Protocol of the Session on October 7, 2010

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich beantworte jetzt keine Frage.

[Michael Schäfer (Grüne): Sie wollen nicht durch Argumente gestört werden!]

Völlig unangebracht, unanständig und verantwortungslos war und ist es auch, dass Sie bereits im Februar nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bei den Betroffenen die Hoffnung auf höhere Regelsätze geweckt haben. Karlsruhe hat jedoch nicht die Höhe infrage gestellt, nur die intransparente Berechnung beziehungsweise Feststellung durch Rot-Grün.

[Zurufe von Joachim Esser (Grüne) und Clara Herrmann (Grüne)]

Dem Urteil des Verfassungsgerichts ist jetzt endlich Rechnung getragen worden. Wir haben transparente und sauber hergeleitete Regelsätze.

[Ramona Pop (Grüne): Dann rechnen Sie mal vor!]

Frau Kroll hat es eben dargelegt.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Sicher hätte man über den einen oder anderen Posten noch reden können. Vielleicht ist es kleinlich, ein Bierchen herauszurechnen, vielleicht sind die zugebilligten Sätze für eine Kommunikation in Flatratezeiten auch zu hoch. Wir könnten uns auf dieses Spielchen einlassen, es bringt aber „nüscht“, „jar nüscht“ wie der Berliner sagt.

[Beifall bei der FDP]

Sie kritisieren die Höhe der Regelsätze. Auch das wussten wir vorher. Wäre die Bundesregierung auf 400 Euro gegangen, hätten Sie 450 Euro gefordert, nach dem Motto: „Mehr, mehr!, schrie der kleine Hävelmann.“

[Beifall bei der FDP – Burgunde Grosse (SPD): Transparenz!]

Dieses Spiel kennen wir, Frau Grosse. Dieses Spiel war vorhersehbar, aber vor allem ist es billig.

[Beifall bei der FDP – Björn Jotzo (FDP): Nein, teuer!]

Es ist einfach zu billig von Ihnen, wenn man bedenkt, dass Rot-Grün seinerzeit den Menschen im Westen 345 Euro und im Osten 331 Euro zugebilligt hat, Pi mal Daumen. Ab dem 1. Januar 2011 werden es 364 Euro sein, in Ost und West. Die Frage sei zulässig, wenn Sie uns heute ständig kritisieren, weshalb Sie diese Forderung die Sie heute stellen, nicht schon im Jahr 2004, als Sie, Rot und Grün, an der Macht waren, gestellt haben.

[Ramona Pop (Grüne): Weil es im Bundesrat nicht ging! – Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Im Übrigen, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Pop, schalten Sie Ihren Verstand ein.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Bei einem Zuschlag von 10 Euro kämen auf die Kommunen 230 Millionen Euro als zusätzliche Belastung hinzu wegen der Erhöhung der Grundsicherung im Alter und Erwerbsunfähigkeit. Die Senatorin hat es vorhin dargelegt. Das ist bei Ihnen allen offensichtlich noch nicht angekommen. Deshalb gilt: Verstand einschalten!

[Beifall bei der FDP]

Nun steigt der Regelsatz um 5 Euro, und obendrauf kommen noch eine halbe Milliarde Euro für Kinder hinzu.

[Joachim Esser (Grüne): Für jeden?]

Für die Kinder von Langzeitarbeitslosen und Geringverdienern, verehrter Herr Esser. – Im Gegensatz zu RotGrün hat Schwarz-Gelb auch an die Kinder gedacht und nimmt Geld in die Hand für mehr Teilhabe von Langzeitarbeitslosen und Geringverdienern. Das sage ich hier bewusst an die SPD-Fraktion gerichtet mit herzlichem Gruß an Frau Kraft und Frau Schwesig, die genau das immer wieder infrage stellen. Es geht auch an die Geringverdiener, liebe Frau Grosse.

[Beifall bei der FDP]

Sie gucken erstaunt. Offensichtlich wissen Sie es auch noch nicht. – Vereinssport, Musikunterricht, Schulstarterset sichern mehr Teilhabe am sozialen und schulischen Leben. Das finden wir richtig. Wir, Schwarz-Gelb, sorgen für mehr Bildungsgerechtigkeit. Ihre prozentuale Regelsatzversorgung sah letztendlich auch Kippen und Alkohol für Kinder vor.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Florian Graf (CDU) – Björn Jotzo (FDP): Skandal!]

Versuchen Sie uns in Ihrer Polemik nicht weiszumachen, es ginge Ihnen um die Interessen der Kinder. Eher wäre Herodes Präsident des Kinderschutzbundes geworden.

[Beifall bei der FDP]

Die wichtigste Frage dürfen wir über dieser ganzen Regelsatzdebatte nicht vergessen: Wie bekommen wir wieder mehr Menschen in Arbeit? Wie bieten wir ihnen und ihren Kindern wieder Lebensperspektiven? Das Arbeitslosengeld soll helfen, die Zeit bis zu einem neuen Job zu überbrücken. Es ist eine Hilfe auf Zeit – und nicht bis an das Lebensende.

Rot-Grün hat den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit längst aufgegeben, Rot-Rot-Grün im Übrigen.

[Zuruf von Udo Wolf (Linksfraktion)]

Sie haben kein Zutrauen in Ihre eigene Politik. Sie wissen, dass Sie unfähig sind, Arbeitsplätze zu schaffen. Sie vernichten sie eher durch Wirtschaft und zukunftsfeindliche Politik – Stichwort: A 100.

[Beifall bei der FDP]

Sie versuchen einige Menschen im zweiten Arbeitsmarkt zu parken, womit Sie wiederum andere Menschen arbeitslos machen. Derjenige, der keinen Platz auf dem zweiten Arbeitsmarkt findet, soll eher mit Geld ruhiggestellt werden.

[Beifall bei der FDP]

Schwarz-Gelb will Menschen aktivieren!

[Beifall bei der FDP]

In Ihrer Philosophie, Kolleginnen und Kollegen von RotRot-Grün, ist Hartz IV eine gesellschaftliche Stilllegungsprämie. Das ist ein zutiefst unsoziales, ja zynisches Menschenbild!

[Beifall bei der FDP]

Nun zu Ihrem Vorwurf, der immer wieder auftaucht, die Eingliederungshilfe würde gekürzt werden. Ja, Frau Pop, Sie haben recht: Da wird gekürzt. Aber auch hier, Frau Grosse, Frau Pop, alle Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün: Hier ist Verstand gefragt! – Die Höhe der jetzigen Eingliederungsmittel geht noch von einem Stand von 5 Millionen Arbeitslosen aus. Auch das war zu rotgrünen Zeiten. Dank CDU-FDP-Regierung kratzen wir inzwischen an der 3-Millionen-Grenze!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Da kann, ja da muss man kürzen!

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Herr Esser! Da muss man kürzen! – Insbesondere dann, wenn man sich künftig auf die wirkungsvollen arbeitsmarktpolitischen Instrumente beschränkt. Auch hier von Trickserei keine Spur!

[Gelächter von Martina Michels und Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Im Gegenteil! Solide und transparent berechnete Leistungen, die gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.

Nun kommen wir zum Teil zwei der Aktuellen Stunde, rot-rotes Jobcenterchaos. Auch hier ein kleiner Blick zurück. Wodurch entstand Handlungsdruck? – Ich nehme den Begriff Chaos dabei gern wieder heraus, es ist ja eine Vorlage. – Das Bundesverfassungsgericht hat die gemeinsame Verwaltung der Jobcenter durch Bundesagentur und Kommunen für verfassungswidrig erklärt. Wieder eine rot-grüne Altlast – kann man ja nicht anders sagen. Die neue Bundesregierung hat es in kurzer Zeit geschafft, den Forderungen des Bundesverfassungsgerichts nachzukommen.

[Burgunde Grosse (SPD): Auf Druck der SPD!]

Nun ist die Hilfe aus einer Hand weiter für die Menschen gesichert. Bei der Umsetzung der Jobcenterreform ist aber jetzt auch Rot-Rot in Berlin gefragt. Sie können Ihre eigene Inkompetenz nicht ständig hinter dem Rücken der Bundesregierung verbergen.

[Zuruf von Burgunde Grosse (SPD)]