Protocol of the Session on February 17, 2011

[Beifall bei den Grünen]

Wir wollen auch als Fraktion weiterhin die Möglichkeit haben, Nichtfraktionsmitglieder in den Richterwahlausschuss zu entsenden. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dorthin zu entsenden. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum den Fraktionen das Recht genommen werden soll, hier Externe zu benennen, und in Zukunft nur noch Abgeordnete benannt werden können sollen.

Zu den offen Frauen benachteiligenden Regelungen – so würde ich sie nennen – in § 4 Ihres Entwurfs haben Sie selbst etwas gesagt und in Abrede gestellt, dass das Frauen benachteiligend sei. Es sind nun mal vor allem Frauen,

die sich um die Kindererziehung und die Pflege älterer Familienangehöriger kümmern, das ist nun mal de facto so. Deswegen wird ihnen hier ein Planstellenverzicht abgenötigt. Das ist völlig inadäquat, und der Richterinnenbund hat völlig recht, wenn er hier von einer frauenfeindlichen Haltung spricht.

[Beifall bei den Grünen]

Wenn Sie damit erreichen wollen, dass man mehr Flexibilität bei der Personalverwendung hat, dann machen Sie doch nach der Rückkehr der Betroffenen von der Möglichkeit der Versetzung Gebrauch! Dann kann man sie woanders einsetzen. Aber von vornherein auf die Rückkehr in die angestammte Planstelle zu verzichten, halten wir für den völlig falschen Weg.

Kurz noch zu einigen anderen Punkten: Wir hegen große Sympathien für das, was in Brandenburg üblich ist, nämlich dass Stellen im Justizbereich ausgeschrieben werden – auch für Berufsanfänger. Das ist auch in anderen Bereichen der Berliner Verwaltung üblich. Da sperrt sich die Justizverwaltung, wie ich meine, rechtswidrigerweise.

Herr Dr. Behrendt! – Sie müssen ganz schnell zum Schluss kommen.

Aber ich darf Sie darauf hinweisen, dass die Frau Senatorin mindestens eine Viertelstunde gesprochen hat.

Ja, das ist die Frau Senatorin! Und Sie sind noch nicht Senator!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Frau Senatorin hat so viele wichtige Aspekte angesprochen.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Wir haben noch eine Ausschussberatung!]

Ja, wir haben zum Glück noch eine Ausschussberatung! Ich bin auch froh, dass alle Fraktionen sich verständigt haben, dass im Ausschuss die Richterverbände angehört werden sollen.

Herr Dr. Behrendt! Der Antrag wird noch in den Ausschuss überwiesen. Ich bitte Sie, jetzt zum Schluss zu kommen.

Ich denke, das gehört sich so, wenn wir hier immerhin über die Verfasstheit der dritten Gewalt – –

Vielen Dank! – Das Wort hat jetzt der SPD-Abgeordnete Dr. Felgentreu. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fragen, über die wir hier zu sprechen haben, sind größtenteils Fachfragen. Es wurde in der von Herrn Behrendt aufgespannten Erörterung noch mal deutlich, dass hier viele Fragen berührt sind, die vielleicht für die Masse des Hauses nur von begrenztem unmittelbaren Interesse sind. Ich will versuchen, das auf einige politische Kerne zurückzuführen.

Herr Behrendt! Sie hatten kritisiert, dass die Entstehungsgeschichte des Gesetzes einen relativ langen Zeitraum in Anspruch genommen hat. Ich bitte, dabei zu beachten, dass es um die hochkomplexe Aufgabe geht, die Rechtskulturen zweier Bundesländer und gewachsene Strukturen zusammenzuführen durch übereinstimmende Regelungen, die für beide Seiten auch eine Akzeptanz haben. Und Sie dürfen eines nicht vergessen: Es hat zwischendurch einen Regierungswechsel in Brandenburg gegeben. Es hat Wahlen gegeben, und es gab nach diesen Wahlen die Notwendigkeit, das angefangene Werk mit völlig neuen Gesprächspartnern fortzusetzen, die natürlich ihre eigenen politischen Vorstellungen eingebracht haben, was vollkommen legitim ist, aber die Abstimmungsprozesse noch einmal zurückgeworfen hat.

Ich glaube, dieses Stichwort Wahlen ist eines, das unsere eigenen Erörterungen nicht unbeeindruckt lässt. Auch wir stehen wieder vor einer Abgeordnetenhauswahl, und es besteht die Gefahr, dass die Diskussion um dieses wichtige Projekt, dieses eigentlich bisher am weitesten gediehene Projekt in der Zusammenarbeit der beiden Bundesländer, in die Wahlkampfdebatten hineingezogen wird. Mir scheint das sehr deutlich zu sein in der Art und Weise, wie auch vonseiten der Grünen die Diskussion aufgemacht worden ist. Hier wurde gearbeitet mit Formulierungen wie, es gehe darum, eine erdrückende Mehrheit von Parlamentariern im Richterwahlausschuss zu schaffen, es gehe darum, parteipolitischen Erwägungen bei der Personalausstattung der Gerichte zum Durchbruch zu verhelfen. Das ist alles abwegig, Herr Behrendt, und das wissen Sie auch. Ich kann mir Ihre Wortwahl und die Art, wie Sie die Diskussion führen, wirklich nur mit dem bevorstehenden Wahlkampf erklären.

Lassen Sie mich trotzdem der Mehrheit des Hauses noch einmal erklären, worum es im Richterwahlausschuss eigentlich geht: Der Richterwahlausschuss ist ein Gremium, das zu Personalvorschlägen der Senatsverwaltung ausschließlich ja oder nein sagen kann. Der Richterwahlausschuss trifft keine eigene Personalauswahl. Er steuert nicht die Zusammensetzung der Berliner Gerichte, sondern er prüft, ob der Senat – und zwar in der Regel auf Vorschlag der Kammergerichtspräsidentin – einen vernünftigen, nachvollziehbaren Personalvorschlag gemacht

hat, ob mögliche Konkurrenten dabei gerecht behandelt worden sind und sagt dann am Ende zu der ganzen Sache ja oder nein. Das ist eine Aufgabe, die nicht unbedingt ein Richterwahlausschuss machen müsste. Es gibt Bundesländer, die so etwas gar nicht haben. Wir in Berlin haben uns dazu entschieden, die demokratische Legitimierung der dritten Gewalt dadurch zu stärken, dass wir ein solches Gremium schaffen. Dieses Gremium hat sich bewährt, es hat eine gute Arbeit gemacht in den letzten 45 Jahren, seit es den Richterwahlausschuss gibt. Das steht überhaupt nicht zur Debatte. Zur Debatte steht die Frage, ob wir an einem Punkt sind, wo dieser Richterwahlausschuss reformiert werden sollte, nicht unbedingt muss – ich glaube nicht, dass das zwingend notwendig ist –,

[Andreas Gram (CDU): Lieber nicht!]

aber wo es sinnvoll wäre, das zu tun mit dem Ziel, die beiden Rechtskulturen von Berlin und Brandenburg einander anzunähern. Das ist das eine Ziel. Wer die Arbeit im Richterwahlausschuss kennt – ich kann auch da wieder nur den Kolleginnen und Kollegen berichten, die diese Arbeit nicht kennen –, der merkt, dass es durchaus Reibungsverluste dadurch gibt, dass beide Wahlausschüsse in Berlin und Brandenburg unterschiedlich konzipiert sind, dass man von unterschiedlichen Auffassungen ausgeht, wie die Arbeit in einem solchen Ausschuss auszusehen hat, und es dadurch, insbesondere wenn es um die Besetzung von Richterstellen an den Obergerichten geht, die von einem gemeinsamen Richterwahlausschuss von Berlin und Brandenburg vorgenommen wird, immer wieder zu Reibungsverlusten und unnötigen Schwierigkeiten und Verzögerungen kommt. Das erschwert die Zusammenarbeit in dem Justizraum Berlin-Brandenburg und sollte deswegen in dieser Weise verbessert werden. Das neue Richtergesetz, das ein Ergebnis der Zusammenarbeit beider Länder ist, bietet dafür einen Anhaltspunkt.

Für mich persönlich – durchaus eine Überlegung, die eine Rolle spielt – geht es auch darum, was die eigentliche Aufgabe des Richterwahlausschusses ist. Er ist eine demokratische Legitimation für die Zusammensetzung der dritten Gewalt. Er könnte gestärkt werden, wenn wir gemeinsam zu dem Ergebnis kämen, dass die Legitimation von Personen ausgeht, die direkt vom Volk gewählt wurden, nämlich von Abgeordneten. Um diese Debatte geht es. Wir müssen hier sauber und frei von Leidenschaften prüfen. Wir sollten sie auch frei von Obertönen prüfen, die aus meiner Sicht nur noch mit der Wahlkampfsituation zu erklären sind. Das ist mein Anliegen. Mit dieser Grundhaltung gehe ich in die Ausschussberatung mit dem erklärten Ziel, diesen wichtigen Schritt, einen gemeinsamen Rechtsraum Berlin und Brandenburg zu schaffen, einem erfolgreichen Abschluss zuzuführen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Felgentreu! – Das Wort für eine Kurzintervention hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Behrendt.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Ich habe es geahnt. Irgendwie muss man auf 15 Minuten kommen.]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Felgentreu! Es ist sehr bedauerlich, dass Sie die Debatte hier auf eine solche Ebene stellen und sagen, es ginge hier nur um Wahlkampfgetöse, wir wären gar nicht an der Sacharbeit interessiert. Immerhin haben Sie dadurch, dass Ihr Senat und Ihre Senatorin das Gesetz vorgelegt haben, den Zeitpunkt der Beratung dieses Gesetz bestimmt. Das haben nicht wir getan. Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten wir es schon im Jahr 2006, 2007 oder 2008 gern beraten. Seien Sie gewiss, dass wir dann die Zusammensetzung und die vorgeschlagenen Regelungen zum Richterwahlausschuss genauso kritisiert hätten, wie wir sie jetzt hier kritisieren.

Es war ganz interessant, dass Sie von der guten Arbeit des Berliner Richterwahlausschusses gesprochen haben. Man fragt sich, warum Sie ihn grundlegend verändert wollen, wenn Sie selbst konstatieren, dass er eine gute Arbeit leistet – da stimme ich Ihnen zu und bin bei Ihnen. Warum wollen Sie grundlegende Zusammensetzungsregelungen einmal zur Frage, wie stark der Anteil der Parlamentarier ist, ob aus allen Fachgerichtsbarkeiten Leute kommen, wie die Regelung ist, dass die Fraktionen auch Externe benennen können und ob diese sich bewährt hätten, abräumen?

Einen Gesichtspunkt möchte ich noch für die Debatte aufwerfen: Er heißt Richterwahlausschuss. Bei uns – Sie haben es völlig richtig beschrieben für all die Kollegen, die nicht im Richterwahlausschuss sind – läuft es so, dass die Senatsverwaltung die Entscheidung und die Auswahl trifft. Frau Senatorin von der Aue geht mit einem Personalvorschlag in den Ausschuss, der Richterwahlausschuss kann nur ja oder nein sagen. Er hat aber nicht die Möglichkeit, eine andere Person oder einen anderen Personalvorschlag auszuwählen. Wir können uns gut vorstellen, dass man auch das ändert und zu einer Regelung wie in Schleswig-Holstein kommt. Dort gibt es die gleichen gesetzlichen Grundlagen, wie wir sie haben, und die gleichen Gesetzesformulierungen; sie praktizieren sie aber anders. Dort hat der Richterwahlausschuss die Möglichkeit, aus den beiden Bestplatzierten bei den Bewerbungsverfahren auszuwählen. Das würde wirklich die demokratische Legitimation der Richterinnen und Richter stärken, wenn sie ausgewählt worden wären und nicht nur durch einen Personalvorschlag der Senatsverwaltung bestätigt würden. So lange bleibt das unperfekt, wie Sie das hier mit der demokratischen Legitimation betonen. Die Auswahl trifft die Senatorin, die nicht unmittelbar von der Bevölkerung gewählt wird. Wenn Sie bereit sind, hier

wirklich die Stärkung der demokratischen Legitimation einzuführen, lassen Sie uns eine Regelung treffen, wonach die Auswahl der Person auch im Richterwahlausschuss erfolgt.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Herr Dr. Felgentreu! Sie können jetzt bitte antworten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Kollege Behrendt! Der Grund, warum ich der Auffassung bin, dass es sich lohnt, auch über die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses noch einmal grundlegend zu diskutieren, ist ein ganz einfacher: Der schlimmste Feind des Guten ist nicht das Schlechte, sondern das Bessere. Wir haben zu prüfen, ob der Vorschlag, der hier von den Ministerien und der Senatsverwaltung vorgelegt worden ist, besser ist als das, was wir bisher haben, auch wenn das, was wir bislang haben, gut ist. Das war der erste Punkt

Zweitens: Ich bestreite, dass es sich um eine ganz grundlegende Änderung handelt. Nach wie vor sind die Gerichte vertreten. Nach wie vor werden auch die Fachgerichtsbarkeiten vertreten sein, wenn es um eine fachgerichtliche Nachbesetzung geht. Insofern kann es nicht um eine grundlegende Änderung gehen, sondern lediglich um eine Verstärkung des Gewichtes der Abgeordneten innerhalb dieses Gremiums, die ich für prüfungswürdig halte.

Aus allen diesen Gründen bin ich schon der Auffassung, dass es sich lohnt, über das Gesetz zu diskutieren. Der Zeitpunkt ergibt sich aus der Fertigstellung der Vorlage. Das hat mit einer taktischen Zielsetzung überhaupt nichts zu tun. Ich kann nur eines sagen: Eine sachliche Debatte lebt von einer sachlichen Sprache. Sie sollten einmal Ihre Formulierungen darauf überprüfen, ob die Art, wie Sie mit der Frage umgegangen sind, dieser Anforderung gerecht geworden ist. Mein Eindruck ist, dass es nicht so ist, sondern dass Sie mit Unterstellungen arbeiten. Ich kann mir diese Unterstellungen nur aus dem Interesse heraus erklären, das wichtige überregionale, länderübergreifende Vorhaben in den Wahlkampf hineinzuziehen. Ich bleibe bei meiner Bewertung.

Ich gestatte mir auch die Frage, Herr Kollege Behrendt, ob bei Ihnen selbst immer die nötige kritische Trennschärfe vorhanden ist, weil Sie nicht nur als Volksvertreter an dieser Stelle entscheiden, sondern in gewisser Weise eben auch als unmittelbar persönlich Betroffener, da Sie von Beruf Richter sind. Hier würde ich Sie auch bitten, wirklich mit der nötigen kritischen Sauberkeit die eigenen Maßstäbe, die Sie anlegen, zu überprüfen und auf dieser Grundlage die Debatte zu führen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Felgentreu! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Rissmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich störe jetzt die rot-grüne Zweisamkeit, indem ich mich ausnahmsweise einmal auf die Seite der Grünen schlage. Es ist wieder einmal ein typisches Phänomen der Sozialdemokratie in diesem Haus: Wenn ihr etwas nicht passt und sie sich erwischt fühlt – warum hat Frau von der Aue heute dazu gesprochen? –, heißt es, es sei Wahlkampf, den man führen wolle. In diesem Fall dürfe Herr Behrendt gar nichts sagen, weil er in irgendeiner Weise persönlich betroffen sei. Das kann man nur zurückweisen. Es ist bemerkenswert, dass Sie in der Sache auf die zum ganz großen Teil berechtigten Kritikpunkte des Kollegen Behrendt gar nicht eingegangen sind.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Das, was hier heute zur Beratung vorliegt, firmiert unter der Überschrift „Gesetz zur Angleichung des Richterrechts der Länder Berlin und Brandenburg“. Der erste Blick in den Gesetzentwurf zeigt jedoch, dass es eher eine Neuregelung wesentlicher Teile des Richterrechts in Berlin ist. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Der vorliegende Gesetzentwurf kann nicht zufrieden stellen und so nicht unsere Unterstützung finden. Die Ausschussberatung wird von uns genutzt werden, zahlreiche Änderungen anzubringen. Heute muss ich mich auf ein, zwei oder drei Punkte beschränken.

Es ist in unserem Land eine gute demokratische und gute rechtsstaatliche Tradition, wegen des hohen Guts der Unabhängigkeit des Richters und der Gerichte, Artikel 97 Abs. 1 GG, auch in unserer Verfassung in Artikel 79 Abs. 1 geregelt sowie auch der Gewaltenteilung, dass bei der Begründung und Veränderung von Richterverhältnissen ein möglichst breiter politischer Konsens hergestellt werden sollte und parteipolitische Motive zurückzustellen sind. Die in dem Gesetzentwurf vorgenommenen Änderungen im Bereich der Vorschriften §§ 11 ff des Gesetzentwurfs – Richterwahlausschuss, Kollege Behrendt hat es angesprochen –, insbesondere § 12 und § 22, begründen jedoch die Besorgnis, dass der eben zuvor von mir genannte Leitgedanke hier wohl in Vergessenheit geraten ist.

[Beifall bei der CDU]

Wenn man argwöhnisch wäre, könnte man auch denken, dass es hier der dreiste Versuch der Sozialdemokratie ist, noch einfacher Personalpolitik machen zu können.

[Beifall bei der CDU]

Warum sonst, Frau von der Aue, geschätzter Herr Kollege Dr. Felgentreu, sieht Ihr Gesetzentwurf die Streichung der bisherigen Zweidrittelmehrheit in § 12 Abs. 3 des Berlin

re Richtergesetzes der anwesenden Mitglieder des Abgeordnetenhauses für die Wahl der ständigen Mitglieder des Richterwahlausschusses vor? Nun soll die einfache Mehrheit, also Ihre Koalitionsmehrheit, Ihre antizipierte zukünftige Koalitionsmehrheit reichen. Warum sonst, Kollege Dr. Felgentreu, erhöhen Sie in § 12 Abs. 1 Ihres Entwurfes den Anteil der aus der Mitte des Abgeordnetenhauses vorzuschlagenden ständigen Mitglieder des Richterwahlausschusses und schreiben aber gleichzeitig entgegen der bisherigen Praxis vor, dass es Abgeordnete sein müssen? Warum sonst, Kollege Dr. Felgentreu – um ein letztes Beispiel zu nennen –, lassen Sie in diesem Kontext eine im Ergebnis einfache Mehrheit in § 22 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzentwurfes für die Wahl von Richtern genügen?

Ich muss also zusammenfassen: Sie wollen künftig allein mit Koalitionsmehrheit im Abgeordnetenhaus Vertreter aus Richterschaft und Anwaltschaft als Mitglieder in den Richterwahlausschuss wählen und dann im Richterwahlausschuss im Ergebnis im zweiten Wahlgang die Bewerber nach ihrem Gusto mit einfacher Mehrheit auswählen. Das bedeutet, der breite politische Konsens wird aufgekündigt, der richterlichen Unabhängigkeit wird – und ich formuliere bewusst vorsichtig – jedenfalls kein Dienst erwiesen. Die Einflussmöglichkeiten nichtparlamentarischer Mitglieder des Richterwahlausschusses werden marginalisiert. Kollege Dr. Behrendt hat bereits darauf hingewiesen, wie die Betroffenen – der Richterbund beispielsweise – das sehen.

Sie schrecken aber auch – um einen weiteren Punkt zu nennen – nicht davor zurück, diesen Gesetzentwurf zum Anlass zu nehmen, um eine ideologische Prägung vorzunehmen. Warum sonst erheben Sie in § 2 des Gesetzentwurfs das Weglassen der religiösen Beteuerung beim Richtereid zur Regel? – Dies ist im Übrigen nicht nur entgegen der bisherigen Regelung, sondern auch entgegen aller Vorschriften, die eine Eidesformel kennen. Z. B. § 48 Landesbeamtengesetz, das haben Sie zuletzt erst 2009 durch das Dienstrechtsänderungsgesetz geändert. Dort haben Sie sich diese Provokation offenbar noch nicht getraut.