Aber Sie sagen, man solle erst einmal eine Ausschreibung machen, um dann anschließend mit viel weniger Geld auszukommen. Wie viel denn? 50 Millionen, 80 Millionen? So viel, wie an Gewinnen abgeführt wurde?
Frau Hämmerling! Hören Sie doch mal damit auf, uns an der Nase herumzuführen! Das nimmt doch keiner mehr ernst. Lassen Sie uns an den Problemen arbeiten! Lassen
Sie uns dafür sorgen, dass wir schnell wieder einen guten S-Bahnverkehr für die Stadt haben, und hören Sie auf, uns hier mit Wolkenkuckucksheimen zu belästigen, die jeder Realität entbehren! – Vielen Dank!
Kollegin Hämmerling hat das Wort zu einer Kurzintervention. Sie hat allerdings versprochen, nur einen Satz zu sagen.
Um der Legendenbildung vorzubeugen: Ich habe nicht gesagt, dass es keine Sanktionsmöglichkeiten gibt, sondern ich habe gesagt, dass es unzureichende Sanktionsmöglichkeiten für schlechte Qualität und schlechte Leistung gibt. Das ist einfach so.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Spätestens nach dieser Debatte verstehe ich, warum sich Herr Trittin gestern für Verhandlungen mit FDP und CDU entschieden hat.
Die Aggressivität und übrigens auch die Albernheit in der Debatte, die insbesondere die Antworten des Senats gekennzeichnet haben, sind dem Thema nicht angemessen.
Ich halte es nicht für richtig, dass wir primär Schuldzuweisungen vornehmen und dass der Senat die Probleme beschreibt, aber keinerlei Lösungsansätze aufgreift oder selbst in die Debatte einführt. Herr Regierender Bürgermeister! Ihr Auftritt – gestatten Sie mir, das zu sagen! – war aus meiner Sicht unangemessen und außergewöhnlich überheblich.
Das wird – auch losgelöst von Parteipolitik – nicht den Erwartungen der Menschen gerecht, die uns heute Gott sei Dank mal wieder zuschauen, denn das ist ja auch nicht die Regel hier im Landtag. Im Übrigen wäre auch ein Wort des Bedauerns und der persönlichen Verantwortung die Aufgabe des Stadtoberhaupts der Stadt Berlin in dieser Situation gewesen.
Ich möchte auf einen Punkt eingehen, wo ich den Eindruck habe, dass wir aneinander vorbeireden: Herr Regierender Bürgermeister! Wenn Sie nachhaltig Nachverhandlungen und Kündigungen am bestehenden Vertrag ausschließen, halte ich das in Anbetracht der Tatsache, dass der Vertrag bis 2017 weiterläuft, für einen weiteren schweren politischen Fehler.
Und ich sage heute – damit es nicht in einiger Zeit heißt: Jetzt kommen die Klugschwätzer aus den Ecken! –:
Es wäre jetzt Ihre Pflicht, für die nächsten acht Jahre sicherzustellen, dass sich das, was wir in diesem Jahr in Berlin erlebt haben, kein zweites Mal wiederholen kann. Auch dafür tragen Sie die Verantwortung.
Ich will Ihnen das kurz beschreiben: Jede kleine Ausschreibung in Berlin – da können Sie die Malermeister, die Handwerker, die Schlosser und die Klempner fragen – beinhaltet selbstverständlich die wesentlichen Merkmale und technischen Eigenschaften des Produkts oder der Dienstleistung. Es ist doch absurd, einen Verkehrsvertrag zu diskutieren und zu sagen: Die wesentlichen technischen Anforderungen, die wesentlichen Merkmale des Produkts werden von uns in den Vertrag nicht aufgenommen, und wenn derjenige, der den Vertrag unterschrieben hat, sie nicht erbringt, haben wir einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 5 Prozent. Lächerliche 5 Prozent, wo im Grunde genommen 99,9 Prozent der Leistung nicht vernünftig erbracht werden!
[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP – Jutta Matuschek (Linksfraktion) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Das ist eine Politik, die Probleme beschreibt, sich aber um die Lösungsansätze und die konkreten Antworten herumdrückt.
Und ich möchte Ihnen noch einen Vorwurf machen, weil ich auch das in der Debatte bedauerlich finde: Ich habe mich bemüht, Ihnen aus der Gesamtverantwortung für die Stadt – ich bin kein Verkehrsexperte – zu sagen, was ich für wichtig halte. Das betrifft z. B. die Frage: Was tun wir für die kleinen Einzelhändler? – Ich habe in den letzten drei Tagen ein halbes Dutzend getroffen, die mir sagten: Wir sind am Ende. Auf unseren Bahnhof kommen keine Kunden mehr. Wir können die Mitarbeiter nicht bezahlen. Wir können unsere Produkte nicht mehr bezahlen. Wir können die Miete nicht mehr bezahlen. Wir müssen die Leute entlassen. – Herr Regierender Bürgermeister! Sie müssen diesen kleinen Einzelhändlern in Berlin helfen und nicht die Leute beschimpfen!
[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) – Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]
Ihre Rede – wie auch die Rede der Senatorin – hat Probleme beschrieben, Schuld verteilt – an uns, an alle möglichen Menschen, deren Namen ich zum Teil vor einigen Tagen noch nicht einmal kannte – und vor allem nicht deutlich gemacht, welche Vorstellungen der Senat hat, um das Problem in den kommenden Monaten für die Berlinerinnen und Berliner zu lösen, es so gering wie möglich zu halten und im Ergebnis dafür zu sorgen, dass es endlich wieder einen leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr in Berlin gibt. Denn das ist das, was die Menschen in Berlin interessiert. Alles andere interessiert niemanden. Wann fährt die S-Bahn wieder vernünftig? – Diese Frage müssen Sie beantworten, Herr Wowereit, und nicht die Opposition.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist vielleicht langsam Zeit für ein Resümee. Alles, was möglich ist, wird getan, um dieser Zumutung für die Berlinerinnen und Berliner zu begegnen. Das hat diese Aktuelle Stunde und die Debatte in dieser Aktuellen Stunde erbracht. Alles wird getan, um den Berlinerinnen und Berlinern schnell und effektiv zu helfen.
Es wird Nachverhandlungen geben, und es gab eine schnelle Reaktion des Berliner Senats. Das hat diese Runde auch erbracht. Und alles Übrige, was ich hier an Scheinheiligkeit, an Krokodilstränen und an bewussten Missverständnissen mitbekommen habe, lässt sich nur mit einem erklären: Am 27. September sind Bundestagswahlen, und Sie wollten sich hier gern noch einen kleinen Auftritt gönnen. – Das ist alles.
Zwei Parteien in diesem Haus treten dafür ein, dass die Daseinsvorsorge von der öffentlichen Hand unter demokratischer Kontrolle und unter Einsatz der Mittel für den öffentlichen Zweck durchgeführt wird – statt für die Renditemaximierung. Zwei Parteien, und das sind die Sozialdemokraten und die Partei „Die Linke“.
[Beifall bei der Linksfraktion – Michael Schäfer (Grüne): Wie sie das tun, erleben wir jeden Morgen! – Albert Weingartner (FDP) meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Weitere Zurufe]
CDU, FDP und Grüne glauben, der Markt regele das. CDU, FDP und Grüne glauben, natürliche Monopole seien im freien Wettbewerb bespielbar, als sei das der Brötchenhandel. CDU, FDP und Grüne glauben, unvollkommene Verträge könnten so abgeschlossen werden, dass für jede, aber auch wirklich für jede Situation eine Vorkehrung getroffen wird.
[Michael Schäfer (Grüne): Ihr habt hier britische Verhältnisse hergebracht! – Beifall bei den Grünen – Gelächter bei der SPD und der Linksfraktion]
Das ist unerträglicher Unsinn, lieber Herr Kollege! Das ist wirklich ganz unerträglicher Unsinn, den Sie jetzt reden. –
Im Übrigen sind es gerade FDP, Grüne und andere, die uns immer sagen, private Akteure hätten von sich aus ein Interesse, die Leistung gut zu erbringen – wegen der Vorbildfunktion und weil sie weiter am Markt agieren würden.
Wenn Ihre Ideologie stimmt, brauchten wir überhaupt keinen Vertrag, dann brauchten wir nur eine Vergütung zu vereinbaren, und alles wäre gut.