Meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere von der Opposition! Sie haben heute keine neuen Ideen vorgetragen.
Sie kritisieren Maßnahmen, die Sie in anderen Ländern entweder selbst umsetzen oder aber bei denen es Ihnen in anderen Ländern, wo Sie in der Verantwortung sind, nicht gelingt, sie umzusetzen, während wir sie hier in Berlin machen.
Sie versprechen das Blaue vom Himmel und erwecken den Eindruck, es gebe ein Füllhorn mit zusätzlichen Lehrerstellen, um alles zu erledigen. Sie bleiben den Beleg schuldig, dass Sie in der Lage wären, im Bereich der Bildung Verantwortung zu übernehmen.
Auch wenn diese Debatte nicht viel Konsens gezeigt hat – in einem entscheidenden Punkt, habe ich den Eindruck, gibt es Einvernehmen, das über die Mauern dieses Parlaments gehört werden müsste: Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur, Religion und Sprache ist Gegenwart und Tatsache in Deutschland, wie es übrigens auch Gegenwart in vielen anderen modernen Industrieländern ist. Es ist deshalb eine zentrale Frage in Deutschland, wie es uns gelingt, diese sogenannten Communitys weiter in unsere offene Gesellschaft zu integrieren. Deshalb können wir es uns nicht erlauben, irgendeine Community von diesem Prozess auszuschließen. Es gibt keine Alternative zur Integration, und Bildung ist ohne Zweifel ein Schlüssel dazu. Deswegen leisten die Berliner Kitas und Schulen einen essenziellen, unverzichtbaren Beitrag zur Integration. Hierfür bedanke ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen vor Ort.
Menschen, die zu uns gekommen sind, hier leben, unsere Bildungseinrichtungen besuchen und hier arbeiten, sind Teil unserer Gesellschaft. Sie sind auch Deutschland, und sie sind ein Teil von unserem Berlin. – Ich bedanke mich.
Vielen Dank, meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Deshalb hat die Aktuelle Stunde ihr Ende gefunden.
Ich muss noch eine technische Bemerkung machen. Aufgrund technischer Schwierigkeiten kann heute am Rednerpult – hier oben schon, aber am Rednerpult – nur die letzte Minute und das Ende der Redezeit angezeigt werden und nicht die Redezeit in Gänze. Wir bitten um Verständnis, dass sich diese technische Situation heute nicht verändern lässt. Wir haben uns darum bemüht, aber es geht nicht.
Das ist die Priorität der Fraktion Die Linke mit der lfd. Nr. 7. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der FDP vor.
Ich eröffne die erste Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat Herr Dr. Albers.
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Vorgeschichte ist bekannt. Das Bundesverfassungsgericht hat das Berliner Ladenöffnungsgesetz von 2006 in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Insbesondere wurde die Öffnung der Läden an den vier Adventssonntagen beanstandet, weil sie der verfassungsrechtlichen Anforderung, dass die Sonntagsruhe die Regel ist, nicht standhält. Zudem äußerte das Gericht Bedenken hinsichtlich der weiten und allgemein gehaltenen Voraussetzung für die Ausnahmeregelung zur möglichen sonntäglichen Ladenöffnung, weil für die Ausnahmeregelung von der verfassungsrechtlich gebotenen Arbeitsruhe ein öffentliches Interesse solchen Gewichts zu verlangen ist, dass die Ausnahmen von der Arbeitsruhe zu rechtfertigen sind. Das alleinige Umsatz- und Erwerbsinteresse aufseiten der Verkaufsstelleninhaber und das alltägliche Shoppinginteresse auf der Kundenseite rechtfertigen solche Ausnahmen nicht.
Das novellierte Gesetz berücksichtigt diese Vorgaben des Verfassungsgerichts. Nach der Vorlage soll es künftig möglich sein, durch Allgemeinverfügung pro Jahr sechs Sonn- oder Feiertage im öffentlichen Interesse für die Öffnung von 13 bis 20 Uhr freizugeben. Zusätzlich dürfen aus besonderen Anlässen wie Jubiläen oder Straßenfeste Einzelhändler nach Anzeige beim zuständigen Bezirksamt individuell an vier Sonn- oder Feiertagen öffnen. Eine Öffnung an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen wird zukünftig nicht mehr möglich sein. Ausnahme: Es liegt ein herausragend gewichtiges öffentliches Interesse vor.
Damit ist eigentlich alles gesagt. Ich will aber noch zwei Anmerkungen machen: Die Sonn- und Feiertrage stehen als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung unter dem besonderen Schutz des Artikels 140 im Grundgesetz und auch des Artikels 35 der Verfassung von Berlin.
Wir reden über ein Ladenöffnungsgesetz, nicht mehr, wie früher, über ein Ladenschlussgesetz. Dadurch konnte in der öffentlichen Debatte der Eindruck entstehen, dass Arbeitnehmerschutzrechte und die soziale Bedeutung des Sonn- und Feiertagsschutzes zeitweise in den Hintergrund gerückt sind. Das Bundesverfassungsgericht hat notwendigerweise noch einmal deutlich auf die Bedeutung der generellen Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen für die physische und psychische Regeneration, das individuelle Wohlbefinden und die gesundheitliche Stabilität hingewiesen. Wir haben in Berlin eine sehr liberale Regelung, was die Ladenöffnungszeiten angeht. Grade deshalb ist es umso wichtiger, sehr deutlich zu machen, dass wir die gewerkschaftlichen und auch zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Positionen sehr ernst nehmen und dass Beschäftigungsschutz und Sonntagsruhe für uns zentrales Anliegen bleiben. Wir halten die Läden deshalb auch weiterhin sonn- und feiertags geschlossen. In diesem folgt die Novellierung des Gesetzes dem Regelausnahmegebot des Verfassungsgerichts. Ausnahmen von dieser Regel müssen im herausragenden öffentlichen Interesse liegen und ausreichend begründet sein.
Wir haben in Berlin eine Gesetzeslage, die eine durchgehende Ladenöffnung von montags 0 Uhr bis samstags 24 Uhr ermöglicht. Wir sollten das im Eifer der Diskussion nicht vergessen. Wer da von Posemuckel redet, der verliert den Maßstab.
Posemuckel liegt in den Köpfen derer, die so tun, als sei das Kriterium, das die Metropole Berlin von irgendeinem Posemuckel unterscheidet, die Möglichkeit, am Sonntag vor der Abfahrt noch schnell eine Hose im Hauptbahnhof kaufen zu können, zumal es mittlerweile, spätestens in der nächsten Kreisstadt von Posemuckel, ebenfalls ein Einkaufszentrum mit angeschlossenem Ortskern gibt, in dem die gleichen Warenhauskettenfilialen, die auch im Hauptbahnhof Verkaufsflächen angemietet haben – übrigens in Kenntnis der bundesweit ähnlich geltenden Bestimmungen zur Sonntagsruhe –, im immer gleichen Interieur die immer gleiche Produktpalette anbieten. Da relativiert sich der Erlebniseinkauf neben rollenden Zügen als Metropolenalleinstellungsmerkmal. Posemuckel mag einen Bahnhof haben, Berlin hat elf Fernbahnhöfe.
Wie bisher werden in § 5 Abs. 3 besondere Verkaufsstellen definiert, die an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen. Dazu gehören die Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen für das Anbieten von Reisebedarf, wobei dieser in Anlehnung an das Bundesladenschlussgesetz, § 2 Abs. 2, nahezu einheitlich in allen Bundesländern definiert wird. Einzig Baden-Württemberg mit persönlichem Witterungsschutz und Niedersachsen mit Bekleidungsartikeln und Schmuck gehen über diese Definition hinaus. Wer eine Sonderregelung für den Hauptbahnhof durchsetzen will – ich war da und habe es mir angeguckt; es gibt 49 Läden, von denen zurzeit 27 sonntags öffnen und 20 nach der Reisebedarfdefinition nicht öffnen dürfen –, muss sich darüber im Klaren sein, dass er eine sehr spitzfindige und vor allem gerichtsfeste Begründung braucht, die diese
Ausnahmeregelung einzig für den Hauptbahnhof begründet und ihre Anwendung bei den anderen Berliner Bahnhöfen mit Fernzuganschluss wie Ostbahnhof, Südkreuz, Spandau und Gesundbrunnen dagegen ausschließt. Das wird nicht funktionieren.
Entsprechende Klagen wegen der resultierenden Ungleichbehandlung wären vorprogrammiert. Es gibt hier noch Diskussionsbedarf. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Albers! In einem Punkt gebe ich Ihnen recht: Berlin ist nicht Posemuckel,
und Berlin ist auch nicht Kleinkleckersdorf. Berlin soll sich auch weiterhin zu einer pulsierenden Metropole entwickeln. Das ist einer der Gründe, weshalb sich die CDUFraktion für ein modernes Ladenöffnungsgesetz einsetzt, das seinem Namen auch wirklich gerecht wird und das die Sonntagsöffnungen an bis zu zehn Sonntagen hier in der Stadt ermöglicht.
Für die CDU-Fraktion möchte ich aber genauso deutlich festhalten: Wir bekennen uns selbstverständlich auch weiterhin zu dem besonderen Schutz der Sonntage
Wer, wenn nicht die christlich-demokratische Union weiß um die schützenswerte Bedeutung des Sonntags?
Auch hier brauchen wir keinen Nachhilfeunterricht, schon gar nicht von Rot-Rot. Freiheit und Sonntagsschutz, das muss in Einklang gebracht werden, und das ist die zentrale Herausforderung des Ladenöffnungsgesetzes.
Einen zweiten Aspekt will ich anführen. Es war ein Fehler des Senats, nicht kurzfristig nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine Gesetzesnovelle hier in das Parlament einzubringen. Ihr Zeitspiel, Ihr monatelanges Taktieren hat zur Verunsicherung beigetragen. Bei den Berlinerinnen und Berlinern, bei den Gewerbetreibenden, bei den Arbeitnehmern und letztlich auch bei den Gästen in unserer Stadt ist Verunsicherung statt Sicherheit eingetreten, das kann nicht unser gemeinsames Ziel sein.
[Martina Michels (Linksfraktion): Durch Ihre Propaganda ist die eingetreten! – Uwe Doering (Linksfraktion): Wie sieht denn das die Kirche?]
Nicht zuletzt aus diesen Gründen werden wir uns in der parlamentarischen Beratung dafür einsetzen, dass die verkaufsoffenen Sonntage in Berlin mit ausreichend viel Vorlauf festgesetzt werden. Auch hier muss Schluss sein mit mal Hü und mal Hott, mal jener Sonntag, mal dieses.