Protocol of the Session on April 30, 2009

Schließlich stimmen wir über Drucksache 16/1611 ab – Stichwörter: Rauch- und Alkoholverbot auf Kinderspielplätzen. Dieser Antrag wurde im Ausschuss mehrheitlich gegen CDU und Grüne bei Enthaltung der FDP abgelehnt. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der CDU und die Fraktion Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer

enthält sich? – Das ist die FDP-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe die Priorität der Fraktion der CDU auf

lfd. Nr. 5 e:

Antrag

Statt Wanderzirkus: Kinderbetreuung bis zur Einschulung in der Kindertagesstätte ermöglichen

Antrag der CDU Drs 16/2267

Das ist der ehemalige Tagesordnungspunkt 26. – Zur Beratung stehen den Fraktionen jeweils fünf Minuten zur Verfügung. Für die CDU-Fraktion hat Frau DemirbükenWegner das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit unserem Antrag möchten wir darauf aufmerksam machen, dass Kinder, die vor ihrer Einschulung stehen, vom Senat alljährlich einer kindeswohlgefährdenden Reifeprüfung unterworfen werden. Alle Kinder werden zum 1. August eines Jahres aus der Kita geschmissen, egal ob die Einschulung am 2. August oder am 5. September stattfindet. Doch stehen nicht Kinder und Kindheit im Mittelpunkt der aktuellen Diskurse um Bildung, Familie, Armut und Migration? Ist die Sozialberichterstattung über Kinder nicht Ausdruck dieser Diskurse? Gestaltet sie nicht auch zugleich die Debatten, wie Kindheit sein soll, welche Kompetenzen Kinder benötigen, welche Bedürfnisse sie haben, wie das Aufwachsen in privater und öffentlicher Verantwortung gestaltet werden soll? Zwar werden die fünfjährigen Kinder nach dem Rausschmiss aus der Kindertagesbetreuung nicht sich selbst überlassen, denn sie haben noch Eltern, Omas, Opas, aber was ist, wenn die Eltern keine vier Wochen Urlaub für diesen Überbrückungszeitraum hinbekommen? Dann gibt es noch die Schulhorte, sagen Sie. – Ja, diese gibt es an einzelnen Standorten. Auch in den Ferien wird hier die Betreuung für erfahrene Schulkinder und diese aus ihrem Nest geschmissenen fünfjährigen Schulkinder angeboten.

Formal ist alles geregelt. Wen interessiert schon, was ein Fünfjähriger für Nestwärme noch braucht und vermissen könnte? Nun könnte ich versucht sein, in den fünf Minuten meiner Redezeit über die Folgen solcher Zäsur in der Entwicklungspsychologie von Kinder zu reden und das unverantwortliche Handeln von Wowereit und Co. gegenüber unseren Zukunftshoffnungen zu brandmarken. Doch ich würde in diesem Senat sicher nur auf taube Ohren stoßen, denn wer nichts gegen das Anwachsen von Kinderarmut in dieser Stadt unternimmt, wer jedes Kind gleichmachen möchte und unter Kindeswohl nur die Entmündigung der Eltern versteht, versteht eben nichts von den Sorgen und Ängsten von Eltern und ihren Kindern. Denn wie oft haben wir die höhnischen Worte aus den Reihen der Koalitionsfraktionen ertragen müssen, wenn wir in unseren Anträgen eine bessere Verzahnung von

Kindergarten und Grundschule angemahnt haben, wenn wir eine geregelte Übergangskultur und -struktur erwarteten, hieß es immer wieder: Es ist schon alles gemacht, was wollen Sie denn?

Doch in der Praxis sehen wir, wie die Schulen viel zu spät ihre Lehrkräfteausstattung für das neue Schuljahr erhalten. Fast keine Kita kann ihren Vorschulkindern vor der Einschulung ihre zukünftige Klassenlehrerin vorstellen.

[Beifall von Sascha Steuer (CDU)]

Wenn der Senat zuhören würde, könnte ich erklären, dass das von ihm eingesetzte ISBJ in voller Schönheit Integrierte Software Berliner Jugendhilfe heißt und der Name für das Computersystem steht, das seit Januar 2006 die Abrechnungen im Kitabereich und der ergänzenden Betreuung umfasst. Auch die Betreuung der Elternbeiträge erfolgt über diesen Teilbereich. Ich könnte mich also hinstellen und dem Senat erklären, wie diese große Datenbank vom Prinzip her auch in komplexen Prozessen eingesetzt werden kann, da der Zugriff von diversen Stellen aus und in unterschiedlicher Art und Weise möglich ist. Ja, das teuere System erlaubt die Bearbeitung von Kita- und Hortbetreuung über einen Mitarbeiter. Deshalb müsste nur wenig teuere Software entwickelt werden, wenn man zwar auf der einen Seite taggenau die Leistungen des Trägers überprüfen kann, aber in der sonstigen Verwaltungsorganisation hinter der Intelligenz des Systems zurückbleibt. Wer nur die Optimierung von fiskalischen Größen verfolgt, vergisst schon einmal, dass in diesem System auch Menschen, kleine Menschen von fünf Jahren, stecken, für die zwei oder vier Wochen willkürliche Veränderungen in Bezugspersonen und Betreuungsorten Welten zerstört, was dann eine lange Wiederaufbauarbeit erforderlich macht.

[Beifall bei der CDU]

Deshalb möchte ich es an dieser Stelle dabei belassen, den Senat aufzufordern, rechtzeitig vor Ende des laufenden Betreuungsjahres Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorschulkinder in ihrer bisher vertrauten Umgebung der Kindertageseinrichtung zu belassen und den Wechsel in den Schulhort erst nach der Einschulung zu vollziehen. Intelligente Computersysteme zur Optimierung von Prozessabläufen zu nutzen und gleichzeitig das Wohlbefinden unserer Kinder zu verbessern, müsste doch unser aller Ziel werden und sein. Deshalb bitte ich den Senat, schnellstmöglich im Sinn des Kindeswohls zu entscheiden.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Scheeres das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU! Ja, es ist richtig, das

Schuljahr beginnt zum 1. August nach dem Schulgesetz, und die Finanzierung des Kitaplatzes endet dann zum 31. Juli. Dieser Termin ist unabhängig davon, wann der tatsächliche Unterricht nach den Sommerferien startet. Es ist ja so, dass die KMK die Sommerferien festlegt. Sie sind immer zu unterschiedlichen Zeiten. Doch auch, wenn die Kinder nicht mehr durch die Kita betreut werden, stehen sie nicht ab dem 1. August auf der Straße. Die ergänzende Betreuung in der Schule beginnt nämlich genau zu diesem Termin, auch wenn der Schulunterricht noch nicht begonnen hat. Das kann man auch positiv festhalten, dass eine Betreuung in der Kita und der Grundschule durchgängig gesetzlich gewährleistet ist, auch in den Ferien oder wenn wir Schließzeiten in der Kita haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Das ist nicht in allen Bundesländern so. Ich würde es mir wünschen, wenn Sie sich mit Ihren CDU-regierten Ländern austauschen würden, weil es dort meist nicht so geregelt ist.

Um eine durchgängige Betreuung zu gewährleisten und finanzieren zu können, braucht man ein abgestimmtes Finanzierungssystem. Man muss sich klar sein, wenn man an der einen Stelle etwas ändert, hat dieses auch Auswirkungen. Wenn wir jetzt entscheiden – was man auch diskutieren kann –, die Vorschulkinder in der Kita bis zum tatsächlichen Unterrichtsbeginn zu lassen, hat dieses Konsequenzen, nämlich auch für die neuen Kinder. Entweder bekommen sie später einen Kitaplatz, oder sie finden erschwerte Bedingungen an, wenn es um die Eingewöhnung geht, weil z. B. die Gruppen größer sind.

[Mirco Dragowski (FDP): Die sind ja gestaffelt!]

Ich kann mir vorstellen oder weiß es auch, dass es sicherlich einzelne Eltern oder Kinder gibt, für die diese Lösung besser wäre, länger in der Kita zu sein. Ich weiß aber auch, dass es Eltern und Erzieherinnen gibt, die es positiv finden, wenn ihre Kinder die Schule schon kennenlernen, bevor der tatsächliche Unterricht beginnt, damit sich die neuen Kinder und die neuen Erzieherinnen schon kennenlernen.

[Mirco Dragowski (FDP): Wenn es die richtige Schule ist!]

Man kann beide Seiten betrachten.

[Beifall bei der SPD]

Aber nach unserer Diskussion eben möchte ich noch einmal ganz ehrlich die Frage stellen: Ist es wirklich das dringendste Problem, das Familien im Moment haben? Wir haben eben ganz intensiv über Qualitätsverbesserung geredet. Sie haben eben auch erzählt, dass Sie den Antrag der Grünen unterstützen. Ich habe immer noch nicht gehört, wie Sie das finanzieren wollen, ob Sie gegen die Beitragsfreiheit sind. Wenn man das konsequent durchdenkt, was Sie hier vorschlagen, muss es auch eine Lösung für alle Kinder sein.

[Zuruf von Oliver Schruoffeneger (Grüne)]

Das bedeutet, dass wir auch in diesem Bereich einen Mehrbedarf in Millionenhöhe haben werden. Da fehlen

mir einfach Ihre Prioritäten, das muss ich ganz klar sagen. Sie wollen alles und machen nicht klar, wie Sie es finanzieren wollen.

[Beifall bei der SPD]

Ich habe es für meine Fraktion schon gesagt: Wir haben ganz klare Prioritäten. Uns ist es wichtig, dass möglichst viele Kinder die Kita besuchen.

Frau Weiß hatte auch schon angedeutet, wie hoch unser Abdeckungsgrad in der Kita und Krippe in Berlin ist. Wir stehen mit an der Spitze, wir investieren 750 Millionen € jährlich. Wir haben 109 Millionen € in den Nachtragshaushalt eingestellt, weil es uns wichtig ist, dass viele Kinder die Kita besuchen. Uns ist es wichtig, dass die Kinder gerade auch im letzten Kitajahr fit gemacht werden. Wir haben den Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz im letzten Kitajahr gefordert und werden diesen auch umsetzen.

[Beifall bei der SPD]

Uns ist die Kita als kostenlose Bildungseinrichtung wichtig, und wir werden dieses auch bis 2011 einführen. Wir setzen auch in der Zukunft Prioritäten, nämlich im Rahmen der Haushaltsberatungen, wo solche Dinge diskutiert werden müssen. Wir sind der Auffassung, dass die Kitas bessere Bedingungen haben müssen, um qualitativ arbeiten zu können, damit die Erzieherinnen entlastet werden. Wir haben unseren Stufenplan hier angesprochen. Wir werden uns in den Haushaltsberatungen für 5 Prozent mehr Personal und für einen verbesserten Leitungsschlüssel einsetzen. Wir reden über 71 Millionen € zusätzlich jährlich. Das werden wir in den Haushaltsberatungen mit unserem Koalitionspartner diskutieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Ich muss ganz ehrlich sagen, ich sehe Ihre Prioritäten nicht. Sie wollen alles. Ich kann nur sagen: Wir haben klare Prioritäten und Sie nicht in diesem Bereich. – Danke!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat die Kollegin Jantzen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem, über das wir reden, ist in der Tat nicht das drängendste in dieser Stadt. Aber es ist ein Problem, das gerade zum Schuljahresanfang mehrere Hundert Eltern und ihre Kinder haben. Deswegen soll man das mal nicht so einfach abtun. Das Ziel, dass man wählen können sollte in den Sommerferien, ob das Kind noch in der Kita bleibt oder schon in eine Schule muss, die es noch gar nicht kennt, oder sogar in eine Ferienbetreuung, mit der es hinterher gar nichts zu tun hat, finde ich unterstützenswert. Ich wundere mich, warum der Senat dafür noch keine flexible Lösung gefunden hat. Denn das wird seit der Übertragung

der Horte permanent an uns und an den Senat herangetragen, zuletzt wieder im Familienbeirat, und immer wird versprochen: Wir kümmern uns. Skandal, Skandal – es kümmert sich keiner!

[Beifall von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]

Es ist in der Tat vor allem für die jüngeren Kinder – ich erinnere daran, dass wir inzwischen die Einschulung ab fünfeinhalb Jahren haben – eigentlich unzumutbar, in eine Umgebung geschickt zu werden, die ihren Bedürfnissen und Interessen überhaupt nicht angemessen ist. Es wäre aus meiner Sicht ein Leichtes, flexiblere Lösungen zu schaffen, denn, Frau Scheeres, wo wir diese Betreuung finanzieren, ob in der hortergänzenden Betreuung in der Schule oder in der Kita, das kann dem Land eigentlich egal sein. Hinsichtlich einer Überbelegung für eine gewisse Zeit in der Kita angesichts der wahrscheinlich doch eher geringen Zahlen fände ich es durchaus vertretbar, für einen kurzen Zeitraum nur zu diesem Zweck eine kurze Überbelegung zu ermöglichen, damit die neuen Kinder nicht auf der Straße stehen.

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Wie gesagt, ich kann überhaupt nicht verstehen, dass da nicht längst etwas geregelt worden ist. Ich finde, insgesamt ist es an der Zeit, dass sich unsere Bildungs- wie auch Sozialeinrichtungen an den Lebenslagen und Bedürfnissen der Menschen in dieser Stadt, insbesondere an denen der Kinder und ihrer Eltern, orientieren, statt umgekehrt, dass die sich immer den Einrichtungen und Organisationen anpassen müssen.

[Mirco Dragowski (FDP): Richtig!]

Das ist irgendwie typisch deutsch: Es muss alles bis ins Kleinste geregelt werden, und es wird nicht einmal flexibel nachgedacht – darauf ist hingewiesen worden –. Über das Abrechnungsverfahren Integrierte Berliner Software Jugendhilfe wäre die Abrechnung auch kein Problem. Insofern geben Sie sich mal einen Ruck bei der Besprechung dieses Antrags, dann doch noch einmal mit uns gemeinsam zu überlegen. Wir haben die Schulstrukturdebatte. In dem Zusammenhang hat Herr Zöllner auch angekündigt, dass der Übergang Kita – Schule entscheidend verbessert werden soll. Die Kooperationen sollen verbessert werden. Das gibt dann vielleicht die Möglichkeit, eine bessere Umgebung auch für die jüngeren Kinder zu schaffen. Solange das nicht gegeben ist, sollte es den Eltern freistehen, wo sie ihre Kinder unterbringen. Ich hoffe, dass wir im Zuge dieser Beratung dann doch gemeinsam eine flexible Lösung zum Wohle der Kinder finden und nicht immer in diesen Institutionen weiterdenken. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Das Wort für die Fraktion Die Linke hat der Abgeordnete Zillich.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Man könnte es sich bei dem Antrag einfach machen und sagen: Das Kitajahr endet am 31. Juli. Das Schuljahr beginnt am 1. August. Damit gehören Schulanfängerinnen und -anfänger ab dem 1. August in die Schulen, wenn sie in den Ferien eine Betreuung brauchen, punktum. So einfach wollen wir es uns nicht machen. Sicherlich gibt es in der Praxis das eine oder andere Problem, das muss man sich genau anschauen. Aber eins ist sicher: Das Bild, das durch die CDU gezeichnet worden ist, trifft auch nicht zu.

Eins ist in der Tat sicher: Die meisten Kinder freuen sich auf die Schule, und ein gelungener Schulbeginn ist wichtig, um die Lust und die Freude am Lernen möglichst lange zu erhalten. Es ist in der Tat nicht so, dass die Kinder bis zum ersten Schultag irgendwie und von irgendwem betreut werden in irgendwelchen kinderfeindlichen Umgebungen, sondern im Regelfall stellt die Schule, in der sie eingeschult werden, eine Betreuung zur Verfügung.

[Mirco Dragowski (FDP): Aber nicht immer!]