Protocol of the Session on December 10, 2009

[Beifall bei der SPD]

Dann rufe ich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Bayram auf. – Sie haben das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stimmt, Herr Kollege, ich habe gerade schon mal was zu Integration gesagt, aber das war zu einem anderen Titel. Es ist schon richtig, Herr Saleh – und das konnten wir ja gerade wieder eindrucksvoll erleben –, dass die CDU im Bereich Integration noch sehr viel dazulernen kann, aber ich denke, es ist auch richtig, was der Kollege Mutlu gesagt hat, dass zumindest Herr Wansner das eine oder andere doch schon verstanden zu haben scheint. Das Problem nur, Herr Kollege Saleh, das hilft Ihnen nicht, dass es Leute gibt, die noch schlechter dran sind. Sie müssen hier Ihre Vorschläge verantworten.

Da kann man das man unkoordiniert und nicht nachhaltig überschreiben. Es ist tatsächlich so, dass es einige gute Ansätze gibt und dass diese auch für eine gewisse Zeit einen finanziellen Hintergrund haben. Es ist jedoch immer nur punktuell und nicht nachhaltig. Projekte, die auslaufen, können nicht mehr fortgeführt werden.

Was uns während der Beratungen besonders aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass das wenige Geld, das überhaupt zur Verfügung steht, nicht einmal ordentlich ausgegeben wird, obwohl es sich um einen so kleinen Etat handelt. Das ist etwas, was sich ein solcher Bereich nicht leisten kann. Ich überlege daher, ob es nicht sinnvoll wäre, den gesamten Etat im Sinne eines migration budgeting zu überprüfen, also zu prüfen, ob Migrantinnen und Migranten in ausreichender und genügender Form partizipieren können. Sie sagten, Frau Senatorin, dass es entsprechend dem Anteil der Bevölkerung in manchen Bereichen so ist, dass eine Grenze erreicht wird, die das widerspiegelt. Ich habe meine Zweifel. Man kann sich seine Zahlen auch ein wenig so rechnen, wie man sie braucht. Um ernsthaft vernünftig darüber diskutieren zu können, ob Migrantinnen und Migranten auch an den staatlichen Gütern und zur Verfügung stehenden staatlichen Mitteln teilhaben können, sollte dies noch einmal überprüft werden.

Besonders ansprechen möchte ich hier den Aktionsplan für sexuelle Vielfalt. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es die Fraktion der Grünen war, die mit einem Antrag dieses auf die Tagesordnung gesetzt hat.

[Beifall bei den Grünen – Zurufe von der SPD]

Ich will aber auch unsere Freude zum Ausdruck bringen, dass es inzwischen so weit ist und eine große Mehrheit gefunden hat. Man fragt sich nur, warum Sie nicht den vollen Bedarf eingestellt haben und wieder beim Sowohlals-auch und Weder-noch geblieben sind. Sie haben es nicht richtig gemacht, sondern einem Kompromiss geopfert. Hier wäre noch mehr möglich gewesen.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kollegin Bayram! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wer nun dem Einzelplan 09 – Integration, Arbeit und Soziales – unter Berücksichtigung der Änderungen des Hauptausschusses gemäß Drucksache 16/2850 und den Auflagenbeschlüssen des Hauptausschusses Nummer 37 bis 44, vorbehaltlich der am Ende der Sitzung abzustimmenden Änderungsanträge der Fraktionen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die beiden Regierungsfraktionen. Die Gegenprobe! – Das sind die drei Oppositionsfraktionen. – Ersteres war die Mehrheit. Dann ist der Haushalt so beschlossen. Enthaltungen sehe ich nicht.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1 h:

Einzelplan 10 – Bildung, Wissenschaft und Forschung –

hierzu: Änderungen des Hauptausschusses gemäß Drs 16/2850

Für die SPD-Fraktion hat Frau Kollegin Scheeres das Wort. – Bitte schön, Frau Scheeres, ergreifen Sie es!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erziehung, Bildung und Betreuung sind der Schwerpunkt der Koalition. Bildung darf nichts kosten, ob es in der Kita, in der Schule oder in der Hochschule ist. Auch ist es uns wichtig, dass alle Kinder und Jugendlichen gleiche Bildungschancen in dieser Stadt haben. Dies ist der Leitgedanke unseres Handelns in Berlin. Bildung von Anfang an ist die Grundbedingung für eine gelingende Bildungsbiografie. Aus diesem Grund waren die Qualitätsverbesserung, aber auch die Beitragsfreiheit in den Haushaltsberatungen für uns ein Schwerpunkt.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Die Koalition hat seit eineinhalb Jahren einen Stufenplan, der dieses beinhaltete. Das spiegelte sich jetzt auch in den Haushaltsberatungen wider. Parallel haben – wie schon besprochen – der Senat und der Landeselternausschuss einen Kompromiss gefunden, um die wesentlichen Forderungen des Kitavolksbegehrens umzusetzen. Darüber freuen wir uns alle und danken allen Beteiligten.

Das Land Berlin gibt jetzt schon über 800 Millionen Euro für die Kitas aus. Wir werden im Jahr 2010 zusätzlich 22 Millionen Euro dazu fügen. Im Jahr 2011 werden über 64 Millionen für die Verbesserung des Personal-, des Leitungsschlüssels und die Einführung des Rechtsanspruches auf einen Teilzeitplatz stufenweise investiert. Die Beitragsfreiheit in den letzten drei Kitajahren, aber auch der Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz im letzten Jahr sowie die Erhöhung des Entgeltes für die Tagesmütter waren schon im Senatsentwurf enthalten. Wir werden in den nächsten zwei Jahren 1 800 Erzieherinnen in Berlin einstellen.

[Beifall bei der SPD]

Das bedeutet, dass wir auch schauen müssen, dass wir genügend Ausbildungskapazitäten vorhalten. Aus diesem Grund haben wir den Ansatz des Pestalozzi-FröbelHauses um 450 000 Euro erhöht. Sie bilden Erzieherinnen aus. Damit soll es genügend Ausbildungskapazitäten geben.

Wir führen in den nächsten Jahren eine wegweisende Schulstruktur in Berlin durch, indem wir die integrierte Sekundarschule einführen. Wir legen die Haupt-, Real- und Gesamtschule zusammen und bieten so allen Kindern und Jugendlichen gleichwertige Bildungschancen. Alle Kinder haben in Zukunft die Möglichkeit, ihr Abitur zu machen,

[Mieke Senftleben (FDP): Das haben sie heute schon!]

entweder auf der Sekundarschule in 13 Jahren oder auf dem Gymnasium in 12 Jahren. Alle Kinder auf der Sekundarschule lernen in kleineren Klassen. Sie lernen praxisorientiert und erhalten eine individuelle Förderung. Besonders ist, dass die integrierte Sekundarschule ein Ganztagsangebot ist. Im Gymnasium werden wir ebenfalls das Ganztagsangebot stufenweise ausbauen.

Die notwendigen Mittel der Sekundarschule waren schon im Senatsentwurf enthalten. Damit die Schulstrukturreform ein voller Erfolg ist, haben wir 100 zusätzliche Lehrerstellen in den Haushalt eingestellt, 30 Stellen für den Dispositionspool und 70 Lehrerstellen, damit wir mit der Sekundarschule im Schuljahr 2010/2011 beginnen können. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich machen. Die zusätzlichen Lehrerstellen sind dazu da, dass die Schulen in den sozialen Brennpunkten auf keinen Fall belastet werden.

[Beifall bei der SPD]

Auch die Kinder- und Jugendarbeit und Jugendhilfe spielt im Ganztagsbetrieb eine große Rolle. Auch die Jugendverbände und Bildungsstätten haben sich auf den Weg gemacht, was die Kooperation der Schule und Jugendhilfe angeht. Sie haben aber in den letzten Jahren keine zusätzlichen Mittel bekommen. Wir möchten in den Haushaltsjahren 2010/2011 den Jugendverbänden und Bildungsstätten 150 000 Euro jährlich mehr zur Verfügung stellen, damit sie diesen Weg auch weitergehen können.

Das Thema Schulhelfer ist schon angesprochen worden. Wir haben es im Sommer diskutiert. Hier besteht ein Bedarf. Wir werden auf jeden Fall die Haushaltsmittel im Jahr 2010 und 2011 in diesem Bereich erhöhen. Ein weiterer Schwerpunkt der Koalition ist der Kinderschutz. Wir haben vor zwei Jahren das Netzwerk Kinderschutz auf den Weg gebracht. Wir haben heute auch das Kinderschutzgesetz beschlossen. Ziel ist es, Kinder zu schützen und Familien zu unterstützen. Das Netzwerk Kinderschutz ist ein Erfolg. Ein Ergebnis ist auch, dass die Fallzahlen im Bereich der Hilfen zur Erziehung gestiegen sind. Darauf reagieren wir, indem wir die Zuweisung an die Bezirke für die HzE-Kosten von damals 318 Millionen Euro jetzt auf 360 Millionen Euro steigern. Wir werden 2011 die Ist-Zahlen an 2009 angleichen.

In diesem Bereich finanzieren wir auch die fallunspezifische Arbeit, die wir schon bei den letzten Haushaltsberatungen als Modell auf den Weg gebracht haben. Sie ist ein Erfolgsmodell. Wir erhöhen die frühen Hilfen und auch noch andere Ansätze wie Mütterkurse. Wir haben im Einzelplan 10 Schwerpunkte für Familien, Kinder und Jugendliche gesetzt und hoffen, damit viele zu erreichen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Danke schön, Frau Kollegin! – Für die CDU-Fraktion hat nunmehr der Kollege Steuer das Wort. – Bitte schön, Herr Steuer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie von der Koalition haben sich auch heute wieder mit allerlei Reformen und Projekten gerühmt, die Sie in die Berliner Schule gebracht haben. Tatsächlich machen Sie hier in Berlin auch hier und da anderes als manch anderes Bundesland. Aber, um es ganz deutlich zu sagen, wenn heute noch an über 150 Schulen weniger als 96 Prozent des Lehrerbedarfs vorhanden ist und weiter jeden Monat Zehntausende von Unterrichtsstunden ersatzlos ausfallen, stimmt es bei den Grundlagen nicht. Darüber können auch noch so viele Sonderprogramme nicht hinwegtäuschen.

[Beifall bei der CDU]

Wir beantragen daher, jeden einzelnen Lehrer, der in den kommenden beiden Jahren ausscheidet, weil er die Pensionierungsgrenze erreicht hat, durch einen neuen Kollegen zu ersetzen, anstatt, wie Sie es tun, den Schülerrückgang zu nutzen, um im Bildungsetat Stellen einzusparen. Wir wollen die Stellen in den Schulen lassen. Wir wollen den Schulen eine Unterrichtsgarantie geben, anstatt sie immer nur den Mangel verwalten zu lassen.

[Beifall bei der CDU]

Aber es ist nicht nur das Personal. Auch in den Gebäuden steckt der Wurm, im wahrsten Sinne des Wortes. Nach

Sandra Scheeres

wie vor beträgt der Sanierungsstau an den Schulen viele Hundert Millionen Euro. Wir beantragen deshalb auch, das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm auf die alte Höhe von 51 Millionen Euro jährlich aufzustocken. Es kann doch nicht sein, dass die Schule das kaputteste Gebäude eines Bezirks ist.

[Zurufe von der CDU: Empörend! – Skandal!]

Im Mittelpunkt dieses Doppelhaushalts hätte die Schulstrukturreform stehen müssen. Stattdessen legt der Senat einen Haushalt vor, in dem es nur die alten Schulkapitel gab.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Frau Dr. Tesch?

Ja, Sie kommt ja sonst nicht zu Wort!

Bitte sehr!

Danke schön, Herr Steuer! – Sie haben gerade beklagt, dass die Schulen auch baulich noch in einem erbarmungswürdigen Zustand seien. Ich erinnere mich jedoch daran, dass Ihr Fraktionsvorsitzender Henkel uns in seiner Grundsatzrede beschimpft hat, dass wir Geld aus dem K-II-Programm nehmen, um Schulen zu sanieren, und es nicht in die energetische Sanierung stecken. Wie gehen Sie mit diesem Widerspruch um?

Bitte, Herr Kollege Steuer!

Frau Tesch! Der Sanierungsstau an den Berliner Schulen liegt nach zwölf Jahren sozialdemokratischer Bildungspolitik bei 900 Millionen Euro, da hat das Konjunkturpaket II etwas abgeholfen, aber auch nur den Sekundarschulstandorten. Sie haben fast nichts für die Gymnasien und die Grundschulen ausgegeben. Dort ist der Sanierungsstau nach wie vor enorm.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Dr. Fritz Felgentreu (SPD)]

Im Mittelpunkt dieses Doppelhaushalts hätte die Schulstrukturreform stehen müssen. Stattdessen legen Sie einen Haushalt vor, in dem es nur die alten Schulkapitel gab, also aufgeteilt in die alten Schulformen Hauptschule, Realschule, Gesamtschule und Gymnasium. Erst nach mehrmaligem Nachfragen erhielten wir einen Bericht der Bildungsverwaltung, in dem es heißt, die Ausgaben werden nach den bisherigen Kapiteln kostenneutral in das

neue Kapitel Sekundarschulen überführt. „Kostenneutral“, Herr Senator Zöllner, ist das Gegenteil von dem, was alle erwartet haben und ist auch das Gegenteil Ihrer Ankündigungen vom Januar dieses Jahres. Da haben Sie gesagt, es gäbe mit Ihnen, Herr Zöllner, eine Schulstrukturreform nur, wenn dies mit einer deutlichen pädagogischen Verbesserung verbunden ist. Am Ende herausgekommen sind 80 zusätzliche Stellen für die kommenden zwei Jahre. 80 Stellen für die Schulstrukturreform, Herr Senator Zöllner, das ist ein schlechter Scherz.

Am schlimmsten wird es die bisherigen Hauptschüler treffen. Wer bisher eine Hauptschule besucht, sitzt dort in Klassen mit maximal 17 Schülern. In der Sekundarschule werden es 25 Schüler sein. Nun sagen Sie: Den Hauptschülern wird durch das neue Duale Lernen geholfen. Wie denn? Das Duale Lernen ist so viel oder wenig, wie die Schulen daraus machen werden. Sie überlassen das Konzept den Schulen selbst und schlagen ein Sammelsurium an Ausgestaltungen vor, anstatt klare Umsetzungskonzepte vorzulegen, wie beispielsweise das bisherige Produktive Lernen, also eine echte Verknüpfung von Unterricht und Praxis. Dies aber wird es bei Ihnen nicht geben. Stattdessen gilt als Duales Lernen auch das Werken im Unterricht oder – beinahe lächerlich – der Girl’s Day. Es ist wahr, auf der Internetseite der Bildungsverwaltung nachzulesen: Der Girl’s Day ist dort eine Variante des Dualen Lernens. Mich hat das, ehrlich gesagt, beinahe umgehauen, und offensichtlich ist dieser Vorschlag der SPD selbst so peinlich, dass Frau Tesch auf eine Rede verzichtet hat. Die schwachen Schüler werden am Ende in Ihrer Sekundarschule leider untergehen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]