Was können denn nun die Gründe sein, die gegen einen Verkauf sprechen? – Sie haben eben damit argumentiert, dass wir den Verlust eines wichtigen Förderinstruments in Berlin zu befürchten hätten. Weit gefehlt, Herr Jahnke, denn weder der Wirtschaftssenator noch Berlin Partner GmbH noch andere Akteure, die sich ernsthaft mit Wirtschaftförderung in Berlin auseinandersetzen, benutzen die GSG als wichtiges Förderinstrument. Insofern ist dieser Hinweis absoluter Quatsch und kommt aus dem Wunschdenken, das möglicherweise in der Wirtschaftskompetenz Ihrer Fraktion liegt, hat aber mit der Realität absolut nichts zu tun.
Andere argumentieren mit dem Wegfall günstiger Gewerbemieten. Im Wirtschaftsausschuss hat Herr Senator Wolf deutlich gemacht, dass eine solche Problematik überhaupt nicht existiert.
In der Spontanen Fragestunde während unserer letzten Plenarsitzung hat er gesagt, wenn Berlin eines im Überfluss hat, dann Gewerberaum. – Ich sage es nicht gern, aber auch hier stimme ich Herrn Wolf erneut zu. Das ist vielleicht eine Premiere, Herr Wolf, dass ich Ihnen so oft zustimme!
Das stimmt, genau! – Wer mit offenen Augen und Ohren durch die Stadt geht, der wird erkennen, dass es ausreichend Gewerberaum gibt. Wer sich dann noch die Zahlen der GSG ansieht und erkennt, dass insgesamt 35 % der Flächen leerstehen – davon übrigens 60 % im Ostteil der Stadt –, der kann wirklich nicht, Herr Jahnke, von Gewerberaumknappheit und überhöhten Mieten sprechen. Völliger Unfug!
Während SPD und PDS offensichtlich gegen den Verkauf sind, sind die Senatoren Wolf und Sarrazin für ihn, so jedenfalls die Äußerungen. Die CDU unterstützt die beiden Senatoren ausdrücklich in dieser Haltung. Die CDUFraktion legt jedoch auch Wert auf die Feststellung, dass die Erlöse nicht im Haushalt versacken dürfen. Die Stärkung der Kapitalkraft der IBB als unserer Förderbank, um sie in die Lage zu versetzen, die Wirtschaftsförderung als ihre Kernaufgabe noch besser betreiben zu können, ist für uns extrem wichtig. Die IBB hat bereits Vorschläge auf den Tisch gelegt, was damit alles getan werden könnte. Diese Papiere sind Ihnen ja bekannt. Eine ganze Reihe von Dingen: Haftungsfonds, Wohnungen im Alter, CO2Minderungsprogramme, kreatives Kapital usw. bis hin zur Filmwirtschaft. All dies sind wirtschaftspolitisch wichtige Aktivitäten, und wir wollen, dass die IBB ihrer Kernaufgabe nachkommt. Dies ist angesichts der wirtschaftlichen Situation unbedingt erforderlich.
Es ist so, dass die IBB damals bei Übernahme der GSG von der Finanzdienstleistungsaufsicht eine Ausnahmegenehmigung erhalten hat, dass sie von KWG-rechtlichen Fragestellungen freigestellt worden ist, nämlich Einzelobergrenzen. Diese Freistellung läuft am 31. August 2007 ab. Mit anderen Worten würde, wenn wir nicht eine andere Lösung finden, wenn wir alles so beließen, wie es ist, ein KWG-Verstoß zustande kommen. Das ist das Letzte, was die IBB gebrauchen kann. Darauf sollten wir auch Rücksicht nehmen.
Ich bin gespannt, wie die rot-rote Koalition mit ernsthaften Argumenten, insbesondere nach dem Karlsruher Urteil, die Ablehnung dieses Vermögensgeschäfts seriös begründen möchte. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es hierfür ausschließlich ideologische Gründe gibt. Möglicherweise spielt bei dem einen oder andern von Ihnen noch das Lokalkolorit eine Rolle, bei Herrn Jahnke vielleicht die persönliche Erfahrung, weil er gerade eine Mieterhöhung bekommen hat. Das weiß ich nicht. Aber es gibt dafür keine logischen Begründungen. Herr Senator Wolf hat ausnahmsweise richtig beschrieben, wie die Gewerbemietensituation in Berlin ist.
Sollten die Zusagen von Orco auch wirklich so im Vertrag stehen – Herr Wolf hat uns zugesagt, diesen Vertrag auch einsehen zu können, falls es dazu kommt, was ich sehr hoffe –, dann wird die CDU-Fraktion dem Verkauf der GSG zustimmen.
Deshalb unterstützen wir auch den Antrag, den die Fraktion der FDP vorgelegt hat. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Danke schön, Herr Dietmann! – Für die Linksfraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Doering das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich sehe das so wie Herr Dietmann: Wenn man über die GSG sprechen möchte, muss man auch über die IBB reden. Den Ansatz, dass sich die IBB als Kreditinstitut neu ausrichten und das Halten von Beteiligungen nicht mehr zum Kerngeschäft gehören soll, teilen wohl viele.
Die IBB soll als Dienstleister der Berliner Wirtschaft hin zu einer Struktur- und Förderbank weiterentwickelt wer
den. Nur, was folgt aus dieser Feststellung? – Die GSG soll aus der IBB herausgelöst werden, weil die Beteiligung an der GSG das Eigenkapital der IBB bindet. Die IBB ist zur Erfüllung ihrer Aufgaben und zur Erbringung von Förderleistungen ab dem Jahr 2008 verstärkt auf das Eigenkapital angewiesen. Herr Dietmann hat das eben auch angedeutet. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich zwei Möglichkeiten: Entweder übernimmt das Land Berlin die GSG als landeseigenes Unternehmen, oder die IBB wird beauftragt, ein Verkaufsverfahren für die GSG einzuleiten bzw. abzuschließen.
Man kann die Frage stellen, ob die GSG als Instrument der öffentlichen Wirtschaftsförderung die Funktion einer öffentlichen Daseinsvorsorge hat oder ob ein privater Anbieter auch zukünftig das Angebot an preisgünstigen Gewerbeflächen für kleine und mittlere Unternehmen aufrechterhalten kann. Weil sich die Frage so stellt, hat die Koalition in der Koalitionsvereinbarung einen Prüfauftrag formuliert. Der Verkauf der GSG soll unter finanzpolitischen Gesichtspunkten geprüft werden.
Wohin sollen die Erlöse aus einer Veräußerung der GSG fließen? – Der bisherige Debattenverlauf zeigt, dass das nicht nur für die Linksfraktion ein zentrales Anliegen ist. Wenn die IBB zu einer Förder- und Strukturbank weiterentwickelt werden soll, muss meiner Ansicht nach ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf in die IBB zur weiteren Stärkung der Eigenkapitaldecke aufgebracht werden.
Für meine Fraktion habe ich im Wirtschaftsausschuss und auch bei den Betriebsversammlungen der GSG deutlich gemacht, dass wir unsere Zustimmung zum Verkauf der GSG von mehreren Punkten abhängig machen.
Erstens: Wir wollen, dass es für die rund 100 Beschäftigten bei der GSG eine Beschäftigungsgarantie gibt.
Drei Jahre Beschäftigungsgarantie und der Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen sind deutlich mehr als bei einem Betriebsübergang nach Gesetz üblich. Dass es diese Option bei der Veräußerung an die Orco-Gruppe gibt, konnten wir in den Medien nachlesen, und das wurde vom Wirtschaftssenator Wolf in der Wirtschaftsausschusssitzung im Dezember 2006 bestätigt.
Zweitens: Uns ist auch wichtig, dass die Mieter, die kleinen Unternehmen und Gewerbetreibenden, durch langfristige Verträge abgesichert werden. Immerhin befinden sich zurzeit 1 200 kleine und mittelständische Unternehmen mit rund 12 000 Beschäftigten bei der GSG. Auch hier soll der Investor Zusicherungen gemacht haben. Es sollen Mietverträge angeboten werden, die über die üblichen Fristen für Gewerbemieten hinausgehen.
Drittens: Viele Gewerbehöfe der GSG sind in der Innenstadt angesiedelt. Diese Höfe liegen gerade dort, wo wir heute soziale Probleme wie hohe Arbeitslosigkeit haben: in Kreuzberg, Nordneukölln, Tiergarten und Wedding. Diese Gewerbehöfe haben eine besondere Rolle, wenn es
darum geht, die soziale Lage in diesen Gebieten zu stabilisieren, das heißt, es ist wichtig, dass hier auch zukünftig Gewerbe angesiedelt bleibt.
Es wird also deutlich: Die GSG ist nicht nur Instrument der Wirtschaftsförderung, sondern auch ein Instrument der sozialen Stadtentwicklung. Die Frage ist für uns, ob dies auch nach der Veräußerung an einen Investor der Orco-Gruppe so bleiben wird. Staatssekretär Strauch hat am Montag auf Anfrage im Wirtschaftsausschuss bestätigt, dass der Verkauf der GSG noch in diesem Monat zustande kommt.
Aber die Frage ist: Wie soll das gehen? Der Verkauf setzt nach Beschluss im Senat die entsprechende Beratung und Beschlussfassung im Abgeordnetenhaus voraus. In den bisherigen Wortbeiträgen wurde deutlich, dass die Fraktionen hier noch einen Beratungsbedarf haben. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Doering! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Abgeordneter Esser das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Doering! Sie haben es zum Schluss schon angekündigt: Es ist heute insofern eine schwierige Debatte, als der Senat etwas anderes sagt als die verschiedenen Fraktionen, die Fraktionen innerhalb der Koalition vielleicht auch in sich geteilt sind und die Senatoren sich schon untereinander prügeln, wie sie das Fell zwischen dem Haushalt und der IBB verteilen werden, bevor der Bär namens GSG erschossen worden ist. Das ist insgesamt in eine Handlungsunfähigkeit eingemündet, die dazu führt, dass man in den Ausschüssen auch keine Besprechungen durchführen kann, weil Sie nicht auskunftsfähig sind. Nicht nur das ist chaotisch, sondern anders als einige Redner das hier suggeriert haben, bin ich auch der Meinung, dass bislang zur GSG keine vernünftige parlamentarische Willensbildung stattgefunden hat und es deshalb – wenn gesagt wird, es sei Zeit – zunächst darauf ankommt, das Versäumte nachzuholen.
Das Interesse der IBB selbst ist leicht zu durchschauen: Für die IBB ist die GSG eine ungeliebte Last, die das Land ihr aufgezwungen und die ihr seitdem nichts als Verluste beschert hat. Insbesondere das absurde Engagement der GSG bei der chronisch notleidenden KPM stand da Pate. Obendrein bindet das Eigentum an der GSG nach dem Kreditwesengesetz eine Menge Eigenkapital. Würde die IBB die GSG los, würde dieses Eigenkapital für andere Aktivitäten frei. Angesichts der Aussicht, ihre chro
nisch defizitäre Fehlinvestition in 400 Millionen hübsche, frei verfügbare Euro zu verwandeln, ist die Antwort der IBB einfach. Sie sagt: Ich will die 400 Millionen €. – Und Herr Wolf steht ihr bei.
Nur stelle ich die Frage: Wofür will die IBB das Geld? – Die IBB wird sagen: Um mit dem gestiegenen Eigenkapital mehr Wirtschaftsförderung zu betreiben. – Die Antwort befriedigt mich nicht, denn wir wissen, dass die derzeitigen Programme der IBB eher schlecht funktionieren und keinesfalls ausgeschöpft werden. Deshalb sage ich klar: Mehr vom Gleichen macht da keinen Sinn. Die IBB braucht im Augenblick nicht mehr Geld, sondern mehr Ideenreichtum und bessere Förderprogramme.
Herr Dietmann! Ich habe bisher noch keine Vorlage – weder des Senats noch der IBB – mit den schönen Ideen gesehen, die Sie alle aufgezählt haben, was man mit dem zusätzlichen Geld machen könnte. Dann könnte ich schwankend werden, aber auch das wäre erst einmal Teil der parlamentarischen Beratung. Angesichts dessen, was die IBB jetzt macht und was ich an Unterlagen habe, sage ich: keinen zusätzlichen Cent!
Hinzu kommt, dass auch die GSG selbst – das dürfte doch hier nicht umstritten sein – ein Instrument der Wirtschaftsförderung ist. Ich kann nichts dafür, dass in Deutschland die Sitte – manche sagen: Unsitte – herrscht, auf allen Ebenen – in der Sozialpolitik, in der Familienpolitik, in der Wohnungspolitik, aber eben auch in der Wirtschaftspolitik – sowohl Subjekt- als auch Objektförderung zu betreiben, und das oft unkoordiniert nebeneinander her. So ist das auch bei der Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftspolitik. Da fließen Bundesgelder in unseren Haushalt, die wir zur Förderung von Investitionen unmittelbar an die Subjekte, also die Unternehmen, weiterleiten. Und es fließen Bundesmittel in unseren Haushalt, die wir zur Subventionierung von Infrastrukturkosten dieser Unternehmen einsetzen. Dazu zählen die Gewerbehöfe der GSG. Wenn man also über den Verkauf der GSG spricht, muss man nicht zuerst über 400 Millionen € diskutieren, Herr Thiel, sondern zuerst über die Frage entscheiden, ob wir aus der Objektförderung für Unternehmen aussteigen wollen oder nicht.
Manche von Ihnen werden sagen: Klar, Subjektförderung ist viel besser! – Diese Antwort hat nur einen Haken: Subjektförderung ist in der Wirtschaftspolitik im Wesentlichen qua Gesetz Investitionsförderung. Sie ist damit fast ganz und gar auf größere Industrieunternehmen zugeschnitten, die in neue Maschinen oder eigene Werkshallen investieren. Wer damit wenig zu tun hat, weil er im Mietverhältnis produziert – kleine und mittlere Unternehmen, örtliches Handwerk – oder weil seine Produktion in erster Linie über Menschen und Ideen läuft – wie bei unserer Kreativwirtschaft –, der kann mit klassischer Investitionsförderung wenig anfangen. Für diese Unternehmen ist der Umweg von der investiven Infrastruktur-GA zur konsumtiven Mietsubvention, wie er in den Gewerbehöfen der GSG stattfindet – das war ja das Konzept –, eine der we
nigen Möglichkeiten für diese Unternehmen, um überhaupt gefördert zu werden, weil ansonsten konsumtive Förderung völlig ausgeschlossen ist.
Herr Jahnke weiß, wovon ich rede. – Ich habe deshalb vor zwei Jahren im Vermögensausschuss zum Thema GSG angeregt, einmal eine Portfolioanalyse vorzulegen: Wie ist die Zusammensetzung der Mieter in den einzelnen Gebäudeobjekten? Wie hoch sind die Mieten in den einzelnen Gewerbehöfen? Wie hoch sind sie im Vergleich zu privaten Anbietern? Welche Gewerbehöfe sind defizitär?
Ja! – Mit einer solchen Untersuchung ließe sich vielleicht beantworten, ob die Objektförderung gerade im Hinblick auf die innerstädtischen Bereiche, die Kreativwirtschaft, den Dienstleistungssektor und das örtliche Handwerk erforderlich ist oder nicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass dem Parlament irgendeine Vorlage dieser Art zur Struktur der GSG hier vorgelegen hat. Zeit wäre dafür genug gewesen. Stattdessen wird hier im wirtschaftspolitischen Blindflug diskutiert.
Wir wollen, dass vor Verkaufsoptionen erst einmal der wirtschaftspolitische Nutzen der GSG geklärt und politisch entschieden wird. Dann können wir weitersehen. Kommen Sie stattdessen einfach mit einem Verkaufsvertrag, wird das von uns abgelehnt.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Esser! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt zum FDP-Antrag Drucksache 16/0062 mehrheitlich gegen die Stimmen von CDU und FDP die Ablehnung. Wer dem Antrag jedoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die FDPFraktion und große Teile der CDU-Fraktion. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalition und Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist der Antrag abgelehnt.