Protocol of the Session on June 17, 2010

a) Beschlussempfehlung

Für ein tolerantes Berlin gegen politischen Extremismus (II) – präsente und bürgernahe Großstadtpolizei schaffen

Beschlussempfehlung InnSichO Drs 16/3249 Antrag der FDP Drs 16/3174

b) Beschlussempfehlung

Für ein tolerantes Berlin, gegen politischen Extremismus (III) – Imagekampagne für die Polizei starten!

Beschlussempfehlung InnSichO Drs 16/3250 Antrag der FDP Drs 16/3175

Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. – Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP, und Herr Jotzo steht bereit. – Bitte sehr, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Die Entwicklung von Gewalt in unserer Gesellschaft muss als problematisch bezeichnet werden, und insbesondere und äußerst problematisch ist die Entwicklung bei extremistischer Gewalt, die vermeintlich politisch legitimiert ist, eine Entwicklung, die wir so in dieser Weise in unserer Gesellschaft nicht mehr hinnehmen können.

[Beifall bei der FDP]

Die Geschehnisse am letzten Wochenende haben ein trauriges Schlaglicht auf diese Entwicklung geworfen, auf die Entwicklung von linksextremer und linksextremistischer Gewalt. Was wir dort erlebt haben, war ein grausamer und heimtückischer Anschlag, der letztlich ein Signal einer Erosion der staatlichen Autorität war. In dem Moment, wo Personen aus unserer Gesellschaft meinen, dass sie auf Vollzugsbeamte mit Sprengkörpern losgehen können, ist eine Grenze überschritten, die nicht überschritten werden darf. Ich bin froh, dass alle Fraktionen in diesem Hause sich von dieser schrecklichen Tat distanziert und deutlich gemacht haben, dass für dieses Haus ein solches Verhalten absolut inakzeptabel ist.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der Linksfraktion]

Laut der Studie von Professor Pfeiffer, die Herr Körting heute bereits angesprochen hat, werden die Täter immer jünger und immer linker. Es ist ein erschreckendes Bild, das hier gezeichnet wird, und die Leidtragenden dieser Entwicklung sind die Polizistinnen und Polizisten, die im Auftrag unserer Gesellschaft für uns alle bei solchen Gelegenheiten den Kopf hinhalten müssen und dafür zuständig sind, dass sie die Ordnung in unserer Gesellschaft aufrechterhalten und das staatliche Gewaltmonopol durchsetzen. Da müssen wir an der Seite der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten stehen.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Langsam setzt auch bei Rot-Rot ein Umdenken ein. Lange hat es gedauert. Über Jahre hat der Senat nichts getan. Er hat die Gewalt von Links kleingeredet, verharmlost und ignoriert. Mittlerweile stimmt immerhin schon die Rhetorik. Erst sprach Senator Körting nach Jahren von einer „notwendigen Ächtung“. Dann sprach er von „rotlackierten Faschisten“. Verbal hat sich hier also einiges getan. Allerdings, in den Taten bleibt der rot-rote Senat

doch noch erheblich hinter seinen formulierten Zielen zurück. Da passiert wenig.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Die FDP-Fraktion hat Ihnen, hat diesem Haus eine Antragsreihe mit einem Ausgangsantrag vorgelegt, wo wir 17 Maßnahmen vorgeschlagen haben,

[Benedikt Lux (Grüne): Alle untauglich!]

die einzuschlagen sind, um dieser Entwicklung in unserer Gesellschaft ein Ende zu bereiten, und zwei davon stellen wir Ihnen heute vor, nämlich den ersten, eine präsente und bürgernahe Großstadtpolizei zu schaffen. Ein wesentlicher Grund, warum wir eine solche Erosion des Respekts gegenüber unserer Polizei sehen, ist eine mangelnde Präsenz unserer Polizei auf den Straßen. Das ist nicht der Fehler der Beamtinnen und Beamten oder ihrer Dienstausübung, sondern das ist ein ganz klarer politischer Fehler der Führungsebene, die nicht mal die eigenen Personalziele in unserer Stadt erreicht. Das macht sich genau dort auf den Abschnitten bemerkbar, wo die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten darum kämpfen müssen, dass sie entsprechende Präventionsanstrengungen auf der Straße auch durchsetzen können. Da brauchen sie unsere Unterstützung.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Der zweite Ansatz, den wir Ihnen vorschlagen, ist, eine Imagekampagne für die Berliner Polizei durchzuführen, und zwar eine Imagekampagne besonders in den Bereichen, wo die staatliche Autorität offensichtlich in den letzten Jahren besonders gelitten hat.

[Benedikt Lux (Grüne): Hat sie nicht nötig! Die FDP braucht eine Imagekampagne!]

Wir erleben in einigen Bezirken unserer Stadt, dass Polizistinnen und Polizisten angespuckt werden, dass ihnen kein Respekt mehr entgegengebracht wird, dass man ihre Anweisungen nicht ausführt, und es ist bedauerlich, dass wir diese Entwicklung sehen müssen. Da bedarf es einer solchen Kampagne, insbesondere um auch das gesellschaftliche Umfeld anzusprechen und dort deutlich zu signalisieren, dass das Verhaltensweisen sind, die in unserer Gesellschaft weder angemessen sind noch hingenommen werden.

Eine solche Kampagne – das will ich hinzufügen – bietet auch die Gelegenheit, eine solche Botschaft nicht nur rein sachlich zu bringen, sondern durchaus auch emotional an diese Personen zu appellieren und ihnen klarzumachen, dass derjenige, der ihnen da gegenübersteht, nicht irgendein Mitglied einer anonymen Masse Staat ist, sondern auch ein Individuum mit Familie.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Das müssen wir auch über eine solche Kampagne vermitteln.

Mittelfristig erreichen wir durch diese Ansätze unser Ziel, eine stärkere Präsenz, Bürgerorientierung und ein besseres Image der Berliner Polizei zu erreichen, und damit

werden wir dazu beitragen, dass der gesellschaftliche Rückhalt für Gewalt gegen staatliche Organe und gegen unsere Gesellschaft nachhaltig sinkt. Gemeinsam mit unseren weiteren Ansätzen leisten diese Anträge zur Erreichung dieses Ziels einen wichtigen Beitrag, und deswegen bitten wir Sie um Zustimmung zu unseren Anträgen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Jotzo! – Für die SPD-Fraktion hat nunmehr der Kollege Kleineidam das Wort. – Bitte schön!

Danke sehr, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Jotzo! Wenn die Welt so einfach wäre wie Ihre Lösungsvorschläge,

[Christoph Meyer (FDP): Sie haben ja gar keine!]

dann hätten wir wahrscheinlich gar keine Probleme. Sie haben zutreffend beschrieben, mit welchen Problemen extremistisch motivierter Gewalt wir uns in Berlin auseinanderzusetzen haben. Sie haben auch zutreffend darauf hingewiesen – da sind wir, glaube ich, völlig einer Meinung –, dass es ein gutes Zeichen ist, wenn fünf Fraktionen in diesem Haus in gemeinsamen Erklärungen ihre Abscheu gegenüber solchen Taten zum Ausdruck bringen. Da braucht hier niemand eine Belehrung von jemand anders, sondern das war eine gemeinsame Aktion, und die war gut so.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion und der FDP]

Wenn Ihre Erinnerung vielleicht etwas schwach ist, darf ich Sie darauf hinweisen, dass Rot-Rot schon immer Gewalt geächtet hat. Das durchzog unsere Politik in dieser Wahlperiode von Anfang an. Aber wie gesagt, Sie haben Probleme angesprochen, und die Frage ist: Können Ihre Anträge da weiterhelfen? Sie haben das Problem von extremistisch motivierten Gewalttaten angesprochen und schlagen vor, man möge eine Imagekampagne machen. Und weil Sie selber nicht so richtig wissen, was Sie wollen, steht dann in Ihrem Antrag: Dazu soll erst mal eine Umfrage gemacht werden, wo das Image besonders schlecht ist. Sie wissen also offensichtlich selbst nicht einmal, wofür eine Kampagne gemacht werden soll – das kennzeichnet das Niveau Ihrer Anträge.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich muss nicht das wiederholen, was Ihnen in zwei Ausschüssen schon dazu gesagt wurde: Für uns haben diese Anträge leider nicht die notwendige Substanz, die sie zur Problemlösung bräuchten. Ihre Anträge tragen zur Problemlösung überhaupt nicht bei, und deswegen werden wir Sie heute ablehnen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Kollege Kleineidam! – Für die CDUFraktion hat nun Herr Dr. Juhnke das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Debatte der Anträge kann ich wiederholen, was wir schon bei der letzten Debatte gesagt haben: Willkommen im Club, liebe FDP, für Ihre verdienstvolle Sammlung der Maßnahmen, die wir natürlich auch unterstützen wollen. Vieles haben wir im Ausschuss schon diskutiert, deswegen kann ich mich auf einige wenige Punkte beschränken.

Die stärkere Präsenz der Polizei, die Sie im Antrag Nr. 2 fordern, wird mit der Personalstärke, die wir bei der Berliner Polizei zur Zeit haben, nicht möglich sein. Der Senat wird – in dieser Zusammensetzung – nicht dazu in der Lage sein, weil die Prioritätensetzung einfach eine andere ist. Von daher wird dies leider so nicht machbar sein.

Nichtsdestotrotz unterstützen wir Ihre Forderungen, wie wir auch die Forderung nach einer Imagekampagne unterstützen. Wir halten diese für notwendig, weil die allgemeinen Maßnahmen, die die Polizei in der Öffentlichkeitsarbeit macht und die gut sind, auch wiederum daran kranken, dass es nicht ausreichend Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei gibt, die diese machen können, so dass auch hier Personal die Engpassressource bleibt. Eine Imagekampagne ist auch hilfreich für die Nachwuchsgewinnung, die ein weiterer Schlüsselstein für die Entwicklung der Berliner Polizei sein wird.

Diese Debatte ist natürlich auch vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse, die uns gerade am Wochenende erschüttert haben, nicht möglich zu führen. Linksextremismen und linke Gewalt steigen in Berlin überdurchschnittlich, und das Wochenende war nur ein besonders eklatanter Beweis dafür.

Welche Lehren ziehen wir daraus? – Die erste Lehre vom Wochenende muss sein, dass die Polizei ihre Schutzkleidung konsequent anzieht und auch anziehen darf. Es ist skandalös, wenn die Polizeibeamten als martialisch aussehend verunglimpft werden, nur weil sie ihre eigene Haut schützen wollen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Hier darf es keine Rücksicht auf die Empfindlichkeit von Krawallmachern und Wochenendterroristen geben – diese werten ohnehin bereits die Existenz der Polizei als Provokation.

Ich hätte mir auch eine striktere Abgrenzung der Veranstalter von den Exzessen dort und klare Worte auch vom DGB gewünscht. Das war ein bisschen mau, und beim nächsten Mal kann man sich etwas deutlicher von diesen Leuten abgrenzen. Das ist natürlich auch das, was in der Vergangenheit gesamtgesellschaftlich versäumt wurde: Jahrelange Verharmlosung, Nicht-Kenntnisnahme und

offene oder heimliche Sympathie mit dem vermeintlichen Anliegen der Täter haben den Weg zu dieser Entwicklung überhaupt erst gebahnt.

Was auch nötig ist, ist eine klare Vorbildwirkung der Politik – und zwar unter Einhaltung der Gesetze und Regeln. Das heißt auch: Kein Kokettieren mit zivilem Ungehorsam – ich erinnere mich dunkel an die Grünen bei der Frage des Zauns am ehemaligen Flughafen Tempelhof. Das heißt auch: Beachtung des Demonstrations- und Versammlungsrechts, und das heißt, dass man nicht jedem älteren bärtigen Mann folgen soll, nur weil er nicht mehr stehen kann.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Eine strikte gesellschaftliche Abgrenzung ist notwendig, insbesondere in der Form, wie sie gegen Rechtsextremismus gelungen ist. Das müssen wir auch an dieser Stelle schaffen. Ich bin da allerdings nicht besonders optimistisch, denn solange die Linkspartei in ihren Reihen Personen duldet, für die die Gewalt am 1. Mai die legitime Antwort ist auf die Gewalt, die der Staat angeblich die restlichen 364 Tage im Jahr auf diese Personen ausübt, wird es keine überzeugende Lösung geben, da muss ich mich in meiner Einschätzung leider wiederholen.