Protocol of the Session on February 25, 2010

[Gelächter von Benedikt Lux (Grüne)]

bis hin zur Installation des entsprechenden Ausschusses, der in der Bundesrepublik übrigens seinesgleichen sucht.

Gestatten Sie – –

Ich gestatte gar keine Zwischenfragen. – Wir beteiligen uns aber nicht an Vorverurteilungen, plumpen Behauptungen, Skandalisierungen jeder Art ohne vorliegende Beweise für Verfehlungen. Erst Aufklärung, dann Schlussfolgerungen, dann Konsequenzen! Nur so kann ein rechtsstaatliches Verständnis für öffentliche Unternehmen wie beteiligte Personen funktionieren.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Zurufe von den Grünen]

Die städtischen Wohnungsgesellschaften sind keine Verwaltungseinheiten. Sie sind aus gutem Grund Unternehmen. Als solche sind sie öffentliche Auftraggeber. Daran besteht und bestand kein Zweifel.

[Zuruf von Dirk Behrendt (Grüne)]

Sie unterliegen als Unternehmen den Vorgaben des Gesetzes gegen die Wettbewerbsbeschränkungen. Und als öffentliche Auftraggeber vergeben sie öffentliche Aufträge nach den Vorgaben u. a. des Gesetzes – §§ 98, 99 GWB. Wenn es in der Vergangenheit diesbezüglich Irritationen gegeben haben sollte, so ist das spätestens seit 2003 und dem damaligen Kammergerichtsurteil bezüglich der Messe Berlin ein für allemal geklärt. Somit ist auch die HOWOGE öffentlicher Auftraggeber und unterliegt nicht nur dem GWB, sondern auch allen anderen Richtlinien und Gesetzen des Vergaberechts. Diese zielen auf drei Grundsätze, nämlich Rechtssicherheit, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit. Daran gibt es keinen Zweifel. Diese Kriterien einzuhalten und nicht zu diskutierenden Schwellenwerte sind nach der Gesetzeslage auch geklärt, nämlich bei Leistungen gilt die Schwellengrenze 193 000 Euro, bei Bauaufträgen 4,845 Millionen Euro. Alles was darüberliegt, muss europaweit ausgeschrieben werden. Alles was darunterliegt, eben nicht! Ausnahmen für das K-II-Programm lasse ich jetzt mal unberücksichtigt. Aber auch die unter den Schwellengrenzen liegenden Aufträge werden nach bestimmten Regeln vergeben. Auch dort gilt allerdings, dass die Wohnungsunternehmen keine Verwaltungseinheiten sind und in diesem Sinne nicht § 55 LHO anwenden.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Aber sie sind den Beteiligungsrichtlinien des Landes Berlin unterworfen, und da steht eindeutig – ich zitiere –:

Aufträge sind grundsätzlich auszuschreiben bzw. erst nach Einholung mehrerer Angebote zu vergeben. Nur solche Auftragnehmer sind auszuwählen, die das wirtschaftlichste Angebot abgegeben haben und ihre Leistungsfähigkeit sowie Zuverlässigkeit nachweisen können.

Es gilt also auch für die unterschwelligen Auftragsvergaben Transparenz dahin gehend, dass aus mehreren Angeboten ausgewählt werden muss. Nicht die Direktvergabe an sich ist zu verurteilen, wie es die Opposition dar

zustellen versucht, sondern die Direktvergabe ohne Vergleichsangebote und ohne andere Marktkenntnis.

[Zurufe von den Grünen]

Es reicht eben nicht, dass man sich kennt. Derjenige, der den Auftrag erhält, muss auch den Nachweis des wirtschaftlich Besten erbringen.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen sind ihrerseits verpflichtet, den Nachweis zu erbringen, dass sie sich an die Regeln dieses Vergaberechts halten. Und das geschieht üblicherweise im Zuge der jährlichen Wirtschaftsprüfung, die durch den Aufsichtsrat zur Kenntnis zu nehmen ist, bevor der Jahresabschluss bestätigt wird.

[Zuruf von Alice Ströver (Grüne)]

Diese Verantwortung der Unternehmen außer Kraft zu setzen, haben wir als Koalition nicht vor. Wer Verantwortung trägt, solle dafür auch geradestehen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Wir haben als Koalition auch in den vergangenen Jahren an Verbesserungen in dieser Hinsicht gearbeitet, indem wir z. B. detaillierte Vorgaben zum Corporate Governance Kodex durchgesetzt haben oder auch die Pflicht, die beauftragten Wirtschaftsprüfer nach relativ kurzer Zeit zu wechseln, um auch in dieser Beziehung gar keine Interessenkonflikte aufkommen zu lassen. Und dass der Aufsichtsrat der HOWOGE bei Bekanntwerden der Vorwürfe schnell und durchgreifend gehandelt hat, ist eben auch mit zu bedenken, wenn man darüber redet.

[Zuruf von Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne)]

Und diese Sonderprüfung rückwirkend für fünf Jahre ist eine solche Maßnahme zur schnellen Aufarbeitung.

[Gelächter von Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne)]

Aber bis zur Vorlage dieser Sonderprüfung gilt die Unschuldsvermutung. Wir warten auf die Ergebnisse der Sonderprüfung und werden sie dann in den entsprechenden Gremien besprechen und beraten, nicht in fünf bis zehn Jahren, wie es die FDP unterstellt, sondern zeitnah.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Zu prüfen ist nicht, ob eine Firma X bevorzugt wurde, sondern ob die Auftragsvergabe insgesamt rechtmäßig war, egal an welche Firma.

Nun zum Lobbyismus: Wir sind in Berlin ein Halbtagsparlament, das heißt, die berufliche Tätigkeit neben der eines Abgeordneten ist ausdrücklich gegeben. Wir haben in dieser Beziehung wenige Transparenzregeln, die möglicherweise nicht ausreichen, wenn man sie z. B. mit amerikanischen Regeln der Lobbykontrolle vergleicht. Unzweifelhaft gibt es eine gewisse Grauzone, wo direkte Interessenkollisionen zwar vermutet, in den wenigsten Fällen aber nachgewiesen werden. Ob Rechtsanwälte an Gesetzesvorlagen mitarbeiten in Rechtsgebieten, in denen sie Mandanten vertreten, ob Eventmanager an der Initiie

rung von Veranstaltungen zu bestimmten Themenkreisen mitwirken, ob Anträge, die die Bevorzugung oder Verwendung bestimmter technischer Anlagen oder so was Profanem wie Parkscheinautomaten unterstützen, von Abgeordneten eingebracht werden, die in ihrem beruflichen Umfeld mit dieser Technik in besonderer Weise verbunden sind, sind Beispiele für mögliche Interessenkollisionen.

[Dirk Behrendt (Grüne): Namen! – Zuruf von den Grünen: Wen meinen Sie denn?]

Verwerflich ist allerdings auch – und das ist nun nachgewiesen –, sich für eine Senkung der Mehrwertsteuer fürs Hotelgewerbe einzusetzen, wenn man vorher eine Parteispende aus diesem Bereich bekommen hat.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Oh! bei der FDP – Zuruf von Christoph Meyer (FDP)]

Jeder Abgeordnete und jede Fraktion hat über die gesetzlichen Vorgaben hinaus eine hohe Sensibilität an den Tag zu legen, um solchen Kollisionen zu entgehen. Bis jetzt habe ich aber noch keine Rufe der Opposition gehört, dass die berufliche Tätigkeit von Abgeordneten einzustellen wäre, denn das hätte Konsequenzen für das Funktionieren dieses Hauses.

[Zurufe von den Grünen]

Ich finde es aber schon mehr als geschmäcklerisch, wenn Abgeordnete wie z. B. der Kollege Hillenberg rumrennen und Gesetzes- oder Richtlinienveränderungen in Aussicht stellen, wenn sie selbst oder ihr berufliches Umfeld zu den Nutznießern dieser Veränderungen gehören könnten.

[Beifall bei der Linksfraktion, der CDU, den Grünen und der FDP]

Aber dumm und töricht ist es, wenn ein landeseigenes Unternehmen diese von einzelnen gewünschten Veränderungen als gesetzt und beschlossen annehmen und ihr Handeln danach ausrichten. Es hat über die Sonderregelungen für das K-II-Programm hinaus keine Absicht der Koalition zur Aufweichung der Vergaberegelungen gegeben. Punkt und basta!

[Beifall bei der Linksfraktion]

Es hat auch keine Initiative der Koalition gegeben, die 2006 beschlossene wohnungspolitische Strategie zu verändern, die heißt: Konzentration auf das Kerngeschäft bei den Wohnungsunternehmen. Die Wohnungsgesellschaften sollen Wohnungen bewirtschaften, und zwar gut und mieterfreundlich und auch wirtschaftlich, und darüber hinaus etwas für die Verbesserung von Stadtquartieren tun. Sie sollen nicht Entwicklungsträger für Einkaufsstandorte und auch nicht Generalübernehmer für Bauvorhaben jeglicher Art sein. Das haben wir so beschlossen, und daran halten wir fest.

Lassen Sie uns die Ergebnisse der Sonderprüfung abwarten und sie dann und dort diskutieren, wo sie diskutiert werden müssen!

[Zuruf von Heidi Kosche (Grüne)]

Lassen Sie uns die Zeit bis dahin nutzen, vielleicht fraktionsübergreifend darüber nachzudenken, ob es nicht an der Zeit ist, einen Verhaltenskodex für Abgeordnete des Berliner Parlaments zu konkretisieren! – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat der Kollege Otto.

Sehr geehrte Frau Kollegin Matuschek! Wir wollen auch gern den Zwischenbericht bzw. den Abschlussbericht über die Untersuchung der Vergabepraxis der HOWOGE haben. Aber wann kommt er?

[Jutta Matuschek (Linksfraktion): Bald!]

Vor drei Wochen hat der Aufsichtsrat getagt und hat ein Wirtschaftsprüfungsbüro beauftragt, die letzten fünf Jahre – wie wir gestern im Hauptausschuss erfahren haben – zu prüfen. Drei Wochen dauert es, bis man überhaupt eine erste Information bekommt. Das ist einfach zu lange. Sie spannen nicht nur uns auf die Folter, sondern auch die Öffentlichkeit. Die Öffentlichkeit hat ein großes Interesse und auch ein Recht darauf zu erfahren, was passiert ist.

Innerhalb von drei Wochen könnte man herausfinden, dass alles in Ordnung ist. Man könnte auch innerhalb von drei Wochen herausfinden, in den 20, 30 Fällen haben wir bereits Erkenntnisse. Aber dies muss hier auf den Tisch. Wir wollen das hier wissen. Hier ist das Parlament!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Die landeseigenen Unternehmen – darum geht es hier im Kern – sind erhebliche Vermögenswerte des Landes Berlin, und die verschiedenen Senatsverwaltungen – unter der Leitung von Frau Junge-Reyer und Herrn Nußbaum – nehmen für uns die Gesellschafterfunktion, die Kontrolle und Begleitung durch Mandate in den Aufsichträten wahr. Es ist ein Skandal, wie sie diese Verantwortung wahrnehmen oder eben nicht wahrnehmen, was der aktuelle Fall belegt.

[Beifall bei den Grünen]