Protocol of the Session on September 9, 2010

Antrag der Grünen Drs 16/3405

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass die vorgesehenen Reden zu Protokoll gegeben werden. Dazu besteht jetzt die Möglichkeit.

Durch die autofixierte Verkehrspolitik des rot-roten Senats kommt der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel in unserer Stadt einfach nicht voran. Die Koalitionäre reiben sich auf in einer Auseinandersetzung um die Autobahn A 100. Sie quälen sich mit dem Jahrhundertprojekt des Flughafens BBI auf der Zielgeraden. Doch diese Zielgerade wird immer länger. Die Eröffnung musste wegen Firmenpleiten und Fehlplanungen verschoben werden. Ein Jahr vor der Eröffnung stellt sich heraus, dass das Hauptziel, nämlich die Berliner Innenstadt vor Fluglärm und Gefahren durch abstürzende Flugzeuge zu bewahren, gar nicht gelingen kann. Die Flugzeuge sollen weiter über der Hauptstadt, insbesondere dem Ostteil fliegen. So klärte uns die Presse diese Woche auf. Nicht etwa der Senat – der ist ahnungslos. Aber das ist symptomatisch für ihre Verkehrspolitik, meine Damen und Herren in der Koalition! Wenig ambitioniert, und dann geht auch noch manches schief.

Und wenn Sie sich bei den großen Dingen schon verheben, vielleicht gehen ja wenigstens die kleinen. So eine kleinere Angelegenheit ist der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel innerhalb der Stadt, insbesondere der Ausbau auf der Schiene. Die Dresdner Bahn war hier heute schon Thema. Auch so ein Scheitern auf Raten. Und der Nahverkehr? Wir müssen heute zum wiederholten Mal das Thema der Straßenbahn mit Ihnen diskutieren. Die Straßenbahn in Berlin erscheint auch 20 Jahre nach der Wiedervereinigung als Ostberliner Relikt. Die Chancen, dieses Verkehrsmittel mit seinen Vorteilen in Kapazität und Kosten in der ganzen Stadt zu nutzen – das schafft der Senat einfach nicht. Und das liegt weniger am Geld als vielmehr an fehlendem politischen Willen. In der Koalitionsvereinbarung von 2006 erklären Linke und SPD noch den öffentlichen Nahverkehr zu einem Teil der Daseinsvorsorge. Das Wort Daseinsvorsorge wird von RotRot ja inzwischen inflationär gebraucht. Von Kindergarten bis Stromversorgung ist alles Daseinsvorsorge und soll deshalb als Staatsaufgabe organisiert werden. Wer so staatsverliebt argumentiert, muss aber irgendwann nachweisen, dass der Staat, oder in unserem Fall der rot-rote Senat, diese Daseinsvorsorge tatsächlich organisieren kann, dass er zielorientiert Projekte angeht und Kriterien wie Nachhaltigkeit und Kostenbewusstsein überhaupt kennt.

Im Falle der Straßenbahn bleiben Sie diesen Nachweis weitestgehend schuldig. 20 Jahre nach der Wiedervereinigung Berlins sind es gerade einmal zwei Strecken, die die ehemalige Grenze überqueren. Schon die Strecke zum Nordbahnhof hatte große Verspätung. Heute ist sie eine der meistfrequentierten Tramlinien der Stadt. Aber sie ist nur eine Teilstrecke. Die Verlängerung der Linien durch die Invalidenstraße mindestens zum Hauptbahnhof wird von Ihnen, Frau Senatorin Junge-Reyer, wissentlich verzögert mit einer unsinnigen Vorgehensweise. In der Koalitionsvereinbarung 2006 lesen wir: „Die Straßenbahnverbindung zum Hauptbahnhof wird fertiggestellt.“ Das Verfallsdatum Ihrer Vereinbarung ist September 2011. Bis dahin wird nichts, aber auch gar nichts von dieser Straßenbahn zu sehen sein. Der Senat hat das Ziel der Straßenbahn zum Hauptbahnhof nie ernsthaft verfolgt. Hauptanliegen der Verwaltung ist stattdessen vielmehr ein vierspuriger Ausbau der Invalidenstraße für den Individualverkehr. Die Straßenbahn ist für Sie lästiges Beiwerk. Obwohl Sie alle hier wissen, dass auf dieser Trasse Luftschadstoffe und der zu erwartende Lärm alle Grenzwerte überschreiten werden, setzen Sie als Koalition weiter auf das Auto. Sie haben ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, das gegenwärtig heftig beklagt wird, und zwar nicht nur hier im Parlament, sondern auch vor Gericht. Anwohner und Umweltverbände wehren sich gegen Ihre Verkehrspolitik. Die ist nicht nachhaltig, nicht umweltgerecht und nicht kostengünstig.

Wir wollen mit diesem Antrag erreichen, dass der Planfeststellungsbeschluss zur Invalidenstraße geändert wird. Konzentrieren Sie sich endlich auf das Ziel, die Straßenbahn zum Hauptbahnhof in Fahrt zu bringen! Wenigstens die Planfeststellung können Sie vielleicht vor der Wahl noch schaffen. Damit würden Sie zeigen, dass die staatliche Daseinsvorsorge an dieser Stelle von Ihnen zwar nicht realisiert werden kann, aber dass Sie wenigstens einmal dran gedacht haben.

Der vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen kann kurz und knapp wie folgt bewertet werden: Ein Planfeststellungsbeschluss kann weder durch Beschluss des Abgeordnetenhauses noch des Senats verändert werden. Dies wäre rechtswidrig und unwirksam. Die Grünen wollen offensichtlich die Verfahren mit Bürgerbeteiligungen und Anhörungen sowie Abwägungen zu den Maßnahmen umgehen bzw. ignorieren. Das ist die praktizierte Form von Green Governance: von oben herab rechtswidrig anordnen, statt im Dialog und nach rechtsstaatlichen Verfahren entwickeln.

Zur Forderung nach einem Kfz-Verkehrskonzept: Wir als SPD treten für integrierte Verkehrskonzepte ein, die alles gemeinsam betrachten. Ein solches Konzept liegt vor. Die Umsetzung der Forderungen der Grünen zur Straßenraumaufteilung würde genau zur nicht gewünschten Verlagerung von Kfz-Verkehr in die Nebenstraßen führen. Deshalb ist die Forderung nach einem Kfz-Verkehrskonzept auf dieser Grundlage mit der genannten Be

dingung gar nicht umsetzbar. Mit der von ihnen produzierten heißen Luft tragen die Grünen wesentlich mehr zur Klimaerwärmung bei als der Kfz-Verkehr in der Invalidenstraße.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Die Tagesordnungspunkte 33 und 34 sind als Priorität unter Punkt 4.4 behandelt worden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 35:

Antrag

Bau der TVO endlich vorantreiben!

Antrag der CDU Drs 16/3416

Eine Beratung wird nicht mehr gewünscht. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Die Tagesordnungspunkte 36 bis 38 befinden sich auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 39:

Antrag

Soziale Infrastruktur absichern – Treuhandverträge verlängern!

Antrag der Grünen Drs 16/3420

Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Hauptausschuss, worüber es Konsens gab. Die Koalitionsfraktionen beantragen darüber hinaus die Überweisung an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales. Wer dieser zusätzlichen Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Koalitionsfraktionen stehen auch dazu. Wer ist dagegen? – Dagegen ist die Fraktion der Grünen. Wer enthält sich? – Die Fraktionen von CDU und FDP enthalten sich. Damit ist entsprechend den Koalitionsfraktionen beschlossen.

Tagesordnungspunkt 40 befindet sich auf der Konsensliste, ebenso

lfd. Nr. 41:

Antrag

Den Gendarmenmarkt in seiner jetzigen Gestalt behutsam erneuern

Antrag der Grünen Drs 16/3422

in Verbindung mit

Dringlicher Antrag

Behutsame Instandsetzung statt übertriebener Luxussanierung des Gendarmenmarktes!

Antrag der CDU Drs 16/3438

Im Kontext des Grünen-Antrags legt die CDU einen dringlichen Antrag vor, sofern der Dringlichkeit nicht widersprochen wird. – Das ist nicht der Fall.

Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Da rege ich ebenfalls die Überweisung an den Ausschuss für Bauen und Wohnen an. – Kein Widerspruch! Dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 42 ist bereits als Priorität unter Punkt 4.2 behandelt worden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 43:

Antrag

Mehr Sicherheit im Verkehr für Senioren, Kinder und Menschen mit Behinderungen – Fußgängerampeln mit Restzeitanzeige erproben!

Antrag der FDP Drs 16/3424

Beratung nicht vorgesehen. Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales – federführend – sowie mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Tagesordnungspunkt 44 befindet sich auf der Konsensliste.

Wir kommen jetzt zur letzten Rederunde, nämlich

lfd. Nr. 44 A:

Dringlicher Entschließungsantrag

Berlin für den Atomausstieg

Entschließungsantrag der Grünen Drs 16/3435

Dringlicher Entschließungsantrag

Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken verhindern