Protocol of the Session on May 20, 2010

Sie setzen auf den Senator. Wir müssten es doch eigentlich alle langsam kapiert haben,

[Özcan Mutlu (Grüne): Nein!]

dass die Entscheidungen, die vor Ort getroffen werden, die besseren sind. Ein Machtwort des Senators ist absolut überflüssig.

[Beifall bei der FDP]

Außerdem geht in Ihrem Antrag einiges durcheinander. Sie differenzieren nicht, ob es sich um Informationsveranstaltungen im Rahmen des Unterrichts oder um Berufsorientierung handelt.

[Özcan Mutlu (Grüne): Beides!]

Informationsveranstaltungen der Bundeswehr können und sollen stattfinden. Das Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags dazu – ich zitiere –:

Informationen über die Bundeswehr im Pflichtteil des Schulunterrichts sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Dies gilt allein schon deshalb, weil die Streitkräfte Teil des Staates und verfassungsrechtlich verankert sind …

Genauso ist es. Und selbstverständlich gilt bei Veranstaltungen zur Wehrpflicht – so das Gutachten weiter –, „dass die Bundeswehr Veranstaltungen zusammen mit dem Bundesamt für den Zivildienst durchführt“. Ja, warum denn nicht? Wo liegt denn hier eigentlich das Problem?

Zu den Veranstaltungen der Bundeswehr zur Berufsorientierung ist Folgendes zu sagen. Generell finde ich diese Veranstaltungen absolut wünschenswert, und dabei ist es mir völlig wurscht, ob es sich um die Bundeswehr, die Unternehmer, um Kulturschaffende oder Handwerksmeister handelt. Hier gilt es, diese auch in die Schulen mit hineinzubringen. Die Öffnung nach außen, das muss uns doch allen wirklich wichtig sein.

[Beifall bei der FDP]

Aber, liebe Grüne, ich habe dann doch den Eindruck, das ist Ihnen eigentlich alles ziemlich wurscht, denn allein bei diesem Wort „Bundeswehr“ setzt bei Ihnen ein pawlowscher Reflex ein und Ihre Antipathie zu dieser Institution wird nur allzu deutlich.

[Benedikt Lux (Grüne): Ach Quatsch!]

Sie müssen im Ausschuss schon klarer differenzieren, was Sie erstens mit diesem Rundschreibenforderungsantrag erreichen wollen. Sie müssen uns zweitens erklären, was in diesem Rundschreiben eigentlich alles stehen soll.

[Özcan Mutlu (Grüne): Ist nicht für Sie! Ist für die Schulen!]

Und drittens müssen Sie uns und auch den Pädagogen deutlich machen, warum Sie Pädagogen im Sinne des Beutelsbacher Konsenses von 1976 offensichtlich für unfähig halten, einen ausgewogenen Umgang mit dem Thema Bundeswehr zu erreichen. Herr Mutlu! Warum wollen Sie ein Rundschreiben des Senators? Die FDP steht für eine liberale, offene Diskussionskultur, die an den Schulen durchgeführt werden muss und nicht durch Rundschreiben wegreguliert werden sollte.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Klare FDP-Position: Die Schulkonferenz entscheidet über außerschulische Aktivitäten jeder Art und nicht der Schulsenator. Wir haben nichts dagegen, dass die Bundeswehr und die Zivildiensteinrichtungen über ihre Arbeit berichten. Wir haben nichts gegen die Debatte, in der die jeweiligen Positionen dargestellt werden. Aber wir haben etwas dagegen, wenn wieder einmal von oben bestimmt werden soll, was an Schulen passiert und was nicht. Und wir haben auch etwas dagegen, wenn Sie die Bundeswehr, die ja ein verfassungsrechtlich verankerter Teil des Staates ist, als indoktrinierend verunglimpfen. Und wir haben erst recht etwas dagegen, wenn Sie den Lehrkräften nicht zutrauen, ohne Aufpasser ausgewogen zu unterrichten. – Ich bedanke mich!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Senftleben! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/3198 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Die lfd. Nr. 4.5 wurde als gemeinsame Priorität von SPD und Linksfraktion unter dem Tagesordnungspunkt 4.2 beraten. Die lfd. Nr. 5 war Priorität der Fraktion der CDU unter dem Tagesordnungspunkt 4.3.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 6:

II. Lesung

Gesetz zum Staatsvertrag über die Verteilung von Versorgungslasten bei bund- und länderübergreifenden Dienstherrenwechseln (Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag)

Beschlussempfehlungen InnSichO und Haupt Drs 16/3194 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/3051

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Paragrafen miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift, die Einleitung und die Paragrafen 1 und 2 sowie den Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag als Anlage, Drucksachen 16/3051 und 16/3194. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Die Ausschüsse empfehlen einstimmig – bei Enthaltung der Grünen – die Annahme der Gesetzesvorlage mit Änderung. Wer der Vorlage mit der Änderung der Beschlussempfehlung Drucksache 16/3194 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktionen der CDU und der FDP. Das ist die Mehrheit. Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Zwei Grü

ne! Damit ist das Gesetz zum Staatsvertrag über die Verteilung von Versorgungslasten bei bund- und länderübergreifenden Dienstherrenwechseln so angenommen.

Die lfd. Nrn. 7 und 8 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 9:

Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 12 des Petitionsgesetzes für die Zeit vom 14. November 2008 bis 31. Dezember 2009

Drs 16/3053

Dazu gibt es den mündlichen Bericht des Vorsitzenden des Petitionsausschusses. – Bitte schön, Herr Abgeordneter Kugler!

Andreas Kugler, Berichterstatter:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für den Zeitraum vom 14. November 2008 bis 31. Dezember 2009. Ich nehme an, die meisten von Ihnen werden sich erinnern, dass ich zu dieser Zeit noch nicht der Vorsitzende des Petitionsausschusses war. Ich möchte deshalb zunächst bei meinem Vorgänger bedanken.

[Mieke Senftleben (FDP): Hören wir aber gerne!]

Sehr geehrter Herr Hillenberg! Ich danke Ihnen im Namen der Mitglieder des Petitionsausschusses sehr herzlich für Ihre geleistete Arbeit und Ihr sehr großes Engagement.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU, den Grünen und der Linksfraktion]

Sie haben in den vielen Jahren, in denen Sie zunächst als Mitglied, später als Vorsitzender im Ausschuss mitgearbeitet haben, sehr viel bewegt. Sie haben die Arbeit des Ausschusses und sein Gesicht nach außen geprägt, immer mit dem Ziel, die Menschen in unserer Stadt zu unterstützen und ihnen das Gefühl zu vermitteln, nicht allein zu stehen.

Da der Bericht bereits seit Mitte März vorliegt, nehme ich an, Sie haben schon das eine oder andere nachgelesen. Trotzdem möchte ich gerne einige Zahlen nennen. Im Berichtszeitraum haben uns 1 969 Eingaben erreicht. Wir haben in 43 Sitzungen – zum Vergleich, der Wirtschaftsausschuss, dem ich auch angehöre, hat seit Legislaturperiodenbeginn insgesamt 61 Sitzungen gehabt – 2 212 Petitionen abschließend beraten. Davon waren 28 Prozent der Fälle positiv oder teilweise positiv. Weitere 29 Prozent waren Auskünfte, mit denen wir den Menschen in dieser Stadt auch weiterhelfen konnten. Damit ich aber nicht falsch interpretiert werde, möchte ich gerne hinzufügen, dass die Zahlen aus meiner Sicht keine Rechtfertigung für die Arbeit des Ausschusses darstellen. Einer Petentin oder einem Petenten eine gute Nachricht zu

überbringen, ist mit Sicherheit das Salz in der Suppe der Ausschussarbeit. Es ist aber keine Begründung für die Notwendigkeit dieses Ausschusses. Nach meiner Auffassung muss eine Demokratie ihren Bürgerinnen und Bürgern eine Institution zur Seite stellen, die ihnen zu ihrem Recht verhilft, wenn sie dies allein nicht können oder zumindest das Gefühl haben, es allein nicht zu können. Deshalb dürfen statistische Auswertungen den Blick darauf nicht verstellen. Optimal wäre es, würden wir gar keine Eingaben erhalten, denn dann könnten wir glauben, es liefe in den Verwaltungen im Land Berlin alles perfekt. Da dies nicht so ist, möchte ich zunächst zwei von uns erfahrene Schwerpunkte des vergangenen Jahres nennen. Weitere Schwerpunkte werden dann in der folgenden Rederunde sicherlich die Kolleginnen und Kollegen ansprechen.

Das ist – wie im Berichtsjahr 2008 zuvor – die unangemessen lange Wartezeit bei der Bearbeitung der Wohngeldanträge. Hier hegen wir die Hoffnung, dass nun doch bald weitere Fortschritte zu sehen sein werden. Unsere Anhörung vom 29. September 2009 hat hier weitere Fortschritte, aber eben leider noch keine endgültige Lösung gebracht, sodass wir die Entwicklung weiter kritisch, aber konstruktiv begleiten werden.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen und der Linksfraktion]

Im Sozialwesen haben uns insbesondere die Jobcenter beschäftigt. Auch hier waren es in der Regel zu lange Bearbeitungszeiten, z. B. durfte eine Tempelhoferin drei Monate warten, bis sie die Mitteilung erhielt, dass sie weitere Unterlagen einreichen sollte, um dann weitere drei Monate fruchtlos zu warten.

Dann wandte sie sich an den Ausschuss, und wir konnten ihr weiterhelfen. Solche Vorgänge dürfen natürlich nicht die Regel werden. Aber auch falsche Entscheidungen, kleinliche Rechtsauslegungen und mangelnde Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren zu beklagen.

Das ist der Grund, warum der Petitionsausschuss beschlossen hat, im Rahmen des Tags der offenen Tür am 20. Mai eine öffentliche Sitzung gemeinsam mit Gästen aus den Berliner Jobcentern, aber auch aus der Berliner Sozialgerichtsbarkeit durchzuführen. Wir wollen in diesem Rahmen Ansätze zur Lösung drängender Fragen diskutieren, mit denen wir zum Teil beim Besuch des Jobcenters Neukölln konfrontiert waren.

Damit sind wir bei den weiteren Aktivitäten, die der Ausschuss im vergangenen Jahr unternommen hat. Besonders zu erwähnen sind unsere öffentlichen Sprechstunden, die wir im vergangenen Jahr im Gesundbrunnen-Center, in den Spandau Arcaden, im Ring-Center, im Herrmannquartier in Neukölln und im Tegel-Center abgehalten haben. In der nächsten Woche werden wir eine Sprechstunde im Allee-Center in Lichtenberg durchführen.

Auch die Reise nach Innsbruck hat viele Informationen und interessante Anregungen für die Mitglieder des Aus

schusses bereitgehalten. Der Vergleich zwischen dem österreichischen und deutschen Petitionswesen hat unter anderem dazu geführt, dass wir die Einführung einer Justiz-Ombudsstelle diskutiert haben. Von dieser Idee konnten wir leider noch nicht alle Entscheidungsträger überzeugen, aber, wie heißt es so schön: Kommt Zeit, kommt Rat!