Protocol of the Session on December 10, 2009

Ich frage Sie, Herr Henkel: Warum haben Sie nicht die 480 Milliarden Euro für die Abschirmung der Banken ins Verhältnis zu den 120 Millionen Euro für die Hilfebedürftigen gesetzt? – Herr Henkel! Ihre Politik ist soziale Kälte, und da macht die Sozialdemokratie nicht mit.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Uwe Doering (Linksfraktion): Oh! Ist mir kalt!]

Mit diesem Berliner Modell schaffen wir langfristige Beschäftigungsangebote zu tariflichen Bedingungen für Langzeitarbeitslose, die es schwer haben, auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden. Langzeitarbeitslose erhalten so die Möglichkeit der sozialen Teilnahme, und das ist auch gut so.

[Mario Czaja (CDU): Die Frau ist ja echt süß!]

Aber wir verschließen nicht die Augen vor eventuellen Fehlentwicklungen. Deshalb werden wir die Weiterentwicklung der Maßnahmen des öffentlichen Beschäftigungssektors selbstverständlich begleiten und uns jährlich einen Bericht über die Teilnehmerzahlen, Einsatzfelder und Fördermittel der Jobcenter sowie des Landes Berlin vorlegen lassen.

Senatorin Gisela von der Aue

[Zuruf von der CDU: Bis zu den Wahlen!]

Allerdings sage ich auch an dieser Stelle: Falls die Bundesregierung auf die Idee kommen sollte – und davon kann man ausgehen –, die Gelder für die beiden Bundesprogramme, die wir für den ÖBS nutzen, nicht mehr zur Verfügung zu stellen, so kann das Land Berlin die Kosten nicht alleine tragen. Das wäre allerdings das Aus für den ÖBS, das Aus für 7 500 Menschen in dieser Stadt.

Das Bund-Länder-Sonderprogramm für zusätzliche außerbetriebliche Ausbildungsplätze läuft bereits Ende dieses Jahres aus. Aber gerade junge Menschen brauchen eine berufliche Perspektive. Deshalb kann ich nur von dieser Stelle aus an die Bundesregierung appellieren, dieses Programm fortzusetzen und den Ländern das Geld zur Verfügung zu stellen. Deshalb legen wir einen weiteren Schwerpunkt auf die sogenannten „Altbewerber und -bewerberinnen“. Um diesen jungen Menschen außerbetriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, werden wir im Jahr 2010 1 000 und im Jahr 2011 500 Plätze im Rahmen der dreieinhalbjährigen Verbundausbildung aus Landesmitteln fördern. Auch das ist soziale Gerechtigkeit.

Keiner von uns kann heute schon sagen, wie sich die Wirtschaftskrise noch auswirken wird – es sei denn, wir haben eine Hellseherin oder einen Hellseher unter uns. Die habe ich bis jetzt aber noch nicht entdeckt.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Schwarzseher!]

Auch in Berlin wird in etlichen Betrieben kurzgearbeitet, und es ist noch nicht abzusehen, ob am Ende dieser Kurzarbeit nicht die Arbeitslosigkeit droht. Deshalb ist es wichtig, Gelder in den Haushalt des Landes Berlin einzustellen, die für Weiterbildung sowie für die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt bestimmt sind, um hier ein Stück weit die Steuerung in der Arbeitsmarktpolitik zu bestimmen. Auch dafür haben wir Vorsorge betrieben.

Im Bereich Soziales haben wir den Stadtteilzentrenvertrag mit 3,7 Millionen Euro sowie den Sozialvertrag der Liga, der Wohlfahrtsverbände mit 12,9 Millionen Euro auf gleichem Niveau gehalten und für weitere fünf Jahre finanziell abgesichert. Das ist ein weiterer Schwerpunkt der rot-roten Koalition. Damit sichern wir die soziale Infrastruktur in der Stadt. Wir haben die Landesstelle für Antidiskriminierung besser ausgestattet, und wir haben die Gelder für die Umsetzung der Landesinitiative für sexuelle Vielfalt eingestellt. Das ist ein Beispiel für: Beschlossen und gehandelt! Damit machen wir deutlich, dass Berlin für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt steht und sagen damit gleichzeitig nein zur Gewalt, die sich gegen sexuelle Vielfalt richtet.

Mit diesem Entwurf zum Einzelplan 09 haben wir bewährte Aktionsprogramme sowie neue Initiativen richtungsweisend umgesetzt und sind unserem Handlungsauftrag gerecht geworden. Rot-Rot steht für einen sozial gerechten Haushalt und stärkt somit nachhaltig den sozialen Frieden in unserer Stadt. Rot-Rot macht keine Klien

telpolitik. Das unterscheidet uns von Ihnen, meine Damen und Herren der Opposition! Deshalb bitte ich um Zustimmung zu diesem Einzelplan. – Ich danke Ihnen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Grosse! – Das Wort für die CDUFraktion hat der Kollege Hoffmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Grosse! Die Kritik an Herrn Henkel möchte ich entschieden zurückweisen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Aber vergeblich!]

Im Gegensatz zu den komischen Versprechungen, die Sie hier abgeben, liegt Herrn Henkel in der Tat der soziale Ausgleich in Berlin am Herzen.

[Beifall bei der CDU – Uwe Doering (Linksfraktion): Ganz was Neues!]

Daran können Sie sich noch ein Beispiel nehmen!

Im Vorfeld der heutigen Haushaltsberatungen gab es zwei interessante Meldungen, die den Standort Berlin in seiner Wirtschafts- und Sozialstruktur ganz eindeutig auf den letzten Platz in der bundesweiten Rangfolge verweisen. Das war zum einen die Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes und zum anderen das sogenannte Bestandsranking der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Da Sie das vorhin selbst zitiert haben, habe ich mich auch getraut, es hier zu zitieren. Diese bescheinigen Berlin die meisten Hartz-IV-Empfänger, den geringsten Anteil an Erwerbstätigen in der Bevölkerung, die meisten Arbeitslosen unter 24 Jahren und das niedrigste Durchschnittseinkommen – einmalig in der Welt für eine Hauptstadt, aber das ist die traurige Bilanz von SPD und Linken im neunten Jahr ihrer rot-roten Herrschaft in Berlin.

[Beifall bei der CDU – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Die immer noch Ihre Trümmer abräumt!]

Nein! Da wird nichts mehr abgeräumt! Das ist das von Ihnen verursachte Chaos in dieser Stadt! Unter einer CDU-geführten Regierung wäre dieses Land in den letzten Jahren aufgeblüht.

[Beifall bei der CDU – Unruhe]

Und wer jetzt glaubt, dass diese Koalition einen Plan für mehr Arbeit entwickelt hätte, um Änderungen auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen, sieht sich getäuscht. Die Wirtschaft stagniert, und das Vorzeigeprojekt öffentlicher Beschäftigungssektor – eben noch einmal herausgehoben – wird selbst unter den Koalitionären kritisch beurteilt. Es ist – und das wissen Sie, Frau Grosse – viel zu teuer, erfasst viel zu wenig Menschen und hat dafür eine traurige Bilanz vorzuweisen.

Burgunde Grosse

Die dritte traurige Bilanz ist die Tatsache, dass sich die Sozialstruktur in vielen Kiezen verschlechtert hat. Jetzt wollen Sie mit Ihrem Quartiersmanagement noch mehr Geld in Gebiete hineinfließen lassen,

[Uwe Doering (Linksfraktion): Auweia!]

insgesamt 100 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren für Projektarbeit und fünf neue Fördergebiete. Wir halten das für ein völlig unsinniges Vorgehen, weil auf der anderen Seite des Senatsprogramms sparen, streichen und schließen munter weitergefahren wird und zugleich bis 2011 mehr als 8 500 Beschäftigte im öffentlichen Dienst abgebaut werden sollen, nicht zu vergessen, dass 30 Prozent der jetzt noch 25 000 Bediensteten aus Altersgründen ausscheiden. Das schreit doch regelrecht danach, kritisch die Strukturen zu überprüfen.

Ich frage Sie: Warum will und kann dieser Senat sich nicht endlich zu einem Umbau der sozialen Infrastruktur auf Grundlage einer stadtweiten Soziaplanung entschließen? Warum kann und will er keine Überführung des Quartiersmanagements in ein effizientes Stadtteilmanagement in Zusammenarbeit mit den Bezirken und den Stadtteilzentren? Keiner, der sich damit intensiv beschäftigt, kann das begreifen.

Was braucht diese Stadt? – Sie braucht greifbare und erlebbare Perspektiven für die Menschen. Das bedeutet erstens, alle Potenziale für eine anhaltende Wirtschaftsbelebung und mehr Arbeitsplätze auszuschöpfen und vom teuren öffentlichen Beschäftigungsprogramm Abstand zu nehmen. Das bedeutet zweitens, mehr für die berufliche Aus- und Weiterbildung zu tun. Wir wollen, dass alle Schulabgänger mit einem Ausbildungsplatz versorgt werden und vor allem dass die noch immer hohe Zahl der Altbewerber abgebaut wird.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das haben wir auch beantragt. Aus diesem Grund wollen wir die Ausbildungsmittel um 6 Millionen Euro aus den öffentlichen Beschäftigungssektor entsprechend aufstocken. Damit sollen insbesondere mehr Plätze in dem erfolgreichen Ausbildungsprogramm MDQM finanziert werden.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir wollen drittens, dass Umschulungen und Qualifizierungen arbeitsloser Menschen entsprechend dem Bedarf erfolgen. Bei durchschnittlich mehr als 30 000 offenen Stellen pro Monat in Berlin ist das zwingend erforderlich. Auch wegen des sich abzeichnenden Fachkräftemangels muss mehr getan werden. So sollten Vorstellungen zur Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres im Bereich der Landesmittel stärker gesichert werden.

Nicht zuletzt gilt es, Strukturen effizienter zu machen und dafür zu sorgen, dass das viele Geld auch wirklich da ankommt, wo es gebraucht wird. Das gilt für die Ausgestaltung der Sozialräume ebenso wie für die sozialen Dienstleistungen, die zum Beispiel durch Wohngeldämter

und Schuldnerberatungsstellen erbracht werden müssen. Hier verschanzt sich der Senat hinter den Bezirken, aber das lassen wir ihm nicht durchgehen.

[Beifall bei der CDU]

Ihre inaktive Haltung haben Sie bereits bei dem Stichwort „nicht durchgehen“ hinsichtlich der Neuorganisation der Jobcenter bewiesen. Es reicht nicht aus, nur immer zu sagen, die und die sind schuld, und selbst nicht eine praktische Idee dazu beizutragen, dass Berlin sich endlich so entwickelt, dass wir nicht mehr die Hauptstadt der Armen sind.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion Die Linke hat Frau Breitenbach.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hoffmann! Bei der Neuordnung der Jobcenter war es bislang eher die CDU, die ihre Unbeweglichkeit bewiesen hat.

[Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Burgunde Grosse (SPD)]

Gesellschaftliche Integration ist ein politischer Schwerpunkt von Rot-Rot. So vielfältig wie die Ethnien, die Lebensentwürfe und das kulturelle Leben dieser Stadt, so vielfältig sind leider auch immer noch die Bereiche, in denen Diskriminierung und Ausgrenzung stattfinden.

Verzeihen Sie, Frau Breitenbach, dass ich kurz unterbreche! – Die Dame da oben, die von oben die Tische fotografiert – das ist leider unzulässig! Bitte unterlassen Sie das! Danke schön!

Um dem entgegenzutreten, brauchen wir vielfältige Maßnahmen, und wir brauchen vor allem ein hohes Maß an Partizipation der von Ausgrenzung betroffenen Bevölkerungsgruppen, denn nur so werden wir auf Dauer Diskriminierung abbauen und gesellschaftliche Teilhabe erreichen können.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Mitgliedern des Integrationsbeirats bedanken, die seit sechs Jahren mit ihrer Arbeit – die meisten machen es ehrenamtlich – die Integrationspolitik dieser Stadt mitgeprägt haben und hoffentlich auch weiter mitprägen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]