Protocol of the Session on April 14, 2011

[Beifall bei der SPD]

Sie sehen, dass es da offensichtlich theoretisch einen Konsens gibt. Ich frage mich, wie es ist, wenn Sie im Plenum das Eine erzählen, Ihre Direktkandidaten bei den Automatenaufstellern im Verband etwas anderes sagen und wenn man der Steuererhöhung nicht zugestimmt hat. Ich habe die herzliche Bitte an die Berliner CDU: Klären Sie doch bitte, wie Sie dazu wirklich stehen. Wollen Sie die Spielhallenflut eindämmen, ja oder nein? Sie werden sich hier bekennen müssen, damit wir dieses Gesetz verabschieden können. – Vielen Dank!

Vielen Dank auch Ihnen! – Für die Fraktion der Grünen hat jetzt Herr Abgeordneter Behrendt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Grünen stehen an der Seite all derer, die das Glücksspiel am Automaten nicht als Spiel und Spaß, sondern wegen seiner hohen Suchtwirkung als Gefahr ansehen.

[Zuruf von der SPD]

Ich weiß gar nicht, was los ist. Offensichtlich ist die SPD schon in der Osterpause. – Wir treten deshalb für eine strenge Regulierung dieses Bereichs ein.

[Gernot Klemm (Linksfraktion): Wo ist Ihr Antrag?]

Wir setzen uns auch – das haben wir schon beim letzten Mal angekündigt – dafür ein, dass wir bis an die Grenze des rechtlich Zulässigen gehen, um die bestehenden Spielhallen einzuschränken. Deswegen begrüßen wir außerordentlich, dass unserer Anregung, dieses Gesetz in den Rechtsausschuss zu überweisen, Folge geleistet wurde.

Der Entwurf ist – Kollege Klemm wollte Lob hören – auch tatsächlich besser als erwartet. Das kann man hier deutlich konstatieren. Gut ist vor allem, dass jetzt eine fünfjährige Übergangsfrist enthalten ist und die Bezirke die Möglichkeit haben, nach den fünf Jahren endlich auch gegen bestehende Spielhallen vorzugehen. Rechtlich werden wir aber diskutieren müssen, ob die Ausnahmeregelung beispielsweise bei Inhaberwechsel tatsächlich in der Form notwendig ist, oder ob man nicht sagen kann, dass bei jedem Inhaberwechsel die neuen gesetzlichen Bedingungen gelten, also auch schon vor den fünf Jahren.

Das soll es mit dem Lob allerdings auch schon gewesen sei. Das zentrale Problem in diesem Bereich ist, dass dieses Gesetz zwei Jahre zu spät kommt.

[Beifall bei den Grünen]

Hätten wir dieses Gesetz schon vor zwei oder zumindest vor eineinhalb Jahren gehabt, wäre dieser Aufwuchs der Spielhallen, von denen der Kollege Buchholz gesprochen hat, in dieser Form überhaupt nicht eingetreten. Es bedurfte vielfältiger Interventionen von Bezirksvertretern bei Herrn Senator Wolf, die immer wieder darauf hingewiesen haben, dass es eine problematische Entwicklung gibt und die endlich einmal eine Handhabe haben wollten, um gegen die Spielhallenflut vorgehen zu können. Senator Wolf hat in dieser Richtung nichts gemacht, sondern ausschließlich darauf verwiesen, dass eine Novelle der Spieleverordnung auf Bundesebene ansteht. Es hat einer erheblichen Diskussion in der Stadt und auch des Antrags der CDU bedurft, um diesen Senat zum Jagen zu tragen. – Und, Herr Kollege Klemm, wenn Sie erzählen, dieses Gesetzesvorhaben sei zügig eingebracht worden, dann möchte ich nicht wissen, was für Sie langsam ist.

[Beifall bei den Grünen und der CDU – Zuruf von Gernot Klemm (Linksfraktion)]

Herr Abgeordneter Behrendt! Es wurden mittlerweile zwei Zwischenfragen angemeldet.

Ich würde die Zwischenfrage vom Kollegen Felgentreu zulassen.

Zunächst also der Kollege Dr. Felgentreu! – Bitte sehr, Sie haben das Wort!

Herr Kollege Behrendt! Wären Sie so nett, mich an die Drucksachennummer des Antrags zu erinnern, mit dem die Grünen vor zwei Jahren dieser Herausforderung begegnet sind?

[Beifall und Heiterkeit bei der SPD und der Linksfraktion]

Es gibt keine Drucksachennummer, Herr Kollege Felgentreu, es gibt keine!

[Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

Aber Sie können den Kollegen Wolf mal fragen, welche grünen Wirtschaftsstadträte aus den Bezirken bei ihm vorstellig geworden sind und in den verschiedenen Runden, die es zu diesem Thema gegeben hat, gesagt haben: Liebe Leute, wir brauchen eine Handhabe! – Da war nicht die zentrale Frage: Machen wir ein Spielhallengesetz, oder machen wir das baurechtlich? – Da gibt es verschiedene Wege, das brauche ich Ihnen nicht zu erklären, Sie sind ja im Rechtsausschuss. Es war nur notwendig, dass mal überhaupt einmal in dieser Richtung tätig wird. Da ist überhaupt nichts passiert.

[Beifall bei den Grünen]

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Ich würde gern noch ein bisschen ausführen. – Unbefriedigend an dem jetzigen Gesetz ist das weitere Zukleben der Fensterscheiben. Das hat der Rat der Bürgermeister völlig zu Recht bemängelt. Auch die Suchtberatungsstellen sagen deutlich: Das ist der falsche Weg, dass die Spieler sich sozusagen ins Verborgene zurückziehen können, dass sie nicht einmal mehr den Tag-Nacht-Wechsel mitbekommen, da drin ist immer die gleiche Atmosphäre. – Die Suchtberatungsstellen sagen: Ein Spielen in der Öffentlichkeit ist besser, weil das die spielsüchtigen Spieler womöglich aus Restscham davon abhält, ihrer Sucht nachzugehen. Deswegen finden wir eine Regelung besser, nach der das nicht zugeklebt werden darf – ganz abgesehen davon, dass es schrecklich aussieht.

[Zuruf von Martina Michels (Linksfraktion)]

Herr Kollege Behrendt! Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage des Herrn Buchholz?

Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Da Sie ja schon vor ein paar Jahren wussten, wie groß das Problem ist, aber keinen Parlamentsantrag eingebracht haben – wie können Sie dann heute behaupten, dass das alles so einfach ist und man das schnell regeln kann? Wir werden aber trotzdem immer noch das erste Bundesland von 16 sein, das überhaupt ein Spielhallengesetz verabschiedet und ein umfassendes Paket vorgelegt hat. Wie erklären Sie sich das denn?

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielleicht noch mal zu Ihrem „umfassenden Paket“! Dazu habe ich im Februar schon etwas gesagt.

[Daniel Buchholz (SPD): Wo sind die Anträge?]

Das war einer der eigenartigsten Umstände dieser gesamten Legislaturperiode, dass die Regierungsfraktionen den Senat auffordern, ein Gesetz vorzulegen, das schon längst fertig war. Ich glaube, mit solchen eigenartigen Anträgen, die dann noch als Antragspaket verkauft werden, sollten wir unsere Zeit nicht verschwenden. Sie hätten dieses Gesetz im Februar vorlegen können, dann wären wir zumindest schon zwei Monate weiter.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

Kurz noch zu den weiter bestehenden Problemen! Es wurde schon darauf hingewiesen: Die Gesetzesformulierung zu der Frage, wie es mit den Einrichtungen im Hinblick auf Kinder und Jugendliche ist, ist alles andere als konkret. Ich zitiere. Sie heißt:

… Einrichtungen, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden …

Da stellt sich die Frage, was denn „Art“ heißt. Und was bedeutet „tatsächlich“, und was soll eigentlich „vorwiegend“ heißen? Das ist alles andere als befriedigend und alles andere als eine klare gesetzliche Handhabe für die Bezirke.

[Gernot Klemm (Linksfraktion): Klarer Ermessensspielraum!]

Das ist ein Problem, da werden wir noch mal herangehen.

Selbst wenn das Gesetz verabschiedet wird, bleibt das Problem der unzähligen Automaten in Imbissen und Gaststätten. Das ist insbesondere im Ostteil Berlins ein Problem. So stehen beispielsweise in Pankow 2 500 Geräte in Imbissen und Gaststätten den 250 Geräten – das ist ein Zehntel – in den Spielhallen gegenüber. Auch hier wollen wir gern heran. Hierher gehört das Problem der Pseu

dogaststätte. Das ist ein erhebliches Kontrolldefizit der Bezirke. Sie müssen einfach hingehen und sagen: Hier macht nur jemand pro forma eine Gaststätte auf. In Wirklichkeit ist es eine Spielhalle. Die Dinger kann man alle sofort schließen. – Das müssen die Bezirke aber auch tatsächlich machen.

Kurz war hier schon der jetzt vorliegende Glücksspielstaatsvertrag Thema. Es bleibt bei diesem Wertungswiderspruch, auf den ich in der letzten Plenarsitzung hingewiesen haben, dass dieser Senat und die ihn tragende Koalition auf der einen Seite die Spielhallen massiv einschränken möchte, zum anderen aber eine Liberalisierung im Sportwettenbereich vornimmt

[Michael Müller (SPD): Was?]

und zur Legalisierung der 200 illegalen Wettbüros beiträgt. Sie müssen mir mal erklären, was an den Sportwetten eigentlich gut und was am Glücksspiel schlecht ist. Beides hat einen hohen Suchtfaktor, zieht den Leuten das Geld aus der Tasche und verschandelt das Stadtbild. – Es bleibt also noch viel zu tun.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Behrendt! – Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Jotzo das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist, glaube ich, gut, dass es in diesem Hause eine Fraktion gibt, die sagt, man sollte einen Wirtschaftszweig nicht kaputt machen, wenn man nicht unbedingt muss. Das ist die FDP-Fraktion.

[Beifall bei der FDP – Gelächter bei der Linksfraktion]

Schauen wir uns Ihren Gesetzentwurf an! Sie haben drei Ziele definiert. Das erste Ziel ist: weniger Spielhallen als heute. Das zweite ist: Spielsuchtprävention herstellen. Und Ihr drittes Ziel ist: städtebauliche Vertretbarkeit erreichen. Ich würde mir wünschen, dass Sie diesen Zielen mit Ihrem Gesetzentwurf tatsächlich näher gekommen wären, aber ich fürchte, das ist Ihnen allenfalls in Teilen gelungen.

Ich will zuerst auf das eingehen, was Herr Klemm gesagt hat. In der Tat, Sie haben mich erwischt, ich habe erst jetzt verstanden, dass Sie in § 1 einen Unternehmensbegriff für die Niederlassung eines Spielhallenunternehmens definiert haben. Das Unternehmen ist bei Ihnen nicht mehr ein Wirtschaftsunternehmen im Sinne des HGB, sondern die Spielhalle wird in der rot-roten Gesetzgebung zum Unternehmen. Wenn man davon ausgeht, ist die Frage, ob Sie Ihre Ziele tatsächlich erreichen können.

Weniger Spielhallen – da schlagen Sie eine 500-MeterAbstandsregelung vor. Das hat mich interessiert. Deswe

gen habe ich den Senat auch mit einer Kleinen Anfrage gefragt: Was würde das denn bedeuten, wenn wir diese 500-Meter-Abstandsregelung einführen. Wo sind denn die Standorte, wo sind die Abstände, und wo sind dann in Zukunft Möglichkeiten, Spielhallen zu errichten oder eben nicht mehr zu errichten? – Die Antwort des Senats war kurz und entwaffnend: Wir haben selbst keine Ahnung. Wir wissen nicht, wo die Standorte sind, und wo die Abstandsflächen sind, wissen wir auch nicht. Wir wissen im Grunde genommen gar nichts. – Das ist Ihre Wirtschaftspolitik. Das ist eine Gesetzgebung ins Blaue hinein, die Sie uns vorschlagen.