„Spiegel Online“ beruft sich auf einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, eine Zeitung, die sicherlich Ihnen näher steht als uns. Wenn Sie den Artikel richtig gelesen haben, dann gebe ich Ihnen jetzt noch mal das entscheidende Zitat zur Kenntnis, und dann werden Sie sehen, dass der Versuch, Ihre systematisch herbeigeführte Schuldenfalle als Erfolg zu präsentieren, zum Scheitern verurteilt worden ist. Da heißt es nämlich:
Der Planansatz des neuen Bundesfinanzministers bleibt mit 37,5 Milliarden Euro unter dem Planansatz seines Vorgängers.
Und der alte Minister war ja schließlich von Ihrer Partei, und deswegen ist das ein Erfolg des neuen und nicht etwa etwas Negatives.
Entscheidend ist an dieser Stelle, was wir vorhin vom Regierenden Bürgermeister nicht gehört haben. Wir haben von ihm kein Wort zur Wirtschaftsentwicklung in dieser Stadt und zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen gehört. Wir haben kein Wort gehört zum Umweltschutz in dieser Stadt und dazu, wie das Land Berlin die ganzen Forderungen, die an Unternehmen und Privatleute gestellt werden, nun beim Landesbesitz selber realisiert. Wir haben kein Wort zur Stadtentwicklung gehört und zum öffentlichen Personennahverkehr, wo ja vieles im Argen ist.
Es ist offenbar völlige Ideenlosigkeit in diesem Senat vorhanden. Nichts Konkretes, keine Idee mehr, keine Vorgabe mehr für die nächsten zwei Jahre. Das ist nur noch Abwicklung, und dabei werden wir Ihnen helfen, denn Sie werden 2011 nichts mehr damit zu tun haben.
Sie haben den Medien verkauft, der Landesetat, über den wir uns hier unterhalten, 2010 und 2011, sei noch verhältnismäßig konfliktfrei aufzustellen gewesen. Aber im nächsten Haushalt nach 2011 müsse die Berliner Politik dann noch höhere Einsparentscheidungen fällen als in den Vorjahren. Da sind in den Vorjahren zunächst einmal keine nennenswerten Einsparungen getätigt worden. Und mit welcher Begründung vertagen Sie die Haushaltskonsolidierung auf die Zeit nach 2011? Da gibt es doch nur zwei Gründe: Entweder völlige Unfähigkeit oder die Sicherheit, dass Sie 2011 mit der Regierung nichts mehr zu tun haben
Beides ist wahrscheinlich der Fall, und wir werden alles dazu tun, dass diese Prognose, die Sie gestellt haben, auch tatsächlich eintrifft.
Warum also erst nach 2011 Haushaltskonsolidierung, wo doch die konjunkturbedingten Mehrausgaben bereits in zwei Nachtragshaushalten 2009 finanziert worden sind? Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will Ihnen das sagen: Sie haben diesen Haushaltsplan 2010/2011 aufgestellt, um im Vorwahlkampf niemandem wehzutun und noch einmal den großen Schluck aus der Pulle zu nehmen. Unverantwortlich ist das, weil alles auf nachfolgende Generationen vertagt wird und Sie hier dokumentieren, dass Sie völlig saft- und kraftlos sind, was die Stadtpolitik angeht.
600 Millionen Euro mehr Ausgaben. 3 Prozent Erhöhung. In der „Berliner Morgenpost“ heißt es zu dem, was Sie an Finanzpolitik hier vorlegen: Jeder weiß, dass dann nach 2011 Hunderte von Millionen Euro fehlen, um die Vorgabe der Schuldenbremse, ohne Kredite auszukommen, einzuhalten. Dazu wird der Finanzsenator zitiert:
„Ich habe Sparlisten in meiner Schublade“, orakelt Finanzsenator Ulrich Nußbaum in kleinem Kreis. Derzeit sei es jedoch politisch unklug, darüber zu sprechen.
Das ist Ihre Haushaltspolitik, und die versuchen Sie nun mit der Begründung von 70 Millionen Euro Steuermindereinnahmen auf die Bundesregierung abzuwälzen. Das ist völlig unseriös. Sie wollen nur den Wahlkampf überstehen, aber das wird Ihnen nicht gelingen.
„In vielen Titeln war noch Luft drin“, sagt ein rotroter Haushälter und bestätigt damit den Eindruck der Opposition.
Die Senatoren haben offensichtlich den Amtsantritt des neuen Finanzsenators dazu genutzt, noch ein paar Reserven in ihre Haushalte einzubauen. Und dann kommt der Kollege Zackenfels und erzählt – auch in der „Morgenpost“ – von den grandiosen Einsparvorgaben dieser Koalition.
„Wir haben es sogar geschafft, die Nettoneuverschuldung zu reduzieren“, freut sich Stefan Zackenfels – nämlich um genau 1,3 Millionen Euro nach unten.
Das sind die Zinsen für viereinhalb Stunden und nicht mehr! Deswegen ist das ein Witz, was sie hier den Berlinern als erfolgreiche Finanzpolitik verkaufen wollen.
Aber nun könnte man glauben, dies sei Dummheit oder Unvermögen. Vielleicht kann man das noch dem einen oder anderen in der Fraktion unterstellen, aber mit Sicherheit nicht Herrn Nußbaum. Es gibt kein Erkenntnisdefizit, sondern es gibt nur Unwilligkeit oder Unfähigkeit. Nußbaum im Plenum:
Aha! – Das heißt, die Aussage des Regierenden Bürgermeisters von vorhin, man hätte in den letzten Jahren grandios die Haushaltskonsolidierung betrieben, ist vom Finanzsenator konterkariert worden. Da fällt einem doch gleich der Kollege Sarrazin ein, der Wowereits Haushalt als verfassungswidrig bezeichnet hat. So ist es halt: Der eine träumt, und der andere weiß, was Sache ist. Da hat sich nichts geändert in dieser Koalition.
Sie sagen uns, dass nach heutigen Erkenntnissen für das Jahr 2013 mit einem Schuldenstand von 70 Milliarden
Euro gerechnet wird. Das sind 10,5 Milliarden mehr als 2008. 10,5 Milliarden mehr in fünf Jahren – das ist also Haushaltskonsolidierung von Rot-Rot. Dramatisch, sage ich. Denn Sie bürden hiermit Schulden einer Generation auf, bei der Sie vorgeben, Sie wollten jetzt etwas für sie tun – im Kitabereich, im Schulbereich. Das heißt, Sie wollen jetzt scheinbar diesen jungen Menschen helfen, aber Sie bürden ihnen eine Last auf, die ihnen die Handlungsfähigkeit in den nächsten Jahrzehnten komplett nehmen wird.
zahlt Berlin dann 2,7 Milliarden Euro Zinsen. Das ist genauso viel, wie wir für Schulen ausgeben, und fast das Doppelte des Hochschuletats.
Dann stellen Sie sich hin und sagen, wir brauchen nicht zu sparen. 300 Millionen mehr, das macht auch nichts aus. Wir haben mal den großen Schluck aus der Pulle genommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Kollege Zackenfels: Völlig unverantwortlich!
1,8 Milliarden Euro Solidarpaktmittel wird Berlin bis 2020 verlieren. Und, auch diese Erkenntnis stammt vom Finanzsenator: Er philosophiert darüber, wie viele Beschäftigte man im öffentlichen Dienst braucht. 100 000 oder weniger oder mehr? Und er stellt die Frage: Wie setzen wir die Beschäftigten ein? Wie ist die Qualitätssituation? – Er spricht von Hamburg, nennt 93 500 Vollzeitstellen, die man möglicherweise in Berlin haben sollte. Aber auch das sind alles nur Erkenntnisse, die uns hier vorgetragen werden, ohne dass Sie Entscheidungen treffen. Sie, die Linke und die SPD, haben daraus keinen Erkenntnisgewinn, sondern Sie sind entscheidungsunfähig. Sie bieten uns nichts mit diesem Haushalt, Sie bieten uns nichts an Entscheidungen in der mittelfristigen Finanzplanung, aber Sie machen den Mund auf und suggerieren den Leuten, irgendetwas für die Stadt zu tun. Nein! Sie fahren diese Stadt konsequent in eine Fehlentwicklung.
Von der Koalition wird uns mitgeteilt, der Ausgabenzuwachs 2010/2011 sei eine Stabilisierungsstrategie. Nußbaum dazu:
Wir müssen uns auf eine dauerhafte Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte einstellen, und wir müssen mit einer dauerhaften Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte umgehen.
Das heißt im Klartext: Sie wollen keinen Haushaltsausgleich mehr herstellen. Sie wollen sich nur hinter einem Grund verschanzen, um sinnlos weiter Schulden machen zu können. Sie wollen den einfachen Weg in die Verschuldung weiter gehen. Es ist das Eingeständnis, dass Sie nicht nur die Verschuldungspolitik der letzten Wahlperiode, in der Sie 20 Milliarden Euro Neuverschuldung aufgenommen haben, fortführen wollen, sondern Sie bekennen sich ganz offen zu einer neuen Verschuldungsmentalität bis zum Ende der Wahlperiode. Die Ausgaben
steigerung der Nachträge 2009 und des Doppelhaushalts 2010 haben Sie mit der Gegenwehr gegen die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in der Wirtschaftskrise begründet. Sie nehmen 300 Millionen Euro pro Jahr mehr an Schulden auf. Dann müssten Sie konsequenterweise, wenn Sie davon ausgehen, dass diese Krise in zwei bis drei Jahren wieder beendet ist, diese 300 Millionen Euro auch wieder zurückführen. Das heißt, Ihre mittelfristige Finanzplanung müsste ab 2012 minus 300 Millionen lauten. Wie lautet sie tatsächlich? – Es gibt auch da wieder einen Ausgabenzuwachs. Also auch diese Begründung ist nur vorgeschoben. Sie wollen die Mehrausgaben klammheimlich dauerhaft vereinnahmen. Nichts ist da mit einer eigenen Konjunkturbewältigung hier in Berlin, was letztlich auch klar ist: Denn außer der Kofinanzierung für die Konjunkturmittel des Bundes haben Sie nichts Eigenes zustande gebracht. Es gibt kein Berliner Konjunkturprogramm. Sie haben keine Investitionen vorgesehen, Sie haben keine Sanierung vorgesehen – nichts, gar nichts. Sie haben an dieser Stelle schlicht versagt. Deswegen konnte der Regierende Bürgermeister auch nichts zur Wirtschaftspolitik sagen, denn da gibt es nichts, was Sie uns sagen können. Da ist tatsächlich gähnende Leere, ein Vakuum im Weltall ist gefüllter als das, was Sie an Haushaltspolitik betreiben.
Senator Nußbaum hat in seiner Einbringungsrede gesagt: Die Finanzplanung bietet einen Leuchtturm, eine Wegweisung oder eine Orientierung nach vorn. – Aber spätestens heute können wir feststellen, dass das nicht stimmt. Die Finanzplanung dieses Senats ist ein Irrlicht. Wenn man ihm folgen wollte, dann wird man auf einem Riff landen. Sie haben sich offenbar fünf Grundsätze bereitgelegt, mit denen Sie die Haushaltspolitik des Landes betreiben: Sie wollen vertagen, verschleiern, vergessen, verweigern und verhindern. Das sind Ihre Grundprinzipien. Sie vertagen die Entscheidung zur Sanierung des ICC. Sie wissen nicht, was Sie mit einem Neubau der Messehalle anstelle der Deutschlandhalle machen sollen, Sie haben keine Entscheidung zur Deutschlandhalle, Sie vertagen die notwendigen Sanierungsmaßnahmen bei der Charité, und Sie haben kein Personalkonzept für den öffentlichen Dienst. Sie verschleiern die Unterfinanzierung der Bezirke. Die Bezirke sagen, wir brauchen 140 Millionen mehr, Sie geben 80 und sagen: großartige Leistung. Die Bezirke sind unterfinanziert, ein Bezirk, Charlottenburg-Wilmersdorf, setzt die Investitionsplanung auf null – katastrophal für die Wirtschaft –, aber uns wird suggeriert, verschleiernderweise, man hätte etwas für die Bezirke getan.
Flughafen Tempelhof wird im Haushalt verschleiert: Mindestens vier Etatpositionen gibt es, in die man die Kosten so wegmauschelt. Bei der BIM gibt es lediglich einen Wirtschaftsplan, den man zur Kenntnis nehmen kann, aber keine Zahlen zu Tempelhof. Jetzt wird noch die Adlershof-Gesellschaft mit einbezogen. Das ist klassische Verschleierung im Haushalt.
Bei der Landesbibliothek setzen Sie auf der einen Seite Bauvorbereitungsmittel in den Haushalt ein, die ausgegeben werden sollen, auf der anderen Seite sagen Sie: Aber eigentlich wollen wir die Landesbibliothek nicht. Und beim Olympiapark wissen Sie absolut nicht, was Sache ist. Auch hier keine Entscheidung. Sie vergessen die Risikoabschirmung bei der Berliner Immobilienholding, Sie vergessen eine Klärung der Stellenpoolproblematik. Das ist weit ins nächste Jahr hineingeschoben. Sie vergessen vollständig die Aufgabenkritik. Da haben wir von Ihnen seit Jahren nichts mehr gehört; kein Gesetz, keine Vorschrift, die etwa abgeschafft worden wäre, um Aufwand im öffentlichen Dienst zu reduzieren. Und Sie vergessen die Wirtschaftsförderung. All das ist dramatisch für den Berliner Landeshaushalt.
Sie verweigern sich den Realitäten, indem Sie sagen: Wir gründen einfach einmal einen landeseigenen Energiekonzern oder Energieverteiler. Was das so genau ist, weiß man nicht. Da kabbeln sich sogar die Koalitionsvertreter im Abgeordnetenhaus. Sie schwadronieren von Rekommunalisierung, gleichzeitig wollen Sie aber den Soli abbauen. Das schlägt jedenfalls der Finanzsenator vor. Alles sehr merkwürdig!
Und Sie verhindern Sanierung. Sie verhindern die Sanierung der BVG. Die häuft ein unübersehbares Defizit im dreistelligen Millionenbereich an. Sie verhindern die SBahn-Sanierung, indem die zuständige Senatorin seit Wochen nichts tut, um den Betrieb sicherzustellen. Sie verhindern die Aufnahme der Schuldenbremse in die Berliner Landesverfassung, und das alles, obwohl Sie wissen, dass Sie zu einem Großteil – nämlich fast der Hälfte des Berliner Landeshaushalts – von Bundes- oder Landeszuweisungen leben.