Protocol of the Session on October 15, 2009

Der vorliegende Antrag ist ein großer Schritt für die FDP,

[Daniel Buchholz (SPD): Aber ein kleiner für die Menschheit!]

und er findet unsere Anerkennung – bei aller Kritik in Detailfragen.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Klatscht doch mal! – Beifall bei der SPD und der FDP]

Auf der anderen Seite erleben wir, dass die CDU ein 10-Punkte-Paket zur Nachhaltigkeit macht. Das besteht zu zwei Dritteln aus Symbolpolitik und zu einem Drittel aus Unsinn. Dieses Paket klammert das wichtigste klimapolitische Vorhaben – das Klimaschutzgesetz – völlig aus. Herr Schmidt! Von Ihnen haben wir eben die alte Rhetorik mit neuen Inhalten erlebt. Von der CDU erleben wir eine neue Rhetorik mit alten Inhalten. Dieser 10-PunktePlan für Nachhaltigkeit hat wieder einmal klar gemacht, dass Jamaika von Berlin aus betrachtet weiter entfernt ist als der Mond.

[Beifall bei den Grünen und der SPD – Daniel Buchholz (SPD): Bravo! – Dr. Martin Lindner (FDP): Nun seien Sie mal nicht so defätistisch!]

Dennoch gelingt es der CDU, selbst mit diesem 10-Punkte-Plan Aufmerksamkeit zu erzielen. Das zeigt, wie groß das Vakuum ist, das Herr Wowereit in der Klimapolitik in Berlin aufmacht.

[Christoph Meyer (FDP): Nicht nur da!]

Sonnenkönig wurden Sie von der CDU genannt. Energiepolitisch betrachtet würde ich sagen: Schön wär’s. – Sie sind ein Fossil und kein Sonnenkönig, Herr Wowereit!

[Beifall bei den Grünen – Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Sie irren!]

Sie haben noch von Kohle gesprochen, als Vattenfall die Pläne schon beerdigt hatte.

[Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Immer noch erneuerbar!]

Sie und Katrin Lompscher unterschreiben mit Vattenfall Europe eine sogenannte Klimaschutzvereinbarung, die Vattenfall einen Freibrief gibt, weniger CO2 einsparen zu müssen als der Durchschnitt der Stadt. Der größte Emit

tent, der größte Klimaverschmutzer Berlins muss weniger beitragen als der Rest.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Der braucht jetzt keine Steinkohle mehr!]

Herr Wowereit! Das machen Sie, bevor Ihr Senat die Energiekonzeption 2020 überhaupt beschlossen hat, in der drinstehen soll, wie viel die privaten Haushalte, der Verkehr, die Industrie und Vattenfall als größter Energieerzeuger einsparen sollen. Vorher geben Sie Vattenfall einen Freibrief, der Vattenfall mehrere Hundert Millionen an Investitionen erlässt und den andere bezahlen müssen, die diese Investitionen zusätzlich werden leisten müssen. Herr Wowereit! Sie sind der letzte politische Verbündete, der Vattenfall nach dem Krümmel-Desaster noch geblieben ist. Vielleicht gehört auch noch Frau Lompscher dazu.

[Christian Gaebler (SPD): Nein, Herr Dr. Lindner!]

Dieses Geschenk ist für Vattenfall sehr viel wert, und es ist sehr teuer für Berlin.

Beim Klimaschutzgesetz rächt sich das Vorgehen von Frau Lompscher, die meinte, man könne das hier par Ordre du Mufti einführen. Sie hat zu Recht eine Reihe von sehr kritischen Stellungnahmen aus den Verbänden bekommen. Sie hat aber zu Unrecht eine Reihe von sehr kritischen Stellungnahmen aus der SPD bekommen. Herr Müller möchte, dass das Gesetz für die landeseigenen Gebäude nicht gilt. Herr Kohlmeier möchte lieber gar kein Gesetz, als dass es irgendwie die Warmmieten erhöht. Herr Kohlmeier! Anders herum wird es richtig. Eine arme Stadt wie Berlin kann sich den Verzicht auf Klimaschutz nicht leisten. Die Preise der fossilen Energieträger werden sich in den nächsten Jahren verdoppeln und verdreifachen. Am stärksten werden die untersten Einkommen betroffen sein.

[Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Sozialpolitik bedeutet, eine ehrgeizige Klimaschutzpolitik zu machen – und nicht anders herum, wie es Teilen der SPD vorschwebt.

[Beifall bei den Grünen – Daniel Buchholz (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Ein Lichtblick ist das, was Herr Buchholz heute hinsichtlich des Stufenmodells gesagt hat.

Herr Buchholz meldet sich gerade zu einer Zwischenfrage, Herr Schäfer!

Sehr gern! Ich bin ja gerade bei ihm.

Herr Kollege! Da Sie auf den Regierenden Bürgermeister so eingegangen sind, frage ich Sie: Wie erklären Sie sich, dass Berlin bei einem Vergleich der 16 Bundesländer wieder ganz hervorragend abgeschnitten hat, was den durchschnittlichen CO2-Ausstoß der Einwohner angeht? 5,9 Tonnen pro Einwohner und Jahr – das kommt daher, dass wir so viel Fernwärme, einen toll ausgebauten Personennahverkehr – trotz des S-Bahnchaos – und viele andere Maßnahmen ergriffen haben.

[Zurufe von der FDP]

Ein Grund ist auch, dass Vattenfall schon große Kraftwerke saniert hat. Passt das zu Ihrer Argumentation?

[Zurufe von den Grünen]

Herr Buchholz! Mir war gar nicht klar, dass Herr Wowereit schon vor hundert Jahren, als das Fernwärmenetz eingeführt wurde, regiert hat und vor Jahrzehnten den ÖPNV in Berlin aufgebaut hat.

[Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Aber ich bin doch angeblich für alles verantwortlich!]

All diese Strukturen sind älter als Herr Wowereit. Ich sehe nicht, dass dies sein Verdienst ist.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Björn Jotzo (FDP)]

Wir sehen aber im Gegenteil, dass im Jahr 2006 in Berlin die CO2-Emissionen pro Einwohner angestiegen sind, während sie im Bundesdurchschnitt gesunken sind. Das ist das Verdienst Ihrer Politik. Diese Zahlen können Sie sich mal angucken, und dann sehen Sie den WowereitEffekt. Der mindert nicht CO2, sondern der bringt mehr CO2-Emissionen für Berlin.

[Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Was ich schon reduziert habe!]

Was hätten Sie gern schon reduziert? –

[Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Habe ich!]

Ach! Erzählen Sie uns doch mal! Warum sagt dann Ihr Statistisches Landesamt, dass den CO2-Ausstoß im letzten Berichtsjahr angestiegen ist?

[Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Wenn Sie wirtschaftlichen Erfolg haben, wird er automatisch ansteigen!]

Sie haben also wirtschaftlichen Erfolg gehabt in Berlin. Das war auch noch nicht so offensichtlich.

[Beifall bei den Grünen – Zurufe von der FDP: Hört, hört! – Weitere Zurufe von den Grünen]

Ich würde sagen, genauso wie wir hier unter Wowereit keinen klimapolitischen Erfolg gehabt haben, haben wir auch keinen wirtschaftspolitischen Erfolg gehabt.

[Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Sie gehören in die Steinzeit! – Christoph Meyer (FDP): In den Dschungel!]

In die Steinzeit gehört die Kohle, aber nicht die erneuerbaren Energien.

Mit der Wende der SPD hin zum Stufenmodell kommen wir einem vernünftigen Klimaschutzgesetz deutlich näher. Ich sehe auch im FDP-Antrag deutliche Anzeichen in Richtung auf ein Stufenmodell. Ich finde, wir sollten versuchen, bei diesem wichtigen Thema einen breiteren Konsens zu finden. Wir sind dazu bereit, uns in die Details zu begeben. Ich sehe mit Freude, dass sich auch die SPD da etwas bewegt, und hoffe, dass die Linke dem folgen wird. Wir haben die Chance, in Berlin ein Klimaschutzgesetz zu beschließen, wie es ganz Deutschland nicht hat.

Herr Kollege! Das ist ein sehr langer Schlusssatz. Irgendwann muss es mal zu Ende sein.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Wenn es am schönsten ist!]

Herr Wowereit! Mit solch einem Klimaschutzgesetz könnten Sie dann auch mal dazu beitragen, die CO2Emission tatsächlich zu vermindern.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung beider Anträge federführend an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz sowie mitberatend an den Ausschuss für Bauen und Wohnen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Ich rufe auf