Protocol of the Session on February 19, 2009

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und den Grünen]

Jetzt hat noch die Linksfraktion Gelegenheit, für ebenfalls zwei Minuten zu reden. – Bitte sehr!

[Zuruf von der FDP: Da sind wir aber gespannt!]

Mit Recht sind Sie gespannt! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Lindner! Sie drehen die Dinge immer, wie Sie Ihnen passen. Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Ein Trickser!]

Ein Trickser! Er ist ein Trickser! Er ist ein Schwätzer! Mehr ist er nicht!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das weiß seine Partei auch!]

Das Gesamtkonzept macht man nicht am grünen Tisch. Wie weltfremd Sie eigentlich sind, sieht man daran, dass Sie diese Forderungen hier immer wieder aufstellen. Ein Gesamtkonzept entwickelt sich. Der Regierende Bürgermeister und auch andere haben hier deutlich gesagt, wie es laufen, wie dieses Konzept entwickelt wird. Hätten wir vor dem Volksentscheid daran gearbeitet, hätten Sie uns

nichts anderes vorgeworfen, als dass wir die Entscheidung vorwegnehmen, so wie Sie es vorhin getan haben, weil der Regierende Bürgermeister auf die Rechtslage vor dem Volksentscheid hingewiesen hat.

[Christoph Meyer (FDP): Das braucht Herr Wowereit gar nicht!]

Auch das drehen Sie jetzt, wie es Ihnen passt.

Einen Rat muss ich Ihnen noch mitgeben: Sie müssen etwas früher aufstehen. Es reicht nicht, sich hier hin und wieder aufzuspulen, weil man aus Versehen den Schuss nicht gehört hat. Am 26. November 2008 im Hauptausschuss, da hätten Sie aufwachen müssen. Da ist genau das passiert, was Sie hier einfordern, da ist nämlich das Verfahren erklärt worden. Dort hätten Sie die Möglichkeit gehabt, sich in dieses Verfahren einzuschalten. Aber da haben Sie geschlafen. Da kroch die Oppositionsschnecke noch ihren vorsichtigen Gang. Jetzt sind Sie aufgewacht und spulen sich hier auf und machen Radau. Das ist in der Konsequenz ziemlich armselig.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Herr Abgeordnete Lederer! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Ich rufe auf die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

lfd. Nr. 4 a:

II. Lesung

Gesetz zur automatisierten Schülerdatei

Beschlussempfehlung BildJugFam Drs 16/2081 Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/1931

Hierzu liegt der Änderungsantrag der Fraktion der FDP vor, Drucksache 16/1931-1, sowie der Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 16/1931-2. Und es liegt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Linksfraktion vor, Drucksache 16/2081-1.

Ich teile schon jetzt mit, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die namentliche Abstimmung zur Schlussabstimmung beantragt hat.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei bis fünf Artikel miteinander zu verbinden und höre hierzu keinen Widerspruch.

Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I bis III bzw. bis V gemäß Drucksache 16/1931, 16/2081 sowie die Änderungsanträge 16/1931-1, 16/1931-2 und 16/2081-1. Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von jeweils bis zu fünf Minuten zur Verfügung. – Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Lux hat das Wort. – Bitte sehr!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Haus wird heute einer zentralen automatisierten Schülerdatei zustimmen, obwohl es keine Mehrheit in dieser Stadt hat. Weder die Eltern sind dafür, noch die Schülerinnen und Schüler, noch die Lehrerinnen und Lehrer, nicht einmal die Linke ist dafür. Dennoch wird dieses Modell wahrscheinlich durchkommen. Ich möchte Ihnen sagen, weshalb es unseren entschiedenen Widerstand verdient hat.

[Beifall bei den Grünen – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Donnerwetter!]

Was hätte besser sein können? – Es hätte sein können, dass man die Schülerdaten an den Schulen erfasst, vor Ort die Schulen stärkt, dass man eine einheitliche Erfassung macht, dass man das besser abgleichen kann. Aber dass man dafür das Entscheidende vor Ort – der Senator hat es heute in der Fragestunde selbst gesagt –, die Schulen vor Ort stärkt, um diese als datenführende Behörden dazu zu emanzipieren, einen gute Übersicht über ihre Schülerinnen und Schüler und ihre Schulstruktur zu haben. Aber diesen Schritt haben Sie heute versäumt. Sie machen etwas ganz anderes.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Ja, das ist offensichtlich!]

Wir hätten mit den kleinen und mittelständischen Unternehmen die Technik vor Ort emanzipieren, voranbringen können, wir hätten Datenschutzbeauftragte an die Schulen bringen können.

[Zuruf von Marion Seelig (Linksfraktion)]

Sie gestehen selbst ein, dass mit Datenschutz an Schulen noch nicht viel gemacht worden ist. Hier die Planung, die statistische Erfassung von Daten mit dem Datenschutz und einer Technologisierung der Schulen zu verbinden, diesen Schritt versäumen Sie. Stattdessen machen Sie einen zentralen Wasserkopf auf, eine Riesendatenkrake. Prof. Zöllner, Sie hätten der weiße Ritter für die statistischen Zwecke an der Schule sein können, stattdessen blähen Sie Ihre Schulbehörde auf und wollen, dass jede Schülerin und jeder Schüler in dieser Stadt erfasst wird.

Es sind 300 000 Schülerinnen und Schüler in dieser Stadt, Sie wollen 16 Daten erheben, das ergibt 4,8 Millionen Datensätze, die Sie erfassen, davon ein Viertel sensible Daten: die Herkunftssprache, der sonderpädagogische Förderbedarf, das Einkommen der Eltern. Bis Sie das erfasst haben, haben Sie sich tausend Mal die Arme beim Eintippen abgehackt, aber noch nicht einen Schulschwänzer verhindert, noch nicht einen Euro weniger ausgegeben, und Sie haben Ihren Laden fett aufgebläht und lassen die Schülerinnen und Schüler und die Schulen allein.

[Beifall bei den Grünen]

Das macht unser Schulsenator mit bestem Wissen und Gewissen. Er war lange genug in der Kultusministerkonferenz, um zu wissen, dass die Kultusminister in den Ländern genau diesen Weg nicht wollen, Herr Senator,

weil sie wissen, dass die zentrale Erfassung von allen Schülerinnen- und Schülerdaten gefährlich ist, potenziell missbrauchsanfällig ist und sensitive Daten in sich hat.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Sie haben den Gesetzentwurf gar nicht gelesen!]

Wenn der zentrale Zugriff läuft, wenn die Leute in der Zentrale wissen, welcher Schüler sozialpädagogischen Förderbedarf hat, welcher Schüler keine Aufenthaltserlaubnis hat, wenn die Zentrale das weiß und die Polizei und die Strafverfolgung darauf zugreifen kann, dann machen Sie etwas falsch. Deshalb hat die Kultusministerkonferenz das mit gutem Grund abgelehnt.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Sie haben beide Entwürfe nicht gelesen!]

Sie hat gesagt: Das wollen wir nicht, wir wollen eine gute Datenerhebung vor Ort bei den Schulen. – Aber Sie machen einen zentralen Wasserkopf auf, Herr Senator! Hier meinen Sie den Esel und schlagen den Sack. Das ist Ihr Versagen. Das bedauern wir zutiefst.

[Beifall bei den Grünen]

Es war doch ein Offenbarungseid, den die Senatorin für Justiz gemacht hat. Ich würde mir wünschen, dass auch sie heute da wäre, denn sie ist ja zur Bütt gegangen, aufgeschreckt durch eine Jugendrichterin, die gesagt hat: Ich weiß gar nicht, auf welche Schulen die Straftäterinnen und Straftäter gehen, die bei mir vor Gericht landen. – Die Frau Senatorin hat sich nicht einmal gefragt, wozu sie diese Schülerdaten eigentlich braucht bzw. wie man sie kriegt. Man kann die Leute ja auch bestrafen, ohne zu wissen, auf welche Schulen sie gehen. Sie kann die Schulen auch benachrichtigen, indem sie nachfragt, auf welche Schule geht er denn eigentlich.

Aber nein, Frau Senatorin von der Aue setzt sich für eine Schülerdatenbank ein, in der 4,8 Millionen Daten erfasst sind, auf die die Strafverfolgungsbehörden zugreifen sollen, auf die die Polizei Zugriff haben kann, und all das unter ihrer Verantwortung. Darunter müssen die Schülerinnen und Schüler in diesem Land künftig rechnen, dass sie Gefahr laufen, dass jemand anderes weiß: Ich habe keinen Aufenthaltsstatus hier, da weiß jemand, auf welche Schule ich gehe, der weiß, dass ich sonderpädagogischen Förderbedarf habe. All das bringen Sie hier mit auf den Weg.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Mensch, lesen Sie erst einmal den Entwurf! Das ist ja furchtbar!]

Sie tun ja so, als gäbe es keinen allgemeineren Kontext, als gäbe es in diesem Land nicht gerade die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung, als gäbe es in diesem Land nicht Arbeitnehmerdatenmissbrauch bei allen Beschäftigten der Deutschen Bahn.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Apropos: Das Bankensicherheitspaket nicht vergessen!]

Und Sie tun so, als würde das ein vollkommen selbstverständlicher Schritt sein. Da machen Sie uns allen etwas vor!

Es gibt ein paar Aufrechte in der Linken, die so tun: Wir haben Bauchschmerzen damit, wir haben auch auf Bundesebene einen Beschluss, dass wir keine zentralen Dateien wollen. – Da sieht man, was Ihre Parteibeschlüsse wert sind. Hier machen Sie das konkrete Gegenteil.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Lesen Sie einmal!]

Hier machen Sie es genauso, wie wenn Sie auf der Bundesebene für Vergesellschaftung schreien und Dr. Lederer den Ackermann vom Flughafen Tempelhof macht.

Herr Abgeordneter Lux!

So widersprüchlich sind Sie in diesem Land.

[Özcan Mutlu (Grüne): Pfui!]