Protocol of the Session on November 27, 2008

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Damit ist das so beschlossen.

Die lfd. Nrn. 27 bis 29 finden Sie auf der Konsensliste.

Ich komme damit zur

lfd. Nr. 30:

Antrag

BKA-Gesetz im Bundesrat ablehnen!

Antrag der FDP Drs 16/1921 – neu –

in Verbindung mit

Dringlicher Antrag

Keine Zustimmung für BKA-Gesetz im Bundesrat

Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/1942

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der Grünen und der Fraktion der FDP vor, Drucksache 16/1942-1.

Der Dringlichkeit des zuletzt genannten Antrags wird offensichtlich nicht widersprochen.

Die Drucksache 16/1921 war ein Fehldruck und ist inzwischen, wie Sie gemerkt haben, durch die Drucksache 16/1921-Neu ersetzt worden. Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der FDP. Jetzt in Person des Kollegen Jotzo. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit 2001 ist in unserem Land auf die Bedrohung auf den internationalen Terrorismus reagiert worden – und zwar erfolgreich. Durch zahlreiche Maßnahmen im Großen und im Kleinen, die Stärkung der Zivilgesellschaft und der Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger sowie der Behörden wurden Sicherheitsaspekte in unserem Land entscheidend gestärkt. Dies hat dazu beigetragen, dass den Herausforderungen, die der internationale Terrorismus unserem Land, unserer Regierung entgegen gebracht hat, begegnet werden konnte. Dies ist nicht zuletzt auch ein Erfolg derjenigen, die sich in den Parlamenten dafür einsetzen, dass unser Land sicher bleibt.

[Beifall bei der FDP]

Es ist Aufgabe des Staates, dem internationalen Terrorismus mit einem klaren und unmissverständlichen Bekenntnis zu Freiheit und Recht entgegenzutreten. Eines ist dabei aber auch klar: Die Angst der Menschen darf nicht ausgenutzt werden, um die Grundfesten des demokratischen Rechtsstaats wie die Freiheitsgarantien der Grund

rechte, den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung, der sich aus der unantastbaren Menschenwürde ableitet, den Schutz von Berufsgeheimnisträgern, das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten oder die Trennung zwischen der inneren oder äußeren Sicherheit aufzuheben oder auszuhebeln.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) und Benedikt Lux (Grüne)]

Es muss darauf hingewiesen werden, sich dass diverse Sicherheitsgesetze, die in den letzten Jahren ergangen sind, im Grenzbereich dessen bewegt haben, was noch verfassungsrechtlich als zulässig betrachtet werden kann. Einige Gesetze mussten sogar – das ist aus meiner Sicht eine Schande – durch das Bundesverfassungsgericht zurechtgestutzt werden. Hier hatte sich offenbar der Gesetzgeber mehr zugetraut, als man den Menschen im Land zumuten durfte. Das ist ein Skandal.

[Beifall bei der FDP]

Wir können und dürfen uns nicht auf die Verfassungsgerichte verlassen. Wir dürfen die Bürger- und Freiheitsrechte auch nicht bis zu dem Grad beschneiden, wo es gerade noch verfassungsrechtlich zulässig ist. Das ist ein Maßstab, den wir an unsere Sicherheitsgesetzgebung nicht anlegen sollten. Unsere Sicherheitsgesetzgebung ist daran zu orientieren, was geboten, erforderlich und verhältnismäßig ist. Wenn man sich von diesem Maßstab leiten lässt, kommt man zu einer guten Sicherheitsgesetzgebung, die die Interessen der Bürgerinnen und Bürger sowie deren Grundrechte berücksichtigt. Das ist das Ziel der FDP in diesem und in allen anderen Parlamenten unseres Landes.

[Beifall bei der FDP]

Der BKA-Gesetzentwurf, der momentan vorliegt, hat erhebliche Auswirkungen auf die Sicherheitsarchitektur in Deutschland. Vor allem missachtet er den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Er führt zu einer Gefahr der Rundumüberwachung durch unverhältnismäßige, heimliche Maßnahmen, und er weicht den Schutz von Berufsgeheimnisträgern erheblich auf. Vor allem – was vonseiten eines Landes zu sagen ist – führt er zu fundamentalen Änderungen im föderalen Prinzip unseres Landes. So verlagert er die Zuständigkeiten bei der Gefahrenabwehr auf die Bundesebene, ins Gefahrenvorfeld. Das ist der Kernpunkt, den wir von Länderebene unbedingt bekämpfen müssen. Das ist eine Entwicklung, die wir so nicht akzeptieren dürfen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Benedikt Lux (Grüne)]

Ich bin stolz darauf, dass ich als Vertreter der FDPFraktion vor Ihnen stehen kann und an dieser Stelle darauf hinweisen darf, dass die FDP mit ihren 24 von 69 beeinflussbaren Stimmen im Bundesrat einen maßgeblichen Beitrag dazu leistet, dass diese Sicherheitsgesetzgebung, die unser Land seit vielen Jahren erlebt hat, sich auf diesem Niveau nicht mehr fortsetzen wird. Es ist an der Zeit,

dass eine Renaissance der Freiheit einkehrt und auch im Bundesrat ganz klar gezeigt wird: Bis hierher und nicht weiter!

Es ist schade, dass der Senat nicht die Konsequenz und auch nicht den Mut hat, ein ganz klares Nein diesem Gesetz entgegenzusetzen.

[Beifall bei der FDP]

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, unserem wohlbegründeten Antrag einen lapidaren Kleinstantrag entgegenstellen, mit dem Sie dem Senat letztlich auch noch freistellen, ob er sich enthalten oder mit Nein stimmen will, dann ist das nichts anderes als ein Armutszeugnis, das Sie sich selber und Ihrer Sicherheitspolitik ausstellen.

[Beifall bei der FDP]

Deswegen kann ich Ihnen im Interesse des Landes und einer konsistenten Sicherheitspolitik sowie einer Politik der Freiheit nur raten, dem Änderungsantrag der Grünen und der FDP zuzustimmen, um dem Senat ein ganz klares Nein in dieser Frage aufzugeben, denn das ist das einzig Richtige.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Jotzo! – Jetzt hat für die SPDFraktion der Kollege Kleineidam das Wort. – Bitte schön, Herr Kleineidam!

Danke schön, Herr Präsident! – Herr Kollege Jotzo! Einem Großteil Ihrer Ausführungen kann ich vorbehaltlos zustimmen – den Grundsätzen, die Sie genannt haben und von denen wir uns in den sicherheitspolitischen Diskussionen leiten lassen sollten.

[Mieke Senftleben (FDP): Na wunderbar!]

Eine Differenz haben wir in dem Verfahren. Sie fordern ein klares Nein, obwohl wir heute noch gar nicht wissen, welche Fassung letztlich im Bundesrat zur Abstimmung stehen wird.

[Volker Ratzmann (Grüne): Die kann nur schlecht sein!]

Der Senat hat deutlich gesagt, dass er der jetzigen Fassung keine Zustimmung geben kann. Wir unterstützen diese Haltung. Wir machen sie uns zu eigen. Das haben wir in unserem Dringlichkeitsantrag auch formuliert. Aber es besteht die Möglichkeit, dass der Vermittlungsausschuss angerufen wird, dass Veränderungen denkbar sind.

Es ist guter Brauch in der Demokratie, dass man Debatten erst einmal abwartet und zu Ende führt, ehe man ab

schließend entscheidet, ob man einem Gesetz seine Zustimmung gibt oder nicht.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Wir wollen deshalb heute mit unserem Antrag deutlich zum Ausdruck bringen, dass das Gesetz in der jetzigen Fassung für uns nicht zustimmungsfähig ist. Wir werden es neu bewerten, wenn eine geänderte Fassung vorliegt und dann auch deutlich für die Berliner SPD Position beziehen.

Wir bitten deshalb: Ermöglichen Sie weitere Diskussionen über das Gesetz, gerade damit die Punkte, die wir gemeinsam kritisch sehen, noch zu einem Besseren verändert werden! Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Kleineidam! – Für die CDUFraktion hat nunmehr der Kollege Rissmann das Wort. – Bitte schön, Herr Rissmann!

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Ich müsste eigentlich den Präsidenten und Sie um etwa vier Stunden Redezeit bitten, um mit diesen Halbwahrheiten und der Angstmacherei aufzuräumen, die hier betrieben werden, die von den SPD-geführten Ländern seit einigen Wochen über die Medien betrieben werden.

Ich muss der FDP danken. Der FDP ist zu danken, dass sie dieses Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt hat, weil es nicht angehen kann, dass Sie, meine Damen und Herren von der SPD, hiermit einfach so durchkommen,

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

dass der SPD-Innensenator, der heute bedauerlicherweise nicht hier sein kann, und unsere Justizsenatorin per gemeinsamer Presseerklärung vom 10. November 2008 mitteilen, das Gesetz sei nicht zustimmungsfähig.

[Beifall bei der CDU]