Protocol of the Session on March 25, 2010

1918: Ende des I. Weltkrieges – die Monarchie wird abgeschafft. Der 1. Reichsrätekongress tagt im Abgeordnetenhaus und stellt die Weichen für die parlamentarische Demokratie.

1918/1919: Ausrufung der Gründung der KPD, Karl Liebknecht agitiert auf dem Balkon.

1920: das Groß-Berlin-Gesetz, die Zusammenführung der acht Städte zur Stadt Berlin

1932: Der Festsaal wird Sitzungssaal der NSDAP. Wenig bekannt ist, dass der Volksgerichtshof in diesem Hause bis Kriegsbeginn seine frühen Urteile gefällt hat. Das ist das traurigste Kapitel in diesem Hause.

1950-1953: Regierungssitz der Regierung der ersten DDR-Regierung unter Ministerpräsident Grotewohl, übrigens in Ihrem Sitzungssaal, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU! – Möchten Sie dort auch eine Gedenktafel?

Das ist nur eine kleine Auswahl der wichtigen historischen Ereignisse in diesem Hause. Es gab in diesem Haus so viele wichtige historische Ereignisse, dass die gesamte Vorderfront mit Gedenktafeln zugepflastert werden könnte. Diese gesamte Geschichte des Hauses wird auch durch ständig stattfindende Führungen im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger gehalten.

Merkwürdig finde ich, dass es Ihnen als Vizepräsident, sehr geehrter Herr Dr. Lehmann-Brauns, nicht möglich war herauszufinden, dass sich einiges verändern wird, und zwar positiv. Wir haben mit dem Präsidenten gesprochen und erfahren, dass die Ausstellung im Foyer demnächst überarbeitet wird und dass auf unsere Anregung hin geprüft wird, wo auf dem Vorplatz des Abgeordnetenhauses eine Stele aufgestellt werden kann, die eine kurze geschichtliche Dokumentation aller wichtigen Ereignisse in diesem Haus enthält. Wir haben erfahren, dass ein Buch erarbeitet wird, das ausführliche Informationen über die politische Geschichte des Hauses enthält, und eine Broschüre über Ernst Heilmann und Bernhard Letterhaus verlegt wird.

Wir glauben, dass Ihr Antrag darauf zielt, vergangenes politisches Geschehen für Ihre heutige Politik zu instrumentalisieren und in Ihrem Sinne zu interpretieren. Das haben wir durchschaut. Wir finden, alles ist ausreichend und informativ für die Besucher dieses Hauses dokumentiert, und lehnen darum Ihren Antrag noch einmal ab.

Die Geburtsstunde einer demokratischen Gesellschaft zu würdigen, sollte für jedes Parlament eine Selbstverständlichkeit sein.

Mehr als eine Selbstverständlichkeit, nämlich eine Verpflichtung, ist es für ein deutsches Parlament. Verlief doch die Entwicklung der Deutschen zu einem Staat, zu einer Gesellschaft und letztlich zu einer Demokratie alles andere als gradlinig.

Umso wichtiger war die Gründung einer Republik. Und die Tatsache, dass diese republikanische Phase durch eine Phase des Totalitarismus abgelöst wurde, der Bürgerrechte negierte und Krieg und Vernichtung brachte, wirft zwar einen Schatten auf die erste Republik der Deutschen, entwertet das Modell Weimarer Republik aber nicht. Im Gegenteil, dieses Modell kann gar nicht hoch genug geschätzt werden: Ohne die Leistung der damaligen Verfassung wäre unser Grundgesetz und damit das heutige, republikanische und wiedervereinigte Deutschland nicht denkbar.

Historisches Bewusstsein kann also nur heißen, sich dieses republikanischen Versuchs ehrend zu erinnern, vor allem an diesem Ort in Berlin. Denn dieses Haus, der Preußische Landtag, war ein Haus für Repräsentanten eines Ständestaates, der monarchistisch war und republikanische Tugenden nicht schätzte. Von symbolischer Bedeutung ist es, dass just in diesem Hause die republikanischen Tugenden sich ihre Staatsform bahnten – gegen die überwundene Monarchie der Vergangenheit ebenso Stellung nehmend wie gegen die revolutionären Heilsversprechen des Rätesystems.

Stattdessen wurde eine verfassunggebende Nationalversammlung einberufen, die den geistigen Boden der deutschen Demokratie schuf, auf dem wir uns heute alle be

wegen. Die erste Nationalversammlung, das Paulskirchenparlament, hatte 70 Jahre zuvor den ersten Schritt in diese Richtung getan. Doch erst nach 1918 gelang es, einen demokratischen Staat zu formen.

Es ist deshalb richtig, eine Texttafel an prominenter Stelle des Abgeordnetenhauses anzubringen, mit der auf dieses Ereignis des 21. Dezembers 1918 und seine Bedeutung für alle Bürgerinnen und Bürger dieses Staates hingewiesen wird.

Wir Liberale stimmen deshalb dem Antrag zu, auch wenn wir – ich habe das eben ausgeführt – den historischen Bogen etwas weiter spannen als unsere konservativen Freunde von der CDU.

Es ist Pflicht eines Parlamentes, sich seiner geistigen Wurzeln zu erinnern. Es ist eine Verpflichtung, diese historischen Grundlagen zu vermitteln. Totalitarismus jeglicher Couleur ist deutsche Geschichte. Das wird auf der gegenüberliegenden Straßenseite eindrucksvoll gezeigt.

Doch hier, in diesem Hause, ist es notwendig, auch die Sternstunden dieser Geschichte zu würdigen: Und die hier, im Preußischen Landtag, mit Mehrheit gefällte Entscheidung vom Dezember 1918 ist eine solche Sternstunde.

Der Fachausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen – die Ablehnung des Antrags Drucksache 16/2174. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmen zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen, die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – Dagegen sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich? – Keine Enthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Die lfd. Nrn. 13 und 14 stehen auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 15 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter dem Tagesordnungspunkt 4 b. Die lfd. Nrn. 16 und 19 stehen auf der Konsensliste.

Jetzt kommen wir zu

lfd. Nr. 20:

Beschlussempfehlung

Auftragserteilung nach dem Prinzip „Man kennt sich eben“ endlich beenden, Vergabepraxis der landeseigenen Unternehmen konsequent überprüfen!

Beschlussempfehlung Haupt Drs 16/3038 Antrag der FDP Drs 16/2994

Eine Beratung ist nicht vorgesehen.

Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen – die Ablehnung des

Antrags Drucksache 16/2994. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Dagegen sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich? – Keine Enthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Die lfd. Nrn. 21 bis 23 stehen auf der Konsensliste.

Wir kommen jetzt zu

lfd. Nr. 24:

Beschlussempfehlung

Mehr Berlin in Europa – mehr Europa in Berlin (V): Intensivierung der Zusammenarbeit Berlins mit der Republik Serbien

Beschlussempfehlung EuroBundMedienBerlBra Drs 16/3047 Antrag der FDP Drs 16/2836

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion, die FDP. Die anderen Fraktionen habe auf ihr Rederecht verzichtet. – Herr Dragowski! Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Internationalität Berlins spiegelt sich nicht nur bei der Berliner Bevölkerung wider, sondern auch bei der Zusammenarbeit mit Städten und Regionen in Europa und weltweit. Der internationale und vor allem auch europäische Austausch von Interessen, Ideen und Personal fördert das kulturelle Verständnis, die Toleranz und nicht zuletzt die europäische Integration.

[Beifall bei der FDP]

Berlin hat aufgrund seiner Lage in Mittelosteuropa ein geografischen Vorteil und einen weiteren Vorteil aufgrund der Vielfalt der Einwohnerinnen und Einwohner Berlins, um sich mit anderen Städten und Regionen besser vernetzen zu können.

Die FDP will, dass Berlin die Zusammenarbeit mit Serbien intensiviert. Wir wollen den engen Schulterschluss mit den Ländern Südosteuropas und somit auch mit Serbien suchen. Der bilaterale Annäherungsprozess Serbiens und Deutschlands ist uns sehr wichtig, und er muss aktiv gefördert werden, auch und gerade durch die Kommunen und Regionen Europas – Frau Kollegin Michels und Herr Kollege Krug!

Deshalb fordern wir einen weiteren Ausbau der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen, des Schüler- und Jugendaustauschs, der beruflichen Bildung, der Verwaltungszusammenarbeit, der Zusammenarbeit im Bereich Wissenschaft und Forschung und der Vermittlung deutscher Sprache in Serbien. Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sind vielfältig.

[Beifall bei der FDP]

Wir wollen bei der Zusammenarbeit die serbischstämmigen Berlinerinnen und Berliner ebenso einbinden wie die Interessenverbände der serbischstämmigen Bevölkerung. Länder wie Bayern und Baden-Württemberg sind bei der Zusammenarbeit mit Serbien wesentlich weiter. Für das Land Berlin liegt es im ureigensten Interesse, hier nachzuziehen und nicht den Anschluss zu verlieren. Wie wir zusammenarbeiten, ob in Form von Städte- und Regionalpartnerschaften, in Form einer gemeinsamen Regierungskommission wie in Baden-Württemberg, haben wir in unserem Antrag bewusst nicht vorweggenommen. Nicht das Instrument ist entscheidend, sondern dass die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Serbien intensiv vorangetrieben wird. Vor allem ist entscheidend, dass wir als Land Berlin unserer Verantwortung in Europa gerecht werden und den kommunalen und regionalen Austausch nach Kräften fördern. So viel zu unserem Antrag.

Kommen wir nun zur Antragsdiskussion im Europaausschuss. Der Kollege Zimmermann hat sich insoweit positioniert, dass er sagte, die Beziehung zu Serbien sei Sache des Bundes. – Herr Kollege Zimmermann! Ihre Schlüsselworte in der Antragsberatung waren: Genscher und Milošević. Wer zu solchen Namen greifen muss, um über die Beziehung Berlins zu Serbien zu diskutieren, dem ist nicht mehr zu helfen!

[Beifall bei der FDP]

Ich würde auch gerne Sie, Frau Kollegin Michels von den Linken, zitieren, jedoch haben Sie sich an der Ausschussdiskussion gar nicht beteiligt.

[Martina Michels (Linksfraktion): Weil es peinlich war!]

Anstatt sich der Verantwortung als Region und Kommune in Europa zu stellen und für die Zusammenarbeit Berlins und Serbiens zu stimmen, haben Sie dagegen gestimmt, indem Sie mit einem Ersetzungsantrag unseren Antrag und unsere Antragsziele vernichtet haben. Sie, von der SPD und den Linken, verweigern sich Ihrer Verantwortung und wollen keine Zusammenarbeit Berlins mit Serbien. Sie fordern mit Ihrem Ersetzungsantrag vielmehr den Senat auf,

die Bundesregierung aufzufordern, eine Strategie zur Intensivierung der Beziehung Deutschlands zu Serbien zu entwickeln.

Herr Kollege Zimmermann! Frau Kollegin Michels! Während Sie eine Strategie der Bundesregierung einfordern, handelt unsere Bundesregierung.

[Gelächter bei der Linksfraktion]

Bereits im November, kurz nach der Übernahme des Amtes, hat sich in Berlin Bundesaußenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle