Protocol of the Session on November 13, 2008

[Beifall bei den Grünen]

Ich denke, es wäre gut gewesen, wenn man im entsprechenden Ausschuss diese Möglichkeit wenigstens in den Antrag hätte einfließen lassen. Rot-Rot wollte das nicht. Schade!

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich einigen Kolleginnen und Kollegen – auch von der Koalition – herzlich dafür danken, dass sie – teilweise gegen harte Widerstände in den eigenen Reihen – für Radio Multikulti gekämpft haben. Aber wer glaubt, hier sei noch etwas zu löten gewesen, ist ein stückweit naiv. Es ist längst klar, dass es Absprachen zwischen dem Regierenden Bürgermeister und der Masurenallee gegeben hat. Die Intendantin des RBB hat sich natürlich vorab ihr Okay für die Beendigung dieses Programms aus dem Roten Rathaus geholt. Das ist die Form von Staatsferne, Herr Dr. Lindner, die wir nicht wollen.

[Beifall bei den Grünen – Dr. Martin Lindner (FDP): Sie wollen Resolutionen!]

In den letzten Wochen wurde in Sachen Radio Multikulti mit einer Menge Heuchelei agiert. Diese Heuchelei belege ich an dieser Stelle mit einem Zitat der Intendantin, die in der Betriebsversammlung des Rundfunks BerlinBrandenburg am 6. November sagte:

Ich habe in Abgründe von Heuchelei geblickt. Wer mir unter vier Augen sagt: „Frau Reim! Das ist der einzige Schritt, den Sie machen können. Ich bin

vollständig damit einverstanden, aber ich werde Sie öffentlich hart angreifen, denn es ist politisch korrekt, Sie hart anzugreifen.“ (...)

Das ist der einzige Punkt, in dem ich dieser Intendantin zustimme. Es ist klar, dass es in der Vergangenheit zu diesem Thema viel Heuchelei gab.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Dr. Frank Steffel (CDU)]

Es gab dennoch 30 000 Unterschriften, die vom Freundeskreis des Radios Multikulti in einem engagierten Einsatz gesammelt wurden. Ich persönlich – ich denke, auch meine Fraktion – danke den Prominenten, die die Welle in den vergangenen Wochen und Monaten unterstützt haben. Sie haben verstanden, welches fatale Signal die Schließung dieses Programms für Berlin und seine Entwicklung ist. Zu diesen Prominenten gehören Persönlichkeiten wie Edzard Reuter, Uwe-Karsten Heye, die Schriftstellerin Julia Franck, die Rechtsanwältin Seyran Ateş, DGB-Chef Michael Sommer, Armin Laschet, der Integrationsminister der CDU in NRW, und die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth. Sie alle haben ihre Solidarität zum Ausdruck gebracht, was übrigens von der Intendantin auf der Betriebsversammlung folgendermaßen kommentiert wurde:

Was mir aber auch zu Herzen geht, ist die absolut gedankenlose sogenannte Solidarität: Ich bin ein Megapromi, ich bin ein Halbpromi, ich bin ein Drittelpromi und unterschreibe da mal eben.

Ich sage das, damit Sie in Ihre Parteien hineintragen können, was diese Intendantin davon hält.

Frau Ströver! Sie müssen leider zum Schluss kommen!

Die Intendantin des RBB weiß weder, in welcher Stadt sie lebt, noch, welche Notwendigkeit es für den öffentlichrechtlichen Rundfunk und für eine Programm wie Multikulti gibt. Ich bitte nun die Rundfunkräte, ihre Funktion ernst zu nehmen und nicht dazu beizutragen, dass mit der Abschaltung von Radio Multikulti am 31. Dezember ein Stück Weltoffenheit verloren geht und es eine Reihe Betonköpfe mehr gibt.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion erhält der Kollege Zimmermann. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider, Frau Ströver, muss ich Ihnen sagen, dass Sie hier mit Ihren Thesen eine ziemlich unverfrorene Irreführung der

Öffentlichkeit betreiben. Man muss alle Ihre Behauptungen zurückweisen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Ich hätte mir gewünscht, dass wir gemeinsam für eine Zukunft von Radio Multikulti, einem Integrationsradio kämpfen, aber Sie kündigen diese Gemeinsamkeit auf. So wird das nichts.

Wir haben von Anfang an klargemacht, dass Radio Multikulti ein unverzichtbares Programm für diese Stadt ist. Es ist für die Berlinerinnen und Berliner mit Migrationshintergrund wichtig und genauso wichtig für diejenigen ohne Migrationshintergrund. In beiden Fällen ist es eine Bereicherung. Es werden gegenseitig Kulturen einander nähergebracht, und zwar auf einem relativ hohen qualitativem Niveau. Deswegen ist diese Welle ein Gewinn für die Stadt. Sie ist gut für die Stadt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Radio Multikulti ist auch profilbildend für den RBB. Es gehört neben Inforadio, Radio Eins und Fritz zu den Qualitätswellen, die bundesweit Maßstäbe setzen. Andere orientieren sich daran. Diese Welle trägt für relativ wenig Geld zur Erkennbarkeit und zum inhaltlichen Profil des Senders bei, und auch deshalb ist sie von Vorteil.

Wir werden daher heute einen erneuten Appell beschließen, mit dem die Intendanz aufgefordert wird, diese Welle zu erhalten, und es wird in diesem Haus sicherlich eine breite Mehrheit dafür geben.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Aber gleichzeitig dürfen wir nicht die Augen vor den Realitäten verschließen. Frau Ströver! Sie suggerieren, der Senat habe eine Einflussmöglichkeit in der Frage, ob Radio Multikulti bestehen bleibt. Der Senat hat aber keine Einflussmöglichkeit. Er hat weder vorher, noch während oder nach dieser gesamten Geschichte eine Möglichkeit, hierbei Einfluss zu nehmen, sondern es ist eine Sache der Intendanz. Der Senat kann das nicht an sich ziehen.

[Zuruf von Heidi Kosche (Grüne)]

Genauso wenig kann das Abgeordnetenhaus die Sache an sich ziehen. Es kann appellieren und seine Position deutlich machen, aber es kann diese Frage nicht entscheiden. Dann sagen Sie – wiederum entgegen den Tatsachen –, jetzt sei der Rundfunkrat am Zuge. Der RBB hat eine Intendantenverfassung, und die haben wir aus gutem Grund so festgelegt. Der Rundfunkrat hat keine Kompetenz, diese Frage an sich zu ziehen.

[Joachim Esser (Grüne): Das stimmt nicht! – Alice Ströver (Grüne) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Er hat sie nicht. – Er kann beraten. Selbst wenn er diese Kompetenz hätte, wäre im Rundfunkrat eine Mehrheit für die Schließung von Radio Multikulti, wie sich in der letzten Sitzung gezeigt hat. Wir haben es erneut versucht. Die Mehrheit folgt der Intendantin bei der Schließung von

Radio Multikulti. Das möchte ich zur Klärung beitragen, nachdem Sie hier diese Nebelkerzen geworfen haben.

[Joachim Esser (Grüne): Es gibt einen Abgeordnetenhausbeschluss!]

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Ströver?

Nein, das müssen wir hinterher machen. Meine Redezeit ist leider zu kurz.

[Ramona Pop (Grüne): Sie haben doch nicht besonders viel zu sagen! – Weitere Zurufe]

Das geht schon.

Wir haben also die Situation, dass weder Senat noch Abgeordnetenhaus oder Rundfunkrat diese Sache entscheiden können, sondern entscheiden kann das nur die Intendantin. Sie hat sich festgelegt. Wir können hier appellieren, aber die Intendantin ist am Ende diejenige, die entscheidet.

Deswegen möchte ich dringend darum bitten, dass wir in der Frage „Integrationsradio in Berlin“ in die Zukunft schauen. Aus diesem Grund haben wir schon seit längerem versucht, die Rahmenbedingungen für den RBB zu verbessern, und es ist auf die Initiative Berlins und Brandenburgs zurückzuführen, dass die Ministerpräsidenten den Beschluss gefasst haben, dass es einen Finanzausgleich zwischen den Anstalten der ARD geben muss. Ein echter Strukturausgleich und eine Ausgleichsmaßnahme für die nicht selbst verschuldeten Einbußen des RBB sind überhaupt die Voraussetzung für ein dauerhaftes Qualitätsprogramm. Dafür streitet der Regierende Bürgermeister, und dafür streiten auch wir in den Koalitionsfraktionen.

Das ist unsere Aufgabe, und ich appelliere an Sie, dass wir gemeinsam für eine dauerhafte Besserstellung des RBB streiten und die Möglichkeiten für ein qualitätsvolles, regionales Integrationsradio in Berlin eröffnen – wie auch immer das am Ende aussehen mag. Ich würde mir wünschen – falls die Intendantin dabei bleibt, die Welle zu schließen –, dass bei Funkhaus Europa ein möglichst weites Berliner Fenster eingerichtet wird. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass man andere Lösungen findet. Ich appelliere an alle, die interkulturelle Verständigung wollen – und das ist die Mehrheit oder vielleicht sogar das gesamte Haus –, nach Alternativen zu suchen, wie man am Ende ein Qualitätsradio in Berlin etablieren kann. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Kollegin Ströver hat das Wort zu einer Kurzintervention. – Bitte!

Herr Präsident! Herr Zimmermann! Wenn wir darüber sprechen, was man tun soll, um Radio Multikulti zu retten, haben Sie mit Ihrem Hinweis völlig recht: Diese Frage liegt in den Händen des Rundfunk BerlinBrandenburg. – Der hat zwar eine Intendantenverfassung, aber er hat eine gesellschaftliche Aufsicht, und die gesellschaftliche Aufsicht liegt darin, dass Mitglieder des Rundfunkrats als Repräsentanten der gesellschaftlich relevanten Gruppen unserer Gesellschaft den Haushalt des Rundfunk Berlin-Brandenburg jährlich beschließen. Dieser Beschluss steht aus. Mit dem Beschluss des Rundfunkrats des RBB über die Zukunft von Radio Multikulti zum 1. Januar 2009 besteht ein verbrieftes Recht genau an dieser Stelle. Es wird sich zeigen, wie der Rundfunkrat, dessen Mitglied Sie persönlich sind – deswegen spreche ich Sie jetzt auch noch einmal direkt an –, entscheiden wird: Gibt es eine Mittelzuweisung für Radio Multikulti, oder gibt es keine Mittelzuweisung? – Das heißt, diese Frage wird genau dort gestellt, wo sie hingehört: Der Rundfunkrat entscheidet.

Wenn Sie aber sagen, dass nicht wir als Parlament das zu tun haben – was vollkommen richtig ist –, frage ich mich, warum Sie als Antwort auf unseren Antrag ebenfalls einen Antrag eingebracht haben. Das widerspricht der von Ihnen aufgemachten Logik, denn demnach würde es überhaupt keinen Sinn machen, hier einen Antrag zum Erhalt von Radio Multikulti einzubringen. Das müssen Sie mir erklären. Das widerspricht Ihrer eigenen Argumentation und macht keinen Sinn.

[Beifall bei den Grünen – Martina Michels (Linksfraktion): Macht es doch!]

Deswegen ist es wichtig, dass wir hier eine in die Gesellschaft hineinwirkende Erklärung abgeben. Die GrünenFraktion hat einen Antrag gestellt, der auf den neuen Sachverhalt Bezug nimmt.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Das haben Sie alles schon gesagt!]

Es sind Mittel vorhanden, die der Rundfunk BerlinBrandenburg in Anspruch nehmen könnte. Damit könnte man ein Moratorium für ein Jahr erreichen, und es wäre ein Signal in die Stadt, wenn wir als Parlament erklären: Aus gesellschaftspolitischen und integrationspolitischen Gründen sowie als Zeichen der Weltoffenheit Berlins wollen wir diese Welle, und wir wollen, dass der Rundfunkrat diese Meinung des Parlaments zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt.

[Beifall bei den Grünen]

Das Wort zur Erwiderung hat Kollege Zimmermann. – Bitte!

Frau Ströver! Erstens: Unser Antrag geht weiter als Ihr Antrag. Wir sagen, dass wir Radio Multikulti erhalten wollen. Sie wollen nur ein Moratorium. Ich verstehe nicht, wieso Sie dabei von einem Minus sprechen können. Unser Ziel ist es, ein Qualitätsintegrationsradio in Berlin zu erhalten, und zwar nicht nur für ein Jahr, sondern dauerhaft.