Protocol of the Session on February 25, 2010

[Benedikt Lux (Grüne): Ist die beleidigt, oder was?]

Nein, sie ist nicht beleidigt. Das ist einfach bloß kein guter Stil. Man kann ja darüber reden, ob man jetzt über die Presse kommuniziert. Das ist bisher nicht passiert zwischen Berlin und Brandenburg. Da haben die Justizminister sich zusammengesetzt und miteinander gesprochen. Das soll auch zukünftig so sein. Und es ist so, das hat die Justizsenatorin mir auf eine Kleine Anfrage mitgeteilt:

Vor dem über die Medien verbreiteten Vorschlag des Kollegen Dr. Schöneburg gab es kein derartiges Angebot, Berliner Gefangene in Brandenburg unterzubringen.

Ich erwarte tatsächlich, wenn wir ernsthaft darüber reden wollen, dass derjenige, der diesen Vorschlag macht, sich auch an den wendet, den es betrifft. Und das ist in diesem Fall die Justizsenatorin.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Im Übrigen, lieber Kollege Lux, im Februar dieses Jahres – das wissen Sie möglicherweise, Sie kennen sich ja auch in Brandenburg aus, Brandenburg ist heute viel zitiert worden – – Es gibt dort lediglich 250 freie Haftplätze für den geschlossenen Männervollzug. Wir brauchen aber 650 Haftplätze. Da zeigt schon die einfache Subtraktion, dass dies nicht funktioniert.

Zu der juristischen Argumentation des Kammergerichts: Das Kammergericht hat in dem Urteil, das der Kollege Behrendt angesprochen hat – sich gerade heraussucht, 21 Seiten sind das, lieber Kollege Behrendt, das habe ich ebenfalls gerade da –, erklärt, dass die Unterbringung nur im Speckgürtel zulässig ist. Wir alle sind uns einig, dass die Justizvollzugsanstalt zum Beispiel in Guben nicht im Speckgürtel ist. Der Brandenburger Kollege hat die Intention, die Gefangenen höchstwahrscheinlich in Guben unterzubringen. Da komme ich mal auf den Spatenstich,

den wir letztes Jahr in Heidering hatten. Da hat der Kollege Behrendt sich noch darüber beschwert, wie schwer die Anstalt Heidering zu erreichen ist. Nun frage ich mich, wie wollen Sie es dann machen, wenn die Anstalt in Guben, Neuruppin oder Wriezen ist? Da kommt man noch schlechter hin. Das, lieber Kollege Behrendt, ist schizophren.

Die heutige Diskussion zeigt: Ihre Überschrift des Antrags „Nutzungsmöglichkeiten von Brandenburger Gefängnissen ernsthaft prüfen“ ist selbstverständlich und wird von uns umgesetzt. Wir werden es im Ausschuss diskutieren. Dazu erwarte ich aber auch die bessere Kooperation und Kommunikation aus Brandenburg.

[Benedikt Lux (Grüne): Beleidigt!]

Trotzdem gilt: Trotz der Zusammenarbeit mit Brandenburg ist beim Vollzug der Neubau der Justizvollzugsanstalt im Heidering alternativlos.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Rissmann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber – ich darf hinzufügen –, geschätzter Kollege Behrendt! Ich habe eine harte, aber ehrliche Nachricht oder Mitteilung. Ich habe gerade versucht, das Plenum zu beobachten. Es hat mit Ausnahme des Kollegen Lux keiner mehr zugehört. Das liegt daran, verehrter Kollege Behrendt, dass wir dieses Thema in der Tat schon erschöpfend diskutiert haben und es auch nicht besser, interessanter oder neuwertig wird, wenn man es immer wieder, versteckt in anderen Formulierungen, auf die Tagesordnung hebt. Na gut, also heute mal wieder Heidering. Ich kann mich deshalb in der Tat kurz fassen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Behrendt?

Bitte, Herr Kollege Behrendt!

Herr Kollege Rissmann! Ich möchte jetzt nicht aufmachen, zu welchen Themen Ihre Fraktion uns in den letzten Jahren des Häufigeren hier erfreut hat. Aber die Frage: Stimmen Sie mir denn zu, dass es durchaus sinnvoll ist,. über das größte Infrastrukturvorhaben des Landes Berlin neben dem Flughafen BBI so lange zu sprechen, bis wirklich alle Alternativen und alle Fragen hinreichend geklärt sind, und das Angebot aus Brandenburg ja noch sehr neu

ist und deswegen eine neue Tatsache vorliegt, über die es wert ist zu reden?

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Lieber Kollege Behrendt! Ich darf Ihre Frage erstens damit beantworten: Der Unterschied ist, wenn wir Themen einbringen, über die nach Ihrer Meinung schon ausreichend gesprochen wurde, hört wenigstens meine eigene Fraktion zu, wenn ich dazu rede.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Alice Ströver (Grüne): Sie beleidigen mich!]

Ich gebe Ihnen recht, dass man selbstverständlich bei einem Projekt, das ein so großes Volumen hat, etwa 120 Millionen Euro, immer darüber sprechen muss. Das können wir im Rechtsausschuss auch alle zwei Wochen gern tun. Da werden Sie immer meine Offenheit erleben und die Offenheit meiner Fraktion, dieses Projekt auch kritisch zu begleiten. Allerdings ist es doch nicht immer nötig, hier neue Anträge einzubringen.

[Benedikt Lux (Grüne): In Hamburg läuft das besser!]

Lieber Kollege Lux! Ich sage jetzt etwas Gutes zu den Grünen; ein gutes Wort zu Ihrem Antrag. Ich darf kurz mit Erlaubnis des Präsidenten den Absatz 1 Ihrer Begründung zitieren.

Der Versuch des Baus einer neuen Berliner Justizvollzugsanstalt in Großbeeren (Brandenburg) ist seit Jahren eine Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen. Nicht nur, dass der Baukostenrahmen von ursprünglich 85 Millionen Euro auf inzwischen exorbitante 118,5 Millionen Euro gestiegen ist, auch der Baubeginn verzögert sich immer wieder. Waren zunächst Altlasten im Boden schuld an der Verzögerung, sind die Bauarbeiten nunmehr wegen eines Rechtsstreits um eine Ausschreibung gestoppt.

Da haben die Grünen vollkommen recht.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das muss man auch sagen, wenn man über Heidering spricht. Die – neudeutsch gesagt – Performance von RotRot hier in Berlin ist einfach nur peinlich. Kurzer Satz nur: Wir bekamen mit, dass die Vergabekammer entschieden hat; die Senatsverwaltung, also Frau von der Aue, hat immer noch gesagt: Kein Problem, wir werden den Zeitplan einhalten. Die Senatorin für Stadtentwicklung, Frau Junge-Reyer, hatte zwischenzeitlich schon gesagt: Nein, schaffen wir nicht mehr. Das ist einfach nur peinlich, darüber müssen wir gar nicht reden, da haben Sie recht.

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Es geht im Übrigen noch weiter. Ein weiteres Musterbeispiel rot-roter länderübergreifender Zusammenarbeit ist doch das Thema Heidering auch. Der jetzt dunkelrote Justizminister in Bandenburg macht ein Angebot zur

Nutzung von Brandenburger Haftraumkapazitäten für Berliner Strafgefangene an seine hellrote Berliner Amtskollegin. Und diese teilt mit, dass sie kein greifbares offizielles Angebot habe und dass das alles sowieso nicht gehe. Das ist eine ganz tolle fachpolitische länderübergreifende Zusammenarbeit zwischen Brüdern und Schwestern im Geiste, ganz toll.

Was stört aber an dem Antrag der Grünen? – Es geht Ihnen offenbar nicht um das ernsthafte Prüfen, sondern es geht Ihnen im Ergebnis, lieber Herr Behrendt, Sie lächeln bestätigend, um das Verhindern von Heidering. Und das nämlich jetzt auch durch die kalte Küche, da Sie im letzten Absatz Ihres Antrags schreiben, sie wollten das geprüft haben als ernsthafte Alternative zum Gefängnisneubau in Großbeeren. Zu dem haben Sie heute auch eine diesbezügliche PE abgegeben. Na ja, liegt vielleicht doch ein bisschen nah beieinander.

[Beifall bei der CDU]

Ich sage „durch die kalte Küche abschaffen“ deshalb, weil wir die grundsätzliche Frage der Notwendigkeit des Neubaus dieser Haftanstalt auf und ab diskutiert haben, über viele Jahre hinweg, und vier von fünf Fraktionen in diesem Hause dafür sind. Darum, lieber Herr Behrendt, dürfen Sie in diesem Zusammenhang bitte nicht lobenswertes, nachhaltiges Kämpfen um eine eigene Position und die eigene Unfähigkeit, zu erkennen, dass man sich mit seiner Position nicht durchsetzen konnte, verwechseln. Jedenfalls gilt die Aufforderung, dass man ernsthaft eine Zusammenarbeit mit Brandenburg in puncto Nutzung von Haftraumkapazitäten in Angriff nehmen muss, solange wir Heidering nicht haben. Ich wiederhole meine Forderung, dass Berliner Strafgefangene mit ihrem Einverständnis so lange in Brandenburger Anstalten untergebracht werden sollen, bis im Berliner Vollzug ein in Gänze recht- und verfassungsmäßiger Strafvollzug gewährleistet werden kann. Dass die Senatorin dazu schweigt, ist in der Tat – Herr Behrendt, da haben Sie recht – unverständlich und nicht nachvollziehbar.

Meine Fraktion steht weiterhin zu Heidering. Das Projekt ist notwendig und alternativlos. Natürlich sollen und müssen wir im Rechtsausschuss auf das Angebot des Brandenburger Justizministers Bezug nehmen und uns informieren. Natürlich soll es dort eine anständige rechtliche, tatsächliche, finanzielle Prüfung geben, allein schon deshalb, damit Rot-Rot sich nicht in ein oder zwei Jahren rausreden kann, wenn die Mauern von Heidering schon stehen, 50 Millionen Euro ausgegeben worden sind und man dann sagt: Wir lassen es lieber doch sein, weil wir eine kostengünstigere Alternative hätten. Ich glaube das allerdings nicht. Ich glaube nicht, dass es eine ernsthafte, rechtlich zulässige, wirklich praktikable und kostengünstigere Alternative sein kann. Lassen Sie uns darüber im Rechtsausschuss auf Grundlage einer ordentlichen Prüfung reden. Ich habe dann nämlich die Hoffnung, lieber Kollege Behrendt, dass Sie dann vielleicht auch mal ein Einsehen haben werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Frank Henkel (CDU): Bravo!]

Vielen Dank, Herr Kollege Rissmann! – Das Wort für die Linksfraktion hat Frau Dott!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem hat Herr Rissmann recht,

[Andreas Gram (CDU): In allem! Immer!]

es ist Jahr für Jahr um dieses Thema gestritten worden, und wir haben zu denen gehört, die sich wirklich sehr mühsam dazu bekannt haben, am Ende einer neuen Justizanstalt in Großbeeren zuzustimmen, und zwar aus guten Gründen. Es geht vor allem inhaltlich darum, dass den Gefangenen die Bedingungen, unter denen sie zum Teil hier in Berlin inhaftiert sind, nicht mehr zuzumuten sind. Vor allem deshalb haben wir dem Neubau zugestimmt.

Sie haben mit der Formulierung der Überschrift „Nutzungsmöglichkeiten von Brandenburger Gefängnissen ernsthaft prüfen“ durchaus recht. Aber erst einmal ist das ein Aufruf an die Brandenburger selbst, denn bisher ist nur über die Presse kommuniziert worden. Wenn Sie davon ausgehen, dass Frau von der Aue nicht redebereit sei, so liegt auch uns als Fraktion kein Angebot vor. Wir wissen nicht, was Brandenburg tatsächlich an Kapazitäten frei hat. Natürlich können wir alle die Zahlen lesen. Aber auch Sie wissen, dass es nicht allein darauf ankommt, einen Inhaftierten auf einen freien Platz zu verlegen, sondern dass eine Menge rechtlicher Dinge zu klären sind, dass gefragt werden muss, wer was bezahlt, welche Bediensteten wofür zuständig sind und was mit den Sozialkontakten ist. Es ist nicht so einfach. Es muss in jedem Fall von Brandenburg zunächst geprüft werden, was sie überhaupt für Kapazitäten haben und was unter Umständen für uns zur Verfügung steht. Das alles ist noch gar nicht geschehen. Ich kann meine eigenen Leute in Brandenburg davon nicht ausnehmen. Es ist sicher kein guter Stil, dass man über Zeitungen kommuniziert, sondern man spricht miteinander. Das aber hat bislang nicht stattgefunden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Behrendt?

Nein! Was Herr Behrendt sagen will, kann ich mir denken. Wir können das gern im Ausschuss weiter diskutieren.

Vorhin ist gesagt worden, es solle schleunigst Abhilfe geschaffen werden. Ich glaube, das hat sogar Herr Behrendt gesagt. Glauben Sie denn, wenn man auf das Angebot einginge, dass innerhalb kürzester Zeit schleunigst

Gefangene von hier nach Brandenburg gelegt werden könnten? Glauben Sie denn, dass die Haftanstalten dort in einem besseren Zustand als bei uns sind, denn ihre Neubauten werden sie uns gewiss nicht zur Verfügung stellen. Es müsste also auch dort erst einmal Geld investiert werden, um Bedingungen zu schaffen, damit Gefangene nicht vom Regen in die Traufe kommen.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Ja, das sind Dinge, über die muss man dann im Ausschuss reden.

[Joachim Esser (Grüne): Nein!]

Das Ziel für Berlin ist es, dass vor allem die Bedingungen für Inhaftierte und auch die Bediensteten verbessert werden müssen.

[Andreas Gram (CDU): Sind Sie jetzt für oder gegen Großbeeren?]

Eines muss ich Ihnen auch noch sagen: In Ihrem Antrag steht, der Bau sei gestoppt. Vielleicht wissen Sie nicht, dass es heute einen Vergleich gegeben hat und seit heute das Baugeschehen wieder aufgenommen werden kann.