Auf europäische Ebene wird schon längst zu dem Thema vernünftig und gründlich geplant. Es ist vorgesehen, dass die Länder, die Flüchtlinge aufnehmen, bis zu 4 000 Euro pro Flüchtling bekommen sollen. Auf Bundesebene ist es leider noch nicht so, wie wir es uns wünschen würden. Da könnte dieser Antrag etwas auf den Weg bringen, denn der Bund müsste sich vorrangig dafür einsetzen. Aber ich möchte im Unterschied zu dem, was früher von dem ehemaligen Finanzsenator immer in den Blick genommen wurde, nicht so sehr nach Hamburg schauen, sondern meine Präferenz ist München. München ist die Stadt, der es bereits gelungen ist, 850 Menschen in einem sogenannten Resettlement-Programm, also in einer Neuansiedlung, aufzunehmen.
Ganz wichtig ist mir dabei, dass wir ermöglichen, dass die Menschen, die zu uns kommen, direkten Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Da freue ich mich insbesondere, dass das auch als ein Anliegen der neuen Bundesregierung, vertreten durch die Freien Demokraten – jedenfalls bislang –, benannt ist. Ich hoffe, dass Sie das auch tatsächlich in die Wirklichkeit umsetzen, denn der freie Zugang zum Arbeitsmarkt gewährleistet den Menschen, dass sie für ihr eigenes Einkommen sorgen können. Das führt auch insgesamt in der Gesellschaft dazu, dass größere Akzeptanz und ein friedlicheres Miteinander möglich sind.
Wichtig ist mir auch, dass die Menschen, die wir aufnehmen, keine Wohnsitzauflagen oder sonstige Freiheitseinschränkungen erfahren. Sie sollen selber entscheiden können, wo sie sich niederlassen wollen, und sollen dort die Möglichkeiten erhalten, die sie brauchen, um sich hier wohlzufühlen und um hier anzukommen. Dazu gehört für mich zwingend, dass der Aufenthalt auf Dauer gesichert ist. Es ist unerträglich – wie wir es teilweise in der Vergangenheit gemacht haben –, dass wir Menschen nur für kurze Zeit aufnehmen, ihnen jegliche Arbeitsmöglichkeit verwehren und sie irgendwo in die Pampa setzen, wohin kein Mensch will. Das, denke ich, ist nicht der richtige Ansatz. Wir müssen es diesmal besser machen. Wir müssen es diesmal richtig machen.
Ich glaube, dass die Bevölkerung, dass die Menschen schon viel weiter sind, als viele in der Politik das entweder meinen oder sehen wollen. Ich glaube, den Menschen sind ihre Nachbarinnen und Nachbarn sehr wichtig. Ich glaube, den Menschen ist es wichtig, wie es ihren Mitmenschen geht. Insoweit glaube ich, dass die Menschen sehr wohl bereit und fähig sind, Flüchtlingen zu helfen, und dass sie auch daran Interesse haben, dass um sie herum wiederum andere Menschen sind, denen es gut geht. Ich glaube, wir sind da schon viel weiter, als viele das
Ich denke, wir können uns das leisten, und ich denke, wir sollten es uns auch leisten. Berlin sollte jährlich mindestens – ich sage noch einmal: München hat 850 aufgenommen, und wir sind die Hauptstadt – 1 000 Flüchtlinge aufnehmen. Wir sollten dabei üben, die Voraussetzungen zu schaffen, dass wir eine diskriminierungsfreie Gesellschaft erreichen, dass wir üben, den Zugang der Menschen zu unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Die Infrastruktur, die man braucht, um gut anzukommen, sollten wir nutzen und weiter ausbauen. Denn unsere Zukunft, unser Wohlstand in Europa hängt davon ab, dass mehr Menschen von außerhalb Europas zu uns kommen und dazu beitragen, dass Berlin eine lebenswerte Stadt ist, dass wir ein gutes Land sind, in dem sich alle wohlfühlen und gern ihren Beitrag leisten, und ein Europa, in dem alle Menschen ihren Platz haben. Dazu werden auch die Flüchtlinge, die wir jetzt aufnehmen mit beitragen. – Danke schön!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Bayram! – Für die SPDFraktion hat jetzt der Abgeordnete Kleineidam das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns trennt nicht viel bei der Absicht, die Sie mit diesem Antrag verfolgen. Auch innerhalb der Koalition wird seit einiger Zeit darüber diskutiert, was wir tun können. Denn es ist wohl klar, dass es Handlungsbedarf bei der Flüchtlingssituation auf dieser Welt gibt und dass Deutschland sich seiner Verantwortung auch stellen muss. Insofern sind wir in der Grundlinie völlig einer Meinung. Selbstverständlich steht auch Berlin in der Verantwortung und wird diese – wie in der Vergangenheit in vielen Fällen demonstriert – auch übernehmen.
Über die Aufnahme von Flüchtlingen entscheidet Berlin allerdings nicht allein, sondern es gibt ein bestimmtes Verfahren zwischen den Bundesländern im Einvernehmen mit dem BMI, und so wird es wohl auch in der Zukunft laufen müssen.
Etwas merkwürdig mutet aus meiner Sicht Ihr – ich sage mal – Höchstgebot einer Zahl von aufzunehmenden Flüchtlingen an: München hat eine Absichtserklärung abgegeben, 850 aufzunehmen, dann müssen wir mindestens 1 000 aufnehmen. Was sind das für Kriterien? – Das ist purer Populismus. Lassen Sie uns ernsthaft darüber diskutieren, was wir tragen können, wie sich das auf die Länder verteilt. Damit kann man vielleicht nicht so schöne Schlagzeilen machen wie mit einer plakativen Zahl von 1 000, aber damit können wir den Menschen wirklich helfen, und das wollen wir machen. Ich hoffe, dass wir in
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kleineidam! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Wansner das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den vorliegenden Antrag der Grünen werden wir sicher noch ausführlich in dem dafür zuständigen Ausschuss diskutieren. Ich hoffe sehr, Frau Kollegin, dass wir dazu eine gemeinsame Lösung finden. Die Noch-Bundesregierung unter Führung der CDU hat sich bereits an der Aufnahme der christlichen Iraker – einer jüngst verabredeten Aktion der EU für die Neuansiedlung von Flüchtlingen, denen auf Dauer die Rückkehr in ihr Heimatland versperrt war – beteiligt. Das war eine großartige humanitäre Leistung, die insbesondere von dem derzeitigen Innenminister Dr. Schäuble unterstützt wurde. Die alte und auch die zukünftige Bundesregierung wird unter Führung der CDU ihre Haltung in dieser Frage nicht ändern. Damit erledigt sich doch Ihr Antrag in vielen Punkten.
Im Übrigen wollen sich die EU-Staaten auf gemeinsame Prioritäten im Hinblick auf die Herkunftsregionen von Flüchtlingen, Nationalitäten und bestimmten Personengruppen für dieses Programm einigen. Das ist allein schon deshalb wichtig, weil die EU dafür die Gelder geben soll. Die Forderung, die Bundesregierung solle ein eigenes standardisiertes Programm auflegen, ist schon aus diesem Grund nicht förderlich, denn sie lässt den europäischen Kontext völlig außer acht. Das sind die großen Schwachpunkte Ihres Antrags. Deshalb bedarf es auch keiner bundesweiten Kampagne, um Druck auf den alten und neuen Bundesminister auszuüben, wie Sie es in Ihrem Antrag fordern. Das hat mich ein bisschen geärgert.
Nein! – Das ist nämlich unnötig, weil gerade Herr Innenminister Schäuble und die alte Bundesregierung in diesem Fall alles Notwendige getan haben.
Berlin bekommt – wie Sie hoffentlich wissen – die Anzahl der Flüchtlinge in einem bestimmten bundeseinheitlichen Verfahren zugeteilt. Es hat bei der Unterbringung der irakischen Flüchtlinge bereits seinen Beitrag geleistet. Das hat Berlin übrigens immer getan. Denken Sie einmal an die Flüchtlingswelle, die wir aus dem Balkan auf
Man muss aber auch darüber diskutieren, welche Kapazitäten Berlin im Sinn des Antrags noch hat. Es muss jedenfalls gefragt werden, wie gut die Menschen in Berlin integriert werden können und wie die Qualität der Integrationsmaßnahmen verbessert werden kann. Wir erleben in Berlin zurzeit eine Diskussion der SPD zu diesem Punkt, die die Frage aufwirft, Herr Kleineidam, wo diese Regierung eigentlich hin will. Der bis vor Kurzem im Senat wichtige Herr Sarrazin erklärte die Integration in Berlin in der Hauptsache für gescheitert. Das blieb vom Regierenden Bürgermeister unwidersprochen, der bis vor Kurzem ja auch nicht wollte, dass seine Kinder – wenn er welche hätte – in Friedrichshain-Kreuzberg zur Schule gehen würden. Der ständig über Integrationsansätze schwadronierende Bezirksbürgermeister Buschkowsky gibt Sarrazin recht. Frau Radziwill möchte am liebsten Sarrazin und Buschkowsky aus der SPD werfen. Die bis vor Kurzem für Integration zuständige Senatorin Knake-Werner hat nach Jahren des Nichtstuns in diesem Bereich den Senat fluchtartig verlassen, und Innensenator Körting geht zum Fastenbrechen zu der rechten Gruppierung Milli Görüş und schließt offensichtlich mit ihr Freundschaft. Besonders geärgert hat mich, dass der türkischstämmige Hamburger Touristikunternehmer Öger von der SPD in der Zeitung „Hürriyet“ erklärt hat, im Jahr 2100 werde es in Deutschland 35 Millionen Türken geben. Das, was Sultan Süleyman 1529 mit der Belagerung Wiens begonnen habe, würden die türkischen Einwohner mit ihren kräftigen Männern und gesunden Frauen verwirklichen. – Ich kann Sie von der SPD nur bitten, diesen Mann aufzufordern, die SPD zu verlassen. So kann Integration in dieser Stadt niemals gelingen.
Was zum Schluss bleibt – ich richte mich an die Linken –, sind die richtungsweisenden Integrationsansätze der CDU, die Sie jederzeit nachlesen können. Ich mache mir persönlich zwischenzeitlich Sorgen über die Integrationsarbeit in dieser Stadt.
An die Kollegin von den Grünen: Die Frage, die wir uns hier einmal gemeinsam stellen müssten, ist die, ob wir es Menschen zumuten können, nach Berlin zu kommen, die keine Integrationsansätze und keine Arbeit haben und hier in Quartieren leben sollen, in denen sie keine Chance zur Teilnahme an einem gemeinsamen Leben haben. Darüber müssen wir uns hier im Parlament unterhalten. Das macht mir Angst. Es geht so nicht weiter. Mir stellt sich abschließend die Frage, wo die Integration der Sozialdemokraten – der führenden Partei in dieser Stadt – hingeht.
Vielen Dank, Herr Wansner! – Für die Linksfraktion hat jetzt der Abgeordnete Sayan das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Vorweg möchte ich sagen, dass Sarrazin nichts anderes gesagt hat als Öger. Das haben Sie jetzt wiedergegeben. Ich weiß nicht, was Sie damit bezwecken.
Liebe Grüne! Natürlich ist der Antrag in seiner Intention richtig, aber wie unrealistisch seine Verwirklichung bei der derzeitigen Konstellation auf Bundesebene ist, muss auch Ihnen klar sein. Wie Sie selbst schreiben, haben sich landauf, landab Kommunen wie Rostock oder München für den Vorschlag des UNHCR ausgesprochen, regelmäßig Flüchtlingskontingente aufzunehmen. Das ist zu wenig. Die Kommunen haben lediglich eine Absichtserklärung abgegeben, und mehr ist das nicht. Es wäre natürlich gut, wenn Sie sich, liebe Grüne, etwa in Hamburg oder in der zukünftigen saarländischen Regierung dazu politisch erklären und mit uns gemeinsam im Bundesrat für die Flüchtlinge an einem Strang ziehen würden. Liebe Grüne, Ihr Antrag schlägt vor, einer Forderung des UNHCR nachzukommen und sich für eine regelmäßige Kontingentaufnahme von schutzbedürftigen Flüchtlingen auf Bundesebene einzusetzen.
Gleichzeitig soll das Land Berlin seine Bereitschaft erklären, sich an einer regelmäßigen Flüchtlingsaufnahme zu beteiligen. Dieser Vorschlag muss ernsthaft diskutiert werden.
Herr Sayan! Habe ich Sie richtig verstanden, dass die rotrote Koalition in Berlin Ihrer Einschätzung nach erst bereit ist, dem Resettlement zuzustimmen, wenn Hamburg und die neue Regierung im Saarland ähnliche Initiativen ergreifen? Machen Sie Ihre Initiative vom Verhalten dieser beiden Bundesländer abhängig?
Das habe ich nicht gesagt. Der rot-rote Senat braucht Unterstützung aus anderen Ländern – von Hamburg, der künftigen saarländischen Regierung oder aus anderen Bundesländern, in denen die Grünen an der Regierung beteiligt sind. Ich fordere die Grünen auf, uns zu unterstützen. Sie werden sehen, dass wir hier in Berlin etwas dazu machen.
Darf ich Sie noch einmal unterbrechen? Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Bayram?
Herr Kollege! Wir haben einmal berechnet, dass die von uns beabsichtigte Aufnahme von 1 000 Menschen Kosten in Höhe von ca. 1 Million Euro verursachen würde. Teilen Sie unsere Meinung, dass es sinnvoller wäre, das Geld in solche Programm zu investieren, als 2,5 Millionen Euro in den Abschiebeknast in Grünau zu stecken?
Diese Kalkulation – 1 000 Menschen für 1 Million Euro – ist falsch. Darüber, ob wir 1 000 Menschen aufnehmen, entscheiden nicht wir, sondern die Bundesregierung. Bei der Aufnahme der irakischen Flüchtlinge haben wir auch nicht entschieden, sondern es gibt einen Schlüssel, nach dem wir 129 Menschen aufgenommen haben. Deshalb ist sowohl ihre Kostenkalkulation als auch der Vergleich mit der Abschiebehaft unzutreffend. Abschiebehaft ist eine Bundeseinrichtung. Das sind zwei verschiedene Sachen, Frau Bayram, das dürfen Sie nicht vermengen.
In der Tat gibt es weltweit ein permanentes Flüchtlingsproblem. Diese Neuansiedlung kann ein Weg sein, dieses Problem zu bekämpfen. Darin sind wir uns einig. Angesichts Millionen Menschen auf der Welt, die sich dauerhaft in einer Flüchtlingssituation befinden, ist die Forderung des UNHCR nach einem regulären und standardisierten Neuansiedlungsprogramm auch nach unserer Ansicht berechtigt. In der Geschichte hat Deutschland immer wieder die Bereitschaft gezeigt, einzelne Kontingente von Flüchtlingen in akuten Krisensituationen aufzunehmen. Das haben wir in Berlin erlebt, als 1992 350 000 Menschen aus Jugoslawien, 10 000 Kosovo-Flüchtlinge kommen konnten. Es gab in der Vergangenheit solche Möglichkeiten.
Ein aktuelles Beispiel sind die Kriegsflüchtlinge aus Jordanien oder aus Syrien. Wir haben auch begrüßt, dass sich Berlin an diesen Initiativen beteiligt und 125 IrakFlüchtlinge aufgenommen hat. Das war ein wichtiger Schritt. Wir haben sehr viel in Berlin getan, das ist Ihnen bekannt, Frau Bayram.
Wir halten es in der Linksfraktion durchaus für sinnvoll, über eine regelmäßige Aufnahme des Kontingents an schutzbedürftigen Flüchtlingen nachzudenken. Wir halten auch die rote Flüchtlings- und Integrationspolitik für sehr geeignet. Davor steht aber die Klärung der Details auf Bundesebene. Ob die neue schwarz-gelbe Bundesregie
Dennoch werden wir initiativ werden und gemeinsam im Ausschuss einen Antrag einbringen und darüber miteinander diskutieren. Ich freue mich auf Diskussion im Ausschuss. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Sayan! An Ihrem Beitrag hat mich doch sehr stark erstaunt, dass Sie die Verantwortung für diese Frage auf die Bundesebene wegdelegieren wollen. Dabei sieht das Aufenthaltsgesetz genau das Gegenteil vor. Nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes kann nämlich die oberste Landesbehörde, also auch hier in Berlin, ohne Weiteres aus humanitären Gründen anordnen, dass bestimmten Ausländergruppen ein Aufenthaltsrecht erteilt wird.