Protocol of the Session on December 14, 2006

gement für die Mobilität von sozial Schwachen. Es ist richtig und wichtig, dass das Sozialticket in Berlin nicht teurer wird.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wenn der BVG-Vorstandsvorsitzende jetzt fordert, dass das Sozialticket 35 € kosten soll, dann wird es Zeit, im Unternehmen etwas intensiver über die 15 Millionen €, die dort jährlich für Freifahrten ausgegeben werden, zu diskutieren. Es geht mir nicht um die Vergünstigungen für die Beschäftigten und die Pensionäre, das finde ich erklärbar, aber für die Angehörigen. Da hat der Rechnungshof mit seiner Aufforderung, dass hier etwas geschehen muss, recht. Es ist nicht mehr zeitgemäß, und hier muss sich etwas ändern.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir wollen, dass die BVG genau diese Spielräume nutzt, um den eigenen Sanierungsprozess fortzusetzen und in puncto Mobilität sozial Benachteiligter ein neues Bewusstsein zu entwickeln. Dazu zählt aus unserer Sicht neben dem Sozialticket ein verbilligter Einzelfahrschein, dieser ist anzubieten. Dann haben die Anspruchsberechtigten auch die Chance, öffentlich und bezahlbar in die Oper und ins Theater zu gelangen, die sie in Berlin für 3 € besuchen können. Mobilität und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für alle zu ermöglichen, das macht Berlin stark, dafür steht Rot-Rot.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Wir wollen, dass Berlin auch 2011 eine attraktive, internationale und soziale Stadt ist. Dazu muss die Arbeitslosigkeit weiter zurückgehen. Der Flughafen Schönefeld ist eine wichtige Infrastrukturangelegenheit der Region Berlin und Brandenburg und ist schon jetzt eine Jobmaschine. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Leipzig hat nach jahrelangem Rechtsstreit den Weg frei gemacht für den Bau des BBI. Inzwischen haben die Erdarbeiten begonnen, eine Fertigstellung 2011 ist nicht unrealistisch.

Herr Pflüger, nun möchte ich doch einmal etwas über Verantwortung sagen. – Regierungsverantwortung in dieser Frage heißt, alles zu unternehmen, was das Projekt BBI zu einem erfolgreichen Abschluss bringt. Das heißt umgekehrt, alles zu unterlassen, was diesen Erfolg gefährdet. Und da ist die Rechtslage eindeutig. Daran ändert auch das Ergebnis Ihrer Klausur nichts. Die Schließung von Tempelhof und Tegel war und ist Bestandteil des so genannten Konsensbeschlusses aller drei Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg, unterzeichnet vom damaligen Regierenden Bürgermeister Diepgen und der CDU. Die Schließung von Tempelhof und Tegel war konstitutiver Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses für den Flughafen. Es gibt sehr ernstzunehmende Hinweise, dass die Infragestellung der Schließung von Tempelhof den Bau des BBI gefährdet. Das Angebot von Herrn Langhammer ist von Experten gründlich geprüft worden. Das Ergebnis ist eindeutig: Wer Schönefeld nicht gefährden will, muss Tempelhof schließen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Sie, Herr Pflüger, reden einem gefährlichen Leichtsinn das Wort, wenn Sie weiterhin Propaganda für Tempelhof machen. Als Oppositionspolitiker können Sie das auch. Sie haben weder die Verantwortung, noch können Sie zur Verantwortung gezogen werden, zumindest nicht juristisch. Die Koalition aber nimmt ihre Verantwortung wahr. Wir prüfen wohlwollend jede Nutzung von Tempelhof, der Flugbetrieb allerdings ist aus genannten Gründen ausgeschlossen.

Rot-Rot wird 2 500 Arbeitsplätze in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor schaffen, das ist etwas anderes als Alimentierung durch Hartz IV und das Verrichten zum teil perspektivloser Tätigkeiten in den 1-€Jobs. Hier geht es um eine Reform, die außer gutem Willen nicht mehr kostet. Sie wird der Tatsache gerecht, dass es in dieser Stadt Arbeit ohne Ende gibt, die kein Unternehmen anbietet, weil es sich nicht lohnt oder weil niemand dafür bezahlt. Und es gibt viele Menschen, die mitunter verzweifelt seit Jahren nach einer Beschäftigung suchen. Die Schaffung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors bringt mehrere Interessen zueinander: Sie ist ein intelligenter Vorschlag zur Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze, das Berliner Gemeinwesen profitiert von Angeboten wie der Kinderbetreuung außerhalb der Betreuungszeiten, und – das ist mir besonders wichtig – sie gibt Menschen eine Perspektive.

[Rainer-Michael Lehmann (FDP): Wie lange denn? – Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wirtschaftssenator Wolf hat anlässlich der Übergabe des Ressorts Arbeit an unsere Senatorin Heidi Knake-Werner in allen Landtagen der neuen Bundesländer um Unterstützung für das Vorhaben geworben, die Debatte darüber ist bereits in vollem Gange. In Brandenburg – da hat die SPD bekanntlich noch einen anderen Koalitionspartner – wird dieser Vorschlag von der Arbeitsministerin bedauerlicherweise nicht unterstützt. Aber vielleicht – da ich weiß, wie gern der Regierende Bürgermeister Wünsche entgegennimmt – können Sie bei Ihrem nächsten Gespräch mit dem brandenburgischen Ministerpräsidenten für dieses rot-rote Projekt werben. Denn es könnte auch für Brandenburg und viele andere Länder, nicht nur ostdeutsche, richtig Sinn machen.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Berlin ist auf seinem Weg ins Jahr 2011 mit großer Entschlossenheit auch auf einem anderen wichtigen Feld aktiv und wird es bleiben müssen. Rechtsextremistische Straftaten, rassistische und antisemitische Propaganda haben zugenommen, und die jüngsten Wahlergebnisse der NPD sind ein Ausdruck dieser besorgniserregenden Entwicklung. Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist Aufgabe aller Demokraten. Da sind Staat und Zivilgesellschaft gleichermaßen gefordert. Polizei und Justiz müssen rechtsextreme Straftaten verfolgen und ahnden. Die Zivilgesellschaft, die Bürgerinnen und Bürger, müssen unter

stützt und aktiviert werden, rechtsextremen Einstellungen, Äußerungen und Kampagnen entgegenzutreten. Der Runde Tisch in diesem Haus mit allen hier vertretenen Parteien gegen Rechtsextremismus war ein Schritt in die richtige Richtung. Die gemeinsame Unterstützung von zivilgesellschaftlichem Protest gegen Naziaufmärsche in den Bezirken, wie am vergangenen Sonnabend in TreptowKöpenick, zählt ebenso dazu wie die Initiative von 37 Stadtteilzentren in Berlin, die gegen Rechts mobil machen.

Die Koalitionsparteien haben sich darauf verständigt, ein neues Landesprogramm zur Förderung von Demokratie, zur Bekämpfung von Rechtsextremismus aufzulegen. Hier sollen die verschiedenen Projekte aus Civitas alt, Civitas neu, mobile Beratung, Opferberatung, politische Bildungsarbeit und vieles mehr gebündelt und vernünftig miteinander abgestimmt und weiterentwickelt werden. Diese Projekte haben jetzt Planungssicherheit und damit eine Zukunft.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Lassen Sie mich auch einen Satz zum Antrag auf ein Verbot der NPD sagen. Wir haben keinen Zweifel, dass es sich bei der NPD um eine verfassungsfeindliche Partei handelt. Aber ein Verbot kann nur die Ultima Ratio sein. Risiken und Nebenwirkungen müssen sorgfältig abgewogen werden. Ein zweites Scheitern eines Verbotsantrags vor dem Bundesverfassungsgericht würde zweifellos großen Schaden hinterlassen. Aber auch im Fall des Gelingens dürfen wir nicht der Illusion Vorschub leisten, Rechtsextremismus in der Gesellschaft sei dann besiegt. Wir stehen der Prüfung eines neues Verbotsantrags offen gegenüber. Wir werden aber darauf achten, dass diese Prüfung sorgfältig erfolgt. Die Demokraten müssen gegen die Feinde der Demokratie stark sein und mit allen Formen des bürgerlichen Engagements deutlich machen, dass die Rechtsextremen keine Ansprechpartner sind.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Seit im Jahre 2001 die große Koalition in der Stadt abdanken musste, hat sich in Berlin enorm viel bewegt. Es hat sich gezeigt, dass die rot-rote Koalition die innere Einheit wie keine zweite gefördert hat. Das wird mit uns künftig so bleiben. Auf manchen Gebieten, das ist kein Geheimnis, ging uns als Linkspartei die Veränderung nicht weit genug. Da ist es schon bemerkenswert: Die Grünen, die FDP und die CDU, die vor lauter Reformfreude fast bersten, reagieren, wenn es einmal ernst wird, wenn tatsächlich ein neuer Weg eingeschlagen werden soll, und sei es nur als Modellversuch.

Einigermaßen redliches Denken vorausgesetzt, ist spätestens seit PISA klar, dass das dreigliedrige Schulsystem die aktuellen Probleme im Bildungssektor nicht wird lösen können. Ein vorurteilsfreier Blick in die Länder, die bei PISA gut bis sehr gut abschneiden, weist sogar einen Lösungsweg: Die Gemeinschaftsschule ist, wissenschaftlich untermauert und in der Praxis positiv erprobt, ein erfolgversprechender Weg zu besseren schulischen Leistungen. In allen Bundesländern werden derzeit Schul

strukturen auf den Prüfstand gestellt. Und was macht die Opposition in Berlin? – Da verwandeln sich die verbalen Reformweltmeister in pädagogische Spießer.

Wohlgemerkt, niemand will Eltern und Kindern gegen ihren Willen eine neue Schulform oktroyieren.

[Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

Es geht um einen Modellversuch auf freiwilliger Basis, Frau Senftleben! Die Herren Pflüger und Lindner gebärden sich, als stünde der Untergang des Landes kurz bevor. Bei den Grünen sagen – wie so häufig – die einen so und die anderen so, aber das mit aller Entschiedenheit. Wer so ängstlich an die Probleme der Stadt herangeht, sollte sich mit der Kritik an anderen ein wenig zurückhalten.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Wir kommen beim Projekt Gemeinschaftsschule übrigens gut voran. Vor wenigen Tagen hatten wir eine erste Informationsveranstaltung in diesem Hause. Es sind mehr als 100 interessierte Eltern, Schüler, Lehrer, Betroffene gekommen. Es gab sehr viel Informationsbedarf und die Frage, wann es endlich losgeht. Wir werden diese Erwartungen nicht enttäuschen, da bin ich sicher. Es geht nicht um bildungspolitische Experimente, sondern um eine grundlegende Weichenstellung für bessere Bildung und bessere Bildungschancen.

[Margit Görsch (CDU): Das ist ein Experiment, das nicht funktioniert! – Mieke Senftleben (FDP): Wir wollen keine Experimente!]

Ich habe mich sehr gefreut, dass der Regierende Bürgermeister am vergangenen Montag erstmals die Berliner Tulpe für deutsch-türkischen Gemeinsinn verliehen hat. Gefreut habe ich mich für die Preisträger. Der erste Preis ging an den Verein Dialog, der zweite Preis zu gleichen Teilen an die Aktion Buntes Kreuzberg und den Verein der Freunde der Lemgo-Grundschule. Das ist ein richtiger Weg zu mehr Integration und ein Weg, den wir weitergehen sollten. Es ist schön, dass der Teilbezirk Kreuzberg gleich zweimal zu den Ausgezeichneten gehörte.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Mario Czaja (CDU): Das saß!]

Allerdings, Herr Regierender Bürgermeister, gebe ich zu, auch bin zusammengezuckt, als ich Ihre Antwort auf die Frage hörte, ob Sie Ihre Kinder auf eine Kreuzberger Schule schickten. Nach Ihren Entschuldigungen sind die entstandenen Irritationen ausgeräumt.

[Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

Allerdings habe ich in den Leserbriefspalten der letzten Tage unerwartet viel Zustimmung zu Ihrer Äußerung gelesen, und das erfüllt mich mit Sorge, denn es sagt sehr viel nicht darüber, wie es an den Schulen in Kreuzberg zugeht, wie engagiert und mit welchem Erfolg dort gearbeitet wird, es sagt etwas über unsere Gesellschaft, über bestehende Ängste, und es zeigt, dass das Thema Integration weiterhin oben auf der politischen Agenda stehen muss.

[Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf von Thomas Birk (Grüne)]

Ob und wie Integration gelingt, davon wird die Zukunft Berlins in entscheidendem Maße bestimmt werden. Da sind die Zugewanderten und ihre Familien in der Pflicht, aber genauso diese Stadt, die diese Menschen ernst nehmen und ihnen eine Perspektive bieten muss. Es ist ein guter Weg, wenn Flüchtlinge, die dauerhaft in Berlin bleiben wollen, künftig eine Integrationsvereinbarung mit dem Land unterschreiben. Die rot-rote Koalition hat eine Vereinbarung mit vielen wichtigen Punkten für die Migrantencommunitys unterschrieben. Dazu zählt nicht nur die Gleichbehandlung wichtiger muslimischer Feiertage in der Stadt, sondern auch die interkulturelle Öffnung des öffentlichen Dienstes. Die besondere Qualität Mehrsprachigkeit soll und muss zu einem besonderen Einstellungskriterium werden. Es zeugt auch von großem Problembewusstsein und von Weitblick, dass sich diese Koalition dem Thema Integration sozusagen mit Senatsrang widmet. Es ist konsequent, das gemeinsam mit den Bereichen Arbeit und Soziales zu tun. Das wird Heidi KnakeWerner ganz bestimmt gut hinkriegen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Was hat sich denn geändert außer dem Titel? – Mario Czaja (CDU): Ist doch gar nicht mehr lange da!]

Gleichstellung ist von zentraler Bedeutung für unsere Demokratie und unser Gerechtigkeitsverständnis. Unsere Gesellschaft verschleudert ungeheure Ressourcen, wenn sie die Potenziale von Frauen nicht nutzt. Gezielte Frauenförderung ist weiterhin erforderlich, weil Frauen und Mädchen vielfach benachteiligt sind und tradierte Rollenmuster fortsetzen. Das betrifft die Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen im privaten und im Berufsleben, ihre Beteiligung an Macht und ihre Repräsentanz in Führungspositionen. Deshalb finde ich es besonders begrüßenswert, dass Harald Wolf auch weiterhin nicht nur Wirtschaftssenator, sondern auch Frauensenator und Bürgermeister für die Gleichstellungspolitik und dafür insgesamt im Senat zuständig ist.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Zurufe von der FDP]

Welchen Stellenwert und welche enorme Aufmerksamkeit das Ressort Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hat, konnten wir in den vergangenen Tagen erleben. Rot-Rot hat den Willen und ist auch in der Lage, den Vorfall der im September sichergestellten Fleischfunde aufzuklären. Die Einrichtungen des Landes, die damit befasst waren, haben ordentlich gearbeitet. Für die Berlinerinnen und Berliner besteht kein Anlass zur Sorge. Es hat eine Informationspanne gegeben, aber keine Gefährdung.

[Mario Czaja (CDU): Eine Informationspannenkette!]

Dennoch ist Vertrauen verlorengegangen.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Sie hat sich entschuldigt!]

Dies muss zurückgewonnen werden. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt unabhängig von ihrem Einkommen ein gesundes Leben führen können und künftig auch über abgewendete Gefahren für ihre Gesundheit besser informiert werden. Dafür ist Katrin Lompscher genau die richtige Frau.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Zurufe von Mario Czaja (CDU) und Mieke Senftleben (FDP)]

Ich bin mir darüber hinaus sicher, dass sie auch für Berlin ein richtig gutes Nichtraucherschutzgesetz vorlegen wird. Das ist unabdingbar. Es ist mir wichtig, an dieser Stelle ein Zeichen zu setzen, auch wenn das auf Bundesebene nicht gelingen sollte, einen aktiven Schutz der Beschäftigten auch in der Gastronomie zu garantieren. Das geht nur mit einem aktiven und intensiven Nichtraucherschutz.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Zurufe von der FDP]

Berlin kann diesen Alleingang auch wagen. Es gibt schon Zustimmung aus anderen Bundesländern. Daran wird die Lebensqualität in Berlin nicht leiden.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Wir brauchen mehr Verbote!]

Ja, Herr Lindner, wir brauchen einen Schutz der Beschäftigten in der Gastronomie, weil der Schutz vor Passivrauchen etwas ist, was wir bisher zu regeln versäumt haben und was einen realen Gesundheitsschutz darstellt.

[Beifall bei der Linksfraktion]