Protocol of the Session on April 30, 2009

Die Berliner SPD steht ohne Wenn und Aber hinter der Berliner Polizei und wird sie auch in der schwierigen Arbeit der nächsten Tage unterstützen.

[Beifall bei der SPD]

Es ist aber genauso unerträglich, wenn in diesem Haus immer wieder der Berliner Polizei vorgeworfen wird, bei der Verfolgung von Gewalttaten zwischen Rechten und Linken zu unterscheiden, so als ob die Berliner Polizisten den einen schärfer als den anderen verfolgen würden. Das beleidigt die Arbeit der Berliner Polizei und ist nicht zu rechtfertigen.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

Ich habe großen Respekt vor der schwierigen Arbeit der Berliner Polizei, die sie hervorragend leistet, die sie heute Nacht und auch morgen leisten wird.

Die Polizei konnte ihre Arbeit auch deshalb so gut erledigen, weil es in Kreuzberg viele Menschen gab und auch in diesem Jahr gibt, die sich aktiv für friedliche Proteste und für Maifeste engagieren. Gewaltfreiheit ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft, nicht nur der Polizei. Die kommt eigentlich erst ganz am Schluss. Zunächst ist die Zivilgesellschaft gefordert, und da haben in den letzten Jahren – ich will sie ausdrücklich nennen – das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg und die vielen Kreuzbergerinnen und Kreuzberger, die sich für ihren Kiez engagiert haben, gemeinsam mit der Polizei hervorragende Arbeit geleistet.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen]

In Veranstaltungen vor dem 1. Mai hat man das Gespräch miteinander gesucht.

Aber, das möchte ich an dieser Stelle auch betonen, es ist auch Aufgabe anderer in dieser Stadt, für einen friedlichen Verlauf Sorge zu tragen. Ich bitte an dieser Stelle auch die Medienvertreter zu überlegen, ob das, was wir an Presseberichterstattung in den letzten Tagen erlebt haben, diesem gemeinsamen Ziel förderlich war.

[Benedikt Lux (Grüne): Die freie Presse ist schon gut!]

Die Erfolge der Berliner Polizei und der Kreuzberger gefallen offensichtlich nicht allen in dieser Stadt. Die selbsternannten Straßenkämpfer möchten gern einmal wieder ins Fernsehen, CDU und FDP machen schon mal Wahlkampf und betätigen sich als Stichwortgeber für Chaoten, und die Medien hätten wohl gern wieder tolle Bilder von Ausschreitungen. Im letzten Jahr durfte ich in Kreuzberg erfahren, dass es so friedlich war: Wenn man sich eine Zigarette anzünden wollte, musste man schon

aufpassen, dass nicht schon wegen des Feuers des Feuerzeugs die Journalisten mit den Kameras über einen herfielen.

[Benedikt Lux (Grüne): Keine Presseschelte!]

Es wäre schlimm, wenn es den Provokateuren gelänge, mit den Gewalttaten die Medien von den berechtigten Protesten der Gewerkschaften abzulenken. Die Millionen Menschen, die um ihre Jobs fürchten, die zu Recht ihren Protest gegen das maßlose Gewinnstreben neoliberaler Wirtschaftsführer

[Och! von der FDP]

artikulieren wollen, verdienen unsere Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich fordere deshalb alle Berlinerinnen und Berliner auf, die sich diesem Protest anschließen wollen, morgen um 10 Uhr an den DGB-Kundgebung teilzunehmen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Gewaltfreiheit ist die beste Garantie dafür, dass die wirklichen Probleme dieser Menschen ausreichend Gehör finden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kleineidam! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Juhnke das Wort. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorzeichen für Gewalt am 1. Mai nehmen zu, und der Senat duckt sich weg, verharmlost und distanziert sich nicht ausreichend von den geistigen Urhebern der Gewalt in Berlin.

[Beifall bei der CDU – Lars Oberg (SPD): Das ist absurder Blödsinn!]

Wir stellen fest, dass erst der immense Druck dem Senat deutlich gemacht hat, dass er Probleme wie beispielsweise das der brennenden Autos nicht einfach aussitzen kann, sondern dass es sich um ein ernst zu nehmendes Gewaltphänomen handelt.

[Beifall bei der CDU]

Die Anwohner der am meisten betroffenen Stadtteile in Pankow, Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg leben in Sorge, und es verbreitet sich ein ohnmächtiger Zorn über diesen Senat, der die Ängste der schweigenden Mehrheit nicht mehr ernst nimmt. Die Forderung der Berliner CDU, eine Sonderkommission mit dem Thema Brandanschläge einzurichten, wird hingegen als Aktionismus abgetan und vom Senat verworfen. Dabei ist es der Senat selbst, der aus purer Hilflosigkeit in nichts anderes als den von ihm eben noch beklagten Aktionismus verfällt, wenn er eine Prämie von 10 000 Euro für die Ergreifung von Tätern aussetzt. Wer wird denn ernsthaft erwarten, dass aus dem

Milieu der Brandstifter sachdienliche Hinweise erfolgen? – Aber unser Hobby-Aktenzeichen-xy-ungelöstMann Körting hat leider auch keine andere Wahl. Während seiner Amtszeit hat sich die Zahl der Polizeibeamten im Vollzugsdienst massiv verringert. Damit hat dieser Senat unter Klaus Wowereit den größten Abbau an Sicherheit für die Bewohner dieser Stadt in der gesamten Nachkriegszeit zu verantworten.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Anja Hertel (SPD)]

Ich stelle fest: Der Senat weiß nichts von Anzeichen verstärkter Gewalttaten am 1. Mai, der Senat hat keine Lösung für das Problem der Autobrände, der Senat hat offenbar auch keine Kenntnisse über verdeckte Ermittlungen in die linke Szene hinein. Was der Senat aber angeblich ganz genau wissen will, ist, dass das eine – nämlich der enorme Anstieg der Brandanschläge – nichts mit dem anderen – der Gefahr für einen gewalttätigen 1. Mai – zu tun hat. In dieser Sache ist sich Körting sicher, und da kann man nur sagen: Alle Achtung vor solcher Realitätsverweigerung!

[Beifall bei der CDU]

Erst vor wenigen Stunden wurde ein Bus der Gewerkschaft der Polizei in einer Tiefgarage von Chaoten in Brand gesetzt. Wer hier keinen Zusammenhang sieht, ist offenbar Opfer seiner eigenen Propagandastrategie geworden, nämlich das nicht sein kann, was nicht sein darf.

[Beifall bei der CDU]

Spätestens seit den Krawallen zum Nato-Gipfeltreffen in Straßburg Anfang April macht die linke Szene mobil. Leider spricht Vieles dafür, dass sich die linken Krawallmacher von Nah und Fern in diesem Jahr wieder Berlin als Zielort für den 1. Mai gewählt haben. Weitere Veranstaltungen von Rechtsextremisten in Köpenick und eine hochkarätige Sportveranstaltung mit zu erwartenden Hooligans stehen darüber hinaus noch an. Ich sage deutlich: Die CDU-Fraktion hat großes Vertrauen in das Können und die Erfahrung unserer Berliner Polizei.

[Benedikt Lux (Grüne): Ja?]

Wir wünschen den Kolleginnen und Kollegen der Berliner Polizei eine glückliche Hand bei ihrer schwierigen Aufgabe und hoffen, dass es zu keinen Verletzungen mit dauerhaften Folgen kommen wird. Wir wissen, dass sie das in ihrer Macht Stehende tun wird, um die Ereignisse friedlich zu halten.

Umso erschütternder ist hingegen das Bild, welches die politische Spitze und die den Senat tragenden Parteien in diesem Zusammenhang abgeben. Der Senator gibt Informationen nur scheibchenweise heraus, am Montag im Innenausschuss war noch nicht die Rede von einer besonderen Gefährdungslage, schon am nächsten Tag sickerten in den Zeitungen Meldungen durch, nach welcher internen Lageeinschätzung von einem höchsten Risiko für Ausschreitungen auszugehen ist. Dann wird schnell erklärt, dass sei auch im letzten Jahr so gewesen, und dort sei es ja schließlich friedlich zugegangen. Mal ganz ab

gesehen davon, dass wir im letzten Jahr in Berlin das Glück hatten, dass der nationale Krawalltourismus sich Hamburg und Nürnberg zum Ziel erkoren hatte, kam es auch im letzten Jahr zu erheblichen gewalttätigen Ausschreitungen. Der Polizeipräsident wurde sogar persönlich angegriffen, weitere 103, in Worten: einhundertdrei Polizeibeamte wurden verletzt. Fragen Sie mal diese Menschen, ob sie auch der Meinung sind, der letzte 1. Mai wäre friedlich verlaufen!

[Beifall bei der CDU]

Heute lesen wir in den Zeitungen, dass vorgestern sogar der Innensenator selbst vor einer Gruppe Autonomer das Weite suchen musste. Wie weit ist es in dieser Stadt schon gekommen, wenn ohne großen Protest der Gesellschaft so etwas möglich ist? – Es ist eine unerträgliche Verdrehung, ja Perversion des Wertekanons, wenn die Anwesenheit von Vertretern des Staates in bestimmten Gebieten von einigen Autonomen unwidersprochen als provozierend bezeichnet werden kann, während selbst die Provokation dieser Leute geradezu ungeheuerlich ist.

Ein Politiker der Linken, also einer Partei, die an der Regierung in dieser Stadt beteiligt ist, tritt sogar als Mitorganisator einer der gewaltträchtigsten Veranstaltungen im Rahmen des 1. Mai auf. Was bereits für sich genommen ein Unding ist, wird endgültig zum Skandal, wenn man hört, mit welchen Worten dieser linke Politiker und seine Mitstreiter zu Hass und zu Gewalt gegen Polizisten aufrufen. Ganz bewusst wird hier gedroht und provoziert, dass es ein Fall für den Staatsanwalt sein muss. Die Polizisten und ihre Familien sollen terrorisiert werden – spätestens hier schreit förmlich alles nach sehr deutlichen Worten durch den Innensenator oder den Polizeipräsidenten, die sich schützend vor ihre Mitarbeiter zu stellen haben. Worte, die bisher leider – sei es aus falsch verstandener Toleranz oder wahrscheinlich eher aus dem völligen Verlust politischer Maßstäbe – ausgeblieben sind.

[Beifall bei der CDU]

Gipfelpunkt dieser Angriffe ist aber die unsägliche Beleidigung mit dem Vorwurf des faschistischen Korpsgeistes an unsere Berliner Polizei. Diese Aussage offenbart einen Ungeist, der auch nicht dadurch relativiert wird, dass in dem kranken Weltbild dieser Leute alles was rechts von der Arbeiterwohlfahrt anzusiedeln ist als potenziell faschistisch gilt. Auch hier gab es keine sofortige und glasklare Distanzierung der Partei Die Linke – das macht sprachlos. Wenn sich die Spitze der Partei nicht deutlich und glaubwürdig von diesen Aussagen distanziert, dann macht sie sich damit zum verlängerten parlamentarischen Arm der linken Chaoten.

[Beifall bei der CDU]

Herr Senator Körting! Ein Wort zu Ihnen! Ich kann mir gut vorstellen, dass bei Ihnen ganz persönlich und im Herzen eine Koalition mit der Partei Die Linke nicht wirklich ganz oben auf der Wunschliste steht. In Ihrem Auftreten, dieser latent bürgerlichen seriösen Art, die Sie vorführen, ist diese Distanz auch körperlich zu spüren. Aber, Herr Senator Körting, auch Sie sind ein Teil dieser

Regierung von SPD und Linken, auch Sie haben es zu verantworten, wenn durch diese Regierung systematisch der Versuch gemacht wird, das politische Koordinatensystem in dieser Stadt auf allen Ebenen in seinem Mittelpunkt immer weiter nach links zu verschieben. Auch Sie sind verantwortlich, wenn durch diese Regierung – und hier sind wir garantiert Weltspitze – ein hervorragendes Milieu bereitet wird für jede Form von linksextremer und linksautonomer Subkultur. Auch Sie machen sich mitschuldig, wenn durch diesen Senat nicht beide Formen des Extremismus von rechts und von links mit der gleichen Konsequenz bekämpft werden.

[Torsten Schneider (SPD): Ist ja unglaublich!]

Solange man den Eindruck hat, dass hier nicht mit der gleichen Elle gemessen wird, dass hier nicht erkannt wird, dass beide Extreme genau das gleiche Gift für unsere Gesellschaft sind, solange sind Sie, Herr Körting, nicht der seriöse Herr im Anzug, sondern schlicht der Mann mit der Augenklappe – auf dem linken Auge blind.

[Beifall bei der CDU]

Wenn es am 1. Mai zu ernsthaften Krawallen kommen sollte – was niemand will, und ich irre mich hier sehr gerne bei meiner Prognose, wirklich sehr gerne –,

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Sind Sie da ganz sicher?]