Protocol of the Session on May 28, 2009

[Beifall bei der CDU]

Schauen wir uns den Antrag zum Thema „Bürgerämter“ genauer an, stellen wir fest, dass eine Reihe von Forderungen jetzt bereits Realität sind, sie sind bereits von den Bezirken umgesetzt. Zur Terminvergabe habe ich mich bereits geäußert. Ich bin der Auffassung, die Bezirke vor Ort wissen viel besser, wo tatsächlich der mobile Einsatz von Bürgerämtern notwendig ist, wo das Angebot am Bürger vorhanden sein muss. Deswegen gibt es die Zweistufigkeit der Berliner Verwaltung, weil vor Ort der

Sachverstand vorhanden ist, was dort im Einzelnen notwendig ist. Was wir schon gar nicht brauchen, sind indirekte Sparvorgaben, indem vorhandene Bürgerämter infrage gestellt werden. Eines ist nämlich völlig klar: Bei dem unverschämten Spardruck, den Rot-Rot auf die Bezirke ausübt, sehen die Bezirke gar keine andere Chance als dort einzusparen, wo es irgend geht. Dort, wo Institutionen vorhanden sind, die nicht genügend nachgefragt werden, werden diese sehr schnell infrage gestellt. Dieser Antrag ist schlicht und einfach überflüssig.

[Beifall bei der CDU]

Sehen wir uns den Antrag zu den Ordnungsämtern an, stellen wir fest, dass dieser aus unserer Sicht viel zu kurz greift. Wir haben insgesamt zwölf Anträge zu den Ordnungsämtern eingebracht. Wenn Sie sich Absatz 2 des Antrags von Rot-Rot ansehen und mit unserem Antrag mit der Drucksachennummer 16/2122 vergleichen, finden Sie darin eine wesentlich deutlichere Darstellung, was im Einzelnen notwendig ist. Natürlich brauchen wir eine zivilgesellschaftliche Verknüpfung der Arbeit der Ordnungsämter mit den Institutionen vor Ort, aber eben nicht in dieser halbgaren placeboartigen Manier, wie es Rot-Rot vorschlägt.

[Beifall bei der CDU]

Natürlich brauchen wir eine Übernahme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Parkraumbewirtschaftungskontrolle für den allgemeinen Bereich des Ordnungsamtes. Vergleichen Sie dazu den Antrag mit der Drucksachennummer 16/2179, das ist die Nummer 8 unserer Antragsserie, worin viel genauer und klarer das geschildert ist, was wir als CDU-Fraktion für notwendig erachten und wo es eben nicht darum geht, zusätzliche Stellen zu fordern, noch nicht einmal die Besetzung der vorhandenen Stellen, sondern um eine höhere Flexibilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bereits vorhanden sind. Es ist doch geradezu anachronistisch, dass eine Mitarbeiterin nur den Blick darauf haben darf, ob ein Auto richtig oder falsch geparkt ist, aber wenn dann fünf Meter weiter eine Aufgabe für den allgemeinen Ordnungsdienst anfällt, hat diese Mitarbeiterin nur die Chance zum Telefon zu greifen, weil sie selbst nicht aktiv werden darf.

Es gibt eine Reihe weiterer Punkte, die wir in unseren Anträgen aufgegriffen haben. Dazu gehören der Bereich Prävention, die Verbesserung der Überwachung des Jugendschutzes, eine Verbesserung der Kommunikation, ein einheitliches Beschwerdemanagement und vieles mehr. Wir stellen fest, die Anträge der Koalition sind in weiten Teilen abgeschrieben, es handelt sich um weichgespülte Anträge mit Placeboeffekt

[Zuruf von Kirsten Flesch (SPD)]

ohne wesentliche Fakten und Grundlagen mit dem Zweck, eine Argumentationsgrundlage zur Ablehnung der zwölf Anträge der CDU-Fraktion zu haben. Insofern stehen wir diesen Anträgen kritisch gegenüber, freuen uns aber auf die Diskussion im Ausschuss.

Kirsten Flesch

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Das Wort für die Linksfraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Zotl.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Statzkowski! Ich schlage Ihnen vor, lassen Sie uns die Probe aufs Exempel machen. Wir gehen in Ordnungsämter und in Bürgerämter, wir rufen an, wir nehmen die Dienste in Anspruch. Ein Ergebnis steht jetzt schon fest: Ihr Redemanuskript treten Sie anschließend selbst in die Tonne.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Andreas Gram (CDU): Was?]

Es stimmt hinten und vorn nicht, was Sie erzählen.

In der Tat haben wir vor Kurzem zur Problematik Ordnungsämter eine ganze Antragsserie der CDU auf den Tisch bekommen. Ich greife die Frage vom Kollegen Statzkowski auf, weshalb kommt jetzt die Koalition mit ihrem Antrag zu den Ordnungsämtern?

[Thomas Birk (Grüne): Das frage ich mich auch!]

Sind etwa die zwölf CDU-Anträge so gut und zwingend, dass man sie nicht ablehnen kann – Sie haben vermutet, wir wollten der CDU nicht die Lorbeeren überlassen. Das ist mitnichten so. Nach wie vor gibt es zwischen uns und unserem Antrag und der CDU einen grundsätzlichen Konflikt. So besteht die Intention der CDU-Anträge darin, den abschreckenden Charakter der Außendienste mehr auszubauen und diese quasi zur bezirklichen Kiezpolizei zu entwickeln. Wir hingegen wollen – das ist der Kern unserer Antrags –, dass die Ordnungsämter zur Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements und der Bürgergesellschaft beitragen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Zudem haben Sie einige Ihrer Forderungen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, schlicht aus einem Koalitionspapier abgeschrieben, aber dabei übersehen, dass das Meiste davon inzwischen erfüllt oder in die Rahmenzielvereinbarung zu den Ordnungsämtern aufgenommen worden ist. Am 18. Juni werden wir darüber endgültig im Ausschuss anhand schriftlicher Informationen debattieren. Wir haben jedoch die Analyse weitergeführt. Wir sind auf drei Probleme gestoßen, die ihren Niederschlag noch nicht in der Rahmenzielvereinbarung gefunden haben.

[Thomas Birk (Grüne): Stimmt ja gar nicht!]

Auf die legen wir den Fokus: Erstens auf ein ergebnisorientiertes Controlling, damit – wie bei den Bürgerämtern – überall ein gleich hohes Standardniveau an Leistungen entsteht, zweitens auf eine enge Zusammenarbeit der Ordnungsdienste mit Kiez- und Quartiersbeiräten, um viele Konflikte im Kiez, bei denen heute oft viel zu schnell der Ruf nach dem Ordnungsamt ertönt, möglichst

über das zivilgesellschaftliche, das nachbarschaftliche Gespräch geklärt werden kann und drittens auf eine gezielte Personalentwicklung für die Außendienste.

Bei dem Antrag zu den Bürgerdiensten geht es um eine andere Frage. Inzwischen gibt es in Berlin neben den etwa 60 stationären Bürgerämtern drei weitere leistungsstarke Angebote: die mobilen Bürgerämter, die elektronischen und die telefonischen Dienstleistungen. Diese Angebote zeichnen sich dadurch aus, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr auf das Amt müssen, sondern so oder so das Amt auf diesen neuen Wegen zum Bürger kommt. Diese Leistungsangebote werden systematisch ausgebaut. Die mobilen Bürgerämter bieten völlig identische Leistungen an wie die stationären. Die Produktkosten sind inzwischen angeglichen. Noch in diesem Jahr werden wir besonders häufig nachgefragte Bürgeramtsleistungen in Gänze elektronisch anbieten, sodass die Bevölkerung diese Behördengänge komplett online vollziehen kann. Berlin ist auch Pilot bei der bundesweit einheitlichen Behördennummer 115. Bereits vorher konnte man viele Auskünfte bis hin zu gründlichen Informationen sowie erforderliche Behördentermine stadtweit telefonisch einholen.

Nun aber entsteht ein Problem, Herr Statzkowski. Die Summe derer, die die Bürgerdienste in Anspruch nehmen, bleibt insgesamt gleich, aber sie verteilt sich nunmehr auf diese vier Wege. Daraus erwachsen drei Konsequenzen. Alle diese Wege sollen erstens gleichberechtigt, ausgewogen und spezifisch ausgebaut werden. Es kann nicht mehr sein – Sie haben eben dafür plädiert, dass es so sein soll –, dass in einigen Bezirken nach wie vor nur die stationären Bürgerämter als das „Normale“ und alles andere als das freiwillige Extra angesehen wird.

[Andreas Statzkowski (CDU): Habe ich nicht gesagt!]

Es ist zweitens völlig normal, wenn die Belegschaft der Bürgerdienste bedarfsgerecht auf diese vier Realisierungswege umverteilt wird. Es ist eben auch keine Todsünde, wenn ein gering frequentiertes und ineffizientes stationäres Bürgeramt geschlossen und der Standort dafür regelmäßig von einem mobilen Bürgeramt versorgt wird.

[Andreas Statzkowski (CDU): Was glauben Sie denn, wer in den Bezirken sitzt? Die sind doch nicht unfähig!]

Drittens ändert sich mit der Zunahme von Lösungen auf der Basis moderner Technologien auch die Klientel, die nach wir vor die stationären Bürgerämter aufsucht. Das muss zum Beispiel über eine höhere soziale Kompetenz der dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigt werden.

Herr Kollege! Sie müssten jetzt zum Schluss kommen!

Ich habe noch einen letzten Satz: Es geht insgesamt mit unserem Antrag darum, den neuen Möglichkeiten, die sich mit dem technischen Fortschritt für noch mehr Bürgerfreundlichkeit ergeben – Stichwort: Das Amt kommt zum Bürger –, Rechnung zu tragen. Ich denke, wir finden eine ausreichend gemeinsame Diskussionsgrundlage. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat der Kollege Birk.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema haut die Leute vom Hocker, das musste in die Prioritätenrunde. Aber das Anliegen dieser beiden Anträge der Koalition zu den Ordnungsämtern und den Bürgerdiensten ist durchsichtig. Da wollen sich die Fraktionen von Rot-Rot mit Prozessen in der Verwaltung schmücken, die entweder ohnehin kurz vor dem Abschluss stehen oder die aufgrund des technischen Fortschritts unumgänglich sind.

Zunächst sei meinen kritischen Bemerkungen vorangestellt: Der Prozess der Evaluation und der Rahmenzielvereinbarungen sowohl bei den Bürgerämtern als auch bei den Ordnungsämtern ist gut. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die daran beteiligt sind, haben unsere Unterstützung, und sie haben Vorbilder für die bevorstehende Standardisierung und Leistungsoptimierung in anderen Themenfeldern geschaffen. So weit, so gut!

[Beifall bei den Grünen]

Aber – und nun komme ich zu dem Antrag „Ordnungsämter konsequent weiterentwickeln“ – was Sie da gemacht haben, ist wirklich billig. In den letzten Plenarsitzungen hat die CDU – das wurde schon mehrmals erwähnt – zwölf Anträge zu Ordnungsämtern eingebracht, das Meiste davon völlig überflüssig, weil der Prozess der Optimierung, der Vereinheitlichung der Ordnungsämter zumindest als Denkprozess abgeschlossen ist, gemeinschaftlich erarbeitet von den Bezirken und der Innenverwaltung. Auf das Ergebnis haben sich in einer Rahmenzielvereinbarung fast alle Beteiligten selbst verpflichtet.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Und nun kommen Sie daher, im Mai – im Februar ist die Rahmenzielvereinbarung geschlossen worden –, und machen den gleichen Unsinn wie die CDU. Sie greifen sich Punkte aus der Rahmenzielvereinbarung und erheben sie zum Antrag, um sich dann später einen positiven Abschlussbericht abzuholen. Ein bisschen mehr eigene Kreativität, um parlamentarische Erfolge zu erzielen, hätte ich schon von Ihnen erwartet.

[Beifall bei den Grünen]

Allerdings können Sie mit einem Änderungsantrag von uns rechnen. Es ist nämlich unabdingbar, dass endlich – wie versprochen – das IT-unterstützte Anliegenmanagement auf den Weg gebracht wird.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Zotl?

Nein, Herr Zotl, wir machen das im Ausschuss. Ich möchte den Leuten hier nicht die Zeit stehlen.

[Bärbel Holzheuer-Rothensteiner (Linksfraktion): Schade!]

Es wäre wirklich an der Zeit, dass das IT-unterstützte Anliegenmanagement auf den Weg gebracht wird. Unser Stadtrat Nilson Kirchner in Pankow hat extra auf eine Insellösung verzichtet, weil das ja auch Sinn macht, für alle Bezirke in Berlin ein einheitliches Anliegen- und Beschwerdemanagement zu schaffen. Dann machen Sie es aber auch und beauftragen endlich eine Firma damit, und befördern Sie auch die Ordnungsämter in die virtuelle Welt, gerade wenn Sie die Bürgerdienste ja laut Antrag schon auf die nächste Stufe der virtuellen Welt heben wollen!

Noch eine weitere Kritik zu den Ordnungsämtern an Sie, Herr Innensenator: Die Innenverwaltung hat gerade eine Änderung der Aufgabenzuordnung für die Ordnungsämter trotz der gerade beschlossenen einheitlichen Ämterstruktur in den Rat der Bürgermeister eingebracht. Das mag ja im Detail inhaltlich diskussionswürdig sein. Aber wir mussten uns hier anhören, dass an der Zuordnung der Grünflächen zum Tiefbau in der Gesetzesvorlage nichts mehr zu rütteln sei, weil das der Rat der Bürgermeister als Kompromiss so wollte, und wenn man an einer Stelle rütteln würde, dann würde der ganze Kompromiss platzen. Und nun machen Sie genau das selbst. Sie wollen Teile des Lärmschutzes zu den Ordnungsämtern geben, ebenso die Genehmigung von Straßenfesten und die Sondernutzung von Grünflächen. Das entspricht nicht dem Abschlussbericht zur Optimierung der Ordnungsämter. Da ist nur von besserer Koordination die Rede. Und Sie wollen den Deal sogar so schnell und unbemerkt durchziehen, dass das Votum des RdB-Innenausschusses als Votum des gesamten RdB gelten soll, um zu verhindern, dass andere Bereiche dann auch ihre Änderungswünsche formulieren. Sie werden dann das Gesetz zur einheitlichen Ämterstruktur durch Rechtsverordnung entsprechend ändern. Dazu haben Sie sich selbst per Gesetz ermächtigt. Diese Strategie verstehe, wer will. Ich kann nur sagen, dann werden wir auch noch mal überlegen, ob wir nicht neue Verhandlungen in Sachen Grünflächen fordern.

[Beifall bei den Grünen]

Noch ein paar letzte Worte zu Ihrem Antrag zu den mobilen Bürgerdiensten. Das sind eigentlich alles alte Kamellen, die wir im Ausschuss zigmal besprochen haben, elektronische Terminvereinbarung, Onlinedienste ausbauen

usw. Da kann ich nur sagen, warum sind wir nicht längst weiter mit der elektronischen Signatur, dass endlich mehr Anliegen abschließend online erledigt werden können? Und wenn Sie die mobilen Bürgerämter ausbauen wollen, dann müssen Sie auch mal sagen, mit welchem Personal, zumal die Altersstruktur in den Bürgerämtern beängstigend ist und wir bald ein extremes Nachwuchsproblem bekommen. Oder muss der letzte Absatz so verstanden werden, dass Sie eigentlich Bürgerämter schließen wollen, wie Sie eben schon angekündigt haben, obwohl hier neulich über sehr lange Wartezeiten wegen des BerlinPasses diskutiert worden ist, und sollen die mobilen Bürgerämter dann als Billig- und Schmalspurvariante diese Lücken übertünchen? Kündigt sich hier eine pauschale Budgetabsenkung für die Bürgerdienste an? Dann reden Sie auch mal Klartext. Dies werden wir in den Ausschussberatungen kritisch vertiefen. Ansonsten tut es mir leid, dass Sie die beste Redezeit mit zwei so langweiligen Anträgen vergeuden mussten. – Vielen Dank!