Danke schön! – Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Behrendt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön, Herr Behrendt!
Frau Senatorin! Das Kindergeld gehört ja nun zum Haushaltseinkommen, und in der Regel werden davon auch Mietkosten bestritten. Mich interessiert, ob Sie der Auffassung sind, dass jene Familie, deren Kinder in Haft genommen werden, ihre Wohnung kündigen sollen, weil die Mietkosten natürlich weiterlaufen. Konsequenterweise müssten die ja dann umziehen, nur weil die Kinder in Haft sind – das kommt mir doch ein bisschen abenteuerlich vor.
Herr Abgeordneter Behrendt! Ich glaube kaum, dass eine Familie allein vom Kindergeld ihre Miete bestreiten kann. Wäre es so, wäre das zumindest sehr erstaunlich
Ich betone es noch einmal: Kindergeld ist nicht etwa das gesamte Geld, das für den Unterhalt und die Erziehung eines Kindes aufzubringen ist, sondern es ist ein Beitrag. Ich bin der Auffassung, dass es absolut vernünftig und billig ist, diesen Beitrag dorthin umzuleiten, wo die Kinder auch die Vorteile haben.
1. Wie lange will der Senat noch tatenlos hinnehmen, dass mehr als ein Viertel aller Kitakinder deutliche bis schwerwiegende Sprachstandsmängel aufweisen?
2. Wann und in welchen Stufen wird die personelle Ausstattung der Kindertageseinrichtungen verbessert, damit Bildung, Betreuung und Erziehung zugunsten von Kindern und ihren Familien in den Kitas gelingt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete! Zur ersten Frage: Die vorliegende Anfrage geht von falschen Tatbeständen aus. Es ist nicht zutreffend, dass mehr als ein Viertel aller Kitakinder deutliche bis schwerwiegende Sprachstandsmängel aufweisen. Nach den Ergebnissen der verbindlichen Sprachstandsfeststellungen im Frühsommer 2008 hatten 15,4 Prozent der vierjährigen Kitakinder besonderen Sprachförderbedarf. Es ist ferner nicht zutreffend, dass der Senat den Sprachförderbedarf eines immer noch viel zu großen Anteils der Kinder tatenlos hinnimmt.
Sie alle wissen um die großen Anstrengungen, die der Senat und auch das Abgeordnetenhaus in den vergangenen Jahren unternommen haben, um die Sprachförderung zu qualifizieren und die Sprachfähigkeit der Kinder zu verbessern. Ich nenne einige der wesentlichen Maßnahmen: Die Verdoppelung der Fortbildungsmittel für Erzieherinnen und Erzieher zur Qualifizierung der Sprachförderung seit 2003 – damit sind inzwischen mehr als 10 000 Erzieherinnen und Erzieher allein durch die landeseigene Fortbildungsstelle qualifiziert worden. Die flächendeckende Einführung des Sprachlerntagebuchs für alle Kitakinder, die Verbreitung der Materialien zur Sprachförderung, die Beteiligung an einschlägigen bundesweiten Forschungsprojekten, die Durchführung von Fachtagungen und nicht zuletzt die Einführung von Sprachstandserhebungen mit einer anschließenden – seit 2008 einjährigen und davor halbjährigen – verbindlichen Förderung für die Kinder, die nicht genügend Deutsch können, was ein erhöhtes Finanzvolumen allein für die Monate August und Dezember 2008 in Höhe von ca. 400 000 Euro ausmachte. Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Das kann kaum als ein tatenloses Hinnehmen bezeichnet werden.
Als jüngste Maßnahme haben wir mit der Umsetzung des Sprachfördergesetzes die Sprachstandsfeststellung auf die Gruppe der vierjährigen Kinder vorgezogen und können die Kinder mit Sprachdefiziten ein ganzes Jahr länger fördern. Aus einem Vergleich der Auswertungen der Sprachstandsfeststellungen der vergangenen Jahre werden Verbesserungen deutlich, auch wenn diese Verbesserungen noch längst nicht zufrieden stellen können. Während der Sprachstandsfeststellung 2005 noch 24,4 Prozent der Kinder in den Kitas Sprachförderbedarf hatten, waren es 2006 23,1 Prozent, im Jahre 2007 22,3 Prozent der Kinder und im Jahre 2008 schließlich 15,4 Prozent – ohne Zweifel zeigen unsere Anstrengungen Wirkung. Dazu trägt auch bei, dass die Sprachförderung in die Qualifizierung der vorschulischen Bildungsförderungen durch das Bildungsprogramm eingebettet ist, zu dem alle Berliner Erzieherinnen und Erzieher mehrstufig fortgebildet werden. Die Daten aus dem Jahr 2008 lassen allerdings noch keinen gesicherten Vergleich mit den Daten der Vorjahre zu, weil sie jetzt bei jüngeren Kindern und mit einem dieser Altersstufe angepassten, etwas veränderten Verfahren ermittelt wurden. Dass die Kitakinder kontinuierlich und über mehrere Jahre hinweg immer besser abschneiden macht deutlich, dass wir in Berlin – ohne das Ziel erreicht zu haben – auf einem richtigen Weg sind.
Zur zweiten Frage: Dem Senat ist bewusst, dass die Bildung unserer Kinder in den Kindertagesstätten ein ganz wesentlicher Bestandteil der Bildungspolitik des Landes ist. Mit den hohen qualitativen Ansprüchen an die Kindertagesstätten geht auch ein quantitativer und qualitativer Anspruch an die Akteure einher. Daher wird der Senat im Rahmen der Haushaltsberatungen im Parlament einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.
Danke schön, Herr Senator! – Es gibt eine Nachfrage von Frau Demirbüken-Wegner. – Bitte schön, Frau Demirbüken-Wegner!
Vielen Dank, Herr Senator, für die halbherzige, stiefmütterliche Miniunterstützung, die Sie den Kitas gewähren! Sie reicht bei Weitem nicht aus, um das Berliner Bildungsprogramm umzusetzen. Wie wollen Sie auf die Aktion des Kitabündnisses am 23. Juni 2009 reagieren, in der die Kitaträger Ihnen das Bildungsprogramm symbolisch zurückgeben wollen und werden, weil Sie Ihrem gesetzlichen Auftrag nicht mehr nachkommen? Gilt weiterhin die Ignoranz?
Die Ignoranz ist eine Unterstellung. Ich werde so reagieren, wie es sich aus meiner Sicht für einen Senator geziemt: Ich werde mir die Argumente noch einmal anhören. Ich bin in kontinuierlichen Gesprächen, und in diesen Gesprächen habe ich sehr wohl den Eindruck gewonnen, dass die Betroffenen verstehen, dass Verbesserungen von Haushaltsrelevanz in Größenordnungen, wie sie letzten Endes gewünscht werden, nicht innerhalb einer Haushaltsperiode, sondern nur in Verbindung mit einer Entscheidung über den neuen Haushalt vorgenommen werden können, sodass das adäquate Verfahren wegen der Bedeutung in den Vorstellungen der Betroffenen ist.
Danke schön, Herr Senator! – Frau Jantzen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat eine Nachfrage. – Bitte schön, Frau Jantzen!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Können Sie zusichern, dass von dem angekündigten Stufenplan der Koalition tatsächlich etwas im Haushalt umgesetzt wird, insbesondere im Hinblick auf die angekündigte Verbesserung der Personalausstattung, die wir für dringend notwendig halten?
Ich gehe davon aus, dass der Abgeordneten die Gewaltenteilung bekannt ist. Ein Senator allein kann über
haushaltsrelevante Dinge in diesem Zusammenhang nichts zusichern. Dafür ist die Beschlussfassung durch dieses Parlament notwendig.
1. Welche Ziele verfolgt der Senat mit der Ausdehnung des Neuköllner Modells auf die Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick, und wie sind die Bezirke in diese Entscheidung einbezogen worden?
2. Welche Zeit- und Maßnahmeplanung gibt es zur Schaffung der Voraussetzungen für die Ausdehnung des Neuköllner Modells auf die genannten Bezirke?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Dr. Barth! Die Ausweitung des sogenannten Neuköllner Modells zur schnellen Ahndung kleinerer Delikte jugendlicher Straftäter auf die Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick ist auf die guten Erfahrungen mit dem Projektverlauf in den Abschnittsbereichen der Direktion 5, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg, zurückzuführen. Ziel ist, weiterhin ein im Jugendgerichtsgesetz klar geregeltes Verfahren in geeigneten Fällen zu verbessern und zu beschleunigen. Seit dem Beginn des Projekts in der Direktion 5 im Juli 2008 bis Ende März 2009 wurden vom Direktionsbeauftragten der Staatsanwaltschaft jeweils nach telefonischem Fallvortrag der Polizei insgesamt 80 Verfahren angenommen. Die Verhandlungen erfolgten oft bereits innerhalb von drei Wochen.
Zur Klarstellung noch einmal: Das besonders beschleunigte Verfahren kann nur durchgeführt werden, wenn die Voraussetzungen des vereinfachten Jugendverfahrens nach dem Jugendgerichtsgesetz gegeben sind. Geeignet sind solche Verfahren nur, wenn es sich nicht um Baga
telldelikte handelt, denn hier haben wir das Diversionsverfahren. Das ist in diesen Fällen vorrangig. Dieses Verfahren kommt auch nicht in Betracht, wenn es sich um komplizierte Sachverhalte handelt, für die eine breite Beweisaufnahme erforderlich ist. Es findet ebenfalls keine Anwendung auf Intensiv- und Schwellentäter, da bei deren schwerwiegenden Straftaten strengere Konsequenzen zu erwarten sind, beispielsweise Jugendstrafe. Das Konzept kann jedoch in den Fällen leichter und mittlerer Jugendkriminalität angewandt werden. Ziel ist, eine möglichst schnelle Gerichtsverhandlung als staatliche Reaktion auf Straftaten der betroffenen Jugendlichen zu erreichen. Es handelt sich hierbei zwar um einen kleinen, aber – wie ich meine – sehr wichtigen Baustein zur Bekämpfung der Jugendkriminalität. Die Ausweitung dieses Projekts wurde von der Polizei, von der Staatsanwaltschaft, von den Jugendgerichtshilfen der betroffenen Bezirke und von den Jugendrichtern initiiert und wird von ihnen mitgetragen.
Zu Ihrer Frage 2: Die Ausweitung soll am 1. September 2009 in die Praxis umgesetzt werden. Derzeit laufen Schulungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beteiligten Polizeiabschnitte unter Mitwirkung der Staatsanwaltschaft, der zuständigen Jugendrichter und der Jugendgerichtshilfen. Nach meiner Kenntnis wurde das Projekt in Marzahn-Hellersdorf im Präventionsrat vorgestellt und von der zuständigen Stadträtin unterstützt, die es ihren Amtskollegen in den anderen Bezirken vorgestellt hat.
Erst einmal danke schön für die Antwort! Meine Nachfrage: Wie bewertet der Senat kritische Stimmen zum Neukölner Modell, wonach beschleunigte Verfahren kein Patentrezept darstellten, sondern es vielmehr auf die nötige Zeit zur Selbstreflexion und zur Qualität ankomme?
Frau Abgeordnete Dr. Barth! Ich stimme mit Ihnen und auch mit den Kritikern vollkommen überein, wenn Sie sagen, es gibt keine Patentrezepte. Darüber brauchen wir uns nicht zu streiten. Ich bin jedoch der Auffassung, dass es gerade bei Jugendlichen notwendig ist, möglichst schnell auf die Verfehlungen zu reagieren. Je nachdem, wie die Verfehlungen geahndet werden, haben die Jugendlichen gerade bei den entsprechenden Weisungen und Auflagen, sei es im Täter-Opfer-Ausgleich, sei es in gemeinnütziger Arbeit oder sei es auch mal im Arrest, die
Möglichkeit, ihre Taten zu reflektieren und zu überlegen, ob es sich nicht doch lohnt, sich rechtstreu zu verhalten.
Danke schön, Frau Senatorin! – Das Wort zu einer weiteren Frage hat der Kollege Behrendt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön, Herr Behrendt!
Frau Senatorin! Mich würde interessieren, wie Sie die Einschätzung von Jugendrichtern bewerten, die für den Ortsteil Kreuzberg zuständig sind, dass sie kein einziges Verfahren mehr als vorher im beschleunigten Verfahren durchführen. Hier könnte sich der Eindruck aufdrängen, dass viel Wind um nichts gemacht wird.