Der Regierende Bürgermeister tut nichts, und genau deshalb nehmen ihn die Bahnmanager auch nicht ernst. Seien Sie deshalb uns Grünen dankbar, dass wir Druck machen. Danken Sie uns für unsere fünf Anträge. Danken Sie uns, dass wir mit unserer Anzeige die Chancen auf unabhängige Aufklärung durch die Staatsanwaltschaft deutlich verbessern, und danken Sie uns, dass wir mit der EUBeschwerde die an die S-Bahn verschwendeten Landesmillionen retten und für einen besseren Vertrag sorgen.
Meine Damen und Herren von der Linken und der SPD! Ihr Antrag ist ein erster kleiner und auch richtiger Schritt. Dem werden wir zustimmen.
Aber um gegen diese Bahn zu bestehen, müssen Sie dieses Thema zur Chefsache machen, und da gehört noch etwas mehr „Butter bei die Fische“.
Danke schön, Frau Kollegin Hämmerling! – Für die SPD hat nunmehr der Kollege Gaebler das Wort. – Bitte schön, Herr Gaebler!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten am vergangenen Mittwoch im Verkehrsausschuss eine Anhörung mit dem zuständigen Vertreter der Deutschen Bahn AG und anderen Experten. Das hat leider die Erkenntnis gebracht, dass bei der Bahn noch einiges aufzuarbeiten und zu bearbeiten ist. Aber es hat uns auch dazu gebracht zu sagen, wir wollen das, was wir aus der Anhörung an Forderungen, an schnellen Maßnahmen erkannt haben – was die Senatorin dort auch selbst schon ins Gespräch gebracht hat – noch einmal zusammenfassen, um uns als Parlament hinter den Senat und hinter die Forderungen zu stellen, um ganz klar gegenüber der Deutschen Bahn den Druck zu erhöhen. Dazu ist hier die Gelegenheit.
Ich hoffe, dass sich alle im Haus daran auch beteiligen, der Deutschen Bahn deutlich zu sagen: Es geht so nicht weiter. Es muss bei der S-Bahn einen neuen Anfang geben. Das muss übrigens auch oben anfangen, weil der Fisch an der Stelle auch vom Kopf her stinkt. Es muss aber auch schnell etwas für die Fahrgäste getan werden, schnell und konsequent.
Wir haben das in unserem Antrag zusammengefasst, einmal als Forderung an die Bahn AG: schnellstmögliche Sicherung eines stabilen S-Bahnbetriebes. Dazu gibt es ab Montag erste Schritte. Ich finde es auch richtig, dass die Bahn sagt: Wir setzen nur so viel Züge in Betrieb, wie wir auch stabil fahren können. – Aber das muss natürlich schnell vorangehen. Auch eine Verstärkung des Ersatzverkehrs ist uns sehr wichtig, weil bestimmter Ersatzverkehr, der von den Fahrgästen gut angenommen wird, stark ausgelastet oder überlastet ist. Das betrifft insbesondere Linien der BVG, aber auch Sonderlinien der Bahn. Diese müssen weiter verstärkt werden. Die Bahn muss hier mit der BVG Gespräche führen und die Bestellungen auslösen.
Wir brauchen auch vor Ort eine bessere Informationspolitik über die aktuellen Betriebszustände. Es kann nicht immer dem Engagement einzelner Mitarbeiter überlassen bleiben, ob sie handschriftlich irgendwelche Zettel aufhängen. Da erwartet man vom Unternehmen zukünftig etwas mehr als diese handgeschriebenen Zettelchen oder kleine, schlecht zu lesende Fahrplantabellen in irgendeiner dunklen Ecke des Bahnhofes.
Wir haben bei uns vor allem auch diese Rückkehr zur vorausschauenden Wartung aufgenommen, die Rücknahme der Sparvorgaben, auch dass bei DB Netz und bei DB Station und Service endlich wieder das getan wird, was für einen stabilen S-Bahnbetrieb notwendig ist. Es reicht nicht, sich nur die S-Bahn anzugucken, wie die Grünen das immer machen. Wir wollen, dass im ganzen Bahnkonzern die Sparorgie aufhört und endlich wieder ein vernünftiges Wirtschaften anfängt.
Und wir wollen die sofortige Suspendierung aller, die Verantwortung für die entstandenen Krise tragen. Das ist die Aufforderung an die Bahn AG. Auch das muss umgehend erfolgen. Es ist unerträglich, dass immer noch die Herren von der Schulenburg und Thon in ihrem Jobs gut bezahlt weiter arbeiten dürfen, während andere als Sündenböcke herhalten sollen!
Wir fordern auch eine unabhängige Untersuchung der Ursachen der Krise. Dazu muss die Bahn alle erforderlichen Daten bereitstellen und einen Externen benennen, der das dann untersucht. Denn ich glaube, das wir da sonst nicht weiterkommen. Ich denke, Herr Homburg ist bei der Aufklärung dieser Sachen selber befangen. Herrn
von der Schulenburg kann man da wirklich nicht über den Weg trauen. Er ist derjenige, der sozusagen auch Ursache ist und nicht Aufklärer sein kann. Insofern muss es eine externe unabhängige Begleitung geben.
Ich will kurz etwas zu Frau Hämmerling sagen, weil sie sagt, die Grünen sind eigentlich die Urheber. – Frau Hämmerling! Wenn Sie Ihren Fünf-Punkte-Plan und unsere Liste vergleichen, werden Sie dort wenig Übereinstimmung finden, weil Sie sich wieder an Nebenthemen abgearbeitet haben.
Wir wollen einen schnellen Aktionsplan. Wir wollen schnelle Hilfen. Wir wollen schnelle Verbesserungen für die Fahrgäste. Da sage ich Ihnen: Die 38 abgestellten Fahrzeuge der Baureihe 485 – bis die wieder instand gesetzt sind, dauert dies vier bis fünf Monate. Es kostet pro Wagen anderthalb Millionen Euro. Ich glaube, dieses Geld ist besser in mehr Ersatzverkehr, in mehr Informationen und in schnellere Bearbeitung der Bremsen eingesetzt, als dass man diese Risse bei Wagen aufarbeitet, die vom Betrieb her ohnehin nicht mehr rentabel sind.
Frau Hämmerling! Was ist denn damit eigentlich? Das steht in Ihrem Fünf-Punkte-Plan gar nicht mehr drin. Es ist schön, dass Sie auch mal etwas lernen, dass nämlich diese Kündigung keinen Sinn macht und dass Sie bis zum Jahr 2017 am Verkehrsvertrag festhalten. Das steht nämlich auch in Ihrem Fünf-Punkte-Plan drin. Eine erstaunlicher Sinneswandel bei den Grünen und ein richtiger. Glückwunsch zu diesem Lernprozess! Daran können wir auch gemeinsam arbeiten!
Weil Sie immer so reflexartig reagieren, wenn wir Ihnen vorwerfen, dass Sie mit der Ausschreibung nur die Privatisierung vorantreiben: Sie haben auf Bundesebene als Grüne – richtigerweise – immer gegen die Bahnprivatisierung gestanden, aber hier in Berlin wollen Sie so schnell wie möglich einen wichtigen Teil der Deutschen Bahn, nämlich die S-Bahn Berlin, über eine Ausschreibung privatisieren. Das ist bigott, das ist nicht konsequent, das ist Ihr Privatisierungskurs, den Herr Esser und Frau Hämmerling fahren, den Frau Kosche vielleicht nicht will, aber darüber müssen Sie von Grünen sich einmal einigen.
Unser Antrag ist der vorwärtsweisende. Ihre fünf Punkte sind rückwärtsgewandt und werfen Nebelbomben. Wir sind zukunftsgerichtet und Sie in die Vergangenheit. – Vielen Dank!
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Michael Schäfer (Grüne): Wann setzt eigentlich der Lernprozess bei Herrn Gaebler ein?]
Danke schön, Herr Kollege Gaebler! – Für die CDUFraktion hat nun der Kollege Goetze das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hätten uns gewünscht, dass uns der Senat mehr als zwei Monate nach Beginn der S-Bahnkrise einmal mitteilt, was er unternommen hat, um die Krise zu bewältigen,
wann was tatsächlich umgesetzt sein wird und wann die Berlinerinnen und Berliner wieder mit einem vernünftigen Verkehrsangebot rechnen können. Angesichts der Tatsache, dass der Senat Besteller einer Leistung mit einem Volumen von mehr als 200 Millionen Euro ist, hätte man das erwarten können.
Nein! Ich führe im Zusammenhang aus! – Das Instrument dazu hätte eine Mitteilung – zur Kenntnisnahme – sein können –, nicht der uns vorliegende komische Antrag, der eigentlich eine Entschließung ist.
Er fordert hauptsächlich die Deutsche Bahn bzw. die S-Bahn auf, aber nicht den Senat. – Herr Kollege Gaebler! Sie sind nicht nur verkehrspolitischer Sprecher, sondern auch Geschäftsführer, und Sie wissen genau, dass der Senat unser Ansprechpartner ist. Ansonsten geht der Antrag wie heiße Luft in den leeren Raum. Deshalb ist er höchst problematisch.
Dieser Antrag hat auch das Problem, dass zwei, drei kleine Details fehlen, zum Beispiel eine Antwort auf die Frage, wie sich das Parlament über die Details bestimmter Sachverhalte im Verkehrsvertrag unterhalten soll, wenn es bisher immer noch keine ungeschwärzte Fassung vom Senat vorgelegt bekommen hat. – Sie schütteln den Kopf, Herr Gaebler, aber das ist ein wichtiger Punkt im Umgang zwischen Parlament und Senat, und das werden wir auch einfordern. So kann man mit uns nicht umgehen.
Auch im Hinblick auf die Festlegung der Entschädigungsleistung darf die Verantwortung des Senats nicht ausgeklammert werden. Selbstverständlich muss der Senat die Interessen der Fahrgäste mit Nachdruck vertreten und eine adäquate Entschädigungsleistung aushandeln, denn der Senat zahlt das Geld. Wenn alle Stricke reißen, würde ich mich nicht darauf einlassen zu sagen: Wir machen Nachverhandlungen. Kann das alles juristisch funktionieren? Was gibt es sonst noch für Bedenken? – Nein! Ich könnte doch auch mal den Weg wählen – der Senat tut es an anderer Stelle doch auch –, einfach zu sagen: Wir stellen die Zahlungen ein, auch wenn möglicherweise ein Prozess seitens der S-Bahn droht. – Dann wollen doch mal sehen, ob diese Art der Vertragerfüllung der S-Bahn tatsächlich vor einem Gericht Bestand hat und ob man nicht evtl. dadurch etwas Druck aufbauen kann, dass man einfach sagt: Wir lassen es darauf ankommen. Wir lassen es vor Gericht abklären.
Der Antrag fordert eine schonungslose Analyse der Ursachen und die Beauftragung externer Sachverständiger, die das klären sollen. Wo, bitte, ist das Berichtswesen, das ich als normaler Auftraggeber bei einer solch komplexen Veranstaltung im Wert von über 200 Millionen Euro einfordere, implementiert habe und damit dann auch etwas anfangen kann? – Es gibt nach wie vor offenbar kein existierendes Berichtswesen, sonst würde die Regierungskoalition heute – länger als zwei Monate nach Beginn der S-Bahnkrise – nicht den Senat und damit auch die Verkehrssenatorin auffordern müssen: Lasst doch mal ermitteln, was da eigentlich passiert ist! – Das heißt, Sie tappen immer noch im Dunkeln. Nebel umhüllt die S-Bahnproblematik bei Ihnen. Sie wissen offenbar noch gar nicht, was los ist, und fordern jetzt den Senat auf. Was für eine Misstrauenserklärung gegen die eigene Senatorin!
Sie fordern die sofortige Suspendierung aller, die die Verantwortung für die entstandene Krise tragen. Wir werden am Ende des Tages diesem Antrag zustimmen, denn er ist immerhin besser als gar nichts. Warum müssen wir notgedrungen zustimmen? – Weil Sie unseren Antrag, den wir vor vier Wochen hier eingebracht haben, im Verkehrsausschuss natürlich noch nicht behandelt haben! Wahrscheinlich werden sie ihm auch nicht zustimmen. Unser Antrag enthält etliche von den Punkten, die Sie uns hier präsentieren, aber noch einige mehr. Diese Verzögerungstaktik führt nun dazu, dass wir notgedrungen zustimmen müssen. Aber mit einer Freude machen wir es, nämlich über die Forderung nach der Suspendierung aller, die die Verantwortung für die entstandene Krise tragen. Wir erwarten, dass dieser Regierender Bürgermeister die Verkehrssenatorin suspendiert. Das scheint am vordringlichsten zu sein. An dieser Stelle ist Ihr Antrag fast perfekt.
Besser als nichts, besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach! Sie sind hier nicht als fortschrittlich dahergekommen, sondern bei der S-Bahn fahren drei Viertel aller Züge nicht, Sie bewegen sich als Schnecke, und es kommt nach ein paar Monaten wenigstens dieser Antrag zustande. Damit sich überhaupt etwas bewegt, lassen wir ihn durchlaufen. Aber eine Bewältigung dieser Krise ist das beileibe nicht.