Protocol of the Session on February 17, 2011

Schon früher wurde den Lichtenradern ins Gesicht geschlagen. Der CDU-geführte Diepgen-Senat setzte in den 90er-Jahren einen Gefängnisbau mitten in ein reines Wohngebiet. Seitdem werden in Lichtenrade in einer Außenanstalt der Jugendstrafanstalt, dem sogenannten Untersuchungshaftbereich Kieferngrund, jugendliche Untersuchungshäftlinge untergebracht.

Herr Dr. Kluckert! Darf ich Sie kurz unterbrechen? Ich habe noch das Ende des Satzes abgewartet. Es gibt zwei Abgeordnete, die Sie gern etwas fragen möchten, zunächst Herr Lux und dann Herr Kohlmeier.

Ich möchte zunächst keine Zwischenfragen zulassen.

[Lars Oberg (SPD): Der Angsthase vom Kieferngrund!]

Zunächst nicht! Darf ich an späterer Stelle nachfragen?

Das dürfen Sie gern, Frau Präsidentin!

Dann werde ich das versuchen, wenn sich die Herren Abgeordneten noch mal melden.

Danke sehr! – Nun soll dem Ganzen noch eins draufgesetzt werden: In Lichtenrade soll zukünftig kein Untersuchungshaftvollzug mehr stattfinden. Lichtenrade soll stattdessen der Standort für den Drogenvollzug mit jugendlichen Straftätern werden. Der rot-rote Senat will die Drogenfachabteilung der Jugendstrafanstalt dort ansiedeln. Das ist für uns nicht akzeptabel.

[Beifall bei der FDP]

Kurz zum Hintergrund: Die Untersuchungshäftlinge sollen von Lichtenrade nach Plötzensee in das Haupthaus der Jugendstrafanstalt verlegt werden. Im Gegenzug dafür sollen die Insassen der Drogenfachabteilung, des sogenannten Hauses 8, von Plötzensee nach Lichtenrade gebracht werden. Das Haus 8 in Plötzensee soll zukünftig leer stehen und als Haftplatzreserve dienen. Es ist doch geradezu absurd, die Drogenfachabteilung nach Lichtenrade zu verlegen, damit das Haus 8 in Plötzensee leer stehen kann.

[Beifall bei der FDP]

Herr Dr. Kluckert! Beide Abgeordnete haben immer noch das Bedürfnis, Sie etwas zu fragen. Dürfen Sie jetzt?

Herr Lux darf eine Frage stellen.

Dann beginnt Herr Lux. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Beharrlichkeit lohnt offenkundig – auch bei Herrn Dr. Kluckert. Das nehme ich dankend zur Kenntnis. – Herr Dr. Kluckert! Sie haben vorhin gesagt, das sei ein Anschlag der Justizverwaltung. Wollen Sie wirklich bei solchen Vergleichen bleiben vor dem Hintergrund, dass Sie neulich hier auch die sexuelle Orientierung eines Menschen gleichgestellt haben mit Sodomie und Pädophilie? Wollen Sie vor diesem Hintergrund wirklich weiterhin solche Vergleiche bemühen, Herr Dr. Kluckert?

[Sven Rissmann (CDU): Das kommt davon, wenn man Fragen zulässt!]

Herr Lux! Ich darf feststellen: Sie haben offensichtlich nicht die intellektuelle Kapazität, meine Äußerungen richtig zu verstehen.

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP]

Deswegen ist Ihre Frage im Prinzip gegenstandslos.

Das war die Antwort. Jetzt hat Herr Abgeordneter Kohlmeier die Gelegenheit. – Bitte sehr!

Dann will mal der zweite anfragende Volljurist schauen, ob er die intellektuelle Kapazität hat, dass Sie meine Frage beantworten können. Können Sie mir möglicherweise eine Haftanstalt im Land Berlin nennen, die nicht in einem Wohngebiet oder einem Gebiet ist, wo ringsherum Anwohner sind?

Das kann ich Ihnen, lieber Herr Kohlmeier, gern sagen. Sie sind ja auch Jurist. Es gibt verschiedene Wohngebiete nach der Baunutzungsverordnung, und Sie wissen, dass nicht jedes Baugebiet ein Wohngebiet ist. Schauen Sie einfach mal in die Baunutzungsverordnung rein, da können Sie sich noch ein bisschen fortbilden!

[Beifall bei der FDP]

Dass die Pläne, liebe Frau von der Aue, absurd sind, hat Ihnen auch die Anstaltsleitung der Jugendstrafanstalt bescheinigt. Auch hat die Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten kein Verständnis für Ihre Pläne. Die Anstaltsleitung hat gegen den Senatsplan vorgeschlagen, lieber den Kieferngrund in Lichtenrade stillzulegen und nur noch als Haftplatzreserve zu nutzen.

[Beifall bei der FDP]

Alternativ wurde vorgeschlagen, im bisherigen Untersuchungshaftbereich auch die schon in Lichtenrade gelegene benachbarte Jugendarrestanstalt unterzubringen.

All dies zeigt: Mehrere Alternativen stehen zur Auswahl, um Lichtenrade zu entlasten. Die Verlegung des Drogenvollzugs ist vollzugstechnisch nicht notwendig.

[Beifall bei der FDP]

Im Vordergrund steht für uns Liberale aber die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Die Lichtenrader Kinder werden die neuen Gefangenen, die im Gegensatz zu den U-Haft-Gefangenen auch mit Vollzugslockerungen wie Freigang und Ausgang rechnen dürfen, bald unmittelbar an der Bushaltestelle treffen. Das wollen wir nicht.

[Beifall bei der FDP]

Außerdem ist zu befürchten, dass die Lichtenrader auch bald Bekanntschaft schließen müssen mit dem milieutypischen Personenkreis, der diese Straftätergruppe begleitet, insbesondere mit Drogendealern, die versuchen werden, Drogen auf das Anstaltsgelände zu werfen. Das wollen wir verhindern.

[Beifall bei der FDP]

Dass schon bald Drogendealer im Lichtenrader Wohngebiet auftauchen werden, hat die Senatsverwaltung für Justiz selbst der Anstaltsleitung am 10. Januar 2011 geschrieben, verbunden mit der Feststellung, dass es bislang keine nachhaltige technische Lösung zur Verhinderung derartiger Angriffe gibt. Diese Einschätzung Ihrer eigenen Verwaltung, Frau von der Aue, macht deutlich, dass Ihre Pläne keiner Bürgerin und keinem Bürger in Lichtenrade zuzumuten sind. Lassen Sie die Drogenfachabteilung am alten Standort, der nicht in einem Wohngebiet liegt. Nehmen Sie Ihre absurden Pläne zurück, und entlasten Sie den Standort Lichtenrade!

[Beifall bei der FDP]

Der zeitlich nach unserem Antrag eingereichte Antrag der CDU geht in die richtige Richtung.

[Sven Rissmann (CDU): Danke!]

Die CDU spricht sich jedoch nur einseitig für eine Alternative aus, obwohl mehrere gleichwertige vorhanden sind, um den Haftvollzug in Lichtenrade zu beenden.

Herr Dr. Kluckert! Ihre Redezeit ist beendet. Bitte kommen Sie zum Schluss!

Aufgrund dieser einseitigen Festlegung, Frau Präsidentin, werden wir uns beim Antrag der CDU enthalten. Unser Antrag nützt dagegen mit seiner Offenheit für verschiedene Alternativen allen Bürgern vor Ort –

[Sven Kohlmeier (SPD): Das glauben Sie ja selbst nicht!]

Herr Dr. Kluckert! Kommen Sie bitte zum Schluss!

und deshalb bitten wir um Zustimmung.

[Beifall bei der FDP – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion):Klatscht ihr euch gegenseitig Mut zu oder was? – Minka Dott (Linksfraktion): Was schlagen Sie denn nun vor?]

Vielen Dank! – Jetzt hat die Frau Justizsenatorin um das Wort gebeten. – Bitte sehr, Frau von der Aue, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund einer gesunkenen Belegung im Berliner Strafvollzug und der Inbetriebnahme der Justizvollzugsanstalt Heidering, hat die Justizverwaltung gemeinsam mit dem Berliner Strafvollzug Modelle entwickelt, wie künftig unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Berliner Strafvollzug gestaltet werden kann. Ich habe Ihnen auf eine Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kohlmeier in der Plenarsitzung am 13. Januar 2011 dargelegt, dass wir an verschiedene Varianten in Abhängigkeit der Entwicklung der Belegungszahlen arbeiten und sich diese Konzepte noch in einem Entwurfstadium befinden.

Dabei habe ich auch auf die erfreuliche Entwicklung im Jugendstrafvollzug hingewiesen. Die Belegung ist dort in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Im Februar 2007 waren 583 Gefangene inhaftiert, heute sind es nur noch 415. Diese positive Entwicklung bietet dem Berliner Jugendstrafvollzug die Chance, seine Kapazitäten kostensparend zurückzufahren und dabei neu zu ordnen. Die bestehenden Haftgebäude und Bereiche sollen effektiver genutzt und zugleich auch die räumlichen Rahmenbedingungen für den unterschiedlichen Behandlungsbedarf junger Gefangener optimiert werden. Derzeit sind die Inhaftierten mit einer Drogenproblematik – was nicht damit verwechselt werden darf, dass sie jeden Tag Drogen konsumieren –, getrennt von den anderen Inhaftierten im ältesten und sanierungsbedürftigsten Bereich der Hauptanstalt, dem Haus 8, mit 88 Haftplätzen untergebracht. Ein im Rahmen der Substanz- und Werterhaltung ermittelter Grundinstandsetzungsbedarf würde nach Schätzung der BIM etwa 3,5 Millionen Euro erfordern und vorübergehend zu einem eingeschränkten Betrieb mit Teilschließung bestimmter Vollzugsbereiche führen. Das würde auch bedeuten, dass die bisherige strikte Trennung der dort untergebrachten Inhaftierten jedenfalls vorübergehend nicht möglich wäre. Deshalb halte ich es für sachgerecht, den Jugendstrafvollzug für Gefangene mit einer Drogenproblematik in den bisherigen Untersuchungshaftbereich Kieferngrund in Lichtenrade zu verlagern, statt das schon in der Kaiserzeit gebaute Haus 8 mit mehreren Millionen Euro zu sanieren.

Bei dem Bereich Kieferngrund handelt es sich um eine 1997 in Betrieb genommene moderne Haftanstalt.

[Mirco Dragowski (FDP): Dank der CDU!]

Sie verfügt über zeitgemäße Unterbringungs- und auch Beschäftigungsmöglichkeiten, was gerade für den Strafvollzug bei Gefangenen mit einer Drogenproblematik wichtig ist, und sie gewährleistet nahtlos und umfassend

auch weiterhin die vollzuglich erforderliche Trennung dieser Gefangenen. Bisher ist dieser Bereich Kieferngrund für den Vollzug von Untersuchungshaft an Jugendlichen genutzt worden. Doch auch hier sind die Belegungszahlen zurückgegangen. Durchschnittlich waren im Jahr 2010 in Kieferngrund lediglich 49 von 80 Haftplätzen belegt. Das ist auf Dauer nicht zu vertreten. Die dort untergebrachten Gefangenen können in das sanierte Haus 9 der Hauptanstalt in Charlottenburg verlegt werden, wo derzeit schon Untersuchungshaft vollzogen und demnächst eine Mobilfunkblockersystem installiert wird. Natürlich ist Kieferngrund sicher, seien dort nun straffällige Jugendliche und Heranwachsende mit einer Drogenproblematik oder wie bisher junge Untersuchungsgefangene untergebracht.

Deswegen liegen die Ausführungen in Ihren Anträgen, meine Damen und Herren von der Fraktion der CDU und FDP neben der Sache. Ich finde es unverantwortlich, die Sorgen der Lichtenrader Bürgerinnen und Bürger noch zu schüren,