Protocol of the Session on January 14, 2010

[Mieke Senftleben (FDP): Das haben wir schon mal gesagt!]

Ich hoffe, dass wir sagen können, es ist heute der tatsächliche und nicht nur der vorläufige Tiefststand. 275 Viertelzüge sind in Betrieb, 630 müssten es einschließlich der Reserve eigentlich sein. Was mich – so wie Sie – außerordentlich bedenklich stimmt, ist, dass es sich nach neus

ten Mitteilungen offensichtlich um einen weiteren Defekt handelt, der bisher nicht in diesem Umfang bekannt gegeben wurde oder nicht bekannt war: um Motorendefekte an der Baureihe 481.

Zurzeit bereitet die S-Bahn nach unserer Kenntnis einen neuen Hochlauffahrplan vor, mit dem zum Ende des Monats Januar für Mitte des Monats Februar dargestellt werden soll, wie man sukzessive wieder zu einem normalen Betrieb zurückkehren will. Ich muss Ihnen sagen, dass ich solchen Plänen nach allen Versicherungen, nach all dem, was mir schriftlich und mündlich immer wieder mitgeteilt worden ist, nicht glaube, es sei denn, ich sehe, dass sie erfolgreich umgesetzt werden.

Allerdings gibt es wenigstes beim Einsatz der Mittel, die die S-Bahn aufbringt, Erfolge, die auf Druck des Senats zu verzeichnen sind. Werkstätten wurden wieder in Betrieb genommen. In erheblichem Umfang wurden wieder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt. Und es wird – so hat mir Herr Grube persönlich versichert – auch für die Zukunft, für die kommenden Wochen und Monate, nicht auf das Geld ankommen, wenn es darum geht, die S-Bahn zu unterstützen und alles zu tun, um die technischen Schwierigkeiten zu beheben.

[Andreas Gram (CDU): Das kriegen wir schriftlich!]

Allerdings kommt es auch darauf an, dass wir weiter Druck ausüben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Senatorin?

Von wem denn?

Von Frau Eichstädt-Bohlig!

Na klar!

Frau Senatorin! Sie haben sehr anschaulich geschildert, wie dramatisch die Situation ist. Ich möchte deswegen die Frage wiederholen, die ich schon in der Ausschusssitzung gestellt, aber leider nicht beantwortet bekommen habe: Was gedenkt der Senat zu tun, wenn Ende dieses Jahres die Betriebsgenehmigung des EBA ausläuft, wo wir mit der S-Bahn doch einen Vertrag bis zum Jahr 2017 haben? Wie verhält sich der Senat, wenn dieses Problem ernsthaft eintritt, was durchaus nicht auszuschließen ist?

[Christian Gaebler (SPD): Was würden Sie denn machen?]

Liebe Frau Eichstädt-Bohlig! Ich habe Ihnen bereits in der Ausschusssitzung geantwortet. Möglicherweise haben Sie dies nicht gehört oder wollten es nicht hören.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Selbstverständlich – zuständig oder nicht, darauf kommt es mir überhaupt nicht an – führen wir auch mit dem Eisenbahn-Bundesamt Gespräche, und wir führen sie zu der Frage, was aus Sicht des Eisenbahn-Bundesamts veranlasst werden muss, weil ich mich nicht allein auf die Aussagen der Deutschen Bahn oder der S-Bahn verlasse, wenn es darum geht zu klären, was getan werden muss, um die Instandsetzung wieder mit einer Intensität zu betreiben, die die Sicherheit der Fahrgäste gewährleistet. Ich weiß, dass dies nicht unsere förmliche Aufgabe ist, aber ich darf Ihnen versichern: Wir führen solche Gespräche und kümmern uns um diese Frage. Das, Frau Eichstädt-Bohlig, habe ich Ihnen, glaube ich, auch in der Ausschusssitzung schon einmal gesagt.

Wir führen Nachverhandlungen – danach wurde gefragt. Wir führen sie hart, und deshalb dauert es länger. Ich denke nicht daran nachzugeben, nur weil der eine oder andere vielleicht meint, ein schnelles Ergebnis wäre das beste für das Land Berlin. Wir müssen erreichen, dass Vertragsbestandteile geändert werden, um zukünftig einen größeren Einfluss auf die Leistungen der Bahn zu haben. Ich sage Ihnen aber ausdrücklich, dass beim Abschluss des Vertrages, bei den Vorverhandlungen und bei den Verhandlungen im Jahr 2003 – wie Herr Gaebler es geschildert hat – nicht abzusehen war – niemand kann das behaupten –, welche Situation bei der S-Bahn eintreten könnte und dass es eine vertragliche Sicherung dafür geben müsste, dass nur noch die Hälfte der Züge fährt.

[Zurufe von den Grünen]

Wer das heute behauptet, macht sich und anderen etwas vor.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Deshalb sind all unsere Anstrengungen zuerst darauf gerichtet, für die Fahrgäste sobald wie möglich wieder einen Betrieb in der alten Qualität zu sichern. Solange das nicht der Fall ist, haben sie einen Anspruch auf Entschädigung. Ich sage ausdrücklich, Herr Friederici, es war meine Forderung gegenüber der Deutschen Bahn, die Kundinnen und Kunden im Dezember zahlungsfrei zu lassen – eine Forderung, die ich durchgesetzt habe. Aber es gibt gelegentlich auch Gespräche, die man nicht jedem berichtet, und es gibt Verhandlungen, bei denen man nicht jedem erzählt, mit welcher Strategie man in sie hineingeht. Ich darf Ihnen versichern, die Deutsche Bahn ist von mir noch vor Weihnachten aufgefordert worden, die Entschädigungen zu definieren, und wie Sie in der Ausschusssitzung gehört haben, nähert man sich jetzt nicht mehr nur dem Gedanken, sondern formuliert solche Entschädigungen und wird sie tatsächlich leisten.

Dennoch kommt es mir darauf an, dass wir auch darüber nachdenken, wie es im Jahr 2017 weitergehen soll. Wir müssen dies jetzt tun, damit wir in den kommenden Jahren handlungsfähig sind. Wenn wir uns keine Optionen offenhielten, kämen wir in eine Situation, in der wir nichts anders tun könnten, als den derzeitigen Vertrag weiterzuverhandeln. Diese Option kommt für mich auf keinen Fall infrage.

[Beifall bei der SPD]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn von Lüdeke?

Sehr gern! Wo ist er?

Hier! – Frau Senatorin! Könnten Sie uns vielleicht auch sagen, was der Vertreter der Deutschen Bahn, Homburg, in der Ausschusssitzung zur Entschädigungsfrage gesagt hat?

Er hat nach meiner Erinnerung gesagt – ich denke, die meisten, die dagewesen sind, werden sich ebenfalls erinnern –, dass es eine Entschädigungsleistung gibt und dass die Deutsche Bahn zurzeit klärt, in welchem Umfang, in welcher Weise und wann eine solche Entschädigungsleistung kommen soll. Das habe ich von ihm verlangt, und ich darf Ihnen versichern, es ist meinem Einfluss zuzuschreiben, dass er sich bereits in dieser Weise geäußert hat. Wenn der Senat nichts getan hätte, hätten Sie in dieser Frage überhaupt nichts gehört.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einmal darauf zurückkommen, was wir tun müssen, um uns Optionen offenzuhalten. Ich habe sie der Presse gegenüber, aber auch Ihnen allen gegenüber, wenn Sie es denn sehen wollten, öffentlich dargestellt.

Die erste Option wird die wettbewerbliche Vergabe eines Teilnetzes sein, die wir vorbereiten. Wir müssen eine solche wettbewerbliche Vergabe eines Teilnetzes im europäischen Amtsblatt veröffentlichen, und zwar ein Jahr vor der Mitteilung über die tatsächliche Ausschreibung. Die Dimension dieses Auftrags ist ungeheuerlich. Das Netz der Berliner S-Bahn ist etwa dreimal so groß wie das Hamburger und etwa doppelt so groß wie das S-Bahnnetz im Großraum Rhein-Ruhr. Frau Hämmerling! Ich wiederhole es noch einmal, weil aus Ihrer Fraktion immer wieder die Forderung nach einer gleichzeitigen vollständigen Ausschreibung des Netzes kommt:

[Claudia Hämmerling (Grüne): Nein, nur die Entschädigung!]

Ich will hier keine Namen nennen, ich weiß, wer mir das vor zwei Tagen noch erzählt hat. – Was nicht geht, ist eine vollständige Ausschreibung des Netzes,

[Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Wer sagt denn das?]

weil die Fahrzeuge, die man dazu benötigt, im Jahr 2017 nicht zur Verfügung stehen würden. Wer das Monopol der Deutschen Bahn brechen will,

[Christoph Meyer (FDP): Aha!]

und dazu bekenne ich mich ausdrücklich, darf sie nicht in die Lage versetzen, der einzige und alleinig in Frage kommende Anbieter zu sein.

[Christoph Meyer (FDP): Wann haben Sie einen Verkehrsvertrag mit der Deutschen Bahn abgeschlossen?]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Hämmerling?

Aber ja!

Wenn ich so verstanden worden bin, dass ich die sofortige Ausschreibung des kompletten Netzes zum jetzigen Zeitpunkt fordere, dann bin ich falsch verstanden worden.

[Christian Gaebler (SPD): Dann muss man die eigen Pressemitteilungen lesen!]

Ich will nur die Entscheidung, dass 100 Prozent ausgeschrieben werden, also den 25 Prozent,

[Weitere Zurufe von Christian Gaebler (SPD)]

die jetzt entschieden sind, weitere folgen werden. Ich frage Sie daher: Sind Sie dann bereit, die Entscheidung, dass die weiteren 75 Prozent ausgeschrieben werden, heute schon zu treffen und das auch so zu sagen?

[Zuruf von Ralf Hillenberg (SPD)]

Liebe Frau Hämmerling! Ich habe gerade dargestellt, dass wir die Entscheidung über eine mögliche Vergabe ein Jahr vorher ankündigen müssen und dass die Entscheidung über die Teilausschreibung spätestens in einem Jahr, also im Januar, Februar des nächsten Jahres, getroffen werden muss, aber immer nur über das, was tatsächlich auch definiert ist und geschieht. Niemand hier kann Ihnen für das Jahr 2021 oder für 2026 eine Liniendefinition für die dann auszuschreibende Teile des Betriebs der Berliner S-Bahn liefern.

[Claudia Hämmerling (Grüne): Aber Sie müssen doch eine politische Meinung haben!]

Deshalb verbietet es sich aus fachlicher Sicht, jetzt eine Entscheidung darüber zu treffen. Deshalb will ich Ihnen weitere Optionen schildern.

Aber lassen Sie mich zunächst auf ein Bedenken eingehen, das immer wieder geäußert wird.

Vielleicht vorher noch eine Zwischenfrage, Frau Senatorin?

Lassen Sie mich diesen Satz zu Ende führen, –