erarbeitet wird. Darüber wurden wir in der vergangenen Ausschusssitzung ausführlich informiert und haben gleichzeitig beschlossen, spätestens in der Junisitzung 2011 den Aktionsplan auf die Tagesordnung zu nehmen. Insofern rennt der Antrag der Grünen offene Türen ein und wiederholt, was bereits in Arbeit ist. Ich verkneife mir, über die Notwendigkeit der Vielzahl der aufgeführten Punkte zu philosophieren. Wir werden die Erarbeitung des Aktionsplans zusammen mit den gesellschaftlichen Akteuren begleiten und im Ausschuss das Ergebnis sorgfältig prüfen.
Ein Paradigmenwechsel hin zum wirklich inklusiven Denken und Handeln braucht mehr als einen Aktionsplan von Senatsverwaltungen. Das braucht unseren täglichen Einsatz, einen Wandel in der Gesellschaft. Wir Linke stehen da schon lange an der Seite derer, für die Inklusion wirklich Einschluss aller Menschen in die Gesellschaft ist.
Die UN-Konvention für Menschen mit Behinderung ist seit über eineinhalb Jahr völkerrechtlich verbindlich. Alle Gebietskörperschaften sind damit an die Konvention gebunden, auch die Bundesländer.
Ich gehe davon aus, dass alle hier im Haus uneingeschränkt hinter der Konvention stehen. Diese Konvention ist ein großer Schritt zu vollständiger Selbstbestimmung, Chancengleichheit und gesellschaftlicher Teilhabe für Menschen mit einer Behinderung. Die Konvention selbst ist jedoch nur ein großes Stück Papier. Damit sie ihre Wirksamkeit entfalten kann, muss sie mit Leben erfüllt werden. Dabei sind wir alle gefragt. Vor allem die Regierenden, die Gesetze und Verordnungen, aber z. B. auch Baupläne erlassen.
Ebenso wichtig ist die Einstellung der handelnden Akteure, das Bewusstsein für die Belange von Menschen mit Behinderung. Der Berliner Senat, aber auch viele andere Akteure jedweder politischer Couleur, scheinen da noch ihre Defizite zu haben. Die unsägliche Debatte um die Schulhelfer spricht dafür Bände. Es geht aber auch um das Bewusstsein, dass es hier nicht um Objekte staatlicher Wohlfahrtspolitik geht, sondern auch um die Chancen, die Diversität für die Gesellschaft bedeutet.
Der zentrale Begriff der UN-Konvention lautet „Inklusion“. Wir müssen die tatsächliche, gleichwertige Teilhabe und gesellschaftliche Einbeziehung von Menschen mit Behinderung erreichen. Dazu müssen wir die Strukturen unserer Gesellschaft so gestalten, dass sie der Diversität menschlicher Lebenslagen besser als bisher gerecht werden. Das gilt insbesondere auch für den Bereich Schule – hier erwarten wir Antworten des Senators.
Es wird viel über Barrierefreiheit geredet, abgebaut werden Barrieren aber nur wenig. Wie stiefmütterlich dieses Thema behandelt wird, haben wir im letzten Winter gesehen, als alle politisch handelnden Akteure versagt haben, als es um die Sicherung von Barrierefreiheit, einem
grundlegenden Bürgerrecht, ging. Ich erinnere nur an die verharmlosenden Äußerungen der Senatorinnen Lompscher und Bluhm auf die Fragen meiner Fraktion und anderer.
Neben den physischen gibt es aber auch soziale Barrieren. Diese sind manchmal viel schlimmer als die physischen Barrieren. Damit meine ich Vorurteile, die verhindern, dass Menschen mit Behinderung ihre Rechte wahrnehmen und ihr Leben selbstbestimmt gestalten können.
Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, dem wir zustimmen werden, ist eine gute Fleißarbeit, die auflistet, wo es Defizite gibt und was zu tun ist.
Die UN-Konvention muss überall zügig umgesetzt werden, auch in Berlin. Es gilt dennoch: Gründlichkeit vor Zügigkeit. Schnellschüsse aus der Hüfte sind fehl am Platze. Aus Aktionsplänen dürfen keine AktionismusPläne werden. Auch die Bundesregierung hat sich des Themas angenommen, nachdem die UN-Konvention vorher auf der Bundesebene etwas stiefmütterlich behandelt worden ist. Zu Beginn des nächsten Jahres wird auch die Bundesregierung einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention vorlegen. Das muss flankiert werden durch entsprechende Pläne der Bundesländer.
Ich erwarte dabei auch, dass die betroffenen Menschen bei der Umsetzung und dem dazu notwendigen Diskussionsprozess aktiver als bisher eingebunden werden, denn die beste Expertise ist die der betroffenen Menschen.
Die UN-Konvention ist die Verpflichtung, unsere Lebenswelt so zu gestalten, dass alle Menschen, mit und ohne Behinderung, in vollem Umfang und gleichberechtigt an ihr teilhaben können. Dann sollten wir jetzt auch damit beginnen.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales sowie an den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich dazu nicht. Dann wird so verfahren.
Für die Beratung steht eine Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP in Person von Herrn Dr. Kluckert, der damit das Wort hat!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Zeit kann man es relativ kurz machen. Es geht bei dem Antrag darum, dass wir sicherstellen wollen, wenn für Aufklärungsarbeit und Arbeit im politischen Raum Mittel durch das Land Berlin zur Verfügung gestellt werden, dass dies nur an Organisationen und Verbände ausgereicht wird, die sich letztendlich klar zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung bekennen. Das halten wir für eine Selbstverständlichkeit.
Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt, und ich glaube, dass man letztendlich zwischen den verschiedenen politischen Bereichen nicht differenzieren sollte. Wir wollen auch gerade bei der Aufklärungsarbeit gegen Rechts sicherstellen, dass alle Personen, die in diesem Bereich tätig sind, ganz klar auf dem Boden unserer Grundordnung stehen. Wir wollen auch sicherstellen, dass bei der Aufklärungsarbeit gegen Links alle Personen, die dort tätig werden, auf dem Boden unserer Grundordnung stehen. Ich denke, eigentlich kann man diesem Antrag sofort zustimmen. Deswegen will ich hier auch keine weiteren Worte an Sie richten. – Danke sehr!
Danke schön, Herr Kollege Kluckert! – Für die SPDFraktion hat nunmehr der Kollege Oberg das Wort. – Bitte schön, Herr Oberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Herr Kluckert! Ich kann es leider nicht so kurz machen wie Sie. Anders als Sie habe ich mir erstens Ihren Antrag angeschaut, und zweitens glaube ich auch, dass man nicht so einfach in den Raum stellen kann, das sei kein Problem, dem könne man einfach zustimmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Sie tragen mit diesem Antrag einen Konflikt in dieses Haus, der bereits auf Bundesebene und vor allem in Sachsen schwelt. Es ist Ihnen zugutezuhalten, dass Sie nicht Urheber dieses Quatsches sind, aber es ist Ihnen vorzuhalten, dass Sie ihn relativ plump abgeschrieben haben.
Zur Sache: Was fordern Sie eigentlich? – Sie fordern – und das ist auf den ersten Blick eigentlich harmlos –, dass alle diejenigen, die im Bereich der politischen Bildungsarbeit im Land Berlin unterwegs sind und Geld vom Land Berlin erhalten, sich zur Verfassung des Landes Berlin und zum Grundgesetz bekennen.
Das klingt auf den ersten Blick ganz harmlos, allerdings nur auf den ersten Blick, denn auf der zweiten Blick wird deutlich, was Sie damit eigentlich machen. Sie unterstellen nämlich all denjenigen, die in der politischen Arbeit
unterwegs sind, dass sie ein grundsätzliches Problem mit der Verfassung haben, und fordern, dass sie jetzt Bekenntnis abzulegen hätten, ob sie denn auch wirklich auf diesem Boden der gemeinsamen Verfassung stehen. Damit stellen Sie alle Akteure der politischen Bildungsarbeit unter einen Generalverdacht, den wir so definitiv nicht mittragen werden.
Wenn wir uns das in der Erweiterung anschauen, ist es ziemlich ungeheuerlich – und Sie zielen ja gerade auf die Antifa ab –, wie Sie diejenigen, die sich für Demokratie und Toleranz und gegen Rechtsextremismus engagieren, in völliger Verkennung der Tatsachen zu Verfassungsfeinden umdeuten. Das heißt, die, die gegen Verfassungsfeinde auf die Straße gehen, die dort täglich Arbeit machen, sind diejenigen, die Sie jetzt verdächtigen, dass sie den Boden der Verfassung nicht beachten, obgleich sie ihn mit ihrer tagtäglichen Arbeit für Toleranz, für Menschenrechte und für Demokratie verteidigen. Das ist pervers!
Und es wirft ein bedeutendes Licht auf das von Ihnen beantragte Vorhaben, dass man diesen Antrag im Verfassungsschutzausschuss beraten muss. Für Sie ist offensichtlich politische Bildung ein Thema für den Verfassungsschutz. Dazu haben wir eine andere Auffassung. Das machen wir nicht mit. Deshalb werden wir dieser Überweisung in den Verfassungsschutzausschuss auch nicht zustimmen.
Sie proklamieren hier ein Problem, können aber nicht schlüssig belegen, dass es dieses Problem überhaupt gibt. Sie erklären in Ihrem Antrag, dass es dringend notwendig sei, dass man in Berlin endlich solch eine Regelung schafft. Sie begründen sie aber nicht etwa mit konkreten Einzelfällen, sondern damit, dass es Kritik an Ihrem merkwürdigen Antrag auf Bundesebene gab. Das ist ein ziemlich merkwürdiger Zirkelschluss.
Vielen Dank, Herr Oberg! Ich wollte nur fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass der Verfassungsschutz, der dem SPDSenator Körting mit untersteht, sehr erfolgreich im Rahmen der politischen Bildungsarbeit gerade hier im Abge
ordnetenhaus tätig ist und dabei auch bei Jugendlichen sehr wertvolle Arbeit leistet. Oder haben Sie das verkannt?
Das ist doch gar nicht das Thema. Herr Jotzo! Das ist ja schön, dass Sie nun versuchen, hier einen Ausweg zu finden. – Nein! Sie wollen diesen Antrag in den Verfassungsschutzausschuss, weil Sie unterstellen, dass diejenigen, die in diesem Land politische Bildungsarbeit machen, ein Fall für den Verfassungsschutz sind. Sie wollen nicht über die politische Arbeit des Verfassungsschutzes reden, sondern Sie wollen diejenigen, die politische Bildungsarbeit machen, diskreditieren und vom Verfassungsschutz überprüfen lassen. Das ist es, was Sie hier machen.
Wenn wir nach Sachsen schauen, dann können wir sehen, wo das hinführen soll. In Sachsen wird gerade nicht nur diskutiert, dass diejenigen, die politische Bildungsarbeit machen, ein Bekenntnis ablegen – Nein! Dort wird verlangt, dass sie auch noch alle ihre Partner überprüfen, ob diese auf dem Boden der Verfassung stehen. Wenn es dann heißt es: Wie soll man das denn machen? – dann wird ihnen anheimgestellt: Wendet euch doch an den Verfassungsschutz!
In der Praxis bedeutet das: Wir haben einen Träger, der politische Bildungsarbeit macht, dann kommt ein Herr Jotzo und sagt: Jetzt unterschreiben Sie mal, dass Sie auch auf dem Boden der Verfassung stehen, und Sie müssen garantieren, dass jeder Einzelne, mit dem Sie zusammenarbeiten, dies auch tut. – Dann fragt der Träger Herrn Jotzo: Wie soll ich das denn machen? – und dann sagt Herr Jotzo: Dann gehen Sie doch zum Verfassungsschutz! – Damit erzeugen Sie eine Form der Bespitzelung, der Spitzelei und des Generalverdachts – das ist absolut absurd!
[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Björn Jotzo (FDP): Das steht doch hier gar nicht drin!]
Letztendlich muss man diesen Antrag, wie eigentlich jeden, in einem historischen Kontext sehen. Der historische Kontext, auf den ich mich beziehe, reicht ein knappes halbes Jahr zurück. Da haben Sie hier in völlig inakzeptabler Art und Weise bewiesen, dass Sie denjenigen Menschen, die für Demokratie und Toleranz auf die Straße gehen und sich manchmal auch auf die Straße setzen, in den Rücken fallen und dass Sie den Verfassungsfeinden zur Seite stehen, indem Sie erklären, das eigentlich diejenigen zu verfolgen sind, die auf der Straße sitzen, und nicht diejenigen, gegen die demonstriert wird. Dieses Spiel setzen Sie hier fort.