Ich eröffne die zweite Lesung des Gesetzesantrags und schlage vor, die Einzelberatung der zehn Paragrafen miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf, die Überschrift und die Einleitung sowie die Paragrafen 1 und 10, Drucksache 16/4027. Für die Beratung stehen den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der CDU. – Frau Abgeordnete Bung hat das Wort, bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute wird in diesem Haus abschließend über das Recht der Spielhallen im Land Berlin beraten und entschieden. Wir werden jetzt gemeinsam den Schlusspunkt unter eine über Monate währende Diskussion setzen, an deren Beginn der Entwurf eines Spielhallengesetzes der CDU-Fraktion stand. Wir sind stolz darauf, dass der Vorstoß der Berliner CDU inzwischen systembildend für ganz Deutschland geworden ist.
Dabei beziehe ich mich insbesondere auf die Gesetzesinitiative der Grünen in Hessen, die sich ausdrücklich auf unsere Gesetzesinitiative bezogen haben.
Außerdem wollten die Grünen verhindern, dass sich um die Läden herum Kriminalitätsschwerpunkte bildeten, sagte der Abgeordnete Frömmrich. Man habe sich mit der Initiative an einen Gesetzentwurf der oppositionellen CDU im Land Berlin orientiert.
Es ist kein Geheimnis, dass der Gesetzentwurf von SPD und Linken, über den wir heute zu befinden haben, den Vorstellungen der Gesetzesinitiative der Berliner CDU im Wesentlichen entspricht. Wo es noch Abweichungen gibt, haben wir in den Ausschüssen versucht, Nachbesserungen zu erreichen. Erfreulich ist, dass Sie auf unsere Forderung eingegangen sind, auf bereits bestehende Spielhallen Einfluss zu nehmen. Unsere Forderung nach einer Abstandsregel von 1 000 Metern statt 500 Metern und einer Quotenregelung – nur eine Spielhalle pro 50 000 Einwohner – haben Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Koalition, abgelehnt.
Auch der CDU-Entwurf des Spielhallengesetzes ist von der Mehrheit dieses Hauses am 17. Februar abgelehnt worden, nur damit ein fast gleichlautender Gesetzentwurf der Koalition eingebracht werden konnte.
Aber natürlich waren wir nicht so blauäugig, davon auszugehen, dass Sie unserem Spielhallengesetz zustimmen würden, das wäre auch nicht entscheidend gewesen, denn uns ging es um die Sache – und in der Sache haben wir uns letztlich durchgesetzt.
Sie, Herr Müller und Herr Buchholz, werden heute mit uns gemeinsam das erste Spielhallengesetz eines deutschen Bundeslandes beschließen, und das ist gut für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, das ist gut für Berlin!
So werden wir diesem Gesetz zustimmen, auch wenn es hinter den Forderungen der CDU weit zurückbleibt. Wir stimmen ihm zu, nicht nur, weil heute von Berlin ein Maßstab gesetzt wird, sondern auch, weil damit ein jahrzehntealtes Problem aufgrund einer Initiative der Berliner CDU-Fraktion endlich einer Lösung zugeführt wird. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Bung! – Für die SPDFraktion hat nun Herr Abgeordneter Buchholz das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen, meine Herren! Frau Kollegin Bung! Sie haben völlig zu Recht festgestellt, es ist ein ziemlich großer Tag, wenn das erste Landesparlament der Bundesrepublik Deutschland – und wir sind es – ein Spielhallengesetz beschließen wird, und das nicht nur mit einer oder zwei, sondern mit vier von fünf Fraktionen. Die ganz kleine gelbe Partei, die FDP, bleibt da außen vor, weil sie meint, das mit einem ganz anderen Ansatz auch schaffen zu können. Sie wissen aber ganz genau, dass der nicht so durchsetzungsfähig sein wird wie unser Ansatz. Das ist ein klares Zeichen aus Berlin: Mit der Spielhallenflut muss Schluss sein, wir lassen uns die Kieze nicht kaputt machen – das sagen vier von fünf Parteien im Abgeordnetenhaus!
Als Parlament haben wir allen Grund dazu – die letzten Schätzungen sagen, in Berlin gibt es 37 000 Menschen, die spielsüchtig sind. Schauen Sie sich bitte die Steuerdaten an: Im letzten Jahr gab es 523 Spielhallen, hinzu kommen die Automaten in den Gaststätten. Wie viel verspielen die Berlinerinnen und Berliner jeden Tag an den Automaten? – Es sind mehr als 400 000 Euro, die jeden Abend in den Automaten liegen bleiben, die den Berlinerinnen und Berlinern fehlen. Das ist der reale Wert, über 400 000 Euro bleiben in den Automaten der Spielhallen, der Gaststätten und der Imbisslokale liegen. Wir können es nicht zulassen, dass die Leute in die Spielsucht getrieben werden, nicht mehr wissen, wie sie ihre Familie ernähren sollen, Haus und Hof verspielen, sondern wir müssen einen Schlusspunkt setzen, dass wir uns die Stadt von der Spielhallenflut nicht kaputtmachen lassen.
Wir haben einen sehr weit gehenden Rahmen für dieses Spielhallengesetz gefunden. Wir sind der erste Gesetzgeber, der den Mut zusammen aufbringt, das zu beschließen. Es wird heißen, wenn eine Spielhalle bereits vorhanden ist, Mindestabstand 500 Meter zur nächsten Spielhalle. Analoges soll gelten für Jugend- und Kindereinrichtungen, zu Schulen und Jugendclubs. Dann wird es keine neuen Mehrfachkomplexe mehr geben können – ein Gebäude, eine Spielhalle. Sie wissen, wir haben im Augenblick Gebäude, in denen es sechs bis acht Spielhallen gibt. Das ist Wahnsinn, bisher aber rechtlich möglich. Bisher liegt die Schließzeit bei Spielhallen bei einer Stunde – in der Nacht zwischen 5 und 6 Uhr früh. Wir werden sie auf acht Stunden erweitern, zwischen 3 Uhr und 11 Uhr morgens. Analog zu den Spielbanken müssen die kleinen Spielhallen dann ebenfalls schließen. Jede neue Spielhalle darf keine 12 Automaten mehr an die Wände hängen, sondern 8. Für bestehende Spielhallen wird das nach einer Übergangszeit von zwei Jahren gelten.
Frau Bung! In Ihrem alten Gesetzentwurf waren nicht 12, sondern 24 Automaten pro Spielhalle enthalten. Sie wollten die Anzahl pro Spielhalle verdoppeln. Wir wollen
8 Automaten pro Spielhalle zulassen, und das ist ein substanzieller Unterschied, den Sie immer verheimlichen, den Sie sich aber zurechnen lassen müssen. Ich hoffe sehr, die Grünen in Hessen haben nicht eins zu eins abgeschrieben. Herr Behrendt! Rufen Sie mal an, sonst geht das nämlich schief, was Sie in anderen Bundesländern machen.
Frau Bung! Sie müssen auch zugestehen, dass die CDU im Parlament mächtig geschwankt hat. Am Anfang, meinten Sie, seien Sie die Ersten mit einem Gesetzentwurf gewesen. Den haben Sie schnell mal hingeschlunzt, dann haben Sie alle Anträge zur Prävention zunächst abgelehnt im Wirtschaftsausschuss. In letzter Sekunde haben Sie es sich anders überlegt. Dann sagt eine CDU-Vertreterin bei der Automatenwirtschaft, man sollte doch nicht so harte Gesetze machen und auch die Vergnügungsteuer nicht erhöhen.
Apropos Vergnügungsteuer! Ihre Fraktion hat der Erhöhung der Vergnügungsteuer, die für alle Glücksspielgeräte gilt, egal wo sie hängen, nicht zugestimmt. Nur die Koalition aus SPD und Linke hatte den Mut zu sagen, statt 11 Prozent 20 Prozent auf die Einspielergebnisse der Glücksspielautomaten!
Sie hatten diesen Mut nicht, weil Sie dem Gewerbe nicht wirklich etwas antun wollen, und da wurde es manchmal etwas kritisch mit der Argumentation – das alles erzählen Sie draußen aber nicht.
Die Grünen sagen uns – Herr Behrendt wird es gleich vorbringen –: Hättet ihr doch früher beschlossen! Die Grünen stellen so viele Anträge zu so viel wichtigen und auch unwichtigen Dingen im Parlament. – Herr Behrendt! Zeigen Sie uns den einen Antrag, den Ihre Fraktion zum Thema Spielhallen eingebracht hat!
Bei allen Diskussionen über Details freue ich mich – wir sind der erste Landtag, der ein solches Gesetz beschließt. Wir müssen ein rechtssicheres Gesetz machen, wir haben die Verantwortung, dass dieses Gesetz nicht sofort vom Verfassungsgericht kassiert wird, denn es ist davon auszugehen, dass die starke Lobby dagegen klagen wird. Wir konnten das Maximum nur unter der Prämisse tun, dass dieses Gesetz nicht sogleich kassiert wird, aber Berlin setzt ein Zeichen. Vier von fünf Fraktionen sagen, es kann so nicht weitergehen, wir wollen die Spielhallenflut in der Stadt nicht einfach so hinnehmen, nein, wir wollen sie stoppen und zurückführen.
Ich freue mich, dass das mit vier von fünf Parteien im Parlament, bei allem, was wir vorher diskutiert haben, möglich ist! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Buchholz! – Herr Goetze meldet sich zu einer Kurzintervention. – Herr Dr. Behrendt, Sie müssen noch einen Moment warten. – Bitte sehr, Sie haben das Wort, Herr Goetze!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Manches hat nicht so recht den Kern und auch die Wahrheit getroffen, aber, lieber Kollege Buchholz, schreiben Sie sich einfach mal ins Stammbuch: Der Erhöhung der Vergnügungsteuer haben wir zugestimmt! Schauen Sie bitte im Plenarprotokoll nach, Sie haben das schon beim letzten Mal wahrheitswidrig behauptet, wir haben zugestimmt. Lesen Sie das nach, das können Sie gleich bei mir am Rechner machen, und behaupten Sie das einfach nicht noch einmal! – Vielen Dank!
Herr Buchholz! Möchten Sie darauf öffentlich und für alle verständlich antworten? – Nein, so hat Herr Abgeordneter Dr. Behrendt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Buchholz! Ich habe nicht ganz verstanden – wo wir schon mal mit vier Fraktionen dieses Hauses eine Einigkeit erzielt haben –, warum Sie mit so einer Schärfe in diese Debatte gehen.
Es ist doch erfreulich, dass wir heute gemeinsam das Signal in die Stadt senden, dass wir der Spielhallenflut endlich Einhalt gebieten werden. Wir geben den Bezirken die Handhabe, diese Flut stoppen zu können. Sie werden auch die bestehenden Spielhallen abbauen können – ich werde gleich darauf eingehen, in welcher Geschwindigkeit das klappen wird. Dieses Übel in der Stadt werden wir reduzieren, und das ist ein großer politischer Erfolg, den sich Regierung und Opposition gemeinsam an die Brust heften können, und dabei sollten wir auch bleiben. Wir sollten auch nach außen zeigen, dass es hier eine sehr große Gemeinsamkeit gibt und wir ein Problem gemeinsam erkannt und gemeinsam gelöst haben.
Bei der Einbringung des Gesetzes habe ich bereits etwas dazu gesagt, dass wir uns gewünscht haben, dass es schon im letzten oder vorletzten Jahr passiert wäre. Dann wäre es gelungen, im letzten Jahr, in dem die Anzahl der Spielhallen in den westlichen Innenstadtbezirken sehr zunahm, diese zu reduzieren. Nun müssen wir darauf setzen, dass nach einer Übergangsfrist die Hallen geschlossen werden. Wir haben nicht rechtes Verständnis, liebe Kollegen von der SPD und von der Linken, warum Sie sehr weit reichende Ausnahmeregelungen in dieses Gesetz hineinnehmen, warum Sie von der richtigen Abstandsregelung von 500 Metern von einer Spielhalle zur andern und auch von der richtigen Regelung, dass Spielhallen nicht in der Nähe von Kinder- und Jugendeinrichtungen aufgemacht werden sollen, Ausnahmen zulassen wollen. Das ist nicht notwendig. Der Wissenschaftliche Parlamentsdienst dieses Hauses hat sich mit dieser Frage beschäftigt und erörtert, ob diese Ausnahmeregelung verfassungsrechtlich geboten sei. Er kam glasklar zu dem Ergebnis, dass das nicht nötig ist. Deswegen heute unser Änderungsantrag. Das ist übrigens, Kollege Buchholz, ein Antrag zur Sache, diese großzügigen Ausnahmeregelungen, die nur zu Streitigkeiten mit den Bezirksämtern und dann vor Gericht führen werden, aus dem Gesetz herauszustreichen, als Gesetzgeber klare Kante zu zeigen und zu sagen: Wir wollen in jedem Fall die Abstandsregelung 500 Meter, und wir wollen in jedem Fall, dass zu Kinder- und Jugendeinrichtungen – hier ist wegen der Jugendgefährdung eine besondere Gefahr – der Abstand in jedem Fall eingehalten wird und man nicht über Ausnahmen streitet.
Ebenso enthält dieses Gesetz für unseren Geschmack eine zu großzügige Übergangsregelung. Die Senatskoalition sieht ja vor, dass erst im Jahr 2016, also zum Ende der nächsten Legislaturperiode, das Gesetz in voller Schärfe für die bestehenden Spielhallen zur Anwendung kommt. Das heißt, dass wir mit den bestehenden Spielhallen bis 2016 werden leben müssen. Da geht mehr. Auch hier hat der Wissenschaftliche Parlamentsdienst in seiner Expertise geschrieben, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten sei, dass man eine so große Übergangsfrist belässt. Man kann auch nach drei Jahren schon das neue Gesetz zur Anwendung bringen. Das würde bedeuten, dass wir Berlin diese Spielhallenflut zwei Jahre vorher ersparen und im Jahr 2013 mit der vollen Härte der neuen Regelung in diesem Bereich zuschlagen. Das ist unverständlich, warum man hier diese Großzügigkeit obwalten lassen möchte.
Ich sage noch mal, dass der Wissenschaftliche Parlamentsdienst – das ist immerhin eine unabhängige Expertise, die wir hier haben, die Kollegen in den Fraktionen werden wahrscheinlich eine Vielzahl von rechtswissenschaftlichen Stellungnahmen, Lobbyanschreiben, Einladungen zu vermeintlichen rechtlichen Schulungen von Lobbyverbänden bekommen haben, da wird alles Mögliche behauptet, aber wir sollten uns als Abgeordnete nicht auf solche Lobbystellungnahmen stützen, sondern auf das, was unsere Juristen, die hier unabhängig im Haus arbeiten, erarbeiten. An dieser Stelle vertraue ich dem Wis
senschaftlichen Parlamentsdienst, und deswegen unser Änderungsantrag: kurze Übergangsfristen, wenig Ausnahmeregelungen. Dann haben wir dieses Problem relativ zügig erledigt. Dafür werbe ich um Zustimmung.