Protocol of the Session on January 15, 2009

Herr Oberg hat zu Recht gesagt, dass die Universitäten und unsere Forschungslandschaft für Berlin eine der wesentlichen Faktoren für wirtschaftlichen Erfolg, für Erfolg und Wohlstand in dieser Stadt seien. Jeder, der seine Hand daran legt, Herr Sarrazin, legt seine Hand auch an die Einnahmeseite des Berliner Landeshaushalts. Diese Diskussion führt man mit Ihnen schon sehr lange. Aber wer meint, dadurch, dass man Ausgaben auf ein Mindestmaß absenkt, nicht auch die Einnahmen und die Zukunftschancen zu beschädigen, der reagiert kurzsichtig.

Da muss ich sagen: Ich bin sehr froh, Herr Sarrazin, dass Sie nicht die Verantwortung für die Wissenschaftspolitik in dieser Stadt tragen.

Man könnte jetzt noch über die Summen, die im Raum stehen, diskutieren oder über die Frage, was die Universitäten möchten, was Herr Zöllner davon für richtig und begründet hält, was Herr Sarrazin will und was am Ende dabei herauskommt. Die Aussage, dass alles Gegenstand von Verhandlungen ist, ist sicherlich richtig, aber die Tatsache, dass die Vorstellungen der Universitäten durchaus sachlich begründet sind, die des Senators, jedenfalls die des Senators für Finanzen bislang jedoch nicht, zeigt, dass es hier nicht um Vernunftargumente geht, sondern um die Frage, wer der Stärkere im Senat ist. Da durften wir in der Vergangenheit leidvoll erfahren, dass sich einer der Senatoren immer sehr hervorgetan hat, weil sich der Regierende Bürgermeister aus solchen Diskussionen regelmäßig heraushält und es immer gut findet, wenn ein Senator mit der Kasperklatsche von Herrn Sarrazin getroffen wird.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Kommen wir zu den Hochschulverträgen. Ich glaube, dass das Konzept, das im Augenblick im Raum steht, nämlich eine Hinwendung zu einer Kopfpauschale, einem Kopfgeld oder wie man das nennen möchte, eine studienplatzbezogene Finanzierung, grundlegend falsch ist. Es ist deswegen falsch, obwohl es am Anfang gut und gerecht klingt. Wer würde etwas dagegen haben, dass wir Studienplätze auskömmlich finanzieren? – Selbstverständlich, das wollen wir auch, wir wollen in Berlin noch mehr Studienplätze haben, das ist auch keine Frage, sie müssen auch finanziert werden. Aber kann man Hochschulfinanzierung im Kern darauf reduzieren, dass man sagt: Ich gebe eine Summe X für einen Studienplatz? – Das funktioniert aus diversen Gründen nicht, obwohl ich ein großer Fan von leistungsbezogener Mittelvergabe bin, weil es dort nicht zwingend um das Leistungskriterium geht.

Es geht im Grunde genommen um einen Wettbewerb, wer in der Lage ist, möglichst viel möglichst billige Studienplätze anzubieten. Der wird am Ende das meiste Geld kassieren für einen geringstmöglichen Einsatz. Das ist aus der Sicht einer Universität ein nachvollziehbares Verhalten. Ich mache meine Studienplätze billig. Wie mache ich das? – Indem ich die Qualität absenke. Wie mache ich das? – Indem ich mich auf Mainstream konzentriere. Wie mache ich das? – Indem ich mir in der Schwerpunktsetzung Studiengänge heraussuche, die günstiger sind als andere.

Denn es ist doch kein Geheimnis, dass der Studienplatz eines Wirtschaftswissenschaftlers, eines Politologen oder eines Juristen günstiger zu finanzieren als der Studienplatz in einem technischen Studiengang. Das ist keine Frage. Solang wir dafür kein vernünftiges Kompensationsinstrumentarium haben, ist klar, was passiert. Wir düngen damit die geisteswissenschaftlichen Fakultäten und reduzieren damit diejenigen Fakultäten, von denen wir uns den meisten Fortschritt in unserer Stadt verspre

chen, nämlich die, die im medizinischen, im technologischen, im biotechnologischen Bereich, im physikalischen und mathematischen Bereich tätig sind. Das kann nicht richtig sein.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Anja Schillhaneck (Grüne)]

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, den ich fatal finde, der aber gut in das Konzept von Herrn Zöllner hineinpasst. In dem Augenblick, wo er die Lehre subventioniert und die Lehre zum Maßstab der Finanzierung der Hochschulen macht, tut er eines: Er grenzt die Forschung damit aus der Universitätsfinanzierung aus. Es geht also darum, dass die Universität nur noch reine Lehrvermittlungsanstalten werden. Das passt gut in Ihr Konzept Ihrer EinsteinStiftung hinein.

Herr Zimmer!

Ich komme zum letzten Satz, Herr Präsident! – Sie geben Millionenbeträge in eine von Ihnen politisch gesteuerte Stiftung hinein. Sie reduzieren die Universitäten auf Volkshochschulen, die die Ausbildung des Fußvolks machen dürfen. Das ist eine Wissenschaftspolitik, die mit Sicherheit, was Exzellenz angeht, kontraproduktiv ist und die Berliner Wissenschaftslandschaft in ein absolutes Chaos und den Niedergang führen wird. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Das Wort für die Linksfraktion hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Albers.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Herr Zimmer! Ich glaube, außer Ihnen weiß jeder, auch Herr Lenzen, welche wesentlichen Anteile und welchen wesentlichen Einsatz gerade der Wissenschaftssenator geleistet hat, damit Herr Lenzen für die FU die Auszeichnung Exzellenzuniversität bekommen hat. Hoffentlich hat er wenigstens die Telefonrechnungen dafür bezahlt!

[Beifall von Andreas Kugler (SPD)]

Die Grünen haben am 4. Januar 2009 – am 4. Januar! – diesen Antrag eingebracht, über den wir heute reden. Es war auch Ihnen, Frau Schillhaneck, lange bekannt, dass die alten Hochschulverträge auslaufen und neue Verhandlungen anstehen. Sie schreiben in der Begründung selbst, dass die entsprechenden Verhandlungen derzeit bereits angelaufen seien. Da fragt sich jeder Beteiligte: Warum kommt Ihr Antrag erst jetzt, mitten hinein in diese Verhandlungen? Ginge es Ihnen wirklich in erster Linie um

Einflussnahme darauf, die Hochschulverträge weiterzuentwickeln, hätte dieser Antrag spätestens im Herbst vorliegen müssen. So ist es wieder einmal ein Schaufensterantrag, „Hurra, wir leben noch!“, der auf Effekt aus ist, nicht auf hochschulpolitische Wirkung.

[Michael Schäfer (Grüne): So wie Ihrer, oder?]

Dabei kommt manches in dem Antrag unseren Vorstellungen nahe und ist zum Teil auch in die aktuellen Verhandlungen schon eingeflossen. Allerdings bin ich bisher davon ausgegangen, dass die Hochschulverträge bereits die mittelfristige Entwicklungsplanung der Hochschulen abbilden und frage mich deshalb nach dem Sinn Ihrer im Antrag erwähnten zusätzlichen mittelfristigen Entwicklungsziele.

Ihre Kritik am Berichtswesen dagegen kann ich nachvollziehen. Man holt sich in der Tat eine Staublunge beim Durchblättern der Leistungsberichte. Wenn ich dann höre und sehe, welcher Aufwand mit der Erstellung dieser jährlichen Leistungsberichte verbunden ist, wie groß anschließend der Lyrikanteil darin ist und welche Ressourcen das alles bindet, dann frage ich mich, ob es nicht tatsächlich Sinn machen würde, hier nach einer Alternative zu suchen oder zumindest auf einen Zweijahresrhythmus in der Berichterstattung umzusteigen. Bei der leistungsbezogenen Mittelvergabe die bisherige Praxis des Abrechnungsverfahrens zu ändern und Gewinne und Verluste nicht erst durch die Gratifikation im übernächsten Jahr zu Buche schlagen zu lassen, kommt unserem Anliegen nahe, und auch die Forderung nach einer geänderten Gewichtung zwischen Forschung und Lehre zugunsten der Lehre halte ich für berechtigt.

Die Lehre insgesamt stärker zu berücksichtigen, kann nur richtig sein und macht doppelt Sinn, zum einen, um die Bundesmittel aus dem Hochschulpakt abgreifen zu können, zum anderen aber auch, weil ich denke, dass eine Rückbesinnung auf Bedeutung und Wert der Lehre an unseren Hochschulen nicht nur dringend notwendig, sondern auch die Voraussetzung dafür ist, dass die politisch gewollt stark forcierte Forschungsorientierung mittelfristig abgesichert werden kann. Ohne forschenden Nachwuchs mit guter und gut ausgestatteter Lehre auszubilden, entziehen Sie dieser Forschung den Boden. Wir werden im Ausschuss noch hinreichend Gelegenheit haben, im Einzelnen über Ihren Antrag zu sprechen.

Ich möchte abschließend noch etwas zu dem letzten Satz Ihres Antrags sagen, der sowohl die Berücksichtigung des Auslaufens des Anwendungstarifvertrags fordert wie auch eine Gesamtfinanzierung, die die Hochschulen in die Lage versetzt, ihre Aufgabe zu erfüllen. Natürlich muss das Berücksichtigung finden. So ist zum Beispiel die Aufnahme einer Gleitklausel in die Hochschulverträge für die zukünftige Kostenentwicklung bei den Kosten, die von den Hochschulen nicht beeinflussbar sind, unverzichtbar. Wir sind da den Hochschulen in der Tat im Wort. Der auch in den Medien bereits kolportierte Betrag von 15 Millionen Euro Aufwuchs, den der Finanzsenator angeblich nur Verfügung stellen möchte, reicht vorne und

hinten nicht. Allein das Auslaufen des Anwendungstarifvertrags kostet rund 30 Millionen Euro.

Wir haben im Vorfeld der Verhandlungen mehrfach mit den Vertretern der Hochschulen gesprochen. In diesen Gesprächen haben diese sehr glaubhaft vermitteln können, dass die Schmerzgrenze in diesem Semester überschritten wurde, weitere Einsparungen nur über den Abbau von Leistungen kompensiert werden könnten und somit eine weitere Verschlechterung der Bedingungen der Lehre – bis hin zum Streichen ganzer Studiengänge und Schließung von Fachbereichen – zur Folge haben würde. Wir sollten diese Warnungen ernst nehmen. Wir werden den Finanzbedarf, den die Hochschulen und Fachhochschulen gemeinsam mit rund 183 Millionen Euro angegeben haben, natürlich nicht vollständig abdecken können, aber ein großer Schritt in diese Richtung und eine zwingende Investition in die Zukunft der Wissenschaftsstadt Berlin sind notwendig. – Danke!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Czaja das Wort. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion ist der festen Überzeugung, dass die Haushalte der Berliner Hochschulen kostendeckend sein müssen. Anderenfalls werden Hochschulen in dieser Stadt sehenden Auges in die Pleite geführt. Ein unabweisbarer finanzieller Bedarf in Höhe von annähernd 200 Millionen Euro aufseiten der Hochschulen steht den Vorstellungen des Finanzsenators gegenüber. Er ist bereit, hier zusätzlich ganze 15 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Herr Senator Sarrazin! Das ist lächerlich und unverständlich.

[Beifall bei der FDP – [Senator Dr. Thilo Sarrazin: Viel zu viel!]

Ich finde es noch unverständlicher, wenn Sie mir dann von Ihrem Platz aus zurufen, dass das viel zu viel ist. Denken Sie darüber nach, dass diese Hochschulen die Zukunft, das Rückgrat dieser Stadt sind und Investitionen dort hineinfließen müssen!

Wenn der Senat nicht bereit ist, seine Hochschulen durch Steuergelder – Sie führten es eben aus – ausreichend zu finanzieren, dann muss es auch hier klare Konsequenzen geben. Das heißt, dann muss er den Hochschulen auch die Freiheit geben, sich um ihre Finanzierung selbst kümmern zu dürfen. Im Klartext heißt das unserer Auffassung nach: Ein Höchstmaß an Autonomie, Gestaltungs- und Entfaltungsfreiheit für die Hochschulen sowie letztlich auch die Möglichkeit, Studienentgelte zu erheben. Die Hochschulen entscheiden dann selbst über die Aufnahme von Studierenden, frei von jeglichen Kapazitätsverordnungen.

Senator Zöllner hat zwar erklärt, den zusätzlichen Bedarf der Hochschulen anzuerkennen und wiederholt versprochen, sich dafür im Senat und Abgeordnetenhaus einzusetzen, aber anstatt sich im Senat durchzusetzen – nicht einzusetzen, sondern durchzusetzen! –, geht er zum wiederholten Mal den Weg der Trickserei, deren Folgen dann die Hochschulen auszubaden haben.

[Senator Dr. Jürgen Zöllner: Wo denn?]

Die Hochschulen haben ihre Studienkapazitäten – wie die Vorredner schon erwähnten – bereits bis zum Anschlag ausgereizt. Trotz der zum Teil bereits desaströsen Studenten-Lehrerrelation und eklatanter Raumnot und bei andauernder chronischer Unterfinanzierung haben die Hochschulen bereits ihre Kapazitäten mit Blick auf den doppelten Abiturgang noch einmal erheblich verdichtet. Es macht überhaupt keinen Sinn, darüber hinaus Studienplätze um ihrer selbst willen zu schaffen, ohne Rücksicht auf das Forschungsprofil von Hochschulen und konjunkturabhängige Schwankungen bei der Nachfrage nach Studienplätzen zu nehmen.

Meine Fraktion unterstützt deshalb ohne jedes Wenn und Aber den Antrag der Grünen, denn auch wir sagen und sind der festen Überzeugung, dass die jetzige Grundstruktur der Berechnung und Zuweisung der Globalsummen an den Hochschulen erhalten bleiben muss. Zweitens muss darüber hinaus jegliche Form der Aufsplittung von Budgets abgelehnt werden. Drittens bedarf es klarer – auch das steht in Ihrem Antrag – Zielvereinbarungen, die am Ende des Tages auch zu sanktionieren sind.

[Rainer-Michael Lehmann (FDP): Bravo!]

Sie sind stattdessen dabei, alle diese wesentlichen Punkte als Senat zu ignorieren. Sie ignorieren Beschlusslagen zum Facility-Management, zum Umgang mit dem Verwaltungspersonal der Hochschulen und der Hochschulstruktur. Ich bin der festen Überzeugung, dass Sie das vorsätzlich tun, denn Sie belegen unter anderem unabweisbare Bedarfe der Hochschulen, ganz nach dem Motto: Wenn uns ein gewohntes Ergebnis nicht mehr passt, ignorieren wir es eben und schaffen uns ein neues. – So kann man nicht glaubwürdig verhandeln, und so kann man an dieser Stelle nicht weiter die Verhandlungen führen.

[Beifall bei der FDP]

Das Mindeste, was Ihre Ansprechpartner erwarten können, ist ein fairer Kompromiss. Herr Senator Zöllner! Sie haben Ihr Wort gegeben, sich für eine auskömmliche Finanzierung einzusetzen. Die Präsidenten haben Ihnen vertraut und Ihrer Einstein-Stiftung aus diesem Grund zugestimmt. Setzen Sie dieses Vertrauen nicht mit Tricksereien aufs Spiel! An dieser Stelle hilft es nicht, einen Staatssekretär auszuwechseln, denn an dieser Stelle tragen Sie die Verantwortung dafür, dass die Mittel fließen. Gewährleisten Sie also, dass die Berliner Hochschulen verlässlich und auskömmlich finanziert werden!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Zu der Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung und an den Hauptausschuss, auf Empfehlung des Ältestenrats, höre ich keinen Widerspruch. – Dann ist das so beschlossen.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 4 d:

Antrag

Zukunftskonzept für den Mellowpark umgehend gemeinsam entwickeln!

Antrag der FDP Drs 16/2039

Für die Beratung stehen jeweils wieder fünf Minuten zur Verfügung. Herr Kollege Czaja, ich bitte Sie erneut vor das Mikrofon!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Priorität der FDP-Fraktion ist unser Antrag, umgehend gemeinsam das Zukunftskonzept für den Mellowpark zu entwickeln. Wir haben dies zur Priorität erklärt, weil uns klar und deutlich geworden ist, dass hier ein eindeutiger Fehler des Bezirksamts Treptow-Köpenick dazu führen könnte, dass ein einmaliges und gesamtstädtisches Jugend- und Sportprojekt vor dem Aus steht. Wir wollen mit Ihnen ein klares Signal setzen, dass dieses einmalige gesamtstädtische Jugend- und Sportprojekt in dieser Stadt bleibt und nicht vor dem Aus steht.

[Beifall bei der FDP]

Wagt man einen Blick in die historische Betrachtung, so kommt man zu folgenden Ergebnissen: Die Idee, ein ehemaliges Industriebrachland zu einem Sport- und Erholungspark auszubauen, überzeugte den Berliner Senat. Die Projektgruppe des all eins e. V. gewann deshalb 1999 und 2000 den Senatswettbewerb „Jugend entwickelt das neue Berlin“. Im Jahr 2001 erhielt der all eins e. V. und das dazugehörige Jugendzentrum all nach Verhandlungen mit der TLG und dem Bezirk das ca. ein Hektar große Industriebrachland für eine symbolische Miete von 1 000 DM von der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft zur befristeten Zwischennutzung.

Drittens: Im Laufe von nur sieben Jahren entwickelte sich das von Köpenicker Jugendlichen geplante und aufgebaute Projekt durch anhaltendes Engagement und Kreativität zu einem der größten Jugend-, Sport- und Freizeitparks Europas. Das gilt es in Berlin zu erhalten.