Protocol of the Session on April 22, 2010

Viertens stimmt es auch nicht, dass die Listenaufstellung nur ein Versorgungsakt ist. In der Regel erfolgt die Listenplatzierung nach Kompetenzbereichen, um später auch arbeitsfähige Fraktionen zu haben. Genau dieses Prinzip könnte mit Panaschieren und Kumulieren, die oft nach anderen Kriterien gehen, konterkariert werden.

Wir werden also Ihren Antrag im Ausschuss beraten, denken aber, dass man das Kumulieren und Panaschieren höchstens – höchstens! – für das Wahlrecht zu den Bezirksverordnetenversammlungen prüfen sollte. Ich glaube nicht, dass es sich als tragfähig erweist. – Danke!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Dr. Zotl! – Für die Grünen hat nunmehr der Kollege Lux das Wort. – Bitte schön, Herr Lux!

Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es stimmt: Momentan können die Wählerinnen und Wähler nur begrenzt wählen – in Berlin alle fünf Jahre, mit der Erststimme einen Wahlkampfkandidaten oder eine -kandidatin, mit der Zweitstimme eine Partei, die mit einer vorher bestimmten Liste von Wahlbewerberinnen und -bewerbern zur Abgeordnetenhauswahl antritt. Sie haben bei der Wahl keinen Einfluss darauf, welche Personen von der Parteiliste in das Parlament kommen; bestimmte Personen können nicht bevorzugt werden, die sie kennen und schätzen oder denen sie mangels Alternative den Vorzug geben würden. Das Vorschlagsrecht der Parteien ist mithin absolut, und vielleicht ist auch das ein Grund für ein bisschen Partei- und Demokratiemüdigkeit in diesem Land.

Das hat auch das Volksbegehren „Mehr Demokratie beim Wählen“ bemängelt und gefordert, dass die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger mehr Einfluss auf die konkrete Zusammensetzung des Parlaments haben sollen. Dieser Ansatz ist dem Grunde nach begrüßenswert. Es ist auch gut, dass wir auf Initiative der FDP dieses Volksbegehren „Mehr Demokratie beim Wählen“ hier besprechen und aufgreifen und nicht sagen „Schotten dicht – ihr habt 24 000 Unterschriften für den Papierkorb gesammelt“ und dass wir es auch nicht so machen wie der Innensenator, der sagt, das Volksbegehren sei unzulässig, und sich dafür zu Recht vor dem Verfassungsgerichtshof eine schallende Ohrfeige eingefangen hat.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Genauso wie „Mehr Demokratie“ stehen wir – Bündnis 90/Die Grünen – seit unserer Gründung für mehr demokratische Beteiligung, für mehr Transparenz und für

Dr. Peter-Rudolf Zotl

Parteien, die offen sind für Veränderungen und nicht die Pfründe für ihre eigene Klientel sichern, wie es heute immer noch passiert, für Parteien, die nicht in den Hinterzimmern Erbhöfe organisieren, die dem eigenen Spross den Zugang zu den Fleischbänken der Macht sichert, nur weil man lange genug Kreiskassierer war. Damals war das Motto der Alternativen Liste, die Losung für Demokratie und Umweltschutz: Diesmal wählen wir uns selbst.

Die AL war es auch, die das Parteiensystem im positiven Sinne durcheinandergebracht hat. Das bestehende Parteiensystem hat uns aber auch dazu gezwungen, uns innerhalb der Partei bestimmte Regeln zu geben. Hier kommen wir gewissermaßen in einen Zielkonflikt zu dem grundsätzlich ganz begrüßenswerten Ansatz, Personen einzeln bevorzugen zu können. Sie wissen, wir haben bei uns die Frauenquote. Ich behaupte: Keine parteiliche Quote war so erfolgreich wie die Frauenquote bei den Grünen.

[Beifall bei den Grünen – Zurufe bei der FDP]

Gucken Sie einmal in Ihre Reihen! – Diese Quote war erfolgreich. Das haben wir heute wieder einmal gesehen. Ich kann als junger Mann, der seit fast 15 Jahren dort Parteimitglied ist, nur sagen: Auch den jungen Männern tut diese Frauenquote ganz gut. – Mit Blick auf die FDPFraktion denke ich: Das Kumulieren und Panaschieren wäre für Ihre Reihen ein mögliches Korrektiv. Mehr Vielfalt tut Ihnen und allen immer gut. Vielleicht ist ja deswegen auch der Wunsch der Vater des Gedankens, und ich kann verstehen, wie die Liberalen dazu gekommen sind. Sie sehen: Wir sind hier auch als Fraktion recht unentschieden, weil wir den Grundsatz begrüßen, aber nicht die Frauenquote aushebeln wollen. Deswegen können wir uns zwar zunächst offen zu ihrem Vorschlag positionieren.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Felgentreu?

Immer!

Herr Dr. Felgentreu, bitte!

Verehrter Kollege Lux! Würden Sie mir zustimmen, dass Veränderung um der Veränderung willen noch keinen Vorteil bringt, Veränderung um der Verbesserung willen aber sehr wohl?

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Ich stimme Ihnen zu, aber die Qualität der Veränderung sollte doch ermöglichen, mehr Vielfalt möglich zu machen, das heißt, mindestens die Hälfte der Macht den Frauen und auch mehr Diversity, mehr Unterschiedlichkeit innerhalb von einzelnen Fraktionen – nicht nur junge Männer mit Krawatten, die denken, der Windhund sei der Schnellste und der Beste, und sich deswegen einen Platz in der FDP ergattern müssen.

[Beifall bei den Grünen und der SPD – Zurufe]

Ich stehe doch, mit Verlaub, hier am Rednerpult, kann einen Blick werfen und relativ schnell erkennen, welche Typen von Menschen sich in welchen Fraktionen sammeln.

[Zurufe]

Das ist kein Vorurteil; das sind einfach äußere Merkmale, und da kann man sich schon mehr Vielfalt wünschen, und das tun wir hier gemeinsam auch zu Recht. Insofern freue ich mich auf eine offene Debatte, und ich sichere, der Freundschaft halber, aber auch zu, dass meine Fraktion nicht von vorneherein sagt: „Nein, diesen Vorschlag wollen wir nicht!“ Wir diskutieren ihn gern offen und sagen nicht, das sei alles Quatsch und die Wählerinnen und Wähler seien nicht vernünftig genug, das einzuschätzen. Insofern können wir die Debatte gerne weiterführen. – Danke!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Lux! – Wir haben eine Kurzintervention. Das ist die zweite.– Bitte, Herr Jotzo!

[Zurufe]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Lux! Ich habe den Eindruck: So vorurteilsbeladen, wie die grüne Fraktion hier auftritt, hat die Quote bisher offensichtlich nicht viel genützt.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Wir kumulieren und panaschieren gleich!]

Aber ungeachtet dessen freuen wir uns über Ihren konstruktiven Ansatz und auf eine schöne und angenehme Ausschussberatung. Vielleicht kann dieser konstruktive Ansatz auch die Linke dazu bringen, über die Frage der kommunalen Würdigung von Kumulieren und Panaschieren noch einmal nachzudenken.

[Martina Michels (Linksfraktion): Das entscheidet sich intelligent!]

Insofern bin ich Ihnen, Herr Lux, für Ihre Bemerkungen sehr dankbar.

[Beifall bei der FDP]

Benedikt Lux

Herr Kollege Lux möchte nicht replizieren. Das erleichtert die Sache.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzesantrages auf Drucksache 3138 federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung sowie mitberatend an den Rechtsausschuss, wozu ich Widerspruch nicht höre. Dann wird so verfahren.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 10:

Nachwahl

Ein Mitglied des Medienrates der Medienanstalt Berlin-Brandenburg

Wahlvorlage Drs 16/1857 alt

Gemäß § 10 Abs. 1 des Medienstaatsvertrags BerlinBrandenburg werden je drei Mitglieder des Medienrats vom Brandenburger Landtag und vom Abgeordnetenhaus von Berlin jeweils mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl gewählt. Nach Absatz 2 soll innerhalb von drei Monaten ein Nachfolger für die verbleibende Amtszeit gewählt werden, wenn ein Mitglied des Medienrats vorzeitig ausscheidet.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schlägt für das ausgeschiedene Mitglied Herrn Dr. Lutz Hachmeister nunmehr Herrn Markus Beckedahl vor, den ich auf der Zuschauertribüne ein bisschen einsam sehe, aber herzlich begrüße.

[Beifall]

Herzlich willkommen! – Wer Herrn Beckedahl als Mitglied des Medienrats der Medienanstalt BerlinBrandenburg zu wählen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Danke schön! Die Gegenstimmen! – Keine Gegenstimmen. – Enthaltungen?

[Andreas Gram (CDU): So eine Mehrheit hätte ich auch gerne einmal!]

Dann stelle ich fest, dass erstens die Stimmabgabe einstimmig war und zweitens auch das Quorum von zwei Dritteln des Hauses, nämlich 100, erreicht worden ist. – Herzlichen Glückwunsch zur Wahl, Herr Kollege Beckedahl! Auf gute Zusammenarbeit!

[Beifall]

Die lfd. Nrn. 11 bis 16 stehen auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 17 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter dem Tagesordnungspunkt 4.1. Die lfd. Nrn. 18 bis 24 stehen auf der Konsensliste.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 25: