Protocol of the Session on May 6, 2010

2009 wurden durch einen Mitarbeiter des Landesbeauftragten vielfältige Beratungen in Brandenburg angeboten. Durch ein eigenes Stasi-Beauftragtengesetz– es heißt

anders, Herr Otto hat es ja wörtlich benannt – und die Wahl von Ulrike Poppe zur Beauftragten am 17. Dezember 2009 entfällt in Zukunft diese Aufgabenübernahme. Ich glaube aber, dass es eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Ulrike Poppe und Martin Gutzeit geben wird – und eigentlich ja auch schon gibt. Im Namen meiner Fraktion bedanke ich mich bei Ihnen und Ihren Mitarbeitern für die geleistete Arbeit. – Danke schön!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Seelig! – Das Wort für eine Kurzintervention hat nun Herr Abgeordneter Scholz. – Bitte sehr!

[Ah! von der Linksfraktion]

Danke, Frau Präsidentin! – Ich höre die Linksfraktion schon stöhnen. Aber das war ja bei diesem Thema auch nicht anders zu erwarten.

[Zurufe von der Linksfraktion]

Sie haben, Herr Doering, natürlich Gelegenheit, das nachher im Protokoll nachzulesen, und wenn Sie sich diese Jacke anziehen, dann ich kann mit meiner Aussage ja nicht so verkehrt gelegen haben.

[Beifall bei der CDU – [Zurufe von der Linksfraktion]

Aber aufgrund meiner Kurzintervention sind die Worte Ihrer Rednerin, die Sie immer als Feigenblatt Jahr für Jahr ans Rednerpult schicken, deutlicher geworden.

Nach meinem Geschmack könnte der Bundesgesetzgeber für die Betroffenen noch ein Stück mehr tun. Das ist gar keine Frage! Ich denke, so würde jeder von uns reagieren. Man kann nicht genug tun für die Opfer, die all das erleiden mussten, was ich vorhin geschildert habe.

Aber die Auslegung von Gesetzen ist auch ein entscheidender Punkt, und sie findet im zuständigen Amt statt. Nirgendwo im Gesetz steht geschrieben, dass das LAGeSo bei solchen Fällen permanent in die Berufung gehen muss, dass permanent die zweite Instanz angerufen werden muss, dass Menschen, die dort ihr Gutachten vorlegen, nicht geglaubt wird. Es gibt zahlreiche solche Fälle, und mein Aufruf an die Senatorin für Soziales bleibt, hier entsprechende Richtlinien herauszugeben. Dazu ist sie befugt. Es ist nicht Sache des Bundesgesetzgebers zu entscheiden, wie die entsprechenden Gesetze ausgelegt werden. Wir hoffen, dass sich an dieser Stelle zugunsten der Betroffenen etwas ändert. – Dass Sie dabei, Herr Albers, auch noch lachen, das schlägt dem Fass den Boden aus! Sie müssten einmal Menschen kennenlernen, die zu DDR-Zeiten in Gefängnissen gelitten haben, die mit Pharmazeutika vollgepumpt wurden, die völlig gebrochen aus dem Gefängnis wieder herausgekommen sind!

Diese Menschen haben nicht nur eine Haftstrafe verbüßt, sondern mussten mit ihrem gesamten Leben dafür büßen, dass sie sich gegen das Unrechtssystem der DDR gestellt haben, Herr Albers! Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scholz! – Frau Seelig, möchten Sie antworten? – Das ist der Fall. Dann haben Sie dazu die Gelegenheit. Bitte sehr!

Abgesehen davon, dass ich es bevorzuge, gerade über diese Themen in einer sachlichen Form zu reden und nicht in billige Polemik zu verfallen,

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

darf ich Sie noch einmal auf den Bericht des Landesbeauftragten hinweisen, in dem dem Landesamt für Gesundheit und Soziales nachgesagt wird, dass es die Opferrentenanträge offenbar zeitnah und unproblematisch bearbeitet. Ich weiß gar nicht, wie Sie da zu dem gegenteiligen Tenor kommen. Es ist hier die Rede von Jobcentern. Aber beim Landesamt für Gesundheit und Soziales, für das Frau Bluhm zuständig ist, scheint es gar keine Probleme zu geben.

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Seelig! – Für die FDPFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete von Stieglitz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesem Jahr feiern wir die Wiedervereinigung bereits zum 20. Mal. Nur wenige hätten im Jahr 1990 daran gedacht, dass 40 Jahre DDR auch nach 20 Jahren noch immer nicht aufgearbeitet sind. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl hat im Jahr 1990 blühende Landschaften im Osten prophezeit und 1991 hierfür einen Zeitraum von drei bis vier Jahren angekündigt. Heute freuen wir uns darüber, dass einzelne Pflanzen blühen. Von blühenden Landschaften kann noch längst keine Rede sein. Umfragen belegen, dass die Erwartungen der Bürger in Ost und West nur zum Teil erfüllt wurden.

Die Unzufriedenheit über die eigene wirtschaftliche Situation wächst, und der Anteil derer, die mit der DDR positive Eigenschaften verknüpfen, steigt stetig. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Zeit des Unrechts in der DDR verdrängt oder vergessen wird oder ob sich nicht nur eine Nostalgie, sondern eine Ostalgie breitmacht.

Der Anteil derer, die erst nach dem Mauerfall geboren wurden, steigt täglich an, so dass es geboten ist, die fol

genden Generationen nicht nur über die Zeit des Nationalsozialismus, sondern auch über das mit dem Sozialismus der DDR verbundene Unrecht aufzuklären.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Noch heute leiden zahlreiche Menschen unter den Folgen des DDR-Regimes. Es ist daher geboten, den Opfern des DDR-Regimes die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen. Es ist ein Ärgernis, dass wir in den jährlichen Berichten immer wieder lesen müssen, dass erstens die Bearbeitungszeiten der Anträge sehr zu wünschen übriglassen und es nicht selten ist, dass die Opfer altersbedingt versterben, bevor über ihren Antrag entschieden wurde.

Zweitens: Die Jobcenter behandeln, wie im aktuellen Bericht zu Recht moniert wird, entgegen der Rechtslage die Opferrente als Einkünfte und nicht als Entschädigung für erhaltenes Leid und wollen diese auf die Sozialleistungen anrechnen.

Drittens: Bereits in den letzten Jahren haben wir mehrfach kritisiert, dass die Opfer des Stasi-Unrechts nunmehr Opfer der Verwaltung werden. Der Senat ist hier offensichtlich nicht gewillt, Abhilfe zu schaffen.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Das Interesse der Öffentlichkeit an den Unterlagen der Staatssicherheit ist ungebrochen hoch. Auch im Jahr 2009 gingen über 100 000 Anträge ein. Der Fall Kurras hat gezeigt, dass eine Aufarbeitung auch künftig notwendig sein wird.

Wie wir alle wissen, haben die Tätigkeiten der Stasi nicht an den Grenzen haltgemacht. Der Umfang der Tätigkeiten von informellen Mitarbeitern in den Behörden der BRD und insbesondere in Westberlin ist bis heute ungeklärt. Die FDP-Fraktion hat aus diesem Grund mit einem Antrag die wissenschaftliche Aufarbeitung gefordert. Es sollte eben nicht darum gehen, die einzelnen Mitarbeiter mit Sanktionen zu belegen. Dies dürfte schon rechtlich schwierig sein. Nein, es geht der FDP darum zu klären, welchen Einfluss die Stasi auf Entscheidungen und Entscheidungsträger in Westberlin hatte.

Die Koalition hat sich leider für ein Unter-den-TeppichKehren und gegen eine umfassende Aufarbeitung entschieden. Das ist sehr bedauerlich.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Mit jedem Jahr des Abwartens wird die Aufarbeitung schwieriger. Bedauerlich ist auch, dass der Bericht in diesem Jahr umfassend auf Versäumnisse hinweisen muss.

Der Bericht macht deutlich, an welchen Punkten noch angesetzt werden muss. Ein Dauerbrenner in den Berichten – und das macht mir große Sorgen – sind die Wissensmängel in der Bevölkerung, unabhängig vom Bildungsgrad, zum Thema SED-Diktatur. Positiv zu bewerten ist, dass zumindest im Jubiläumsjahr des Mauerfalls das Interesse von Lehrkräften an Fortbildungsve

ranstaltungen im Jahr 2009 leicht gestiegen ist und in den Schulen entsprechende Projekttage durchgeführt wurden.

Die FDP-Fraktion hat auch hier bereits entsprechende Vorschläge unterbreitet, dass weitere Fortbildungen ausgeführt werden. Es ist gefährlich, dass nach einer Studie der FU Berlin über 50 Prozent der Schüler kein oder ein stark geschöntes Bild von der DDR haben.

Dass die Linken das mit der Aufarbeitung nicht so ernst nehmen, können wir aktuell in Brandenburg sehen. Man ist ja fast geneigt, nur noch darüber zu spekulieren, wann und nicht ob beim nächsten Abgeordneten die StasiVergangenheit an die Öffentlichkeit gelangt.

[Zurufe von der Linksfraktion]

Dass die SPD aber aus Gründen der Machterhaltung dazu beiträgt, dass sogar zum Teil ehemalige Stasi-Mitarbeiter hoffähig gemacht werden, zeigt deutlich, dass auch die SPD ihren Beitrag zur Verklärung der DDR-Geschichte leistet.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Frau von Stieglitz, Sie haben Ihre Redezeit bereits überzogen!

Der letzte Satz! – Die FDP wird auch weiterhin an der Seite des Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen gegen ein Vergessen des DDR-Unrechts kämpfen und bedankt sich auch hier noch einmal ganz herzlich bei Herrn Gutzeit und seinem Team für die getane Arbeit.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Stieglitz!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Jahresbericht 2009 als 16. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR ist damit vorgelegt und besprochen.

Für den Bericht und die ansonsten geleistete Arbeit bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Gutzeit, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr herzlich! Weiterhin viel Erfolg und alles Gute!

[Beifall]

Die lfd Nr. 7 steht auf der Konsensliste.

Dann kommen wir zu

lfd. Nr. 8:

Beschlussempfehlungen