Protocol of the Session on December 10, 2009

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Und zweitens, dass es qualitativ eben personell unterfüttert sein muss. Das ist mit diesem Haushalt – das ist mehrmals schon erwähnt worden – hier in Berlin zum ersten Mal realisiert worden, dass wir beides zusammengebracht haben. Wir haben die Beitragsfreiheit zusammengebracht mit einem Qualitätssprung nach vorn in der Ausstattung, was dieses Land Berlin, das heute schon übrigens nach einer Bertelsmann-Studie – Sie zitieren ja so gerne Studien – in einer Spitzenposition in der Ausstattung der Kitas steht, noch einen Schub nach vorn bringt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wenn dieses nicht die Messlatte für eine erfolgreiche, energische und entschlossene Politik im Kitabereich in der Bundesrepublik Deutschland sein wird, was soll es dann sonst sein? Ich glaube, wir können stolz sein, dass wir in Berlin als erste diesen Weg beschreiten.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Dann komme ich zum zweiten Verantwortungsbereich und dem zweiten Durchbruch, und der betrifft die Schule. Ja, es ist Konsens, wir alle sagen es auf allen Veranstaltungen, das Ziel jeder politischen Richtung ist, eine opti

male Chancengleichheit und beste individuelle Förderung zu realisieren.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Wer bereit ist, vorurteilslos die deutsche Schul- und Bildungspolitik der letzten Jahrzehnte zu beobachten, weiß, dass es zwei zentrale Hemmnisse dabei gibt, dieses Ziel zu erreichen. Zum einen den fundamentalistischen Grabenkampf zwischen denjenigen, die glauben, die einzige Lösung des Problems bestünde in einem gegliederten Schulsystem gegenüber den anderen, die dies von einem integrierten Schulsystem erwarten. Dieses hat die deutsche Bildungspolitik über 20, 30 Jahre gelähmt. Der zweite Punkt ist die Bevormundung des Einzelnen in der Erziehung seiner Kinder, indem man durch hierarchische Detailsteuerung von oben alles genau vorgegeben hat. Mit unserem Vorschlag, neben dem Pilotprojekt Gemeinschaftsschule und einer Stärkung des Gymnasiums, Frau Senftleben,

[Beifall von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

mit der integrierten Sekundarschule, was zum ersten Mal in der Bundesrepublik Deutschland ein Ganztagsangebot darstellt, praxisorientiert über Duales Lernen und letzten Endes eine entsprechend lange gemeinsame Erziehung zu genießen mit der Möglichkeit, Abschlüsse für alle Schularten und alle Abschlüsse zu machen, wird eine einmalige Lösung des Problems dargestellt.

Im Endausbau ist es eine Größenordnung von 450 zusätzlichen Stellen. Herr Steuer! Sie wissen es, weil es 26 Millionen Euro mehr kosten wird, und sie sind auch haushaltsmäßig abgesichert. Frau Senftleben! Sie können selbstverständlich, weil es hochwachsen muss, nicht in dieser Größenordnung im ersten Jahr vorhanden sein. Diese Schulreform ist solide finanziert und bietet eine Gewähr dafür, dass die Chance da ist – nicht die Garantie –, eine optimale individuelle Förderung zu erreichen.

Ich kann Ihnen auch gern noch Nachhilfestunden darin geben, dass man Statistiken, die innerhalb eines Landes gemacht werden, nicht mit Bundes- und Länderstatistiken vergleichen kann,

[Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

weil sie letzten Endes andere Parameter mit einbeziehen. Um ein einfaches Beispiel zu nennen: In der entsprechenden Statistik des Bildungsberichtes sind natürlich die Ausgaben genannt, die bei uns in den Bezirken lokalisiert sind, wie die bauliche Unterhaltung, was ich fairerweise, da ich ein Abbild des Landeshaushalts des Einzelplans 10 geben wollte, nicht gemacht habe. Dies erklärt solche Differenzen leicht.

[Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

Wenn dieser Ansatz „versöhnen statt spalten zum Wohle unserer Kinder“, der den Verantwortlichen vor Ort, den Eltern und den Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit gibt – Herr Steuer –, verschiedene Spielarten des Dualen Lernens, angepasst an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler, aber auch den Interessen der Eltern und

Möglichkeiten und innerlich bejahenden Wünschen des Lehrerkollegiums Rechnung zu tragen, nicht ein zielführender Weg ist, dann weiß ich nicht, wie dieses Problem in Deutschland an anderer Stelle gelöst werden soll.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Dann komme ich zum dritten Bereich, den Hochschulen. Auch hier ist es so, dass jeder, egal bei welcher Partei, sagt, das ist der entscheidende Bereich für die Zukunftsfähigkeit unserer Kinder und der Gesellschaft. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren auch von der Opposition, zeigen Sie mir das Bundesland, das in der Lage und bereit ist, sowohl die Lehre als auch die Forschung mit der gleichen Entschlossenheit zu fördern!

[Mirco Dragowski (FDP): Nordrhein-Westfalen!]

Es gibt welche, die es im Bereich der Forschung tun, und es gibt welche, die es im Bereich der Lehre tun. Aber ich kenne kein einziges Bundesland, das diese beiden Bereiche zusammenbringt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich kenne auch kein Bundesland, das bereit ist, Spitzenförderung und Breitenförderung mit der gleichen Bejahung und Entschlossenheit gleichzeitig durchzuführen und nicht das eine auf kosten des anderen.

Das ist aber aus meiner Sicht nicht der entscheidende Durchbruch. Das ist nur vorbildlich. Der entscheidende Durchbruch ist, dass wir letzten Endes aus meiner Sicht eine hochschulpolitische Wende in Bezug auf die Finanzierung von Hochschulen mit diesem Haushalt als Beginn realisieren. Ist Ihnen überhaupt bewusst, dass der von allen als so wichtig angesehene Hochschulbereich als einziger Bildungsbereich diskriminiert ist, dass er ein Subventionsempfänger ist und keine adäquate Refinanzierung für die Erbringung seiner Leistungen bekommt? Eine völlig absurde Situation!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Keiner würde auf die Idee kommen – Frau Senftleben und Herr Steuer! –, die Kitas mit einem Festbetrag zu finanzieren, egal wie viele junge Menschen in diese Kitas gehen. Keiner von Ihnen käme auf die Idee, wenn die Schülerzahl sich um 10 oder 20 Prozent erhöht, die Schulen mit dem gleichen Etat zu fahren. Keiner käme auf die Idee, im Bereich der Weiterbildung letzten Endes doppelte Weiterbildung bei gleichem Etat zu machen. Nur den Hochschulen mutet es diese Republik zu, und keinem ist es bisher aufgefallen. Mit diesen Hochschulverträgen und mit einer leistungsorientierten Refinanzierung – das Gleiche wie für die Lehre gilt für die Forschung – befreien wir die Hochschulen aus der Unmündigkeit eines Subventionsempfängers und entlassen sie als eigenverantwortlichen Motor für die zukunftsfähige Gesellschaft von morgen. Dieses wird in dieser Republik Schule machen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Bildung und Wissenschaft sind entscheidende Punkte für die Zukunftsfähigkeit von einzelnen und unserer gesamten Gesellschaft. Wenn, wie ich eingangs gesagt habe, der

Haushalts in Zahlen gegossene inhaltliche Politik ist, dann bin ich mir sicher, dieser zentrale Zukunftsbereich unserer Gesellschaft in Berlin steht auf einem soliden Fundament. – Ich bedanke mich.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Senator Prof. Zöllner! – Wir setzen die Beratung fort. Jetzt hat Frau Demirbüken-Wegner von der CDU-Fraktion das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Welchen Stellenwert Familie, Kinder und Jugendliche bei diesem Senat und diesen Regierungsfraktionen haben, konnten wir zu Beginn der heutigen Sitzung erfahren. Vollmundig erklärte Herr Müller heute Morgen um 9.35 Uhr, dass man in die Bildung und die Kitas „Milliarden investieren“ müsse. Wo sind die Milliarden?, frage ich Sie, Herr Müller. Ein nur ansatzweise ausfinanzierter Kindergarten, der dann aber den zukünftigen Qualitätsansprüchen für Bildung genügen soll – ist das Ihr Verständnis von Finanzierung und Qualitätssicherung in der Bildung oder in den Kitas?

Ein genauso von Doppelmoral behaftetes und handelndes Feld ist das Kinderschutzgesetz, ein Gesetz, dass trotz einer Vorbereitungs- und Beratungszeit von nahezu 24 Monaten noch immer nicht die Belange des Kinderschutzes hinreichend würdigt.

[Zuruf von Dr. Margrit Barth (Linksfraktion)]

Sie können das alles übrigens im Haushaltsbeschluss des Hauptausschusses nachlesen, liebe Frau Dr. Barth. 24 Stellen für die Umsetzung des Netzwerkes Kinderschutz sollen die Bezirke erhalten. 24 Stellen, die Sie schon 2008 versprochen und die Sie im Nachtragshaushalt für 2009 als Erfolg gefeiert haben. Ja, sollten diese 24 Personen denn nicht längst arbeiten? Versprechen über Versprechen! Getan haben Sie aber bisher nichts.

[Beifall bei der CDU]

Entweder haben Sie geschlafen oder einfach getrickst. Das Parlament, nämlich wir, müssen das heute erneut absichern, weil Sie im Haushalt keine nachhaltige Vorsorge für das Netzwerk Kinderschutz in den Bezirken getroffen haben.

Herr Senator Dr. Nußbaum! Ist Ihnen nicht manchmal schlecht geworden bei der Bearbeitung der potemkinschen Haushaltszahlen Ihres Vorgängers und seines Chefs? Doch warten wir ab, wie ehrlich Sie in der Haushaltsführung unsere Beschlüsse umsetzen, ob die zusätzlichen 420 000 Euro für den Kinderschutz fließen und ob davon auch Mittel zur Verbesserung der Arbeit der aufsuchenden Elternhilfe zur Verfügung stehen. Warten wir ab, ob die Volkshochschulen die Angebotserweiterung bei der Elternbildung, den sogenannten Müttersprachkursen,

Senator Dr. Jürgen Zöllner

auch mit der Hälfte der zugesagten Mittel umsetzen können oder nur Billiglösungen oder zu wenige Plätze zur Verfügung stehen. Dass unsere Vorschläge überhaupt positiv in die Haushaltsansätze eingeflossen sind, ist zwar ein Erfolg, aber was nützt es, wenn die Träger trotz der wenigen zusätzlichen Mitteln das erforderliche Ziel verfehlen. Vor allem schmerzt, dass der Senat und die Kollegen der Koalitionsfraktionen nicht bereit waren, die vorher großmundigen öffentlichen Ankündigungen einzuleiten. Warum haben Sie das Gesamtvolumen für Jugendarbeit nicht um die erforderlichen sieben Prozent erhöht? In unserem Änderungsantrag stehen sie drin. Sie können Ihren Wortbruch hier noch rückgängig machen, wenn Sie dem zustimmen, liebe Frau Scheeres und Frau Barth.

[Beifall bei der CDU]

Wenn Sie das nicht tun, werden Sie das in den nächsten zwei Jahren sicher erklären müssen, und zwar nicht nur vor dem Hintergrund brennender Autos und links- und rechtsextremistischer Auswüchse.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Sollen wir nun sparen oder nicht? Entscheiden Sie sich mal, was Sie wollen!]

Sie werden auch erklären müssen, warum die Familienberatungsstellen trotz neuer gesetzlicher Aufgabenzuweisung keine zusätzlichen Mittel erhalten, und das, obwohl der Bund für alle Zusatzaufgaben auch zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt hat. Deshalb fordern wir den Senat auf, Familienpolitik wieder sichtbar zu machen – nicht nur im Namen der Verwaltung, sondern auch in der Aufgabenwahrnehmung. Zur Fürsorge gehört auch die Vorsorge. Nichts ist dafür besser geeignet als Familienpolitik.

[Beifall bei der CDU]

Wenn Berlin mit 36 Prozent Kinderarmut nicht weiterhin Spitzenreiter im Bundesvergleich bleiben will, müssen die SPD und die Linken in Berlin mehr machen, als auf quantitativ gute Betreuungsangebote hinzuweisen.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Sie reden zum falschen Thema, Frau Kollegin!]

Die Familien müssen die Gewissheit erhalten, dass ihre Kinder qualitativ gute Bildungsvoraussetzungen erhalten und die gewonnene Zeit für die Verbesserung des Familieneinkommens genutzt werden kann. Wenn Sie es nicht schaffen, dass alle Familienmitglieder Arbeit finden, dann brauchen Sie sich auch nicht zu wundern, wenn die Hilfen zur Erziehung trotz der bescheidenen Erhöhung um 103 000 Euro in den nächsten Jahren wieder nicht reichen werden. Jugend- und Familienpolitik darf von Rot-Rot nicht weiter als Verelendungspolitik praktiziert werden, und die Armutsquote muss reduziert werden. Deshalb fordern wir Sie auf, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Frau Demirbüken-Wegner! – Jetzt hat Herr Zillich für die Linksfraktion das Wort. – Bitte!