Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch.
Ich rufe demnach die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel I und II Drucksache 16/0953 auf. Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte sehr, Frau Hämmerling!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beantragen ein Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände. Der Tierschutz ist im Grundgesetz verankert, aber die Tiere haben keine Stimme. Zugegeben: Der Königsweg wäre ein Gesetz auf Bundesebene, und ich gebe auch zu, dass es sich bei unserem Gesetzesantrag nur um eine Möglichkeit zur Feststellungsklage handelt. Aber die Möglichkeit der Verbandsklage auf Landesebene ist allemal besser als gar keine.
Das hat sich der rot-grüne Senat in Bremen auch so gedacht und ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände im Bundesland Bremen beschlossen. Wir begrüßen die Entscheidung der SPD in Bremen ausdrücklich – die sind dort deutlich weiter als die Berliner Sozialdemokraten, denn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, Herr Buchholz, Sie argumentieren sehr widersprüchlich. Einerseits haben Sie Sorge um den Forschungsstandort Berlin, andererseits sagen Sie, das ist ja nur eine Feststellungsklage, damit kann man ja gar nichts verhindern, das ist ziemlich sinnlos. Was ist es denn nun? Ist es so gefährlich, dass der Forschungsstandort Berlin dadurch verhindert oder beeinträchtigt wird, oder ist es sinnlos? – Sie müssen sich schon entscheiden!
Sagen Sie doch ehrlich, was Sie dazu denken! Haben Ihre Kollegen in Bremen nur Unsinn beschlossen, haben die keine Ahnung? – Tierschutz interessiert Sie nur im Wahlkampf, und den Antrag lehnen Sie schon deswegen ab, weil er von den Grünen kommt. Eiern Sie nicht rum, das ist unglaubwürdig!
Ganz sicher kann man mit dem Verbandsklagerecht nicht jede Tierquälerei verhindern. Man könnte aber zum Beispiel einer untätigen Verwaltung auf die Sprünge helfen. Wenn zum Beispiel das Veterinäramt Lichtenberg weiß, dass der Tierhändler Bode noch immer von Herrn Blaszkiewitz Tierparktiere kauft, obwohl er keine Genehmigung dazu hat, und dennoch nicht einschreitet, dann wäre eine Klagemöglichkeit ein wunderbares Mittel, diesem Amt Beine zu machen.
Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition! Ihnen ist weder der Tierschutz noch die Sicherheit und die Hygiene in dieser Stadt wichtig. Herr Buchholz ist mit
seiner Forderung nach einer Kutschpferdverordnung als scharfklauiger Tiger gestartet und wird in Kürze zahnlos, harmlos mit einer unverbindlichen Leitlinie für Kutschpferde landen.
Kurz nach Weihnachten sind Kutschpferde durchgegangen, und wir haben es nur glücklichen Umständen zu verdanken, dass den Menschen in der Kutsche nichts passiert ist. Sie wissen ganz genau, dass man mit Leitlinien weder Sicherheit noch Tierschutz schaffen kann, Leitlinien sind einfach nur Armutszeugnisse, Herr Buchholz.
Eins ist bei der Tierschutzdiskussion im Ausschuss klar geworden: Sie wimmeln ab, Sie delegieren Ihre Verantwortung an den Tierschutzbeauftragten. Bei allem Respekt vor Herrn Dr. Lüdcke – er macht seinen Job wirklich ordentlich, aber den Job des Senats kann er nicht machen. Das wollten Sie ja auch nicht, denn Sie haben ihn weder mit Kompetenzen, mit eigenen Rechten, noch mit Betretungsbefugnissen ausgestattet. Sie finden unseren Antrag zur Reduzierung von Stadttaubenpopulationen ganz gut und haben Herrn Lüdcke in die Spur gesetzt, aber Herr Lüdcke kann nicht 12 Bezirke koordinieren und dafür sorgen, dass dort eine Kommunikation mit Hauseigentümern, der Bahn und mit den Tierschützern usw. stattfindet. Damit ist er überfordert. Sie finden den Antrag gut, sind aber zu faul, ihn durchzusetzen. Sie haben ja Ihren Alibi-Beauftragten und können alles delegieren. Am Ende wird wieder nichts dabei herauskommen, der Stadt bleibt der Taubendreck, der Stadt bleiben kranke Tauben, und das Vorhaben wird scheitern.
Die Berliner Tierschützerinnen und Tierschützer sind an einem Berliner Senat, der lediglich Alibi-Tierschutz betreibt, genauso wenig interessiert wie am Taubendreck. Sie haben heute die Chance, unseren Anträgen zuzustimmen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hämmerling! – Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordnete Buchholz das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Hämmerling! Ich bin doch sehr enttäuscht, dass Sie dieses Thema nutzen, um – wie immer – populistische Forderungen aufzustellen, von denen Sie selbst wissen, dass sie erstens nicht wirklich realisierbar und zweitens nicht zielführend sind. Das wird in der Summe ziemlich peinlich, auch wenn Sie das nicht
Es ist unstrittig, Frau Hämmerling, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dass Tiere keine Stimme haben und erst Recht keine Anklage erheben können. Es wäre sehr gut, wenn wir dazu ein einheitliches Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände einführen könnten. Das ist ganz klar die Haltung der SPD, und wir können das auch belegen. Die Gesundheitssenatorin dieser rot-roten Koalition hat zusammen mit den Bundesländern Bremen und Rheinland-Pfalz auf der Gesundheitsministerkonferenz 2008 dafür gestimmt, ein bundesweit einheitliches Verbandsklagerecht einzuführen. Das hat Berlin aktiv unterstützt, das sollte man mal zur Kenntnis nehmen, statt zu behaupten, die SPD würde sich dagegen verwehren. Nein, wir wollen das und unterstützen das auch bundesweit, wie es sinnvoll ist.
Sie streuen den Menschen Sand in die Augen, wenn Sie sagen, dass ein Landesverbandsklagerecht ein goldener Weg wäre. Sie selbst haben gesagt, dass es kein Königsweg sei; es nicht einmal ein stumpfes Schwert, und das wissen Sie genau. Sie könnten das auch so darstellen, weil Sie es besser wissen. Warum ist es ein stumpfes Schwert? – Es ist natürlich so, dass sich ein forschendes Unternehmen überlegt, wo es seinen Forschungsstandort realisiert. Für Sie spielt es keine Rolle, ob man jemanden veranlasst, seine Versuche zu verlagern, für uns schon, und zwar aus einem einfachen Grund: Es wird kein Tier weniger in Tierversuchen verbraucht, wenn die Forschung anstatt in Berlin in einem anderen Bundesland stattfindet. Das nützt Ihnen nicht, auch nicht Ihrer populistischen Forderung und erst recht nicht den Tieren. Sie belügen die Leute an der Stelle, wenn Sie sagen, dies würde wegfallen, denn das ist nicht so.
Wenn wir ein Landesrecht schaffen wie ein oder zwei Bundesländer, haben wir ein zersplittertes Recht und verschiedene Zuständigkeiten. Sie haben selbst eingeräumt, dass eine Feststellungsklage eigentlich nur ganz wenig mehr als nichts ist. Eine Feststellungsklage führt im Nachhinein dazu, dass man sagen kann, der Tierversuch war sinnvoll oder nicht. Es ist zudem immer eine Einzelfallentscheidung, sagen Sie das doch ehrlicherweise dazu, Frau Hämmerling! Sie sagen es lieber nicht, weil es die Wahrheit ist und diese Ihnen nicht gefällt. Das ist ziemlich schade, Sie sollten den Leuten reinen Wein einschenken. Wir sind für ein bundeseinheitliches Verbandsklagerecht, was man auch in anderen Bereichen sieht. Beim Naturschutzverbandsklagerecht sieht man deutlich, dass es sinnvoll ist, so etwas einzuführen. Dort ist es auch sinnvoll, das in einzelnen Ländern zu machen, zumal die CSU- und Unionsländer uns daran hindern, ein bundeseinheitliches Umweltgesetzbuch einzuführen – das sollten Sie als Grüne vielleicht auch mal anklagen. Dazu fällt Ihnen aber nicht so viel ein.
Nein, das waren schon Ihre Leute, da fragen Sie mal Herrn Seehofer und Konsorten, wer das Umweltgesetzbuch wirklich zum Scheitern gebracht hat! Sie und ausschließlich CDU-geführte Bundesländer haben das verhindert, Herr Goetze, zu der Verantwortung sollten Sie auch mal stehen!
Das ist übrigens ein Skandal, ganz nebenbei! Ihre heutige Bundeskanzlerin und ehemalige Umweltministerin hatte sich das mal groß auf die Fahne geschrieben, endlich das zersplitterte Umwelt- und Naturschutzrecht zusammenzufassen, einheitliche Behördengänge, kurze und einheitliche Prüfungsverfahren zu schaffen.
Sie haben sich das vom Tisch wischen lassen, und das empfinde ich umweltpolitisch als einen Skandal, dass Sie als Union so etwas mitmachen.
Frau Hämmerling! Die Feststellungsklage ist, das müssen Sie zugeben, wenig wert, und Sie haben bei einem zersplitterten Recht keine echte Handhabe, wenn das forschende Unternehmen mit seinen Tierversuchen woanders hingeht. Was hätten Sie davon, was hätten die Tiere davon? – Diese Frage können und wollen Sie nicht beantworten, weil Ihnen die Frage schon offensichtlich viel zu weit in die Thematik hineingeht.
Das ist ein Schaufensterantrag mit wenig Wirkung. Eigentlich ziemlich schade, dass Sie die Leute an der Stelle so enttäuschen müssen.
Sodann haben Sie das Thema Kutschen in Berlin angesprochen. Das steht zwar nicht explizit auf der Tagesordnung, aber darüber haben wir im Ausschuss auch gesprochen. Wir werden noch sehen, ob wir nicht noch eine Kutschenverordnung brauchen. Wir wollen eine verbindliche Leitlinie, die in der Praxis wirklich zum Tragen kommt, damit nicht länger unkontrollierte Zustände und rechtsfreie Räume bei dem Betrieb von Kutschen in einer Großstadt herrschen. Bisher muss der Kutschführer nicht einmal einen Führerschein besitzen, das ist ein rechtsfreier Raum, der sich dort auftut. Wir werden gemeinsam mit der Senatorin schauen, dass die Leitlinien sofort durchgesetzt werden und zu den Osterferien, so habe ich das verstanden, in Kraft gesetzt werden können. Wenn das als rechtliches Instrumentarium nicht ausreicht, wird die Verordnung kommen, dafür wird sich die SPD weiterhin stark machen.
Was den Antrag der CDU angeht – die Zeit ist leider um, aber er ist auch nicht sehr inhaltsschwer, dazu muss man nicht viel sagen. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Buchholz! – Frau Hämmerling hat nun das Wort für eine Kurzintervention. – Bitte schön, Frau Hämmerling!