Protocol of the Session on October 15, 2009

Danke schön, Herr Präsident! – Ich befrage die Senatorin für Justiz, und zwar aus Anlass des Todesfalls, der in der letzten Woche bekannt geworden ist. – Warum wurde der Tod einer drogenabhängigen Strafgefangenen in der JVA für Frauen dem Rechtsausschuss nicht mitgeteilt?

Weiterhin frage ich die Senatorin: Welche Strategie verfolgt der Berliner Strafvollzug im Umgang mit drogenabhängigen Strafgefangenen, und welche Angebote werden gemacht?

Danke schön! – Frau Senatorin von der Aue – bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kohlmeier! Seit meinem Amtsantritt werden dem Rechtsausschuss alle Suizide, Suizidversuche und sonstige Todesfälle zeitnah in der nächst folgenden Ausschusssitzung gemeldet. Ich

bin auch in diesem Fall davon ausgegangen, dass das so erfolgt sei,

[Dirk Behrendt (Grüne): Ist es aber nicht!]

als mich vor gut einer Woche eine Journalistin zu dem Fall und zu den näheren Einzelheiten befragte.

Sie haben recht, es ist ausweislich des Protokolls des Rechtsausschusses nicht geschehen. Hausinterne Recherchen haben ergeben, dass es vermutlich daran liegt, dass unterlassen wurde, diesen Fall in die vorbereitende Mappe für die Sitzung des Ausschusses einzufügen.

Herr Abgeordneter Behrendt! Gerade Sie interessieren sich doch stets für diese Fälle.

[Dirk Behrendt (Grüne): Für die vollständigen Fälle!]

Sie haben doch festgestellt, dass wir sonst immer lückenlos berichtet haben! Wissen Sie, immer dort, wo Menschen arbeiten, werden Entscheidungen getroffen. Da kann es auch einmal zu Fehlern kommen.

[Dirk Behrendt (Grüne): Es gibt aber Verantwortliche!]

Um für die Zukunft Fehler vermeiden zu können, haben wir das Deckblatt für die zu meldenden besonderen Vorkommnisse aus dem Vollzug um einen Punkt ergänzt. Er wird für die Zukunft sicherstellen, dass solche Fälle grundsätzlich in die entsprechende Vorbereitungsmappe eingeordnet werden. Da gibt es jetzt eine Einteilung „Bericht im Rechtssausschuss“.

Zu Ihrer weiteren Frage: Wir haben einen Anteil zwischen ungefähr 20 und 30 Prozent von Inhaftierten, die ein massives Drogenproblem haben. Justizvollzugsanstalten sind naturgemäß keine medizinischen Rehabilitationseinrichtungen und können deshalb keine internen Therapien durchführen. Deshalb ist es das Grundanliegen des Vollzugs, die inhaftierten Drogenabhängigen zu motivieren, dass sie eine externe Drogentherapie durchführen. Wir arbeiten deshalb eng mit externen Drogenberatungsstellen zusammen und helfen in einzelnen Fällen den Betroffenen, einen Platz nachgewiesen zu bekommen, und auch bei der Kostenübernahme durch die entsprechenden Träger.

[Benedikt Lux (Grüne): Ach! – Zuruf von Dirk Behrendt (Grüne)]

Vielleicht, Herr Abgeordneter Behrendt, sollten Sie mich auch einmal ausreden lassen! Es wäre nett, wenn Sie mir zuhören wollten! – Wenn eine solche externe Drogentherapie gestattet werden kann, gilt im Prinzip der Grundsatz Therapie vor Strafe, das heißt, die Strafvollstreckung wird zeitweise ausgesetzt.

[Benedikt Lux (Grüne): Wie oft ist das passiert?]

Kann eine externe Therapie nicht durchgeführt werden, haben wir verschiedene Angebote für diejenigen, die sich im Vollzug befinden.

[Benedikt Lux (Grüne): Wie viele Leute?]

Wir haben eine umfassende psycho-soziale Beratung, wir haben Stabilisierungsangebote, wir haben ein Methadonprogramm, das in den entsprechenden Anstalten durchgeführt wird. Darüber hinaus haben wir das Konzept, dass die drogenabhängigen Inhaftierten in besonderen Bereichen zusammengefasst werden.

[Benedikt Lux (Grüne): Wie viele Leute denn nun?]

Wir haben außerdem die Konzeption nicht nur auf die Drogenabhängigen, sondern auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgedehnt. Diejenigen von ihnen, die in diesen Bereichen arbeiten, werden permanent entsprechend fortgebildet. Es gibt eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Behandlung von Suchtverhalten im Vollzug befasst. Sie trifft sich regelmäßig. Alle Anstalten werden von kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vertreten, die sich regelmäßig darüber austauschen, welche neuen Erkenntnisse es gibt, die im Vollzug umgesetzt werden können. Ich habe gerade einen Brief von der Aidshilfe erhalten, in dem ausdrücklich das erfolgreiche und beispielgebende Drogenbehandlungsprogramm der Justizvollzugsanstalt Frauen gelobt worden ist.

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Kohlmeier. – Bitte, Sie haben das Wort!

Ich möchte erst einmal mein Verständnis dafür äußern, dass es ein menschliches Versehen gegeben hat.

Ich habe noch eine Nachfrage an die Senatorin. – Kann davon ausgegangen werden, dass die bisher übliche Praxis, dass im Rechtsausschuss über die Todesfälle in den Justizvollzugsanstalten informiert wird, beibehalten wird?

Frau Senatorin von der Aue – bitte!

Herr Abgeordneter Kohlmeier! Wir haben es mit Ausnahme dieses Falles durchgängig so getan und werden es auch in der Zukunft so machen. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ein Fehler passiert ist. Wir haben in diesem Fall keineswegs irgendetwas vertuscht oder unter dem Deckel gehalten. Das können Sie an den vielfältigen Artikeln sehen, die in der letzten Woche zu diesem Fall veröffentlicht worden sind.

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Frau Senatorin!

Für die Fraktion der CDU ist jetzt der Kollege Friederici mit einer Frage an der Reihe. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Regierenden Bürgermeister zum Thema Namensfindung BBI. – Wie kann es sein, dass die vom Regierenden Bürgermeister unter höhnischem Gelächter von Presse, Politik und Öffentlichkeit verlautbarte Chefsache der Namensfindung für den neuen Großflughafen BBI nach nunmehr zehn Monaten von Ihnen noch nicht einmal begonnen wurde?

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich kann mich erstens nicht an irgendein höhnisches Gelächter erinnern. Das müssten Sie verifizieren. – Zweitens wird die Flughafengesellschaft zum gegebenen Zeitpunkt die Namensnennung vornehmen. Ich gehe davon aus, dass das demnächst erfolgen wird, weil das für die gesamte Designentscheidung des Flughafens eine Rolle spielt. Es ist kein Zeitverzug vorhanden.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Eine Nachfrage vom Kollegen Friederici. – Bitte!

Wenn man die Presse aus der damaligen Zeit liest, werden Sie schon merken, dass da ein höhnisches Gelächter war.

Ich frage Sie noch einmal: Setzen Sie sich darüber hinaus dafür ein, das es zu diesem doch sehr weitreichenden Namensthema eine öffentliche Bürgerbefragung gibt? Die könnte man gemeinsam in Berlin und Brandenburg durchführen, denn das Projekt ist ja von internationalem Rang und deshalb sehr wichtig.

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Es ist nicht beabsichtigt, eine Bürgerbefragung in Berlin und Brandenburg und darüber hinaus durchzuführen. Die Flughafengesellschaft wird das entscheiden.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Jetzt geht es weiter mit einer spontanen Frage des Kollegen Schäfer von Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön, Herr Schäfer!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister.

[Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Na, endlich wieder!]

Herr Wowereit! Warum haben Sie vor sieben Tagen eine Vereinbarung unterschrieben, die den größten Klimaverschmutzer Berlins privilegiert; warum haben Sie dem Vattenfall-Konzern zugestanden, dass er seinen CO2-Ausstoß von 2006 bis 2020 nur um knapp 15 Prozent reduzieren muss, während der berlinweite Durchschnitt bei über 21 Prozent liegt? Dass der größte Verschmutzer am wenigsten beitragen muss, ist uns nicht verständlich.

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich habe mich schon in den letzten Sitzungen gewundert, dass Sie mich nicht wieder gefragt haben. Ich habe schon gedacht, Sie hätten mir irgendwie einen Liebesentzug erteilt. – Also: Wir freuen uns, dass das Unternehmen Vattenfall und andere private Unternehmen mit uns im Klimabündnis zusammenarbeiten und im Rahmen von Selbstverpflichtungen den CO2-Reduzierungsbeschluss mittragen. Bei den von Ihnen genannten Zahlen handelt es sich um zusätzliche Prozentzahlen, die dann in der gesamten Bilanz von 1990 bis 2020 zu erheblichen Reduzierungen beitragen. Insofern sollten Sie sich die Vereinbarung noch einmal im Detail anschauen.

Ansonsten bin ich davon ausgegangen, dass wir hier einen breiten Konsens haben und die Sanierung der Kraftwerke – auch die Abkehr von Steinkohle in Klingenberg und die bessere Situation mit erneuerbarer Energie – breites Wohlwollen und Zustimmung gefunden hat. Mich wundert, dass Sie das wieder infrage stellen.

Kollege Schäfer hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Danke! – Das stellen wir nicht infrage. Es ist die Frage, ob allein dies reicht. Sie sollten sich die Sache noch einmal genauer ansehen, denn von 2006 bis 2020 soll Vattenfall nur knapp 15 Prozent CO2 einsparen – nicht zusätzlich, sondern nur knapp 15 Prozent –, während für Berlin insgesamt 21 Prozent Einsparungen nötig sind. Deshalb frage ich Sie: Wenn Vattenfall weniger dazu

beitragen soll als der Durchschnitt, welcher Sektor soll dann mehr beitragen – der Verkehr, die privaten Haushalte, Handel und Dienstleistungen, die öffentliche Hand? – Sagen Sie doch bitte, wer die Zeche für diese Vereinbarungen zahlen muss!

Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! – Sie sind ja nun wirklich dafür bekannt, dass Sie ein Experte auf diesem Gebiet sein sollen.