senator! Sie haben gesagt, dass die Stellen zur Verfügung stehen, weil in Grünau Stellen abgebaut wurden. Können Sie sagen, wie viele Stellen dort noch vorhanden sind und ob wir nicht – wie wir es im Rahmen der Haushaltsbesprechung bereits diskutiert haben – auf den Standort Grünau komplett verzichten könnten? Wie viele zusätzliche Stellen könnte das dann bedeuten?
Frau Kollegin Bayram! Nach meiner Kenntnis sind im Bereich Grünau noch ungefähr 200 Mitarbeiter beschäftigt, d. h. es sind dort ungefähr noch 200 Stellen etatisiert. In Spitzenzeiten hatten wir dort 330 Abschiebehäftlinge, heute haben wir im Schnitt etwa 76. Wir können dort also ohne Besorgnis Stellen abbauen, und Sie sehen daran, dass man theoretisch auch zukünftig noch mehr Stellen abbauen kann, wobei eine gewisse Mindestbesetzung schon da sein muss, sonst funktioniert das nicht.