Bevor Sie hier weiter Legendenbildung betreiben, möchte ich Sie daran erinnern, wer die glühendste Verfechterin einer Privatisierung eigentlich war. Herr Wowereit! Kramen Sie doch auch einmal in Ihren Erinnerungen! Sie waren doch damals dabei, nicht? – Es war die SPD
Und es war die CDU, die auf die Einrichtung erstens eines Zukunftsfonds gedrängt hat und zweitens ein Tarifmoratorium bis 2004 durchsetzen wollten.
Und ich möchte Sie gerne erinnern, wie Ihre Parteifreundin Fugmann-Heesing damals die Entscheidung in einer Pressemeldung bejubelt hat, Zitat Frau Fugmann-Heesing:
Dieser Abschluss zeigt erneut, dass die Privatisierung ehemals landeseigener Unternehmen den nationalen und internationalen Wettbewerb stärkt und gerade mittel- und langfristig neue Perspektiven eröffnet. … Kunden werden ausgezeichnete Konditionen geboten.
Wer eine solche Forderung erhebt, der muss angesichts der prekären Haushaltslage auch sagen, woher das Geld kommen soll.
[Gernot Klemm (Linksfraktion): So eine Frechheit! – Steffen Zillich (Linksfraktion): Und woher soll das Geld für die Preissenkung kommen?]
Sie haben bis heute keine Summe genannt, kein einziges Modell vorgestellt, wie Sie eine Rekommunalisierung organisieren wollen. Dann sagen Sie den Menschen doch endlich, was Sie vorhaben! Wollen Sie die Investoren so lange mit Geld bedrohen, bis sie sich ergeben? Wollen Sie den Wasserbetrieben die Kaufsumme als Schulden aufbürgen? Irgendeiner muss für diese Pläne die Zeche zahlen: entweder der Verbraucher oder der Steuerzahler.
Und überhaupt: Was soll sich durch Rekommunalisierung ändern? Das ist doch die Wahrheit, dass jeder zehnte Cent an die Investoren geht. Das stimmt. Aber sagen Sie doch auch, Herr Wolf, dass der Senat schon heute doppelt so viel abkassiert wie die Privaten!
Sie sind der wahre Preistreiber in diesem Geschäft. Sie ziehen nicht nur jährlich Profite von über 100 Millionen Euro aus den Wasserbetrieben, Sie halten auch noch die Hand beim Grundwasserentnahmeentgelt auf, bei Abwasser und bei der Konzessionsabgabe. 20 Prozent der Wasserpreise gehen in Ihre Tasche. Da können Sie mir nicht erzählen, Sie hätten keine Spielräume, kurzfristig die Wasserpreise für die Berlinerinnen und Berliner zu senken.
Wenn Sie heute schon keinen Cent von den vielen Millionen an die Verbraucher abgeben, warum sollte sich an dieser Haltung etwas ändern, wenn Sie den Investoren für viel Geld ihre Anteile abkaufen? Ich habe den Eindruck, hier wird eine gewaltige Wählertäuschung vorbereitet, die ausschließlich Ihrer Verstaatlichungsagenda dient, aber nicht den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Herr Müller! Ja, Sie haben im November bei einer ähnlichen Debatte die Hoffnungen schon gedämpft und vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Preise durch eine Rekommunalisierung allenfalls stabil gehalten werden.
Hören Sie auf, den Menschen irgendwelche Versprechungen zu machen! Lenken Sie nicht davon ab, dass die Preise schon jetzt sinken könnten, wenn dieser Senat es wollte! Nutzen Sie endlich Ihre politischen Spielräume! Sorgen Sie dafür, dass Wasser in Berlin wieder bezahlbar wird! – Herzlichen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Henkel! – Für Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr der Kollege Ratzmann das Wort, der Fraktionsvorsitzende. – Bitte schön, Herr Ratzmann!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Was wir am Sonntag erlebt haben, war ein einmaliges Ereignis für Berlin. Das war wichtig für Berlin und für die direkte Demokratie. Dank, Respekt und Gratulation für den „Wassertisch“!
Respekt verdient aber vor allem das Votum von mehr als 665 000 Berlinerinnen und Berlinern. Ich will das zu Anfang ganz klar sagen: Das war kein Votum gegen die Berliner Wasserbetriebe und ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die in dieser Stadt einen guten Job machen.
Das Votum hieß, ganz klar: Wir wollen nicht länger für eure verfehlte Privatisierungspolitik die Zeche zahlen. Sorgt dafür, dass die Wasserpreise sinken! – und vor allen Dingen: Wir glauben diesem Senat nicht, wenn er uns sagt, alle Verträge liegen auf dem Tisch. – Und sie hatten mit ihrem Misstrauen recht.
Sie, Herr Wolf, haben noch am Freitag im Radio auf mehrfaches Nachfragen öffentlich beteuert: Ja, es liegen wirklich alle Verträge auf dem Tisch. – Nein, das taten sie nicht. Das ist mittlerweile nachgewiesen. Da helfen auch Ihre hilflosen Interpretationsversuche nicht.
[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Da ist überhaupt nichts nachgewiesen! Ihnen wächst gerade eine Nase!]
Bereits nach dem geänderten IFG hätten Sie alle, nicht nur die Verträge zwischen Land und Investoren, veröffentlichen müssen, aber Sie haben die Rechnung ohne das Volk gemacht, und das Misstrauen war mehr als berechtigt.
Es ist schon abenteuerlich, wie dieser Senat mit dem Begehren und dem Ergebnis umgeht. Der verantwortliche Wirtschaftssenator ruft mit zweifelhaften Behauptungen quasi zum Boykott einer Volksabstimmung auf, und wäre das Quorum verfehlt worden, hätte es geheißen: Seht ihr! Das war eine Bestätigung für unsere Rekommunalisierungspolitik. – Jetzt ist der Entscheid gewonnen, und jetzt heißt es: Auch das war eine Bestätigung! – Da fragt man sich doch, Herr Wowereit und Herr Wolf, warum haben Sie nicht aufgerufen, zu dieser Volksabstimmung zu gehen und mit Ja zu stimmen? Ich glaube, solch ein Verhalten lässt sich wohl er mit psychiatrischen denn mit politischen Kategorien bewerten.
Nein, Herr Wowereit! Das war keine Bestätigung für Ihre Politik. Das war ein klares Misstrauensvotum. Sie haben keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung für Ihre Wasserpolitik, Ihren Umgang mit den Wasserbetrieben. Die SPD hat den Laden verkauft. Die Linke hat die Fehler des Verkaufs ausgebügelt, vom Teilprivatisierungsgesetz bis zur Kompensationsklausel, die wir Ihnen, Herr Wolf, zu verdanken haben. Sie haben versagt, und jetzt sollen wir Ihnen den Rückkauf und die Neustrukturierung des Unternehmens anvertrauen? – Niemals, sage ich Ihnen!
Herr Wolf hat doch schon das Glitzern in den Augen, wenn er nur über die RWE-Anteile redet. Egal, was es kostet, Hauptsache Rekommunalisierung!
Herr Wowereit! Es war gerade sehr erhellend, was Sie über den Rückkauf und den Ankauf von Anteilen oder Infrastruktur gesagt haben. Ich glaube, man muss eher bei Ihnen aufpassen, dass Sie hier nicht den Mappus machen und am Parlament vorbei schnell zuschlagen und die RWE-Anteile zurückkaufen. Aber egal, das ist ja nicht Ihr Geld. Sie meinen, Sie können hier machen, was Sie wollen. Aber uns ist das nicht egal, und wir werden Ihnen ein solches Verhalten nicht durchgehen lassen.
[Beifall bei den Grünen und der CDU – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Was wollen Sie denn jetzt?]